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Forschung
- Sehen bei Nacht und Tag
Lichtsinneszellen ermöglichen Fledermäusen das Tag- und Farbsehen - Große Presseresonanz: Ungleiche Bildungschancen schon durch Vornamen?
Studie zu Vorurteilen von Lehrern - Publikumsmagnet
Gehirnforscher Spitzer über Lernen und Leistung - Highlight der Chemie
Neu entwickelte Aminsynthese gewürdigt - Bessere Chancen
EU-Projekt für Kinder mit Migrationsgeschichte - Vertriebenendenkmäler
DFG fördert Projekt der Geschichtsdidaktik - Neuer Partner für ForWind
Sehen bei Nacht und Tag
Lichtsinneszellen ermöglichen Fledermäusen das Tag- und Farbsehen
Die Brillenblattnase gehört zu den Blüten besuchenden Fledermäusen. Ihre Zapfenzellen ermöglichen ihr, UV-Licht wahrzunehmen und Farben zu sehen. Foto: Cornelia Hagemann |
Lange Zeit sind WissenschaftlerInnen aufgrund von Gewebeuntersuchungen davon ausgegangen, dass die Netzhaut von Fledermäusen lediglich helligkeitsempfindliche Stäbchen enthält. Genanalysen haben jedoch inzwischen ergeben, dass die nachtaktiven Tiere auch Gene zur Bildung zweier Zapfen-Seh-Pigmente für unterschiedliche Wellenlängen des Lichts besitzen.
Dies konnten nun WissenschaftlerInnen vom Frankfurter Max-Planck-Institut für Hirnforschung und eine Forschergruppe unter der Leitung des Oldenburger Biologen Prof. Dr. Josef Ammermüller bei zwei in Mittel- und Südamerika beheimateten Blüten besuchenden Fledermausarten, der Langzungenfledermaus und der Brillenblattnase, nachweisen. Die ForscherInnen stellten fest, dass Fledermäuse auch Lichtsinneszellen mit Seh-Pigmenten für das Tages- und Farbsehen besitzen. Diese sogenannten Zapfen kommen zwar im Vergleich zu den fürs Nachtsehen nötigen Stäbchen relativ selten vor, sie ermöglichen den nachtaktiven Tieren jedoch Tageslicht-Sehen mit erhöhter Empfindlichkeit für ultraviolettes (UV) Licht. Die Zapfen machen 2 bis 4 Prozent der Sehsinneszellen aus.
Dass die Zapfen auch funktionell aktiv sind, zeigten elektroretinographische (ERG) Untersuchungen an der Universität Oldenburg, die in Ammermüllers Arbeitsgruppe durchgeführt wurden. Beim ERG wird auf der Hornhaut des Auges über feine Goldelektronen die elektrische Aktivität der Netzhaut auf verschiedene Wellenlängen des Lichtes gemessen. Die Ergebnisse der ERG-Messungen bestätigten die genetischen und histologischen Untersuchungen aus Frankfurt. Beide untersuchten Fledermausarten besitzen demnach Zapfen mit zwei unterschiedlichen Sehpigmenten: die sogenannten S-Zapfen mit hoher Empfindlichkeit für kurzwelliges (UV) Licht und L-Zapfen für langweiliges Licht (gelbgrün). Somit sind die Fledermäuse nicht nur in der Lage UV-Licht wahrzunehmen, sondern können auch Farben unterscheiden.
Die WissenschaftlerInnen gehen davon aus, dass der Sehsinn die frühzeitige Erkennung von Feinden, die Nahrungssuche und die Orientierung auf längeren Flugstrecken erleichtert. Für Blüten besuchende Fledermäuse, die hier untersucht wurden, sollte das UV-Sehen zudem den Erfolg bei der Futtersuche steigern, da viele der von Fledermäusen besuchten Blüten UV-Licht besonders stark reflektieren.
Große Presseresonanz: Ungleiche Bildungschancen schon durch Vornamen?
Studie zu Vorurteilen von Lehrer
Auf höchstes Interesse in der Öffentlichkeit sind die Ergebnisse einer Studie der Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Astrid Kaiser und ihrer Mitarbeiterin Julia Kube von der „Arbeitsstelle für Kinderforschung“ gestoßen. Neben nahezu allen deutschen Medien berichtete auch die Presse in den Nachbarländern im September darüber, dass Ungleichheiten von Bildungschancen schon mit dem Eintrag des Vornamens eines Kindes ins Standesamtsregister beginnen können. Der Grund: Bestimmte Vornamen führen bei vielen LehrerInnen zu Vorannahmen, was die Fähigkeiten und das Verhalten der Kinder betrifft. Zu diesem Ergebnis kamen Kaiser und Kube, die per Online-Fragebögen knapp 2.000 GrundschullehrerInnen anonymisiert befragt hatten. Grundlage für die vorgestellten Ergebnisse ist die detaillierte Auswertung von 500 Fragebögen.
