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2. Mai 1997 107/97
Typisch Oldenburg: soziale Kontinuität in Zeiten des Wandels
Oldenburg. Obwohl in Oldenburg seit 1970 deutliche Veränderungen sowohl in der wirtschaftlichen als auch in der Bevölkerungsentwicklung feststellbar sind, finden sich in den Stadtteilen noch keine handfesten Anzeichen sozialer Ab- oder Aufspaltungen. Damit unterscheidet sich Oldenburg auffällig von anderen Großstädten: Eher Kontinuität als drastischer Wandel im sozialen Erscheinungsbild scheint ein Charakteristikum der Stadt zu sein. Zu diesem Ergebnis kommt die Oldenburger Sozialwissenschaftlerin Ingrid Marten in ihrer von Dr. Heinz-Dieter Loeber (Institut für Soziologie, Fachbereich 3 Sozialwissenschaften) betreuten Untersuchung im Rahmen der Arbeitsgruppe Interdisziplinäre Sozialstrukturforschung (agis).
Ausgangspunkt des Projektes bildete die Fragestellung, wie sich der gesamtgesellschaftlich zu beobachtende Prozeß des sozioökonomischen Wandels, der sich u.a. in der Veränderung herkömmlicher und der Herausbildung neuer "sozialer Milieus" ausdrückt, in einer "kleinen Großstadt" wie Oldenburg vollzieht, erläutert Marten. Die zentrale Funktion als Dienstleistungszentrum im Weser-Ems-Raum präge die Sozialstruktur der Stadt in so nachhaltiger Weise, daß "bürgerliche" Milieus nach wie vor die bestimmende Konstante trotz sozialer Veränderungsprozesse bilden. Darüber hinaus schienen sich die vorhandenen sozialen Differenzierungen der Stadt eher auszugleichen als zu vertiefen.
Allerdings ließe sich auch in Oldenburg die Herausbildung neuer sozialer Strukturierungen durch die Entstehung neuer sozialer Milieus ausmachen. So wiesen die Wahlergebnisse seit den 70er Jahren die Herausbildung und Etablierung eines "linksalternativen" Milieus auf, was nicht zuletzt durch die Bildungsexpansion und den Ausbau der Universität zurückzuführen sei. Kleinräumliche Wahlanalysen belegten jedoch, daß sich dieser Prozeß nicht als Gegenpol, sondern im Rahmen der traditionellen bürgerlich geprägten Wohnungsgebiete vollziehe.
Daß sich dieses bislang eher "harmonische" Bild in Oldenburg ändern könnte, dafür seien Ansätze aber bereits auszumachen: In einzelnen Stadtteilen und Wohnquartieren, die durch hohe Anteile von EinwohnerInnen in sozialen Problemlagen gekennzeichnet seien, fänden sich überdurchschnittlich hohe Wahlenthaltungen als erste Anzeichen sozialer Spannungen. Hinweise auf ein rechtsradikales Potential fänden sich in Oldenburg jedoch noch nicht. Es sei aber absehbar, daß die Protesthaltung, die in Wahlverweigerungen zum Ausdruck komme, Vorbote zukünftiger Konflikte sei.
Kontakt: Ingrid Marten, Tel. 04483/1467, Dr. Heinz-Dieter Loeber, Tel. 0441/798-2276, Institut für Soziologie, Fachbereich 3 Soziologie, Universität Oldenburg.