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Philosophie

Das Fach Philosophie – Was heißt „Philosophieren“ und wozu ist Philosophieren gut?

Warum Philosophieren?

Das Nachdenken über den Sinn der Philosophie und ihrer Vermittlung reicht von der Antike bis in die Gegenwart. Für Sokrates ist Philosophie eine öffentliche Angelegenheit. Entsprechend vermittelt er Philosophie auf der agorá, dem Markt, der das Zentrum des öffentlichen Lebens in Athen bildet, und konfrontiert die Mitbürger mit seinen Nachfragen, erschüttert vermeintliche Gewissheiten im Gespräch und beginnt die Arbeit an Begriffen neu. Platon stellt das sokratische Fragen in den Zusammenhang der philosophischen Erforschung dessen, was in begründeter Weise als wahr gelten könne.

Gerade auch für das Zusammenleben in der polis zentral wird die philosophische Bildung, die paideia. Besonders wichtig dabei ist die Fähigkeit der Dialektik, d.h. der in Rede und Gegenrede sich ausweisenden Bemühung um die Gültigkeit (den Wahrheitsanspruch) von Aussagen. Aristoteles erweitert das zum Verständnis der Philosophie als erster Wissenschaft und fragt über das erkenntnissichernde Glück der theoria hinaus nach der Praxis eines gemeinschaftlich guten, sittlichen Lebens und den Bedingungen seiner Realisierung. Philosophieren, als die Ausübung der Fähigkeit zu vernunftbestimmter Wahl, kann dazu beitragen, ein in diesem Sinne gelingendes Leben zu führen.

Auf dem Weg von der Antike zu Neuzeit und Gegenwart werden in das Fragen danach, was als vernünftig gelten kann, immer weitere Themen lebensweltlicher Erfahrung in diversen Modernitätsschüben zum Gegenstand des Aufklärungsbedürfnisses. Immanuel Kant setzt dann neue Maßstäbe kritischen Selberdenkens, das sich dadurch als vernünftig erweist, dass es stimmig, epistemisch pluralistisch und selbstgesetzgebend ist. G.W.F. Hegel erweitert dieses Programm von Kritik. Nach ihm hat philosophische Reflexion die Aufgabe, das Insgesamt gesellschaftlicher Wirklichkeit zu begreifen: „Philosophie ist ihre Zeit in Gedanken gefasst.“ Damit wendet sich die philosophische Forschung den Fragen nach dem geschichtlichen Wandel der Normen, der Dynamik gesellschaftlicher Prozesse und der Zeitlichkeit des Lebens zu. Dieses Programm differenziert sich bei Sören Kierkegaard, Karl Marx und in der Kritischen Theorie vielfältig aus.

Auch für Karl Jaspers ist das Philosophieren ein Prozess der Vergewisserung, an dessen Gelingen das ganze Wesen des Menschen beteiligt ist. Nach Ansicht von Immanuel Kant, Ludwig Wittgenstein und Thomas Nagel bedrängt uns die Vernunft mit Fragen, die sich nicht abweisen lassen und die in intensiver Reflexion durchdacht werden müssen. Für Hannah Arendt, Theodor W. Adorno und Michel Foucault steht, im Anschluss an Immanuel Kant und Friedrich Nietzsche, das kritische Denken im Mittelpunkt des Philosophierens. Für andere ist das Rechenschaft-Geben über die Gründe, die das Urteilen und Handeln leiten, die zentrale Tätigkeit des Philosophierens.

Trotz der Vielfalt der Ansätze finden einige Dimensionen des Philosophierens große Zustimmung: das Staunen oder Fragen als Ausgangspunkt; die differenzierte Wahrnehmung der Welt, von sich selbst und anderen; das kritische In-Frage-Stellen, das Selber-Denken und -Urteilen sowie die diskursive Auseinandersetzung auf der Basis begründeter Argumente.

Worüber Philosophieren?

Die vielfältigen Problemstellungen, mit denen sich Philosophierende auseinandersetzen, lassen sich mittels vier Fragen strukturieren, die von Kant formuliert wurden:

Was können wir wissen?

