Neubau für Windforschung
Neubau für Windforschung
Wissenschaftsrat empfiehlt Bau eines Forschungslabors für Turbulenz und Windenergiesysteme
Oldenburg. In seiner diesjährigen Empfehlung zur Förderung von Forschungsbauten an Hochschulen hat der Wissenschaftsrat (WR) den Neubau eines "Forschungslabors für Turbulenz und Windenergiesysteme" an der Universität Oldenburg befürwortet. Der Antrag der Oldenburger WissenschaftlerInnen unter Leitung des Windenergieexperten Prof. Dr. Martin Kühn, des Turbulenzforschers Prof. Dr. Joachim Peinke und des Energiemeteorologen Dr. Detlev Heinemann wurde als besonders förderungswürdig eingestuft.
Herzstück des 2.300 Quadratmeter großen und 20 Millionen Euro teuren Neubaus mit Platz für über 130 WissenschaftlerInnen ist ein so genannter turbulenter Windkanal. Hinzu kommen Labore für Experimente im Windkanal und im Freifeld. WissenschaftlerInnen aus den Bereichen Physik, Meteorologie, Ozeanographie und Ingenieurwissenschaften der Universitäten Oldenburg und Hannover, der Jade Hochschule, des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (Bremerhaven) sowie des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (Göttingen) werden den Windkanal nutzen. Er soll exakte Daten über das Betriebsverhalten von Windenergieanlagen und großer Offshore-Windparks liefern.
"Die Universität Oldenburg kann durch den Forschungsbau ihre Forschung zu Erneuerbaren Energien entscheidend stärken. In den vergangenen zwei Jahren erhielten die Oldenburger Windenergieforscher einen auf Strömungssimulationen optimierten Parallelrechencluster sowie ein laser-optisches Fernerkundungssystem für dreidimensionale Strömungsmessungen im Windpark. Der neue turbulente Windkanal ermöglicht im Zusammenspiel mit Rechencluster und Fernerkundungssystem hocheffiziente Forschung - vor allem im Bereich der Offshore-Windenergie", betont Universitätspräsidentin Prof. Dr. Babette Simon.
Der Ausbau der Offshore-Windenergie zählt zu den zentralen Zielen im Programm der Bundesregierung zur Energiewende. "Ein wesentlicher Punkt für den bisher eher schleppenden Ausbau sind Wissensdefizite über das Betriebsverhalten großer Offshore-Windparks", erklärt Windenergieexperte Kühn. Die Betriebserfahrungen von vergleichsweise kleinen Windparks an Land ließen sich nicht einfach übertragen. Ein genaues Verständnis der Wechselwirkung der Windenergieanlagen innerhalb der turbulenten atmosphärischen Strömungen im Windpark auf See sei essenziell für deren zuverlässigen und wirtschaftlichen Betrieb.
Dieses Forschungsdefizit soll der turbulente Windkanal auf dem Campus Wechloy der Universität Oldenburg beheben: Geplant ist, Laborexperimente, Freifeldmessungen und numerische Simulationen zu kombinieren. Forschungsziel ist die Untersuchung des Zusammenspiels von atmosphärischer Turbulenz und Windenergiesystemen - also von Windparks, Windenergieanlagen und ihren Komponenten. "Während traditionelle Windkanalversuche - zum Beispiel in der Luftfahrt - in besonders turbulenzarmen Strömungen durchgeführt werden, wollen wir gerade die Besonderheiten realer turbulenter Windströmungen untersuchen. Im Windkanal können wir turbulente Windfelder reproduzieren. Dies ermöglicht Versuche zur Turbulenzentwicklung auf Rotorblättern, einzelnen Modellwindenergieanlagen oder Anlagen in Windparkanordnungen", erläutert der Physiker und Turbulenz- und Windenergieforscher Peinke. Ein weiteres Forschungsziel ist die Entwicklung von neuartigen Regelverfahren, die Turbulenzen kompensieren: Zukünftige Anlagen erkennen durch laser-optische Sensoren Windböen bereits frühzeitig. Durch die Regelung einzelner Anlagen in großen Windparks sollen Abschattungsverluste und zusätzliche Belastungen reduziert werden.
"Unsere Forschungen mit dem Windkanal können maßgeblich dazu beitragen, dass die Effizienz von Windparks gesteigert und die technischen und letztendlich auch finanziellen Risiken bei der Realisierung von Windparks eingeschränkt werden", ergänzt Kühn.
Im Rahmen der Förderung von Forschungsbauten an Hochschulen begutachtet der Wissenschaftsrat im Auftrag von Bund und Ländern die Anträge der Länder auf Förderung von Forschungsbauten. Der WR empfiehlt jährlich der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) die Vorhaben, die umgesetzt und bis zur Hälfte durch den Bund mitfinanziert werden sollen. Die Entscheidung über die Aufnahme in die Förderung liegt bei der GWK.
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[Pressemitteilung vom 25.05.2012]