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Matthias Weber

 

7. Dezember 1999   343/99

Deutsche "Ostforschung": Oldenburger HistorikerInnen befassen sich kritisch mit der Tradition ihrer Wissenschaft

Oldenburg. Deutsche und Ostmitteleuropa - das Begriffspaar ruft eher ungute Erinnerungen hervor: Deutsche haben im September 1939 Polen überfallen und polnisches Gebiet annektiert. Dem voraus gingen der Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Böhmen-Mähren und die Eingliederung dieser Gebiete als "Reichsprotektorat". Deutsche und Ostmitteleuropa - dafür stehen auch Konzentrations- und Vernichtungslager wie Auschwitz, Majdanek, Treblinka.

WissenschaftlerInnen und Studierende, die heute unbefangen zu Literatur über die Geschichte und Kultur Polens, Schlesiens, Pommerns oder Preußens greifen, haben es nach wie vor häufig mit Werken zu tun, in denen die unmenschlichen Ereignisse seit 1939 nicht auftauchen, die von einer "Ostforschung" älterer Couleur, oft aber auch jüngerer Provenienz geprägt sind und die ein einseitig konstruiertes Bild der Deutschen in Ostmitteleuropa vermitteln.

WissenschaftlerInnen der Universität Oldenburg und des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte in Oldenburg (BOKG) gehen seit längerem der Frage nach, wie einseitig die Vertreter der historischen Wissenschaften in Deutschland in den letzten 150 Jahren mit der Geschichte Ostmitteleuropas und der dort lebenden Deutschen umgegangen sind und welche Auswirkungen dies auf unser heutiges Geschichtsbild hat. Die eigene Zunft steht also im Blickpunkt der Untersuchungen. In der jüngsten Ausgabe des Oldenburger Universitätsforschungsmagazins EINBLICKE berichten darüber die Historiker Prof Dr. Matthias Weber, Dr. Kurt Dröge (beide BOKG) und Prof Dr. Hans Hennning Hahn Historisches Seminar der Universität ("Ostmitteleuropaforschung statt 'deutsche Ostforschung'", EINBLICKE Nr. 30, Seite 22-24).

Nach den Anfängen der Geschichtswissenschaft im 18. Jahrhundert wurden mit der Reichsgründung 1871 das neue Deutsche Kaiserreich und das Prinzip des Vaterländischen ganz selbstverständlich zum allgemeinen Bezugsrahmen. Dieser ethnozentrierte Ansatz, der sich auch in benachbarten Disziplinen wie der aufkommenden Volkskunde findet, war nicht nationalistisch, keineswegs rassistisch und ursprünglich gegenüber den anderen in Ostmitteleuropa wohnenden Völkern wohl abgrenzend, aber durchaus nicht feindlich gesinnt, er erwies sich aber als gefährlich. Eine folgenreiche Auswirkung bestand zunächst in der Ausklammerung der polnischen, kaschubischen oder tschechischen Bewohner mit ihrer Kultur und Geschichte: Eine national orientierte, einseitige Betrachtungsweise war geboren, die ihre Anstöße immer stärker aus dem politisch-ideologischen Umfeld erhalten sollte.

Zur Überhöhung deutscher Kulturleistungen und Fixierung auf das deutsche Volkstum gesellten sich dann eine Vorbereitung der Herrenmenschenideologie, die Ausbildung der nationalsozialistischen Rassenlehre und die Politik der "Lebensraum"-Gewinnung im Osten. Vertreter der Geschichtswissenschaften wie der zunehmend als "Volkstumskunde" verstandenen Volkskunde waren nach 1933 gleichermaßen von der rassischen und kulturellen Überlegenheit der Germanen über die Slawen überzeugt und trugen durch ihre Studien zur Festigung der NS-Ideologie und zur Lebensraumpolitik des Dritten Reiches in Ostmitteleuropa bei.

Das Jahr 1945 hat weder in der Geschichtswissenschaft noch in der Volkskunde einen methodischen Neuanfang gebracht. Im Gegenteil bildete der Ansatz der "Volks- und Kulturbodenforschung" mit der Fixierung auf das Volkstum weiterhin ein wenn auch ideologisch unbetontes Hauptinteresse. Schon 1949, als Europa nach dem Größenwahn des Nationalsozialismus noch in Trümmern lag, stimmte Hermann Aubin, der 1953 zum Präsidenten des Verbandes der Historiker Deutschlands gewählt werden sollte, erneut das Lob auf den "Anteil der Germanen am Wiederaufbau des Abendlandes nach der Völkerwanderung" an. Die überkommene Ostforschung und ihre Paradigmen waren vielfach so verinnerlicht, dass jede Methodenkritik ausblieb, weil das erforderliche Problembewußtsein fehlte.

Ein Ausgangspunkt heutiger Ostmitteleuropaforschung ist die Maxime, deutsche Kultur und Geschichte nicht isoliert zu s

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