Die Forschergruppe "Individualisierte Hörakustik" (FOR 1732) wurde von 2012 bis 2019 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Etwa 18% unserer Bevölkerung hat einen behandlungsbedürftigen, primär altersbedingten Hörschaden, und dieser Bevölkerungsanteil nimmt aufgrund der demographischen Entwicklung stetig zu. Gleichzeitig steigen die individuellen Ansprüche an eine sichere akustische (Sprach-)Kommunikation auch in akustisch ungünstigen Situationen (z.B. Auto, große Räume mit Störschall und Nachhall), so dass der Sicherstellung der akustischen Wahrnehmung durch das Individuum unabhängig von der akustischen Situation eine große Bedeutung zukommt.

Durch den technologischen Fortschritt und die Änderung des Nutzerverhaltens (z.B. durch Verfügbarkeit von Bluetooth-Headsets und offenen Hörgeräte-Versorgungen mit drahtloser Audio-Übertragungs-Technik) ist die Nachfrage nach einer individualisierten Hörpräsentation vor allem in jüngerer Zeit stark angestiegen. Allerdings bleibt der tatsächliche Nutzen der neuen Technologien für viele (potenzielle) Nutzer noch stark limitiert, weil die Techniken weder optimal an den einzelnen Nutzer noch an die jeweilige akustisch herausfordernde Umgebungssituation angepasst sind. Um nun eine optimale individualisierte Hörpräsentation zu ermöglichen, müssen Lösungen für die folgenden drei grundlegenden Probleme gefunden werden:

1. Identifizieren und möglichst genaues Kompensieren/Unterdrücken von akustischen Störschallquellen in beliebigen akustischen Szenarien
2. Sicherstellen der akustischen Informationsübertragung von einem elektroakustischen System (z.B. Hörgerät, Audio-Headset, Lautsprechern) zum Gehör des individuellen Menschen
3. Weitgehende Kompensation individueller Hör-Beeinträchtigung und Berücksichtigung individueller Klangpräferenz durch entsprechende Vorverarbeitung des akustischen Signals

Wie können diese Probleme gelöst werden, um die korrekte Wahrnehmung eines akustischen Signals (Sprache, Musik, Warnsignal,…) beim individuellen Menschen (normalhörig oder mit Hörverlust) und bei einer akustisch schwierigen Situation sicherzustellen? Zur Beantwortung dieser zentralen Forschungs-Frage werden in dieser Forschergruppe Hörmodelle und Algorithmen erforscht und als Teil von Demonstratoren - d.h. innovative Software und Geräteprototypen - entwickelt, welche die akustische Wahrnehmung in möglichst vielen Situationen für möglichst viele individuelle Benutzerprofile vorhersagbar und steuerbar machen. Die Demonstratoren sollen als Grundlage für zukünftige Systeme dienen, die langfristig die akustische Wahrnehmung für alle Menschen in allen akustischen Situationen optimieren helfen.