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14. Januar 1998 9/98
Rapa Nui - das vergessene Volk der Osterinseln
Oldenburg. "Die Fremden bestaunen unsere alte Kultur. Sie begaffen uns als Naturkinder und reisen schnell weiter. Was mit uns geschehen ist und noch geschieht, danach fragt keiner. Die Welt hat uns vergessen", klagt eine alte Rapa Nui und drückt damit die Ignoranz der Weißen gegenüber fast allen Naturvölkern aus. Sie ist eine Ureinwohnerin der Osterinsel - jenem Eiland jenseits der Kontinente im Pazifischen Ozean, das durch seine riesigen und wundersamen Steinskulpturen (Mohai) der Welt bekannt wurde.
Hermann Fischer, pensionierter Pädagoge aus Friesland und ehemals Lehrbeauftragter der Universität Oldenburg, aber interessierte sich während seiner Forschungsreisen zu der Osterinsel für die Bevölkerung. Er sprach mit vielen Ureinwohnern und spürte zahlreiche Quellen in Archiven auf, die die traumatische Unterdrückung des fast vergessenen Inselvolkes dokumentieren. Herausgekommen ist bei seinen Recherchen ein Buch, das erstmals die Geschichte der Rapa Nui in Wort und Bild ebenso plastisch wie spannend schildert.* Durch die einsame Lage der kleinen Pazifikinsel waren die Rapa Nui noch mehr als andere Naturvölker von der Außenwelt abgeschnitten. Die meisten Wissenschaftler interessierten sich nur für die steinernen Riesen und stellten keinen Zusammenhang zwischen dieser Kultur und deren Nachfahren her.
Der Niedergang der Rapa Nui begann 1722 mit dem Auftreten der ersten Fremden unter dem Kommando des holländischen Admirals Roggeveen. Roggeveen, der Spanier Gonzales, der Engländer Cook und der Franzose Pèrouse kamen noch in friedlicher Absicht als Forscher. Doch mit Beginn des 18. Jahrhunderts fielen die Menschenjäger über die Insel her. Brutaler Höhepunkt war 1862 der Raub von 1700 Rapa Nui, darunter die gesamte Führungsschicht, die als Sklaven in Peru verkauft wurden. Die soziale Struktur wurde zerstört, die religiöse danach von Missionaren. Schließlich fiel das verbliebene orientierungslose Häuflein in die Hände eines abenteuerlichen Ausbeuters. Soweit ist die Geschichte dokumentiert.
Aber mit der Annexion von 1888 durch Chile wird über die Vorgänge auf der Osterinsel ein Mantel des Schweigens gelegt. Deshalb lenkt der Autor die Aufmerksamkeit besonders auf die Ereignisse der folgenden Jahrzehnte - bis zur Anerkennung der Rapa Nui 1964 als chilenische Staatsbürger. Es begann damit, daß die 178 überlebenden Rapa Nui - von einstmals 4000 - durch einen fragwürdigen Abtretungsvertrag um 90% ihres angestammten Landes gebracht und hinter Mauern und Stacheldraht eingepfercht wurden. Chile zeigte keinerlei Interesse an seiner so abgelegenen Kolonie. Es verpachtete die Insel an englische Schaffarmer, die Jahrzehnte ohne gesetzliche Grundlage allein die Herrschaft über Leben und Tod des Inselvolkes hatten. Trotzdem bewahrten sich die im Ghetto Lebenden Selbstachtung und Widerstandskraft. Ein Aufstand 1914 führte allerdings nicht zum Erfolg.
Durch die Weltwirtschaftskrise der zwanziger Jahre stürzten in Chile nicht nur die Salpeterpreise, sondern auch im ständigen Wechsel Präsidenten und ihre Regierungen. Getreue Offiziere der jeweiligen Verlierer wurden auf die "Isla de Pascua" strafversetzt. Sie wurde aus weißer Sicht eine Insel der Verbannten. Erst fünfzig Jahre nach der Annexion begann Chile sich seiner Verantwortung bewußt zu werden. Für den Schulunterricht sorgten allerdings in den engen Grenzen klerikaler Vorgaben bis 1971 allein Nonnen. Ärztliche Betreuung begann als junges Pflänzchen zaghaft zu sprießen. Die Lepra, die schon in der Zeit der ersten Missionare eingeschleppt worden war, konnte kaum behandelt werden, und wurde für viele Rapa Nui zum Trauma, weil sie in der Leprastation ein Herrschaftsinstrument sahen, in die Unliebsame eingeliefert wurden. Die halbherzigen Verbesserungen für die Bevölkerung änderten aber nichts an ihrer rechtlosen Stellung. Die Willkürherrschaft der Schaffarmer wie der Militärgouverneure zeichnete sich durch Selbstgefälligkeit aus, die durch das bequeme Vorurteil genährt wurde, die Rapa Nui seien Gauner, Diebe und sexuelle Wüstlinge, die ganz unfähig zur Selbstverwaltu