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17. März 1997   67/97

Historische und politische Bildung auf Reisen

Oldenburg. "Reisen bildet" - das ist zu einer sprichwörtlichen Weisheit geworden. Auch die - in Zeiten konjunktureller Schwierigkeiten - wirtschaftlich gesunde Branche des Touristikmarkts hat das erkannt und entwickelt immer neue erlebnisorientierte Konzepte für die "schönsten Tage des Jahres", die Erholung mit Bildungsvermittlung kombinieren.

Grund genug für Gerald Glaubitz, Historiker und Politikwissenschaftler der Universität Oldenburg, sich mit der Thematik unter geschichtsdidaktischen Gesichtspunkten näher zu beschäftigen. Neben der "reinen Wissenschaft" ging es in der Doktorarbeit (Titel "Geschichte - Landschaft - Reisen. Umrisse einer historisch-politischen Didaktik der Bildungsreise") aber auch um die Erarbeitung von zukünftigen (Berufs)Perspektiven für Studierende des Faches Geschichte, die von zunehmender Arbeitslosigkeit bedroht sind.

Der von Glaubitz in Zusammenarbeit mit dem Geschichtsdidaktiker Prof. Dr. Bernd Mütter (Oldenburg) entwickelten Konzeption der historisch-politischen Erwachsenenbildung kommt der gesellschaftliche Trend zur zunehmenden "Freizeitgesellschaft" entgegen: Betrachtet man tourismuswissenschaftliche Statistiken, so erkennt man unschwer, daß ein steigendes (kaufkräftiges) Bedürfnis der Menschen nach sinnvoller, mit Bildung verbundener Erholung und Entspannung vorhanden ist.

Im Rahmen eines von der Oldenburger Universität mit einem Promotionsstipendium geförderten und im letzten Jahr abgeschlossenen Forschungsvorhabens legte Glaubitz ein theoretisches Fundament für die neue Disziplin der "historisch-politischen Didaktik der Bildungsreise". Es handelt sich dabei um eine systematische Bestimmung von Kategorien, die durch angeregte Bildungsprozesse beschrieben bzw. bei entsprechenden Kursen an Volkshochschulen und anderen Erwachsenenbildungseinrichtungen zugrunde gelegt werden müssen. Dabei verknüpft der Ansatz Erkenntnisse unterschiedlicher Disziplinen - Psychologie, Pädagogik, und Didaktik der Erwachsenenbildung, Reisepädagogik, Tourismuswissenschaft und Geschichtsdidaktik.

Nach der Theorie folgen dann praktische Beispiele für ihre Umsetzung: Es werden Reisekonzepte entwickelt, die für Erwachsenenbildner als Leitfaden für die Durchführung entsprechender Reisen und reisebegleitender Kurse dienen können.

Die didaktisch detailliert ausgearbeiteten Reisen beziehen sich auf ehemalige symbolische Konfliktorte der deutsch-französischen Beziehungen wie Verdun (Erster Weltkrieg) und Sedan (deutsch-französischer Krieg 1870 / 71). Ziel ist es, die heute überwundenen kriegerischen Etappen im Verhältnis zwischen Deutschen und Franzosen aufzuarbeiten und die nach dem Zweiten Weltkrieg vollzogene deutsch-französische Versöhnung im Rahmen der europäischen Integration als eine beispielgebende Konfliktlösungsstrategie zu behandeln, die zum Abbau von nationalistischen Feindbildern und zum Aufbau gegenseitigen Vertrauens zwischen Völkern geführt hat.

Ein ähnlich strukturiertes Reisekonzept bezieht sich auf die deutsch-russische Beziehungsgeschichte: Das - insbesondere im 20. Jahrhundert - kriegerische deutsch-russische Verhältnis (Erster und Zweiter Weltkrieg) wird am Beispiel der Symbolorte Wolgograd (Stalingrad), St. Petersburg und Moskau thematisiert.

Der dritte Teil der demnächst beim "Deutschen Studienverlag, Beltz" erscheinenden Dissertation beleuchtet die kulturgeschichtliche Tradition des Reisens anhand von Reiseliteratur aus verschiedenen Jahrhunderten. Daß Reisen bildet und auf welche Weise Bildungserlebnisse vermittelt werden können, wird sehr anschaulich an ausgewählten Werken der Weltliteratur wie etwa Goethes "Italienischer Reise" oder Theodor Fontanes "Wanderungen" dargestellt. Es zeigt sich, daß über die Lektüre von Reisebeschreibungen Kursgruppen ausgezeichnet auf die Fahrten vorbereitet werden können.

Neben der theoretischen Beschäftigung mit dem Thema leitet der Autor im Auftrag der "Oldenburgischen Landschaft" historische Fortbildungsveranstaltungen für FremdenführerInnen im Land Oldenburg. Das Thema "Geschichte in der Erwachsenenbildung" wird

(Stand: 19.01.2024)  | 
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