Theorie und Geschichte gegenwärtiger Medien
Personen
Publikationen
- Records of Disaster. Media Infrastructures and Climate Change, Lüneburg: meson press 2022 Herausgegeben von Jakob Claus und Petra Löffler
- Earth and Beyond in Tumultuous Times. A Critical Atlas of the Anthropocene, Lüneburg: meson 2021(mit Réka Patrícia Gál).
- Ökologien medialer Praktiken, in: Sebastian Gießmann, Tobias Röhl, Ronja Trischler (Hg.): Materialität der Kooperation, Berlin: De Gryuter 2019, S. 373-398.
- Bilder verteilen. Fotografische Praktiken in der digitalen Kultur, Bielefeld: transcript 2018 (mit Winfried Gerling und Susanne Holschbach).
- Ökologien der Erde – Geschichte und Aktualität der Gaia-Hypothese, Lüneburg: meson 2018 (mit Alexander Friedrich, Niklas Schrape und Florian Sprenger).
- Archive der Zukunft? Ein Gespräch über Sammlungspolitiken, koloniale Archive und die Dekolonialisierung des Wissens, in: ZfM 20 (2019), S. 96-111 (mit Brigitta Kuster und Britta Lange).
Theorie und Geschichte gegenwärtiger Medien
Am Institut für Kunst und visuelle Kultur kommt der Medienwissenschaft grundsätzlich die Aufgabe zu, das Verhältnis zwischen Medien, Künsten und visuellen Kulturen präzise in den Blick zu nehmen. Denn so wie diese nicht zu trennen sind von spezifischen Medientechniken und -praktiken, ist umgekehrt auch die Mediengeschichte auf vielfältige Weise von ästhetischen Praktiken durchzogen.
Dabei geht die Reichweite der Medienwissenschaft über ihre fraglose Zuständigkeit für einzelne Bildmedien wie Fotografie oder Film weit hinaus. Eine kulturwissenschaftliche Medienwissenschaft, wie wir sie vertreten, ist vor allem gekennzeichnet durch Verfahren des Fragens: Welche sozialen, kulturellen und ökologischen Effekte haben Medien? Auf welche Weise bedingen Apparate, Techniken und Codes nicht nur wie, sondern auch was durch wen kommuniziert wird? Und welche Handlungen können sie auslösen oder blockieren?
In einer solchen Perspektive rücken verstärkt Kulturtechniken, Materialien, Dinge und Institutionen und ihre Wechselwirkungen in den Blick: Sprache und Schrift, Archive und Verkehrssysteme oder naturwissenschaftliche Visualisierungen. Unsere Aufmerksamkeit richtet sich daher weniger auf Einzelmedien als vielmehr auf mediale Gefüge und Infrastrukturen.
Zu einer Forschung, die fragt, wie Medien und Medialität daran beteiligt sind, Wirklichkeiten, Subjekte und Handlungsweisen hervorzubringen, gehört auch die Beschäftigung mit dem Verhältnis von Gender und Medien ebenso wie das von Post/Kolonalität und Medien. Diese Perspektiven sind für unserer Lehre und Forschung besonders wichtig.
Gemeinsam mit dem Institut für Musik tragen wir den Studiengang Integrated Media: Audiovisuelle Medien.
Aktuelle Forschungsprojekte
Ökologie der Medien
Ausgehend von dem Befund, dass gegenwärtige Medien Relationen bilden, dass sie ebenso als globale Netzwerke wie lokale Gefüge wirksam sind, fragen wir nach den spezifischen Verfahren und Operationen ihrer Vernetzungen und deren Wirksamkeiten. In der Perspektive einer Ökologie der Medien treten dabei sowohl die Ressourcen und Materialien, aus denen Mediengeräte produziert werden, als auch die medialen Praktiken ihres individuellen bzw. gesellschaftlichen Ge- bzw. Verbrauchs in den Blick. Das Forschungsfeld der Medienökologie umfasst dabei explizit Fragen der Nachhaltigkeit, der Geopolitik und der Materialität von relationalen Medien sowie die mit ihnen verknüpften Handlungsoptionen im Sinn einer ‚Ökologie medialer Praktiken‘. Darüber hinaus befragt eine Ökologie der Medien die historischen Bedingungen medialer Entwicklungen, die gegenwärtige Mediengefüge (in)formiert haben, um Optionen zukünftiger Medienrelationen im und jenseits des sogenannten ‚Anthropozäns‘ auszuloten.
Mediale Milieus und Infrastrukturen
Medienkulturen artikulieren sich vor allem in Praktiken, die zugleich verschiedene mediale Milieus ausprägen, in denen diese Praktiken erprobt werden. Als mediales Milieu soll das Zusammenspiel von menschlichen und technischen Handelnden sowie die spezifischen sozialen, ästhetischen, infrastrukturellen sowie geopolitischen Bedingungen verstanden werden, unter denen sich Medienpraktiken herausbilden und ausgehandelt werden. Unser Erkenntnisinteresse impliziert gegen- bzw. subkulturelle mediale Milieus und alterierende Infrastrukturen. Besonderes Augenmerk richten wir auf die vernetzten Infrastrukturen gegenwärtiger Medien, die die Kommunikation durch Bilder und deren Verteilung in digitalen Milieus, auf Social Media-Plattformen, in Datenbanken oder digitalen Archiven, organisieren. Unsere Forschung zielt dabei auf eine Archivökologie, die die Relationen zwischen medialen Praktiken, Milieus und Infrastrukturen des Kommunizierens, Verteilens und Archivierens von Bildern untersucht und diverse nachhaltige ‚Archive der Zukunft‘ entwirft.
(Post)Koloniale Medienkonstellationen und Epistemologien
In diesem Forschungsvorhaben untersuchen wir die vielfältigen Verstrickungen von Medientechniken und -kulturen mit kolonialen Praktiken der Extraktion, Aneignung und Verwertung von Ressourcen, Menschen und Dingen. Seien es Fotografien oder Filmaufnahmen, die Forschende des Globalen Nordens im Namen ‚westlicher‘ Wissenschaften wie der Anthropologie oder Ethnografie von kolonialisierten Menschen, deren kulturellen Praktiken und Lebensweisen gemacht haben, populäre Medien wie die Postkarte oder Wissensfiguren und Epistemologien, durch die Menschen und Kulturen als ‚Andere‘ (dis)qualifiziert und distanziert werden– immer stehen Selbst- und Fremdbezug in einem Spannungsverhältnis, das Kolonialisierte und Kolonialisierende gleichermaßen determiniert und in mehrfach asymmetrische Machtverhältnisse zwingt. Unsere Forschung über die medialen und epistemologischen Strukturen kolonialer Relationen zwischen Nähe und Distanz zielt auf eine Dekolonialisierung ‚westlicher‘ Erkenntnisweisen und Wissensinstanzen wie zum Beispiel koloniale Museen oder Archive.