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Oliver Zielinski

Thomas Badewien

22. Juli 2021   136/21    Forschung  

Wissenschaftsminister Björn Thümler begleitet Forschungsfahrt des Projekts „Gute Küste Niedersachsen“

Forschungsverbund von drei Universitäten zeigt „Reallabor“ für ökosystemstärkenden Küstenschutz bei Spiekeroog

Oldenburg. Was ist eine gute Küste, an der wir sicher vor Naturgefahren, im Einklang mit der Natur und eingebettet in die gewachsene Kulturlandschaft nachhaltig und verantwortungsbewusst leben und wirtschaften können? Dieses ist die zentrale Frage, mit der sich das Projekt „Gute Küste Niedersachsen“ beschäftigt, ein Forschungsverbund der Leibniz Universität Hannover (Sprecherfunktion), der Universität Oldenburg und der Technischen Universität Braunschweig. Derzeit läuft eine umfangreiche Sommermesskampagne des Projekts an der Nordseeküste, über das sich jetzt der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler, informiert hat. Die Projektverantwortlichen haben Björn Thümler am heutigen Donnerstag auf dem Forschungsboot Otzum die Messtätigkeiten in der Harle, dem Seegatt zwischen Wangerooge und Spiekeroog, und der Otzumer Balje, dem Seegatt zwischen Spiekeroog und Langeoog, erläutert. Die aufwendigen Datenerhebungen dienen der Erfassung und Beschreibung typischer Einwirkungen von Seegang und Tideströmungen und dadurch ausgelöster Transportprozesse.

„Für Niedersachsen mit einer Küstenlinie von rund 750 Kilometern ist der Küstenschutz eines der zentralen Themen“, so Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler. „Die jüngsten Hochwasserereignisse im Süden und Westen Deutschlands haben uns erneut vor Augen geführt, wie abhängig die Menschen von Schutzbauwerken sind. Die Auswirkungen der Klimakrise sind mittlerweile überall zu spüren und stellen diese Bauwerke vor besondere Herausforderungen. Ich freue mich deshalb, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Verbundes ‚Gute Küste‘ diese hochrelevanten Themenfelder im Rahmen transdisziplinärer Forschung und in Kombination mit der Erforschung nachhaltiger Lösungen bereits aufgegriffen haben. Effektiver Küstenschutz und intakte Natur müssen kein Widerspruch sein. Deshalb fördert das Land das Projekt mit fünf Millionen Euro aus Mitteln des Niedersächsischen Vorab.“

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der drei Universitäten entwickeln vor dem Hintergrund des Klimawandels in bedarfsorientierter Forschung gemeinsam mit den zuständigen Landesbetrieben und der Bevölkerung umfangreiche Handlungs- und Managementmöglichkeiten im Küstenschutz. Die Gegend um Spiekeroog ist eines der „Reallabore“ innerhalb des Projekts. Hintergrund der dortigen Messungen ist die geplante Erneuerung eines großen Küstenschutzwerkes, einer Buhne, in der Harle. Die Messkampagne dient dazu, die Strömungsverhältnisse im Nahfeld der Buhne besser zu verstehen und zu untersuchen, ob sich beispielsweise Schadstoffe an bestimmten Stellen ansammeln. Im direkten Vergleich mit den Messungen im unverbauten Seegatt will sich das Projektteam einen Überblick über den jetzigen Umweltzustand verschaffen, um daraus Schlussfolgerungen der ausgelösten Veränderungen zu ziehen.

„Durch die enge Einbindung der relevanten Behörden, der Zivilgesellschaft und führenden Forschungseinrichtungen sollen die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass unsere Forschungsfragen bereits während der Konzeption und Umsetzung von ergänzenden, ökosystemfördernden Maßnahmen nicht nur auf Akzeptanz treffen, sondern wechselseitig Wissen erzeugen und nach Ablauf des Projekts gegebenenfalls sogar breite Nachahmung auch über die Grenzen Niedersachsen hinaus finden“, erläutert Sprecher Prof. Dr.-Ing. Torsten Schlurmann vom Ludwig-Franzius-Institut für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen (LuFi) der Leibniz Universität Hannover (LUH).

