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Wolfgang Nebel

 

4. Juni 1996   128/96

Informatik: Großer Bedarf an qualifizierten Kräften

Oldenburg. InformatikerInnen mit Hochschulausbildung werden künftig keine Probleme haben, angemessene Arbeitsplätze zu finden - im Gegensatz zu angelernten Computer-Fachleuten, die mehr und mehr durch qualifizierte Kräfte ersetzt werden. Dies ist die zentrale Aussage einer Studie des Oldenburger Informatikers Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Nebel. Die allgemeinen Ergebnisse der Untersuchung decken sich mit einer stichprobenartigen Befragung der Informatik-AbsolventInnen der Universität Oldenburg, die zumeist unmittelbar nach Studienabschluß eine Beschäftigung fanden. Ein weiterer Rückgang der Zahl der Studienanfänger (eine bundesweite Entwicklung, die auch vor Oldenburg nicht haltmacht) muß nach Ansicht des Oldenburger Wissenschaftlers unbedingt vermieden werden, nicht zuletzt aus Gründen der nationalen Wettbewerbsfähigkeit. Nebel fordert in diesem Zusammenhang, die zentrale Rolle der Informatik für die Volkswirtschaft in der Öffentlichkeit mehr als bisher deutlich zu machen.

Nachfolgend die Wiedergabe einiger Passagen der Studie:

Die Exportchancen der Bundesrepublik und der Wohlstand ihrer Bürger hängen wesentlich davon ab, High-Tech-Produkte und -Dienstleistungen marktgerecht anbieten zu können. Diese Produkte machen derzeit 51 % des Handels in Deutschland aus. Es liegt damit nach den USA, Singapur und Japan weltweit an vierter Stelle. Mit einer Exportwachstumsrate im High-Tech-Bereich von 35,35 % liegt die Bundesrepublik jedoch deutlich unter dem Durchschnitt der 40 wichtigsten Länder (46,22 %). Die High-Tech-Branchen zeichnen sich durch hohe Innovationsraten und teilweise sehr kurze Produktlebenszyklen aus, so daß hier die Entwicklungskompetenz und -effizienz ausschlaggebend für den Markterfolg ist.

Zunehmend werden allerdings Software-Dienstleistungen in Niedriglohnländer wie Indien exportiert. Die exportierbaren Dienstleistungen sind mit klassischen Produktionsaufgaben vergleichbar, d.h. es lassen sich Software-Entwicklungsaufgaben transferieren, die vorher eindeutig spezifiziert wurden. Möglich ist eine Arbeitsteilung, bei der die Kompetenz für den Systementwurf in Deutschland liegt, die mehr handwerkliche Realisierung einzelner Komponenten jedoch exportiert werden kann. Ein Export des Systementwurfs ist nur unter Aufgabe der gesamten Entwicklungskompetenz denkbar, die um jeden Preis verhindert werden muß.

Diese Trennung zwischen System und Komponenten führt zu einer Verlagerung der vom deutschen Informatiker geforderten Kompetenz. Nicht mehr die Programmierung, sondern Software-Technologie als Entwurfsmethodik komplexer Systeme, Interdisziplinarität, Qualitätsbewußtsein und -kompetenz sowie sichere Beherrschung formaler Methoden definieren das Anforderungsprofil der am Arbeitsmarkt gesuchten Informatiker. Diese Problematik wurde auch von der Industrie erkannt. Sie reagiert durch die vermehrte Einstellung von Informatikern mit Hochschulbildung. Im übrigen herrscht bereits Sorge wegen des dramatischen Rückgangs der Studienanfänger in den Ingenieurwissenschaften (einschließlich Informatik). So befürchtet der Verband Deutscher Elektrotechniker (VDE) für den Beginn des neuen Jahrzehnts einen signifikanten Bewerbermangel im Ingenieurbereich.

Die Informatikausbildung, die seit ca. 1970 aufgebaut wurde, konnte über viele Jahre hinweg den quantitativen Bedarf an Fachkräften nicht decken. Als Konsequenz wurden überwiegend fachfremde Quereinsteiger eingestellt. Diese rekrutierten sich aus anderen akademischen Berufen, vorwiegend aber aus Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen. Die entsprechenden Berufe werden einer Vielzahl von Bezeichnungen zugeordnet, z.B. Datenverarbeitungs-Fachkräfte, IT-Berufe, Informatikberufe, Computerberufe. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tragen entsprechende Berufsbezeichnungen: Datenverarbeiter(in), Computerfachmann (-frau), Informatiker(in).

1993 betrug die Zahl aller informatikbezogenen Erwerbstätigen in Deutschland 328.000. Dies entspricht ca. 1 % der Gesamterwerbstätigenzahl. Hiervon hatten lediglich 35.000 eine Informatikgrundausbildung. Hinzu kommen ca. 15.000 Person

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