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  • Einblick in die Philosophiewerkstatt der Uni Oldenburg: Eine Studentin im Gespräch mit zwei Kindern. Im Vordergrund sind Duplo-Legobausteine.

    In der Ethikwertkstatt der Uni Oldenburg: Mit Hilfe von Lego zeigen Kinder, welche Vorstellungen sie von zentralen philosophischen Begriffen haben. Foto: Universität Oldenburg/ Daniel Schmidt Universität Oldenburg / Daniel Schmidt

Unterrichten lernen

Was bedeutet es, eine gute Lehrkraft zu sein? Antworten auf diese Frage erarbeiten sich Lehramtsstudierende ganz praktisch in den elf Lehr-Lern-Räumen der Universität. Hier können sie sich für ihren künftigen Beruf erproben.

Was bedeutet es, eine gute Lehrkraft zu sein? Antworten auf diese Frage erarbeiten sich Lehramtsstudierende ganz praktisch in den elf Lehr-Lern-Räumen der Universität. Hier können sie sich für ihren künftigen Beruf erproben.

Auf den ersten Blick sieht die Szene aus wie eine Momentaufnahme im Kinderzimmer: Fünf unterschiedliche Legofiguren stehen aufgereiht auf einer grasgrünen Legoplatte, daneben ragt ein baumähnliches Gebilde in die Höhe. Doch statt im Kinderzimmer befinden wir uns an der Uni – in der Ethikwerkstatt des Instituts für Philosophie. Die Figuren und der Baum sind die Lego-gewordene Antwort eines Kindes auf eine gewichtige Frage: „Was ist Gerechtigkeit?“

Welche Vorstellungen Kinder von zentralen philosophischen Begriffen haben, lasse sich mithilfe von Lego gut herausfinden, sagt Dr. Sarah Huck. Die Philosophin koordiniert die Angebote der Ethik-Werkstatt – einen von elf Oldenburger Lehr-Lern-Räumen (OLELA), die Orte didaktischer Forschung, Praxislabore für Studierende und außerschulische Lernorte für Schüler*innen der Region zugleich sind. Das Bauen mit Lego etwa rege auf einfache Weise zum Reflektieren an, erläutert Huck. Gleichzeitig erhalten Lehramtsstudierende, die die Kinder und Jugendlichen in der Ethikwerkstatt anleiten, einen Einblick in die Gedankenwelt der jungen Menschen.

Ein idealer Rahmen für Gespräche

Denn das ist eines der großen Ziele der OLELA: angehenden Lehrkräften schon früh im Studium zusätzlich zu den Schulpraktika Praxiserfahrungen zu ermöglichen und Anlässe für das forschende Lernen zu bieten. Hier erproben Bachelor- und Masterstudierende ihre selbst erstellten Unterrichtskonzepte – und zwar ohne gleich eine ganze Klasse zu unterrichten. Die Schüler*innen kommen aus kooperierenden Grundschulen, Oberschulen, Integrierten Gesamtschulen oder Gymnasien. Die Studierenden lernen, mit Schüler*innen ins Gespräch zu kommen und ihr eigenes Lehrverhalten zu analysieren. Dabei erfahren sie, worauf junge Menschen ihre Aufmerksamkeit richten und welche Wahrnehmungen diese von ihrer Umwelt haben. Die Studierenden, sagt Huck, lernen so von Beginn an, sich an den Schüler*innen zu orientieren.

„In Gesprächen mit Kindern kann man viel darüber herausfinden, wie sie denken und wie sie Neues lernen“, betont auch Jonas Tischer. Aus seiner Arbeit im Schülerlabor physiXS weiß der Doktorand der Arbeitsgruppe Didaktik der Physik und Wissenschaftskommunikation, welche naturwissenschaftlichen Experimente nicht nur zum Staunen, sondern auch zum Nachdenken und Reden über Naturgesetze anregen. Die Lehr-Lern-Labore böten für solche Gespräche einen idealen Rahmen, sagt Tischer. Die Gruppen sind klein, die typische Klassenzimmersituation entfällt und die Studierenden erhalten unmittelbares Feedback, das ihnen bei ihrem forschenden Lernen hilft.

Masterstudentin Lena-Sophie Kayser hat genau diese Erfahrungen gesammelt. „Das Coole ist, dass man die Erfahrungen der Lernenden sofort greifbar hat und die Begeisterung sieht“, sagt die 22-Jährige. Sie hat eine Unterrichtseinheit für das Lernlabor Informatik entwickelt und eigenständig umgesetzt. Unter anderem leitete sie die Schüler*innen dabei an, eine automatische Tür zu programmieren. „Als die Tür schließlich funktionierte, konnte ich richtig ein Funkeln in den Augen der Kinder sehen“, berichtet sie begeistert. Es sei ein großer Unterschied, ob man etwas nur theoretisch plant, oder auch praktisch umsetzt, resümiert sie.

Eine Haltung zum späteren Beruf entwickeln

Auch über sich selbst konnte die angehende Mathe- und Informatiklehrerin während der Arbeit mit den Schüler*innen lernen – etwa, wie es sich anfühlt, mit einer Schulklasse zu arbeiten oder wie schwierig es ist, sich die Zeit richtig einzuteilen. Doch abgeschreckt hat sie dies nicht – im Gegenteil. „Es war toll für mich zu erfahren, wie es ist zu unterrichten“, sagt sie. Die Arbeit habe ihr gezeigt, dass sie den richtigen Weg eingeschlagen hat: „Ich weiß nun, dass ich wirklich Lehrerin werden möchte.“

Diese Möglichkeit, sich selbst zu reflektieren und eine Haltung zum späteren Beruf zu entwickeln, ist für Philosophie-Didaktikerin Huck ein wichtiger Aspekt, der für die Integration Lehr-Lern-Räume in der Lehramtsbildung spreche. Die Studierenden könnten herausfinden, ob der Beruf für sie der richtige ist und was es bedeutet, eine gute Lehrkraft zu sein.

Dazu gehört auch, flexibel mit Überraschungen umzugehen, etwa wenn Schüler*innen Antworten parat haben und Ideen entwickeln, mit denen man gar nicht rechnet. So wie der Lego-Baumeister. Anders als andere Kinder baute der Junge keine Waage oder Stufen, um Gerechtigkeit darzustellen, sondern hatte eine andere Vorstellung im Sinn: Die fünf Figuren stünden für unterschiedliche Menschen, der Baum symbolisiere die Natur. Gerecht sei es, so der Elfjährige, wenn wir die Natur zum Wohle aller Menschen schützen. Solche Situation zu reflektieren und zu erforschen – dafür böten die OLELA einen hervorragenden Rahmen, resümiert Huck.

diz-Webmaster (Stand: 20.06.2024)  | 
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