In der Theoretischen Philosophie wird nach den Bedingungen und Grenzen unseres Denkens und Erkennens gefragt, d.h. nach den Bedingungen von Wissenschaft sowie nach der Rolle der Wahrnehmung von Welt und Selbst. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie wir etwas über die Wirklichkeit mittels der Fähigkeiten des Wahrnehmens und Erkennens, der Vernunft, des Verstandes, des Denkens, des Leibes, der Sinneswahrnehmungen, der Einbildungskraft oder der Phantasie herausbekommen.

Was sollen wir tun?

In der Praktischen Philosophie werden die Gründe unserer Handlungen, Urteile und Wertvorstellungen und damit die normativen Grundlagen moralischer Praxis, individueller Lebensentwürfe, sozialer Beziehungen und politischer Institutionen untersucht. Welche Handlungen können berechtigterweise gefordert werden? Lassen sich Vorstellungen vom guten Leben oder vom gelingenden Umgang mit dem Tod verallgemeinern? In welcher Art von Gemeinschaft wollen wir leben? Und was macht eine gerechte Gesellschaft aus? Zu diskutieren ist, inwieweit diese Fragen auf der Grundlage vernünftiger und verallgemeinerbarer Prinzipien beantwortet werden können. Auch Reflexionen über die Folgen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, über neue Handlungsoptionen sowie über den Umgang mit anderen Lebewesen und der Natur gehören in dieses Feld.

Was dürfen wir hoffen?

Eine philosophisch perspektivierte Religionswissenschaft widmet sich der Frage nach den Vorstellungsgehalten, die zwar nicht Gegenstand empirischer Erkenntnis sind, aber grundlegend sein können für die Gestaltung eines einzelnen Lebens und des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Dazu gehören religiöse und spirituelle Deutungsangebote von Welt und Selbst, Jenseitsvorstellungen, aber auch Entwürfe für die Zukunft, Utopien, Hoffnungen. Ideen wie die Idee der Menschheit, der Menschenwürde, der Gerechtigkeit sowie die Idee einer friedlichen kosmopolitischen Gesellschaft werden ebenso Gegenstand der Reflexion wie zentrale Voraussetzungen des Daseins und der Existenz des Menschen.

Was ist der Mensch?

Die philosophische Anthropologie befasst sich mit der Frage, ob es etwas Spezifisches gibt, das wir nur dem Menschen zuschreiben; und sie fragt nach den Konsequenzen der jeweiligen Zuschreibung. Der Mensch als leibliches, denkendes, fühlendes, spielendes, lachendes, argumentierendes Wesen wird reflektiert. Fragen wie die, ob der Mensch eine Seele hat, was Geist oder Bewusstsein ist, welche Rolle dem Körper und der Psyche zugeschrieben werden muss und wie der Zusammenhang dieser Dimensionen aufzufassen ist, stehen im Mittelpunkt. Auch wird über die Frage nachgedacht, in welcher Welt der Mensch eigentlich leben will, welche Gestaltung von Wirklichkeit dem entspricht, wie er sich selbst entwirft.

Das Selbstverständnis des Schulfaches Philosophie

Der Philosophieunterricht will Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, grundlegende philosophische Fragen eigenständig zu reflektieren. Dies bedeutet, philosophische Implikationen und Fragen zu erkennen, selbst Fragestellungen zu formulieren, zu vertiefen und Antwortmöglichkeiten zu durchdenken. In diesem Prozess werden eigene Antworten argumentativ vertreten sowie Deutungsangebote der philosophischen Tradition hinsichtlich ihrer Voraussetzungen und Geltungsansprüche kritisch überprüft.

Im Mittelpunkt des Philosophieunterrichts stehen die philosophische Problemreflexion und die philosophische Argumentation. Der Zugang zu einer Problemreflexion kann auf vielfältige Weise realisiert werden: über Texte der philosophischen Tradition, über aktuelle fachphilosophische Kontroversen oder die Diskussion individueller und gesellschaftlicher Gegenwartsfragen, über die Begegnung mit Personen oder Gegenständen (z.B. Kunstwerken) oder auch über eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit anderen Wissenschaften.

