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23. Dezember 2004 354/04 Forschung
Unbekannte Mikroorganismen in den Tiefen des Meeresbodens entdeckt
Science-Veröffentlichung mit Oldenburger Beteiligung
Oldenburg. Hunderte von Metern unter dem Meeresboden, in Sedimentschichten, die vor vielen Millionen Jahren im pazifischen Ozean abgelagert wurden, leben riesige Mengen unbekannter Mikroorganismen. Mehrere neue Arten von Bakterien dieser so genannten „tiefen Biosphäre“ konnten jetzt im Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg isoliert werden.
Vorausgegangen war die erste mikrobiologische Expedition des internationalen „Ocean Drilling Program“ mit dem Forschungsschiff „JOIDES Resolution“ im Frühjahr 2002, die von Wissenschaftlern aus den USA und dem Bremer Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie geleitet wurde. Zu den Teilnehmern der Expedition gehörte auch der Leiter der Oldenburger Arbeitsgruppe Paläomikrobiologie, Prof. Dr. Heribert Cypionka. Auf der Fahrt wurden Proben aus dem Meeresboden sowohl im offenen Ozean als auch in der Nähe der Galapagos-Inseln und vor der Küste von Peru gewonnen. Die spezielle Bohrtechnik des Schiffs erlaubt es, Proben aus dem Meeresboden durch Wassertiefen von mehreren tausend Metern hindurch zu gewinnen. Es wurden Sedimentschichten beprobt, die bis zu 420 Metern unter dem Meeresboden liegen und vor mehr als 30 Millionen Jahren abgelagert wurden. Auf der Fahrt wurden zahlreiche geochemische Analysen durchgeführt und erstmals neue Methoden angewendet, die sicherstellten, dass die gewonnenen Proben nicht durch Bohrflüssigkeit oder Meerwasser verunreinigt waren.
In aufwändiger Laborarbeit brachten nun Oldenburger WissenschaftlerInnen Bakterien aus den Sedimentproben zum Wachsen und gewannen dabei mehr als 170 Reinkulturen. Molekularbiologische Analysen zeigten, dass sich darunter mindestens vierzehn Arten aus ganz verschiedenen Verwandtschaftsgruppen befinden. Die Kultursammlung enthält mehrere bisher unbekannte Arten, und mindestens eine neue Gattung wird beschrieben werden müssen. Bei vielen Isolaten handelt es sich um Sporenbildner, von denen bekannt ist, dass sie sehr lange Zeiträume überdauern können. Es wurden aber auch Bakterien gefunden, deren Verwandte man aus der Gartenerde kennt. Noch haben die neuen Arten keine Namen, da die genaue Charakterisierung noch nicht abgeschlossen ist.
Dass die neuen - oder besser alten - Bakterien der „tiefen Biosphäre“ für die Menschen gefährlich sein könnten, gilt als äußerst unwahrscheinlich. Schließlich existieren die Populationen in den Sedimenten schon länger, als es Menschen auf der Erde gibt. Die Mikroorganismen müssen an extremen Druck und andauernden Hunger angepasst sein und werden im Labor mit äußerst geringen Futtermengen gezüchtet.
Ein Bericht über die Ergebnisse ist in der jüngsten Ausgabe der amerikanischen Wissenschaftszeitschrift „Science“ veröffentlicht worden (Steven D’Hondt u.a., Distributions of Microbial Activities in Deep Subseafloor Sediments, Science 24.12.2004). Zu den Autoren gehören – neben Cypionka – die ICBM-WissenschaftlerInnen Anja Batzke, Dr. Bert Engelen und Dr. Henrik Sass, die wesentlich an den mikrobiologischen Arbeiten in Oldenburg beteiligt waren.
Inzwischen wurden auf einer weiteren Forschungsfahrt Sedimentproben gewonnen, mit denen geklärt werden soll, wovon die Bakterien der „tiefen Biosphäre“ leben. Ausführliche Berichte von den Forschungsfahrten sind im Internet unter www.icbm.de/pmbio und www.mpi-bremen.de zu finden. Zahlreiche Bilder gibt es auch im virtuellen „mikrobiologischen Garten“ der Universität Oldenburg unter www.mikrobiologischer-garten.de.
ⓚ | Kontakt: Prof. Dr. Heribert Cypionka, Tel.: 0441/798-5360, E-Mail: |
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