„Mithilfe innovativer Technologien und Messstrategien, die wir im Küstenobservatorium Spiekeroog einsetzen, liefern wir eine fundierte Datengrundlage, um Maßnahmen für einen ökologisch nachhaltigen Küstenschutz zu entwickeln und zu bewerten“, sagt Prof. Dr. Oliver Zielinski, Leiter der Arbeitsgruppe Marine Sensorsysteme am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg. „Die von uns entwickelten Oberflächendrifter ermöglichen es uns beispielsweise, den Einfluss von Küstenschutzbauten auf die komplexen Strömungsverhältnisse im Wattenmeer zu untersuchen“, ergänzt ICBM-Wissenschaftler Dr. Thomas Badewien.

Gemeinsam mit den Behörden vor Ort wie dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Wilhelmshaven (WSA) und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), der Nationalparkverwaltung und verschiedenen Naturschutzverbänden sollen anschließend Konzepte dafür entwickelt werden, wie die Buhne künftig so gestaltet werden kann, dass sowohl der Küstenschutz als auch der Schutz des Ökosystems gestärkt werden. „Die Wechselwirkungen zwischen unseren Küstenschutzwerken und der umgebenden Natur, wie etwa Salzwiesen, Dünenstrecken und Wattboden, müssen stärker noch als bisher ganzheitlich gedacht werden. Das Ziel ist Einklang von Infrastruktur, Mensch und Natur,“ sagt Prof. Dr.-Ing. Nils Goseberg vom Leichtweiß-Institut für Wasserbau der Technischen Universität Braunschweig.

Die Sommermesskampagne 2021 ist Teil des Arbeitspaketes „Beobachtung und Analyse“ innerhalb von „Gute Küste Niedersachsen“. Um die Wechselwirkungen zwischen den Küstenschutzelementen, dem Watt und der Nordsee zu verstehen, sind sowohl Dauermessungen als auch Einzelkampagnen zu verschiedenen Jahreszeiten notwendig. An den Messungen vor Spiekeroog sind Institute der LUH, der Universität Oldenburg und der TU Braunschweig beteiligt. Neben den eigenen Messbooten Otzum und Seekatze ist außerdem der Forschungs-Katamaran Egidora der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel dabei.

Das Verbundvorhaben „Gute Küste Niedersachsen“, das mit fünf Millionen Euro aus dem Niedersächsischen Vorab der VolkswagenStiftung finanziert wird, befasst sich mit dem Spannungsfeld, in dem sich die Menschen in Küstenregionen seit jeher befinden, wie Dr. Jan Visscher, Oberingenieur am Ludwig-Franzius-Institut in Hannover, erläutert: „Wie können wir uns vor der Kraft des Meeres schützen und gleichzeitig seine Ressourcen nutzen und die wertvollen ökologischen Funktionen erhalten?“ Der Erfahrungsschatz spiegelt sich heute in der Disziplin des Küsteningenieurwesens wider und ist in Generalplänen zum Küstenschutz gesetzlich verankert. Neben dem Schutz von Lebens- und Wirtschaftsräumen stellt sich zunehmend die Frage nach einem ökosystemstärkenden Küstenschutz. In den Reallaboren von „Gute Küste Niedersachsen“ werden exponierte Deichabschnitte oder Deichvorländer untersucht. Diese werden durch ökosystemfördernde Elemente und Systeme wie Salz- oder Seegraswiesen ergänzt, um regulierende Ökosystemleistungen wie Wellendämpfung oder Sedimentakkumulation zu etablieren und gleichzeitig deren Wirkung zu untersuchen.

Weblinks

Bilder

  

Vor der Abfahrt (von links): Prof. Dr. Oliver Zielinski (Universität Oldenburg), Minister Björn Thümler, Prof. Dr. Torsten Schlurmann (Universität Hannover), Dr. Thomas Badewien (Universität Oldenburg) und Dr. Oliver Lojek (TU Braunschweig). Foto: Universität Oldenburg

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Kontakt

Prof. Dr. Torsten Schlurmann, Universität Hannover, Tel.: 0511/762 2573, E-Mail:

Prof. Dr. Oliver Zielinski, Universität Oldenburg, Tel.: 0175/4330980, E-Mail:

Prof. Dr. Nils Goseberg, Universität Braunschweig, Tel.: 0531/391-3930, E-Mail:

Presse & Kommunikation (Stand: 01.10.2024)  | 
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