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Astrid Kaiser

 

24. August 2010   319/10   Forschung

Bessere Noten für Maximilian und Charlotte?
Masterarbeit zu Vornamen beschäftigt sich mit der Notengebung

Oldenburg. „Vornamengebundene Vorurteile von Grundschullehrerinnen und – lehrern“, so lautet der Titel einer Masterarbeit von Kirsten Becker, Pädagogikstudentin an der Universität Oldenburg, die den Zusammenhang von Vornamen und Notengebung analysiert. Becker untersuchte, ob die Nennung verschiedener Vornamen bei derselben Schülerleistung die Bewertung der LehrerInnen beeinflusst. „Bekommen Schüler bessere Noten, nur weil sie Maximilian und Charlotte anstatt Kevin und Celina heißen?“ verdeutlicht Prof. Dr. Astrid Kaiser, Hochschullehrerin für Didaktik des Sachunterrichts und Betreuerin der Masterarbeit, den Forschungsansatz.
Im Juli vergangenen Jahres veröffentlichte die Arbeitsstelle für Kinderforschung an der Universität Oldenburg unter Kaisers Leitung eine Vornamensstudie. Das Ergebnis: GrundschullehrerInnen hegen Vorurteile bezüglich bestimmter Vornamen und bringen diese mit Persönlichkeitsmerkmalen in Verbindung. Die Folgen, die die namensbezogenen Vorurteile für die Kinder haben, wurden allerdings nicht untersucht. In diese Forschungslücke stößt nun Beckers Masterarbeit vor. „Die Untersuchung zeigt, dass die Ergebnisse vielschichtig und bei weitem nicht so eindeutig sind, wie dies bei der Vorgängerstudie der Fall war“, erklärt Kaiser. „Allerdings konnten wir feststellen, dass die Arbeitsergebnisse von Schülern mit negativ konnotierten männlichen Vornamen eine schlechtere Bewertung durch die LehrerInnen erhielten, als die gleichen Ergebnisse durch positiv konnotierte Vornamen.“
Basis der Forschungsarbeit bildet die Klassikerstudie „Über die Zuverlässigkeit von Zifferbenotung bei Aufsätzen“ des österreichischen Pädagogen Rudolf Weiss aus dem Jahre 1965. In seiner empirischen Studie stellte er fest, dass SchülerInnen für den gleichen Aufsatz unterschiedliche Noten bekamen, wenn die soziale Herkunft des Kindes positiv oder negativ beschrieben wurde. Die Masterarbeit der Universität Oldenburg untersucht dieses Thema nun anhand der Nennung verschiedener Vornamen. Über 200 GrundschullehrerInnen bewerteten schriftliche Aufgabenlösungen von Kindern – dabei waren dieselben Lösungen mal mit negativ, mal mit positiv etikettierten Vornamen belegt. Die LehrerInnen mussten die Antwortvorgaben aus dem Bereich Sachunterricht auf „Rechtschreibung“, „Stil“, „Inhalt“ und „Gesamtnote“ auf einer Punkteskala zwischen 1 und 10 bewerten.
„Zunächst einmal zeigt die Untersuchung, dass die Notengebung bei offenen Antwortmöglichkeiten wenig objektiv ist“, erklärt Kaiser. Obwohl die Antworten gleich waren, variierten die Bewertungen durch die LehrerInnen oftmals um neun Bewertungspunkte. Dies lasse darauf schließen, dass das Problem der objektiven Benotung nicht in den unterschiedlichen Vornamen begründet sei, sondern in der unterschiedlichen Wahrnehmung derselben Leistung durch die Versuchspersonen. Allerdings könnten diese Tendenzen durch den Namen noch zusätzlich modifiziert werden, so die Oldenburger Pädagogin. „Aufgaben, die unter dem Namen Maximilian verfasst wurden, erhielten zum Beispiel eine bessere Bewertung als die gleichen Aufgaben unter dem Namen Kevin. Insgesamt wurden bei Aufgaben mit Namensnennungen aus dem negativ bewerteten Namenspool bei Jungen eine durchweg schlechtere Bewertung durch die LehrerInnen vergeben“, berichtet Kaiser.
Ebenfalls war eine deutliche Geschlechterdifferenzierung in der Studie festzustellen: Bei weiblichen Vornamen gab es sogar Vorteile bei der Vergabe von Noten, wenn es sich um negativ etikettierte Vornamen handelte. Dies führt die Oldenburger Pädagogin auf die Stärke des Vorurteils zurück: „Weibliche Vornamen wurden in der ersten Namensstudie bei weitem nicht so negativ bewertet wie die männlichen“, so Kaiser. Jungen gegenüber hätten die LehrerInnen wohl mehr Vorbehalte, und diese wirkten sich direkt auf die Notengebung aus. Das generelle Leistungsproblem von Jungen in der Schule könne deshalb auch mit einem Wahrnehmungsproblem durch die LehrerInnen zusammenhängen.
„Insgesamt konnten wir feststellen, dass Jungen aufgrund eines vorurteilbehafteten Namens schlechter bewertet werden als Mädchen. Zudem spiegelt sich die Namenswahl und die Vorurteile, die durch sie entstehen, in der Benotung wider“, stellt die Oldenburger Pädagogin fest. Allerdings seien die Unterschiede in der Notengebung so marginal, dass sie im Schulnotensystem nicht einmal eine viertel Note ausmachten. Die Ergebnisse der Studie könne jedoch die LehrerInnen nochmals dazu animieren, ihre eigenen Vorurteile zu überprüfen, so dass sie sicher seien, dass der Name, ob positiv oder negativ etikettiert, keine Auswirkung auf die Notengebung habe.

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Prof. Dr. Astrid Kaiser, Institut für Pädagogik, Tel.: 0441/798-2032, E-Mail: astrid.kaiser(Klammeraffe)uni-oldenburg.de
 
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