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04. Mai 2004   093/04   Forschung

Rechtschreibschwäche muss nicht sein
 

Oldenburg. Viele Schüler könnten weitaus bessere Leistungen in der Rechtschreibung erbringen, wenn man eine genaue Diagnose ihrer Schwächen erstellen und sie gezielt fördern würde. Diese Auffassung vertritt der Oldenburger Sprachwissenschaftler und Deutschdidaktiker Prof. Dr. Günther Thomé (Institut für Germanistik an der Universität Oldenburg). Nicht die Anzahl, sondern die Art der Fehler sei entscheidend, sagt Thomé. Er hat zusammen mit seiner Frau, der Diplompädagogin Dr. Dorothea Thomé, die „Oldenburger Fehleranalyse OLFA“ entwickelt. Dabei handelt es sich um ein neuartiges Konzept zur qualitativen Analyse der orthographischen Kompetenz, das bereits erfolgreich in Grundschulen der Region eingesetzt wird. „Damit bringen wir die Schüler schnell von der Note 6 auf Note 3“, berichtet Thomé. Sein OLFA-Konzept, das jetzt als Handbuch vorliegt, wird bei der PISA-Nachfolge-Studie DESI (Deutsch Englisch Schülerleistungen International, 11.000 Schüler) genutzt. In dieser Untersuchung bearbeitet Thomé das Modul Rechtschreibung.
Grundlage von OLFA sind psycholinguistische wie sprachdidaktische Theorien und umfangreiche empirische Untersuchungen. An einem Beispiel erläutert Thomé seine Konzeption. So schreiben Schüler statt „Herbst“ z.B. „Hergcht“, „Herpst“ oder „Herrbsd“. Die Schreibweisen „Herpst“ und „Herrbsd“ seien keine schwerwiegenden Fehler, da sich die Schüler hier an der Aussprache orientierten. Mit der Zeit würden solche Fehler von alleine verschwinden. Dagegen weise die Schreibweise „Hergcht“ darauf hin, dass die Lautstruktur des Wortes nicht verstanden worden sei. Bei Schülern, die häufiger Fehler dieser Art machten, sei eine entsprechende Förderung angebracht, die durchaus auch innerhalb des regulären Stundenplans möglich sei. Thomé verweist in diesem Zusammenhang auf praktische Erfahrungen in Grundschulen und in außerschulischem Förderunterricht, wo mit der OLFA-Methode erfolgreich gearbeitet werde: „Wir arbeiten mit Texten, die sich die Schüler selbst aussuchen und ausdenken, um die Schreibmotivation zu fördern.“ Mit den klassischen Diktaten wird dagegen nach Thomés Erfahrung den Kindern „die Freude am Schreiben systematisch ausgetrieben“.
Das neue Verfahren wird in einer Reihe von Lehrerheften veröffentlicht. Das erste Heft, das jetzt erschienen ist, ist gleichzeitig als Instrument und Handbuch konzipiert und ab der Klasse 3 einsetzbar. Möglich ist der Einsatz für freie Texte ab 250 Wörtern Formulare und graphische Blätter sind als Kopiervorlagen im Heft enthalten.

Günther Thomé/Dorothea Thomé: Oldenburger Fehleranalyse OLFA. Instrument und Handbuch zur Ermittlung der orthographischen Kompetenz aus freien Texten ab Klasse 3 und zur Qualitätssicherung von Fördermaßnahmen, Oldenburg, Igel Verlag Wissenschaft, 40 S, 10,00 €.
In diesen Tagen erscheint daneben beim Beltz Verlag ein von Günther Thomé herausgegebener Band mit dem Titel, „Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS) und Legasthenie“ (16.90 €).

ⓚ Kontakt:
Prof. Dr. Günther Thomé, Institut für Germanistik, Didaktik und Sprachwissenschaft, Tel.: 0441/798-2324, E-Mail:
 
Presse & Kommunikation (Stand: 01.10.2024)  | 
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