Die philosophische Problemreflexion muss die Ebene subjektiver Meinungsäußerung überschreiten. Einstellungen, Entscheidungen und Urteile müssen nachvollziehbar mit Argumenten begründet werden, und der jeweilige Gültigkeitsbereich der Argumente muss reflektiert werden. Im Prozess der philosophischen Problemreflexion müssen die zentralen Reflexionsmethoden des Philosophierens (u.a. analytische, hermeneutische, dialektische, phänomenologische, spekulative Methoden) berücksichtigt werden. Ziel des Philosophieunterrichts ist die Förderung der philosophischen Wahrnehmungs-, Deutungs-, Argumentations- und Reflexionskompetenz.

Das Studium des Faches Philosophie im Zwei-Fach-Bachelor

Der Bachelor-Studiengang des Faches Philosophie/Werte und Normen umfasst, je nach Fächerkombination und Berufsziel, wahlweise 30 oder 60 Kreditpunkte. In vier Basismodulen (30 KP) werden die Studierenden zunächst in die Theoretische Philosophie und ihre Vermittlung, in die Praktische Philosophie und ihre Vermittlung sowie in die Logik eingeführt. Daran schließt sich ein Aufbaucurriculum an, in dem Fragestellungen der Praktischen Philosophie (spezieller der Philosophie der Gesellschaft), der Theoretischen Philosophie (spezieller der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie), der Ästhetik und Kulturphilosophie so wie der Geschichte der Philosophie thematisiert werden. Am Ende des Bachelorstudiums haben die Studierenden mit einem außerschulischen Berufsziel die Möglichkeit, im Rahmen eines Akzentuierungsmoduls einen thematischen Schwerpunkt im Sinne einer Profilierung zu wählen, während Studierende mit einer Lehramtsorientierung in die Didaktik der Philosophie eingeführt werden.

Das Studium des Faches Philosophie im Master of Education

Der Master of Education-Studiengang Philosophie umfasst Module im Umfang von 30 KP und baut auf dem Bachelorstudiengang Philosophie/Werte und Normen auf. Die Studierenden belegen insgesamt drei Module aus den Bereichen der Theoretischen Philosophie, der Praktischen Philosophie/Philosophie der Gesellschaft und der – insbesondere auf die Unterrichtspraxis des Faches bezogenen – Didaktik der Philosophie.

Das Studium des Faches Philosophie im Master of Arts

Der Master of Arts-Studiengang Philosophie umfasst Module im Umfang von 120 KP und baut auf dem Bachelorstudiengang Philosophie/Werte und Normen auf. Im ersten Semester belegen die Studierenden, je nach ihren bisherigen Studien, wahlweise Aufbaumodule zur Theoretischen Philosophie und den Grundlagen der Wissenschaften, zur Praktischen Philosophie – Ethik, Recht, Gesellschaft, zur Ästhetik und Kulturphilosophie sowie zur Geschichte der Philosophie. Die Wahlmöglichkeit bei den Aufbaumodulen bietet insbesondere für Studierende, die mit einem Bachelorabschluss einer anderen Universität nach Oldenburg kommen, den Vorteil eines flexiblen Anschlusses an die Oldenburger Studienstruktur. Im zweiten und dritten Semester wählen die Studierenden drei Vertiefungsmodule aus den Bereichen der Theoretischen Philosophie und Grundlagen der Wissenschaften, der Philosophie der Gesellschaft, der Geschichte der Philosophie und des Wahlbereiches „Akzentuierung“. Neben dem fachsystematischen Studienstrang stehen drei Praxismodule zur Auswahl, von denen die Studierenden eines auswählen: Leitung eines Tutoriums, Berufsfeldbezogenes Praktikum oder Studienschwerpunktspezifische Sprachkurse. Im Rahmen des Moduls Selbststudium soll der Forschungsabschnitt der selbstständigen Texterschließung im Mittelpunkt stehen. Das vierte Semester ist der Masterarbeit vorbehalten.

 

 

(Stand: 08.08.2024)  | 
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