Pressemitteilungen

11. Mai 1999   131/99

Oldenburger Initiative bringt marine Biodiversitätsforschung voran

Oldenburg. Auf Initiative des Zoologen Prof. Dr. Horst-Kurt Schminke (AG Zoosystematik und Morphologie, Fachbereich 7 Biologie, Geo- und Umweltwissenschaften der Universität Oldenburg) ist jetzt das "Deutsche Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung“ (DZMB) gegründet worden (Biodiversität = Artenvielfalt). Das Zentrum wird als Abteilung des Senckenberg-Museums eingerichtet und an den beiden Standorten Wilhelmshaven und Hamburg realisiert. An den Verhandlungen waren das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die Länder Hessen, Niedersachsen und Hamburg beteiligt. Schminke, der die konzeptionellen Vorarbeiten leistete, ist Präsident der „Gesellschaft für Biologische Systematik“.

Biodiversität kann auf verschiedenen Ebenen untersucht werden: der genetischen, der organismischen und der ökosystemaren. Welche dieser Ebenen man auch wählt, es geht nie ohne Kenntnis von Arten. Die bekannten Tierarten auf der Erde verteilen sich im Verhältnis 85:15 auf terrestrische und marine Tierarten. Orientiert man sich an den niedrigsten Schätzwerten, dann müßten im Meer zwei Millionen Arten leben, bekannt davon sind aber nur zehn Prozent! Hinzu kommt, daß die Erfassung der Arten regional sehr unterschiedlich ist. Relativ am besten erhoben sind die Arten in den Meeren der Nordhemisphäre, am geringsten ist die Erfassung in den Tropen und in der Tiefsee. Viel taxonomische Grundlagenarbeit ist also zu leisten, bevor sinnvolle Untersuchungen der Biodiversität in den meisten Regionen der Weltmeere in Angriff genommen werden können.

Marin-taxonomische bzw. -systematische Forschung in Deutschland konnte dazu bisher nur einen geringen Beitrag leisten, weil hier das wissenschaftliche Potential im Gegensatz zu anderen Sparten der Meeresforschung völlig unzureichend ist. Zudem sind Erfassung und Verbleib des beträchtlichen Probenmaterials, das von deutschen Forschungsschiffen aus weltweit genommen wird, nicht geregelt, was zur Folge hat, daß es nur bruchstückhaft aufgearbeitet wird. Schließlich existiert so gut wie kein wissenschaftlicher Nachwuchs in mariner Taxonomie.

Diese Unzulänglichkeiten soll nun das DZMB beseitigen. Da ökologische Biodiversitätsforschung ins Leere läuft, wenn nicht bekannt ist, welches die Funktionselemente (Arten) sind, die an ökologischen Prozessen beteiligt sind, ist die wissenschaftliche Ausrichtung des Zentrums eine systematische. Hauptaufgabe ist eine Beteiligung an der wissenschaftlichen Erfassung der marinen Artenvielfalt in den Weltmeeren. Darüber hinaus wird es zusammen mit ÖkologInnen Untersuchungen durchführen, die die Aufklärung ökosystemarer Funktionsabläufe und die Aufdeckung von Auswirkungen menschlicher Eingriffe auf Veränderungen der Biodiversitat zum Ziel haben. Außerdem werden Projekte unterstützt, bei denen es um die Nutzung der Biodiversität (Naturstoffe) geht. Das Besondere an dem Zentrum wird sein, daß die wissenschaftliche Auswertung über eine Serviceaufgabe so mit wissenschaftlicher Ausbildung verknüpft sein wird, daß die Defizite in der marin-taxonomischen Forschumg in Deutschland gezielt behoben werden können.

Im einzelnen geht es um die

  • Registrierung aller auf Expeditionen deutscher Forschungsschiffe genommenen Proben und Regelung ihres Verbleibs,
  • Sortierung von unbearbeiteten Proben bzw. von Restproben, deren Erstbearbeitung abgeschlossen ist,
  • eigene taxonomische Bearbeitung sortierten und selbstgesammelten Materials aus Biodiversitätsprojekten,
  • Beteiligung an der Lehre zwecks Ausbildung mariner Taxonomen,
  • Integration der wenigen übrigen marin-taxonomischen Arbeitsgruppen in Deutschland und Koordination der deutschen Beteiligung an internationalen Programmen zur Erforschung der marinen Biodiversität.

  • Die an der Gründung beteiligten Institutionen sind in unterschiedlicher Weise mit taxonomischer Forschung befaßt. Es handelt sich um das Senckenberg-Museum in Frankfurt mit einer marinen Außenstelle in Wilhelmshaven, das Zoologische Museum der Universität Hamburg, die Universitäten Oldenburg und Hamburg, wo

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