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Armin Lewald

Armin Lewald

 

17. März 1999   78/99

„Schulden sind keine Frage der Ehre“

Studie an der Universität Oldenburg über Kinder, Jugendliche und Schulden

Oldenburg. Auch wenn das Geld fehlt, sind Jugendliche nur ungern bereit, ihre Konsumwünsche einzuschränken. Statt dessen bevorzugen sie Konsum auf Kredit. Ansparen oder gar Verzicht ist nicht sehr gefragt. Zwar wollen die meisten Jugendlichen geliehenes Geld zurückzahlen, aber wann und in welchen Beträgen - das sehen sie nicht so streng. Dies sind die Hauptergebnisse einer Pilotstudie unter der Leitung des Haushalts- und Ernährungswissenschaftlers Prof. Dr. Armin Lewald von der Universität Oldenburg zum Thema „Kinder, Jugendliche und Schulden“. Finanziell unterstützt wurde die Untersuchung durch die Genossenschaftsbanken in Weser-Ems sowie die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Befragt wurden aus dem gesamten Regierungsbezirk Weser-Ems knapp 1000 Schülerinnen und Schüler aus Grundschulen, Orientierungsstufen sowie von Haupt- und Realschulen.

„Du möchtest etwas haben, das du im Augenblick von deinem Taschengeld nicht bezahlen kannst. Was machst du in solchen Fällen?“ lautete eine der Fragen. Zwischen 55 % (3. und 4. Klasse) und 65 % der Schüler (7. bis 10. Klasse) erklärten, daß sie sich dann Geld leihen würden. Nur eine Minderheit entschied sich für den Konsumverzicht (3. und 4. Klasse: 37 %, 5. und 6. Klasse: 31 %, 7. bis 10. Klasse: 24 %). Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß das Geldleihen sich fast ausschließlich auf den privaten Bereich (Eltern, Freunde) erstreckt. Bankkredite durch Kontoüberziehungen spielen keine Rolle.

Aufschlußreich ist auch die Auskunft der Schüler zum Thema „Schuldenrückzahlung“. Nur eine Minderheit empfand eine unpünktliche Rückzahlung für sich selbst als peinlich (3. und 4. Klasse: 27 %, 5. und 6. Klasse: 47 %, 7. bis 10. Klasse: 45 %). Dagegen stuft eine deutliche Mehrheit der Schüler (62 % bis 72 %) eine unpünktliche Schuldenrückzahlung bei Erwachsenen als peinlich ein.

"Überraschend war für uns, wieviele Jugendliche nach Einschätzung ihrer Altersgenossen Schulden machen, obwohl sie wissen, daß sie nicht oder nicht pünktlich zurückzahlen können“, resümiert Projektleiter Lewald. Auch in der Frage von Schulden und Verschuldung habe sich offenkundig ein Wertewandel vollzogen. So scheine Verläßlichkeit bei der Rückzahlung keine Frage der Ehre mehr zu sein. Auch Schambarrieren könnten offensichtlich vor Verschuldungen und Zahlungsverzügen nicht mehr schützen, wie das noch vor ein oder zwei Generationen der Fall gewesen sei.

Vor dem Hintergrund ihrer Untersuchung plädieren die Oldenburger Wissenschaftler für eine stärkere Einbeziehung des Themas „Schulden und Kredit“ in den Schulunterricht. Jugendlichen müßten die Gefahren einer unbedachten, nicht „durchgerechneten“ Kreditaufnahme deutlich gemacht werden etwa in dem Sinne: „Du hast unangenehme Zeiten, wenn es zu Verzügen oder gar einer Nichtbedienung von Krediten kommt!“ Schulen sollten sich dabei auch die Erfahrungen der Schuldnerberatung zu Nutze machen.

Da besonders die Fächer „Arbeit/Wirtschaft“ und „Hauswirtschaft“ an Haupt- und Realschulen geeignet sind, das Thema „Schulden und Verschuldung“ aufzuarbeiten, seien auf Anregung der Genossenschaftsbanken, so Harald Lesch, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Genossenschaftsbanken in Weser-Ems, Unterrichtsmaterialien entwickelt worden, die die Ergebnisse der Studie aufgreifen und in Lernsequenzen umsetzen.

Kontakt: Prof. Dr. Armin Lewald oder Wiss. Mitarbeiterin Tanja Dannemann, Studiengang Haushalts- und Ernährungswissenschaften, Fachbereich 3 Sozialwissenschaften, Tel. 0441/798-2629, Fax –2967.

Presse & Kommunikation (Stand: 01.10.2024)  | 
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