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Überraschend große Vielfalt des in den Weltmeeren häufigsten Clusters der Roseobacter-Gruppe

Bakterien der Roseobacter-Gruppe sind in den Weltmeeren weit verbreitet, insbesondere in den gemäßigten bis polaren Klimaregionen. Die fast überall häufigsten Vertreter dieser Bakteriengruppe gehören dem sogenannten RCA- (Roseobacter Clade Affiliated) Cluster an. Sie umfassen bis zu 25% aller Prokaryonten und 50-80% der Roseobacter-Gruppe in diesen Regionen. Bisher basierten alle Untersuchungen über die Verbreitung des RCA Clusters auf dem 16S rRNA Marker-Gen. Aussagen zur biogeochemischem Rolle im Stoffumsatz der Weltmeere konnten bisher nur durch genomische und stoffwechselphysiologische Untersuchungen der einzigen beschriebenen Art dieses Clusters, Planktomarina temperata, gewonnen werden. Ob es noch weitere Arten und möglicherweise weitere Gattungen dieses Clusters in den Weltmeeren gibt, war bisher unbekannt.

 

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Ein Forschungsteam um die Meeresmikrobiologen Prof. Dr. Meinhard Simon und Prof. Dr. Thorsten Brinkhoff aus dem ICBM hat nun herausgefunden, dass das RCA-Cluster eine unerwartet hohe Artenvielfalt umfasst. Als Überraschung stellte sich heraus, dass neben der Veratmung von organischen Substanzen und dem Gewinn zusätzlicher Energie durch Lichtenergie über die aerobe anoxygene Photosynthese ein weiterer wichtiger Modus der zusätzlichen Energiegewinnung bei diesen Organismen vorhanden ist. Nur bei drei der jetzt insgesamt 13 gefundenen Arten wurde die aerobe anoxygene Photosynthese im Genom nachgewiesen, während in neun neuen Arten Lichtenergie mittels Proteorhodopsin gewonnen wird. Dieser Weg der Gewinnung von Lichtenergie für biochemische Reaktionen ist in anderen Bakterien in den Weltmeeren sehr verbreitet, war aber bisher für das RCA-Cluster unbekannt und nur in einer unbedeutenden Untergruppe der Roseobacter-Gruppe nachgewiesen. Diese überraschenden Befunde wurden kürzlich in der renommierten Zeitschrift Microbiome publiziert.

Als Basis für diese Untersuchungen dienten Analysen von Metagenom-Datensätzen aus allen Weltmeeren, die durch Forschungsexpeditionen im Atlantischen, Pazifischen und Indischen Ozean, in der Nordsee, im Mittelmeer und im Nord- und Südpolarmeer gewonnen wurden (Tara Ocean, BioGeotraces, ANT28-4/5) sowie weiteren Genomanalysen von Isolaten des RCA Clusters. In Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen der ETH Zürich, dem Max Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen und der Universität Göttingen wurden aus diesen Datensätzen alle dem RCA Cluster zugehörigen Gene herausgefiltert und mittels geeigneter Computerprogramme zu Genomen zusammengesetzt, sogenannten Metagenom assemblierten Genomen (MAG). Mittels dieser Analyse konnten 82 MAGs gefunden werden, die sich in drei Gattungen und 13 Arten untergliedern. Gene für die aerobe anoxygene Photosynthese wurden nur in drei Arten einer Gattung, Planktomarina, nachgewiesen, zu der auch die einzige bisher beschriebene Art gehört. In den anderen fünf Arten dieser Gattung und in allen vier Arten der zweiten Gattung, Paraplanktomarina, konnte nur das Proteorhodopsin-Gen nachgewiesen werden, während in der dritten Gattung, Candidatus Paraplanktomarina, mit nur einer Art kein genetischer Hinweis zur Nutzung von Lichtenergie gefunden wurde. Die drei Gattungen unterscheiden sich des Weiteren hinsichtlich der Genomgröße und anderer genomischer Eigenschaften. Die Arten der Gattung Planktomarina haben die größten Genome und die der Gattung Paraplanktomarina deutlich kleinere, eine Signatur der Genomverschlankung, die unter sehr nährstoffarmen Lebensbedingungen in den offenen Ozeanen bei manchen Meeresbakterien auftritt. Die verschiedenen Arten der drei Gattungen zeigen eine teilweise deutlich unterschiedliche Biogeografie in den Weltmeeren. Einige Arten haben ihren Verbreitungsschwerpunkt in den kalten Polarmeeren, andere eher in Küstennähe und eine Art war weitgehend auf die gemäßigte Zone beschränkt. Diese Verbreitungsmuster deuten darauf hin, dass die verschiedenen Arten des RCA Clusters deutlich ausgeprägte Anpassungen an die unterschiedlichen Lebensbedingungen in den verschiedenen Regionen der Weltmeere aufweisen.

Die aktuelle Studie ist im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Transregio-Sonderforschungsbereichs (SFB TRR51) „Roseobacter“ entstanden. Darin haben mehr als 60 Forschende aus Oldenburg, Braunschweig, Göttingen und Bonn in den vergangenen 13 Jahren die Bakterien der Roseobacter-Gruppe unter die Lupe genommen. Diese kommen in allen Lebensräumen der Meere vor – von den Tropen bis in die Polarmeere, von der Wasseroberfläche bis in die Tiefsee. Die Forschenden entdeckten unter anderem viele neue Stämme, beschrieben die Wechselbeziehungen von Vertretern dieser Gruppe zu anderen Mikroorganismen und erstmals deren Verbreitung und ihre funktionelle Biogeografie in den Weltmeeren. Insgesamt basieren mehr als 270 veröffentlichte wissenschaftliche Artikel auf der Forschung im Kontext des SFB.

Original-Publikation:

Liu et al. (2023) Metagenome-assembled genomes reveal greatly expanded taxonomic and functional diversification of the abundant marine Roseobacter RCA cluster. Microbiome 11: Article number: 265

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(Stand: 05.03.2024)  | 
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