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17. Mai 2016 154/16 Forschung
Genom wichtiger Bakteriengruppe entschlüsselt
Forscher decken Biogeografie mariner Bakterien auf – Veröffentlichung in „Nature Microbiology“
Oldenburg. Die Ozeane sind voller Bakterien: Die Gruppe der Roseobacter gehört zu den häufigsten zellkernlosen Einzellern in marinen Ökosystemen. Sie leben frei im Wasser, in Sedimenten und als Symbiose-Partner von Algen. Die Bakterien sind physiologisch äußerst vielseitig und spielen für die globalen Stoffkreisläufe der Meere eine wichtige Rolle. Im Gegensatz zu der großen ökologischen Bedeutung ist das Wissen über diese Gruppe immer noch überraschend lückenhaft. Einem Forscherteam um Prof. Dr. Meinhard Simon vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg ist es nun gelungen, das Genom einer wichtigen Untergruppe dieser Bakterien aus dem Freiwasser der Meere zu entschlüsseln. Die Analyse von vielen Proben aus faktisch allen Ozeanen zeigte zudem, dass diese Gruppe von den Tropen bis in die Polargebiete lebt. Damit sind die Experten in der Lage, das Stoffwechselpotenzial dieser weit verbreiteten Bakterien zu bewerten und somit deren biogeochemische Bedeutung richtig einzuschätzen. Ihre Ergebnisse haben sie in der aktuellen Ausgabe des renommierten Wissenschaftsmagazins „Nature Microbiology“ veröffentlicht.
Die Wissenschaftler gehören zum Sonderforschungsbereich „Ökologie, Physiologie und Molekularbiologie der Roseobacter-Gruppe: Aufbruch zu einem systembiologischen Verständnis einer global wichtigen Gruppe mariner Bakterien“. Ihr Ziel: die evolutionären, genetischen und physiologischen Prinzipien dieser in allen marinen Ökosystemen vorkommenden Bakterien zu verstehen.
„Von den vielen Bakterien, die häufig in den Meeren vorkommen und von denen wir aufgrund ihrer genetischen Fingerabdrücke wissen, dass sie wichtig sind, gibt es bis heute nur sehr wenige Vertreter, die sich im Labor züchten lassen“, sagt Simon. Die Gründe dafür sind teilweise noch ungeklärt. Doch das Züchten von Bakterienkulturen ist eine entscheidende Voraussetzung, um den Stoffwechsel der Bakterien, ihr Genom und damit ihre Bedeutung und Rolle in der Umwelt genauer untersuchen zu können. „Mit der Kultivierung und der folgenden Genomsequenzierung ist es uns gelungen, detaillierte Kenntnisse eines Bakteriums aus der Roseobacter-Gruppe zu gewinnen, von dem wir schon wussten, dass es in vielen Meeren in der Freiwasserzone zu finden ist“, erklärt Simon. Die Forscher konnten in ihren Untersuchungen zudem zeigen, dass es in der Nordsee im Sommer bis zu etwa 20 Prozent der stoffwechselaktiven Bakteriengemeinschaft umfasst. „Natürlich gibt es noch andere Bakterien aus der Roseobacter-Gruppe, die in den Ozeanen weit verbreitet sind, aber dieser Stamm gehört tatsächlich zu dem letzten sogenannten Bakterien-Cluster, von dem es bisher weder Kulturen noch ein entschlüsseltes Genom gab“, betont der Wissenschaftler. Diese Wissenslücke konnten die Forscher mit ihrer aktuellen Studie nun schließen.
Die Untersuchungsergebnisse weisen zudem darauf hin, dass das Cluster weltweit in den Meeren recht häufig vorkommt: „Selbst zwei bis vier Prozent der gesamten Bakteriengemeinschaft ist für ein Bakterium häufig“, so Simon. Ferner ergab eine Vergleichsanalyse der Bakteriengenome aus der Roseobacter-Gruppe, dass sich alle wichtigen Vertreter dieser Gruppe, die in den offenen Weltmeeren leben, in der Genomausstattung recht ähnlich sind und sich von allen anderen Bakterien dieser Gruppe deutlich unterscheiden, ganz unabhängig von deren phylogenetischer Entwicklungsgeschichte. „Diese Erkenntnis ist neu und war so in keiner Weise erwartet worden. Unsere Ergebnisse unterstreichen unsere ursprüngliche Annahme, dass bestimmte Vertreter diese Gruppe im Freiwasser der Meere große Bedeutung haben“, resümiert Simon.
Sara Billerbeck, Bernd Wemheuer, Sonja Voget, Anja Poehlein, Helge-Ansgar Giebel, Thorsten Brinkhoff, Lone Gram, Wade H. Jeffrey, Rolf Daniel, Meinhard Simon: „Biogeography and environmental genomics of the Roseobacter-affiliated pelagic CHAB-I-5 lineage“
Zu den Autoren:
Die Autoren forschen alle im SFB „Ökologie, Physiologie und Molekularbiologie der Roseobacter-Gruppe: Aufbruch zu einem systembiologischen Verständnis einer global wichtigen Gruppe mariner Bakterien“, der 2010 begann und auf zwölf Jahre angelegt ist. An dem Großprojekt beteiligt sind neben den Universitäten Oldenburg und Göttingen die Technische Universität Braunschweig, das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig und die Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig.
Auf dem Foto: Prof. Dr. Meinhard Simon, der Sprecher des Sonderforschungsbereichs
ⓘ | www.icbm.de/verbundprojekte/sfb-roseobacter/ www.nature.com/articles/nmicrobiol201663 |
ⓚ | Kontakt: Prof. Dr. Meinhard Simon, E-Mail: meinhard.simonuni-oldenburg.de |
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