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23. November 2006 432/06
„Verbote nützen nichts“
Scharfe Kritik an Debatte um Verbote von Computerkillerspiele
Oldenburg. Der Oldenburger Soziologe Prof. Dr. Stefan Müller-Doohm hat die Verbotsdebatte um Computerkillerspiele nach dem Amoklauf von Emsdetten scharf kritisiert. Er warf Politikern und Erziehungswissenschaftlern vor, in alte nutzlose Rituale zu verfallen und dabei letztlich nur dafür zu sorgen, dass sich Produzenten von Killerspielen aufwändige Propagandafeldzüge für ihre Erzeugnisse ersparen könnten.
Die aktuelle Kampagne gegen brutale Computerspiele habe etwas Rituelles und laboriere allenfalls an der Oberfläche, nehme aber nicht die Ursache für die Produktion und Konsumtion dieser Spiele in den Blick. Verbotsforderungen nützten wenig, da sich weder Ich-Schwäche von Jugendlichen verbieten lasse, noch man in der Marktwirtschaft die Unterhaltungselektronik abschaffen könne, deren Auswüchse zum Geschäft gehörten.
Die den Politikern und Pädagogen im Kopf rumspukenden Wirkungshypothesen über die medial inszenierte Gewalt seien wissenschaftlich widersprüchlich und noch immer unbewiesen, betonte Müller-Doohm. Sicher sei allerdings, dass die sado-masochistischen Bedürfnisse nach Gewaltkonsum ihren Entstehungsort in einer Alltagswelt hätten, die Selbstbehauptung zusammen mit Anpassung und Konformismus im zwischen-menschlichen Umgang prämiere.
Wörtlich sagte der Soziologe: „Wenn man das Übel an der Wurzel anpacken will, dann muss man dafür sorgen, dass die Jugendlichen in ihrer Lebenswelt Verhältnisse wechselseitiger Anerkennung und Verständigung vorfinden. Die Gewalt der Computerspiele fasziniert, weil sie unbewusste Ängste und Ohnmachtsgefühle verdrängt, unter denen gerade Heranwachsende nicht selten leiden. Die Faszination gehorcht dem Mechanismus der Angstlust.“
Als deutliches Zeichen des mageren Niveaus der aktuellen Debatte bezeichnete Müller-Doohm auch die Empfehlung des Lehrerverbandes, eine Nahkampfausbildung für Pädagogen vorzusehen. Würde ein solch unsinniger Vorschlag ernst genommen, würde das allenfalls dafür sorgen, nur noch weiter an der Gewaltspirale zu drehen.
ⓚ | Kontakt: Prof. Dr. Stefan Müller-Doohm, Institut für Soziologie,Tel.: 0441/798-2932, E-Mail:stefan-mueller-doohmuni-oldenburg.de |