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Freia Hoffmann

 

12. Mai 1998   140/98

Louise Farrenc (1804 -1875) - vergessen und wiederentdeckt:

Erstaufführung der 1. Sinfonie mit der Radio-Philharmonie des NDR

Oldenburg. Mit besonderer Spannung wird die Erstaufführung der 1. Sinfonie der französischen Romantikerin Louise Farrenc (1804 - 1875) erwartet, die am 11. Juni im Rahmen des Sinfoniekonzerts im neuen Hörsaalzentrum der Universität Oldenburg von der Radio-Philharmonie Hannover des NDR unter Johannes Goritzki stattfindet. Mit dem Konzert, in dem auch das 1. Hornkonzert von Richard Strauss und die „Italienische" von Felix Mendelssohn-Bartholdy zu hören sind, will die Universität das Hörsaalzentrum auch als Kulturraum präsentieren.

Während ihre Kammermusik vielen Kennern schon als „Geheimtip" bekannt ist, lag die 1. Sinfonie von Louise Farrenc über 150 Jahre lang unbeachtet als Manuskript in der Pariser Nationalbibliothek. Ihre Wiederentdeckung und editorische Bearbeitung ist Teil eines Forschungsprojekts, das seit 1996 mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft am Fachbereich 2 der Universität Oldenburg betrieben wird. Unter der Leitung von Prof. Dr. Freia Hoffmann arbeiten Musikwissenschaftlerinnen an der Vorbereitung einer Kritischen Werkausgabe der Komponistin, die außer der 1. Sinfonie noch weitere bisher unbekannte Werke enthalten und insgesamt 13 Bände umfassen wird.

Daß das Werk dieser bemerkenswerten Komponistin für so lange Zeit in Vergessenheit geriet, hat verschiedene Gründe. Wie andere komponierende Frauen wurde auch sie mehr als Ausnahmeerscheinung wahrgenommen, als daß man ihre musikalischen Leistungen angemessen beachtet und gefördert hätte. Bei Louise Farrenc lag ein weiteres Hindernis für Aufführungen und weitere Verbreitung ihrer Werke darin, daß sie eine stilistische Richtung vertrat, die im opern- und salonorientierten Paris der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wenig Beachtung fand. Von Anton Reicha ausgebildet und an den Werken Haydns und Beethovens geschult, gehörte sie zu einem kleinen Kreis von Musikkennern, die die Musik der Wiener Klassik in der französischen Hauptstadt bekanntmachten und deren Stiltradition in eigenen Kompositionen weiterentwickelten. Besonders von den Kollegen und vom Orchester des Pariser Konservatoriums (wo Louise Farrenc 30 Jahre lang als Professorin für Klavier wirkte) wurden ihre Werke vielfach aufgeführt, geschätzt wurde sie auch von deutschen Musikern wie Johann Nepomuk Hummel, Robert Schumann und Joseph Joachim.

Als die Deutsche Forschungsgemeinschaft 1995 die Finanzierung der Werk-Edition Louise Farrenc bewilligte (das Fördervolumen umfaßt insgesamt rund eine Million Mark), war dies auch ein wichtiger Erfolg für die musikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung überhaupt: Denn obwohl sich in der musikinteressierten Öffentlichkeit inzwischen herumgesprochen hat, daß es einige exzellente Komponistinnen gegeben hat, sind deren Werke nur zu einem kleinen Teil erschlossen. Selbst bei Clara Schumann und Fanny Mendelssohn steht die durch Hundertmarkschein und Gedenkjahr neugewonnene Popularität in krassem Gegensatz zur Zugänglichkeit der Werke. Im Notenhandel oder auf CD erhältlich sind nur wenige ihrer Kompositionen, vorzugsweise für Klavier, Gesang und kleine Kammermusikensembles - also eine Werkauswahl, die leider das Vorurteil vom musikalischen Wirken für Familie und Hausmusik zu bestätigen scheint. Um so erfreulicher ist es, daß Hoffmann mit ihren Mitarbeiterinnen Katharina Herwig, Christin Heitmann und Dorothea Schenck nicht nur Klavierwerke, Sonaten für Violine bzw. Violoncello und Klaviertrios für den Druck vorbereitet, sondern auch groß besetzte Kammermusikwerke wie Quintette, ein Sextett für Bläser und Klavier sowie ein Nonett für Bläser und Streicher.

Die aufwendigsten Bände betreffen Louise Farrencs Orchesterwerke, drei Sinfonien und zwei Ouvertüren. Obwohl zeitgenössische Aufführungen belegt sind und in der Fachpresse große Anerkennung fanden, sind die Orchesterkompositionen nur in Form autographer Partituren überliefert. Partitur und Stimmen der 1. Sinfonie, die nun kurz vor ihrer Wiederaufführung steht, sind jetzt von der Farrenc-Forschungsstelle fü

(Stand: 19.01.2024)  | 
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