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7. Mai 1997   116/97

Das friesische Steinhaus - herrschaftlicher Sitz und architektonisches Vorbild

Oldenburg. Das für die Region Weser-Ems so typische friesische Steinhaus war nicht nur der mittelalterliche Herrschaftssitz bäuerlicher Grundherren, es beeinflußte auch die Architektur der Städte zwischen Ijsselmeer und Unterweser. Dies schreibt Prof. Dr. Kurt Asche, der Architekturgeschichte an der Universität Oldenburg lehrt, in der jetzt erschienenen Ausgabe (Nr. 25) von EINBLICKE, dem Forschungsmagazin der Universität Oldenburg (den Artikel finden Sie hier).

Nach seinen Erkenntnissen entstand das friesische Steinhaus um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Es diente den Grundherren der Region als Stammsitz und sollte den Betrachter schon rein äußerlich beeindrucken. Das meist eingeschossige Backsteingebäude wird daher oft als "Langhaus" bezeichnet. Prägend für seinen architektonischen Aufbau ist die sogenannte "Upkamer", der saalähnliche große Wohnraum. Ihm angeschlossen sind Küche und Räucherkammer. Unter der Upkamer befindet sich ein gewölbter Halbkeller. Alle diese Räume wurden durch einen Kamin am Ende des Wohnraumes beheizt. Eine architektonische Besonderheit, die das friesische Steinhaus den für Niedersachsen typischen Niederdeutschen Hallenhäusern voraus hatte, denn die Bewohner der Hallenhäuser mußten noch jeden Raum durch offene Feuer beheizen.

Eine weitere Neuheit, die das friesische Bauernhaus vom niedersächsischen unterscheidet, besteht in der klaren Trennung von Wohn- und Wirtschaftsbereich. Lediglich ein Querflur verbindet das Wohnhaus mit der anliegenden Scheune. Zumeist umgab die Gebäude ein Wall und ein Graben, was den herrschaftlichen Anspruch unterstrich. Der Ursprung des friesischen Steinhauses ist noch nicht geklärt, wenngleich die Anordnung des Kamins darauf hinweist, daß der mittelalterliche Burgenbau Pate stand. Im 16. Jahrhundert diente das Steinhaus als Vorbild für bürgerliche Bauten friesischer Städtesiedlungen. Beamte, Pastoren und Richter ließen sich ähnliche Häuser errichten, die wegen der kleineren städtischen Grundstücke jedoch nicht so lang waren. An die Stelle des Kellers rückte hier die Küche. Ein Merkmal hatten jedoch auch diese Häuser mit den bäuerlichen Herrschaftssitzen gemein: Sie blieben ein bauliches Symbol für die Zugehörigkeit zur gesellschaftlichen Oberschicht.

Kontakt: Prof. Dr. Kurt Asche, Fachbereich 2 Kommunikation/Ästhetik, Universität Oldenburg, Tel. 0441/26830.

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