Von dem überwiegenden Anteil der befragten Lehrpersonen werden SchülerInnen mit bestimmten Namen eher negativ oder eher positiv wahrgenommen. Als eher freundlicher, leistungsstärker und verhaltensunauffällig stellen sich Kinder mit Vornamen wie Charlotte, Sophie, Marie, Hannah, Alexander, Maximilian, Simon, Lukas oder Jakob im Bewusstsein der LehrerInnen dar, während Namen wie Chantal, Mandy, Angelina, Kevin, Justin oder Maurice eher mit Leistungsschwäche und Verhaltensauffälligkeit assoziiert werden. Besonders „Kevin“ hat sich als stereotyper Vorname für einen „verhaltensauffälligen“ Schüler herausgestellt. In einem Fragebogen fand sich der Kommentar „Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose!“.
Solche einseitigen Erwartungshaltungen könnten dazu führen, dass SchülerInnen in Schubladen gesteckt werden, aus denen sie nur schlecht wieder herauskämen, sagte Kaiser. Der überwiegende Teil der GrundschullehrerInnen assoziiere Persönlichkeitsmerkmale zu Vornamen, ohne darüber zu reflektieren oder davon Abstand zu halten. Nur ein sehr geringer Anteil halte eine kritische Distanz zu Vorannahmen in Verbindung mit Vornamen.
„Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, Pädagogen stärker für die Gefahr solcher Vorurteile zu sensibilisieren“, betonte Kaiser. Es müsse darum gehen, die Konsequenzen zu verdeutlichen und eine vorurteilsbewusste Erziehung zu unterstützen.
Publikumsmagnet
Gehirnforscher Spitzer über Lernen und Leistung
Über 800 BesucherInnen, überwiegend PädagogInnen aus der Region, war es gelungen einen Platz im Hörsaalzentrum zu ergattern, ebenso viele mussten draußen vor der Tür bleiben. Was sie Ende September in die Universität getrieben hatte, war ein Vortrag des populären Ulmer Hirnforschers Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer zum Thema „Lernen, Lust und Leistung – Wie lernen wir?“. Veranstalter waren das Oldenburger Fortbildungszentrum der Universität Oldenburg (ofz) und das Studienseminar Oldenburg, Förderer die VR-Stiftung der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Norddeutschland.
Wie funktioniert Lernen? Was passiert im Gehirn eines Kindes? Wie lernen Kinder und Jugendliche am besten? Worin unterscheidet sich ein Lernen, das auf Angst und Druck basiert, von einem Lernen, das Vorfreude auf sich selbst verschafft? – Auf diese Fragen ging Spitzer im Plauderton und mit Witz ein: „In unserem Kopf befinden sich Milliarden Synapsen – das ist selbst für Banker viel“, so der Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Ulm, Professor für Medizin, Diplompsychologe und promovierter Philosoph. Nichts anderes als die Veränderung der Synapsen sei letztlich Lernen, das durch Bewegung und gesunde Ernährung unterstützt werde. Aber erst mit Spaß werde es effektiv. Unter Angst und Druck funktioniere es nicht. Ziele motivierten, ständiges Abprüfen lasse das Hirn schnell wieder vergessen.
Highlight der Chemie
Neu entwickelte Aminsynthese gewürdigt
Neueste Resultate zu titankatalysierten Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungsknüpfungen aus der Arbeitsgruppe des Oldenburger Chemikers Prof. Dr. Sven Doye erfuhren in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“ (Heft Nr. 27) in der Rubrik „Highlights“ eine besondere Würdigung. Neben dem „Journal of the American Chemical Society“ gilt die „Angewandte Chemie“ als weltweit bedeutendste Chemiezeitschrift.Die Forschungsergebnisse, die von den Diplom-ChemikerInnen Raphael Kubiak und Insa Prochnow erarbeitet wurden, befassen sich mit der einstufigen, abfallfreien und somit ressourcenschonenden Herstellung von industriell wichtigen organisch-chemischen Verbindungen, sogenannten Aminen, aus einfachen Ausgangsmaterialien in Gegenwart eines Titankatalysators. Da die meisten Amine zurzeit noch über Mehrstufensynthesen hergestellt werden, wäre ein atomeffizienter Syntheseweg zu Aminen sowohl für wissenschaftliche als auch industrielle Anwendungen von großer Bedeutung.
