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Universitätsbibliothek ohne Fachzeitschriften

Im Zeitschriftenverband der Biologie grassiert seit Jahren unerbittlich der Rotstift. Zehntausende von Mark müssen jedes Jahr eingespart werden. Aus einem ansehnlichen Bestand ist ein Torso geworden.

 "Vor zehn Jahren kam ich nach Oldenburg, um Biologie zu studieren. Während dieser Zeit bekam ich oftmals Besuch von befreundeten Biologiestudent-

 Innen aus Valencia/Spanien. Sie waren von der Fachbereichsbibliothek sehr beeindruckt, denn in Valencia gab es nur wenige Zeitschriften und Bücher für ihr Fachgebiet. Oft haben sie mich über die Jahre gebeten, Fachliteratur in Oldenburg für sie zu kopieren. Bedauerlicherweise sind nun in Oldenburg auf unseren gemeinsamen Forschungsgebieten eine erhebliche Anzahl von Zeitschriften abbestellt worden wie z.B. Hydrobiologia, Journal of Natural History und Polar Biology u.a.m. Als ich im Sommer 1997 meine Freunde in Spanien besuchte, war ich derjenige, der über die Bibliothek in Valencia sehr überrascht war. In den vergangenen Jahren, während in Oldenburg die Zeitschriften abbestellt wurden, hat man in Valencia den Anschluß geschafft. Sie haben uns nicht nur eingeholt, sondern mittlerweile sogar überrundet. Nun kopiert mein Freund und Kollege in Spanien für mich wissenschaftliche Artikel", schreibt der Doktorand Pedro Martínez Arbizu.

Er deutet damit an, daß für StudentInnen aus dem Ausland Oldenburg an Attraktivität verliert. Auch Gastforscher können wir uns kaum noch leisten, weil wir nicht mehr die Arbeitsbedingungen bieten können, die ein Gast erwarten darf. Werner Hollwedel, der seit Jahren unsere Bibliothek als Gast benutzt, macht das deutlich, wenn er schreibt:

"Seit mehreren Jahrzehnten arbeite ich in der Limnologie, insbesondere über Systematik und Ökologie der Cladoceren (einer Gruppe der Krebse). Mit großem Bedauern habe ich festgestellt, daß renommierte und sehr wichtige Zeitschriften von der Universitätsbibliothek abbestellt wurden. Es sind dies Hydrobiologia, Freshwater Biology, Canadian Journal of Zoology u.a.m. Dadurch wird der Anschluß an die internationale wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Hydrobiologie und Limnologie erschwert und verzögert. Ich bedaure es sehr, daß das Gebiet der aquatischen Ökologie von der Bibliothek weiterhin derart vernachlässigt wird. Ich wohne in Varel und habe in den letzten zwanzig Jahren die Fachliteratur in der Bibliothek einsehen können und damit intensiv gearbeitet. Ob ein Artikel für mich bedeutsam und nützlich ist, läßt sich über den Titel im Internet nicht erkennen, so daß eine Fernleihe nicht nur zeitraubend und teuer, sondern womöglich auch unnötig ist."

Für die Mitglieder des Fachbereiches Biologie wird es durch die schlechte Zeitschriftenversorgung immer schwieriger, international mitzuhalten. Es drohen Zustände wie in den ehemaligen Ostblockstaaten, wo Devisenknappheit zur Abschaffung internationaler Zeitschriften und in ihrem Gefolge zur Provinzialisierung der Forschung geführt hat. In Oldenburg beträgt der Erwerbsetat nur 18 Prozent des Bibliotheksetats, während es im Bundesdurchschnitt 41 Prozent sind. Das muß sich ändern, will man die Wettbewerbsfähigkeit verschiedener Fächer nicht aufs Spiel setzen.

Thomas Glatzel (FB Biologie)

Imagebildende Maßnahmen

Der Senat diskutierte am 4. März die jüngste Maßnahme zur Auffrischung des Präsidentenfonds. Im Altbaugelände wurde jeder zweite Laternenmast mit einem Glaskasten verziert, von dem aus die Studentengehirne kommerziell umworben werden sollten. 10.000 Mark Minimum bringt die Vermietung dieser Kästen. Das Geld soll für "imagebildende Maßnahmen" verwendet werden. Darunter zählen, glaubt man dem Präsidenten, die Honorarforderungen des Faches Musik für die Bereitstellung von Trios für Universitätsfeiern. Der Frage, ob die "Verschandelung des Universitätsgeländes", so ein wertekonservativer Kritiker, eigentlich diesen Preis wert ist, wurden von zwei antiimperialistischen Senatoren mit dem Vermerk quittiert, wer gegen solcherart Verschandelung sei, müsse auch gegen die Aufstellung imperialistischer Cola-Automaten sein. Antiimperialisten scheinen Werbung in vollen Zügen zu trinken. Die Vorwärtsverteidigung der Werbeflächenvermietung war nicht ohne Raffinesse: Wer immer in Zukunft den Präsidenten um eine milde Gabe aus dem "Image-Fond" bitte, anerkenne dadurch, daß mietbare Werbeflächen das Normalste auf diesem Campus sind. Denn woher soll der Präsident das Geld für seine Präsente nehmen. Und wer kann dem Charme des vom Dezernat 4 ausgehandelten Deals widerstehen, der neben den risikofreien Sockeleinheiten von 10.000 Mark eine 35%-Beteiligung an allen Überschüssen vorsieht! Offen blieb nur eine einzige Frage: wer bezahlt die Reinigungskosten für kriminelle Vergehen an den Kästen, für graffitische oder gar politische Glasmalerei? Die Aktion soll, so der Präsident, übrigens fortgesetzt und bei Erfolg ausgeweitet werden. (Das Aufstellung von Werbeflächen, natürlich).

Wolfgang Martin Stroh


Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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