… an die Uni. Mit über 60 zurück in den Hörsaal – diesen Schritt gehen immer mehr Menschen. Mehr als 600 Gasthörende besuchen die Vorlesungen der Universität Oldenburg in jedem Semester.
An ihrem vierten Tag im Ruhestand hat Altje Hasche ihre erste Vorlesung in Philosophie besucht. Vom Arbeitsplatz beim Oberlandesgericht wechselte sie fast direkt in den Hörsaal. „Nach 45 Jahren im Beruf musste ich einfach etwas anderes machen“, sagt Hasche. Nach inzwischen sechs Jahren als Gasthörerin an der Universität Oldenburg ist die 71-Jährige weiterhin von Angebot der Hochschule begeistert: „Auf dem Campus gibt so viel zu sehen und zu lernen. Es ist immer sehr anregend und ich kann mir aussuchen, was mich gerade interessiert.“
Von Astrophysik bis Musikgeschichte, von Philosophie und Literatur bis zu Informatik – im Gasthörstudium der Universität Oldenburg können sich Interessierte aus mehr als 700 Veranstaltungen ihr persönliches Studienprogramm zusammenstellen. Neuerdings sind auch Vorlesungen der Medizin geöffnet. Im Wintersemester 2025/25 waren 625 Gasthörende eingeschrieben – so viele wie nie zuvor. Bundesweit setzt die Uni im Nordwesten damit Maßstäbe.
„Besonders viele Interessierte stammen aus den geburtenstarken Jahrgängen“, berichtet Can Eroglu, der das Gasthörstudium am C3L – Center für lebenslanges Lernen an der Universität Oldenburg koordiniert. Offenbar nutzten viele der sogenannten Babyboomer das Ende des Berufslebens, um sich Wissenschaft und Bildung zu widmen. Einer davon ist Dietmar Spille Die passive Phase seiner Altersteilzeit will der ehemalige Diplomkaufmann aktiv nutzen und „mal was anderes machen als die letzten 35 Jahre“, dabei aber „Wissen vertiefen und dabeibleiben“. Um besser am aktuellen Diskurs teilhaben zu können, belegt der Mittsechziger zum Beispiel eine Vorlesungsreihe zu den Auswirkungen des globalen Klimawandels.
Beide Gasthörenden stellen sich ihr Studium aus ganz verschiedenen Themenbereichen zusammen, meist zwei bis drei Veranstaltungen die Woche, und belegen dabei vor allem Kurse, in denen sie wenig bis kein Vorwissen haben. „Kenn’ ich nicht. Hört sich interessant an. Mach ich“, ist dabei Hasches Devise. So haben die beiden bereits Vorlesungen in den Bereichen Philosophie, Soziologie, Astrophysik, Wirtschaftsethik, Umweltbildung, Geschichte und Politik besucht.
Das in Oldenburg auch als Studium Generale bekannte Gasthörstudium startete bereits 1983. Seitdem nehmen Wissbegierige an Lehrveranstaltungen der Universität teil, ohne für ein grundständiges Studium eingeschrieben zu sein. Es sind vor allem Ältere – aber nicht nur. Die jüngste Gasthörerin an der Universität Oldenburg ist 15 Jahre alt. Montags besucht sie naturwissenschaftliche Vorlesungen und wird dafür von der Schule freigestellt. Am längsten eingeschrieben ist eine 90-Jährige.
Was die Generationen im Gasthörstudium verbindet: Sie wollen Wissen vertiefen, Neues lernen und sich austauschen. Während sich jüngere Gasthörende für die Studien- oder Berufswahl orientieren, bilden sich Berufstätige weiter oder loten die Möglichkeiten eines Neustarts aus. Vielen Älteren ist wichtig, geistig fit zu bleiben, Anregungen zu erhalten und sich auszutauschen. Im Hörsaal, auf dem Campus und in der Mensa gibt es dazu viel Gelegenheit. Auch viele Lehrende empfinden die Lebens- und Berufserfahrungen, die Gasthörende in manchem Seminar einbringen, als Bereicherung. Durch die unterschiedlichen Perspektiven der Generationen entstehen oft interessante Diskussionen.
Gasthörende können in Oldenburg auch die Ringvorlesung Philosophie besuchen. Bei dieser Vortragsreihe kooperieren das Institut für Philosophie und das C3L mit der Karl Jaspers-Gesellschaft. Ein weiteres Angebot, das die Hochschule öffnet: In der Reihe „Blickwinkel“ vermitteln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Einblicke in die Forschung. Ein gesondertes semesterbegleitendes Kursprogramm richtet sich vor allem an Ältere.
Wie beim Gasthörstudium ist das Interesse auch bei den Vortragsreihen mit mehr als 400 Teilnehmende so hoch wie nie zuvor. Viele Bildungsangebote werden inzwischen hybrid angeboten – jeweils etwa die Hälfte der Teilnehmenden nimmt online und vor Ort teil. Mit der Einschreibung erhalten die Gasthörenden auch Zugang zu Angeboten rund um die Universität. Sie können die Mensen, Bibliotheken und das vielfältige Angebot des Hochschulsports nutzen.
Kontakt
Can Eroglu (C3L), T +49(0)441 798-2276, E studium.generale@uni-oldenburg.de
Wei Qing Hellwig (C3L), T +49(0)441 798-2275, E studium.generale@uni-oldenburg.de