„Dass die Oldenburger Forschungsergebnisse in der ‚Angewandten Chemie’ zusammen mit Arbeiten aus zwei konkurrierenden Arbeitsgruppen aus den USA und Kanada vorgestellt und vergleichend beschrieben werden, unterstreicht die Bedeutung der hier durchgeführten Studien“, sagte Doye.
www.chemie.uni-oldenburg.de/oc/doye/
Bessere Chancen
EU-Projekt für Kinder mit Migrationsgeschichte
Kindern mit Migrationsgeschichte im Schulsystem bessere Chancen geben und ihnen eine erfolgreichere Schulkarriere als in der Vergangenheit ermöglichen – das ist das Ziel des Projekts MIRACLE – „Migrants and Refugees – A Challenge for European Schools“, das im Oktober unter der Leitung des Oldenburger Politologen Prof. Dr. Dirk Lange startet. Gefördert wird das Projekt mit 395.000 € vom Life Long Learning Programme der Europäischen Union. Beteiligt sind insgesamt neun Einrichtungen aus Malta, Slowenien, Ungarn, Italien und Deutschland. Über einen Zeitraum von zwei Jahren sollen Konzepte zum Thema „Politisch-interkulturelle Kompetenz von Lehrern und Lehrerinnen an Grundschulen“ entwickelt werden.
Meike Jens, Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Didaktik der politischen Bildung und Koordinatorin des Projekts, plant ein Modul für die Fortbildung von LehrerInnen zur vorurteilsbewussten Pädagogik. Es soll helfen, die Diskriminierung gegenüber SchülerInnen mit Migrationshintergrund zu verringern, indem unbewusste ethnische Zuweisungen bewusst gemacht werden.
Die Module und Unterrichtsmaterialien werden – nach der Evaluation durch die Partner – in Übungskursen erprobt. Für September 2011 ist die erste europäische MIRACLE-Fortbildung geplant.
Vertriebenendenkmäler
DFG fördert Projekt der Geschichtsdidaktik
Über 1.400 Vertriebenendenkmäler gibt es in Deutschland. Sie belegen, dass Flucht und Vertreibung in der Bundesrepublik stets einen Ort in der kollektiven Erinnerung besaßen. Um die nähere Bestimmung dieses Ortes, um die Formen und Entwicklungen des öffentlichen Gedenkens geht es in einem Forschungsprojekt, das am Institut für Geschichte der Universität von dem Historiker Dr. Stephan Scholz bearbeitet wird. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert dieses Projekt, das in der Abteilung für Geschichtsdidaktik bei Prof. Dr. Dietmar von Reeken angesiedelt ist, mit rund 145.000 €. In dem Projekt „Vertriebenendenkmäler in der bundesdeutschen Erinnerungskultur“ werden Denkmäler aus verschiedenen Jahrzehnten auf ihre Form und Symbolik hin untersucht. Außerdem werden die gesellschaftlichen Prozesse im Zusammenhang mit ihrer Planung und Nutzung analysiert. Es geht dabei um die sich wandelnden kulturellen, sozialen und politischen Funktionen der Denkmäler für die Vertriebenen und für die deutsche Gesellschaft insgesamt.
Neuer Partner für ForWind
ForWind, das Zentrum für Windenergieforschung, hat mit Bremen einen neuen Partner gewonnen und vereint jetzt die Windenergieforschung der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen. Der Beitritt Bremens erweitere, so Prof. Dr. Joachim Peinke, Wissenschaftlicher Sprecher von ForWind, das Forschungsspektrum um wichtige Themenbereiche. Geplant sei u.a. die gemeinsame Weiterentwicklung der Studienangebote zur Windenergie. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES sei ein Forschungsnetzwerk von internationalem Gewicht geschaffen worden, das alle Bereiche der Windenergieforschung abdecke.
Wissenschaftsminister Lutz Stratmann betonte, dass Niedersachsen mit der Förderung von ForWind einen entscheidenden Beitrag zur effizienten Weiterentwicklung der innovativen Technologie leiste.
Durch den erweiterten Forschungsverbund könnten die Potenziale im Nordwesten noch besser und effektiver als bisher genutzt werden. Für Renate Jürgens-Pieper, Bremer Senatorin für Bildung und Wissenschaft, trägt ForWind gemeinsam mit der Wirtschaft entscheidend dazu bei, den Nordwesten zur deutschlandweit führenden Region für Windenergie auszubauen. Die Beteiligung am Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sei ein weiterer Schritt in diese Richtung.
Im Cluster „germanwind – Windenergie-Cluster in der Nordwest-Region” kooperieren die Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen. Das Netzwerk qualifizierte sich jüngst für die Endrunde des diesjährigen Spitzencluster-Wettbewerbs des BMBF.