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Gisela Szagun

 

9. März 1998   69/98

Spracherwerb bei Kindern mit Cochlea-Implantat

Oldenburg. Um den Spracherwerb bei tauben Kindern, die durch ein Cochlea-Implantat die Hörfähigkeit erworben haben, zu optimieren, ist an der Universität Oldenburg ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen worden, in dem der Verlauf des Spracherwerbs von Kindern mit Cochlea-Implantat erstmals wissenschaftlich untersucht und mit dem Spracherwerb normal hörender Kinder verglichen wird.

Bereits seit Ende der 80er Jahre ist es möglich, Kindern mit angeborener und erworbener Innenohrtaubheit oder -schwerhörigkeit chirurgisch eine künstliche Innenohrprothese, das sogenannte Cochlea-Implantat, einzusetzen und ihnen damit die Hörfähigkeit zu geben bzw. diese zu verbessern.

In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt unter der Leitung der Entwicklungspsychologin Prof. Dr. Gisela Szagun wird jetzt versucht, die individuellen Unterschiede beim Einstieg in die Sprache und die besonderen Schwierigkeiten der Kinder mit Cochlea-Implantat zu erkennen, um ihre Sprachförderung weiter zu verbessern. Die WissenschaftlerInnen hoffen, klarere Aussagen als bisher machen zu können, in welchem Bereich das Sprachangebot intensiviert werden muß und wie die Förderung noch individueller auf die einzelnen Kinder abgestimmt werden kann.

Dazu arbeitet die Forschungsgruppe um Szagun eng zusammen mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thomas Lenarz an der Medizinischen Hochschule Hannover, wo ein Großteil der Operationen in Deutschland durchgeführt wird, und der Arbeitsgruppe von Dr. Bodo Bertram vom Cochlear Implant Centrum Hannover. Das Cochlear Implant Centrum Hannover, das sich in Trägerschaft der Stiftung Hannoversche Kinderheilanstalt e.V. befindet, ist das derzeit größte Rehabilitationszentrum für Kinder mit Cochlea-Implantat.

Für die Untersuchungen zeichnen die EntwicklungspsychologInnen über einen Zeitraum von zwei Jahren, beginnend sechs Monate nach der Implantation, Sprachäußerungen von 24 zwei- bis vierjährigen Kindern mit Cochlea-Implantat während Rehabilitationsaufenthalten im Cochlear Implant Centrum Hannover auf Band auf. In einem Spielzimmer werden die Sprachäußerungen der Kinder in einer Spielsituation mit jeweils einem Elternteil festgehalten.

Diese Aufzeichnungen werden unter morphologischen (Artikel und Pronomen, Endungen von Verben, Nomen, Artikeln, etc.), syntaktischen (Kombination von Wörtern zu Sätzen) und lexikalischen (Wortschatz, Verhältnis von Inhaltswörtern zu Funktionswörtern) Aspekten untersucht. Der Spracherwerb der Kinder mit Cochlea-Implantat wird mit dem Spracherwerb von normal hörenden Kindern verglichen, deren spontanes Sprechen von Beginn ihres Spracherwerbs an ebenfalls aufgezeichnet wird. So läßt sich herausfinden, ob die Kinder mit Cochlea-Implantat einen langsameren Spracherwerb haben oder nicht, und ob sie andere Spracherwerbsstrategien anwenden als normal hörende Kinder - etwa in stärkerem Maße Vorgesprochenes nachahmen.

Besonders untersucht werden auch individuelle Unterschiede im Verlauf des Spracherwerbs. Möglich ist zum Beispiel, daß einzelne Kinder unterschiedliche Wege in die Sprache nehmen. Die einen könnten den Einstieg in die Sprache über das Bezeichnen von Dingen finden, die anderen lernen eher Pronomen wie das und mein, mit denen sie auf Dinge und Sachverhalte verweisen. Indem der Weg, den die Kinder in die Sprache nehmen, genau aufgezeigt wird, kann man auch sehen, wo Schwierigkeiten liegen, die mit dem Hören der Kinder zu tun haben könnten.

Kontakt: Prof. Dr. Gisela Szagun, Institut für Kognitionsforschung, Fachbereich 5 Philosophie/Psychologie/Sportwissenschaft, e-mail: , Tel.: 0441/ 9706-146, Fax: 0441/9706-170

(Stand: 19.01.2024)  | 
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