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20. September 2019 306/19 Forschung
Psycholinguistik und Literatursoziologie
Zwei neue Forschungsprojekte am Institut für Niederlandistik
Oldenburg. Ein Vergleich zwischen englischer, niederländischer und deutscher Sprache und die niederländische Literatur des 20. Jahrhunderts stehen im Mittelpunkt von zwei neuen Forschungsprojekten des Instituts für Niederlandistik der Universität Oldenburg. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Vorhaben “COMP-Spur Effekte: ein sprachvergleichender und psycholinguistischer Ansatz” von Dr. Ankelien Schippers und „‘Ein Land der mittelmäßigen Literatur‘? Die Literaturauffassung der politischen und juristischen Eliten in den Niederlanden im 20. Jahrhundert“ von Prof. Dr. Ralf Grüttemeier mit jeweils knapp 300.000 Euro ab dem 1. Oktober für drei Jahre.
Den Hintergrund von Schippers Forschungsprojekt bildet die Frage, ob es universelle Regeln der Grammatik gibt, die in allen Sprachen gelten – und wie sich Ausnahmen erklären lassen. Dafür vergleicht die Sprachwissenschaftlerin eine bestimmte grammatikalische Struktur im Englischen, Deutschen und Niederländischen. Die Satzkonstruktion ist im Englischen und vielen anderen Sprachen verboten, kommt im Deutschen und Niederländischen aber vor. Linguisten bezeichnen die unter anderem im Englischen bestehende grammatische Einschränkung als COMP-Spur-Effekt. Schippers vermutet, dass der Effekt auch im Deutschen und Niederländischen auftritt, dass also die untersuchte Satzkonstruktion auch in diesen beiden Sprachen von Sprechern als problematisch empfunden wird. Um diese Theorie zu testen, führt Schippers in Kooperation mit der Universität Groningen psycholinguistische Experimente durch. Dabei müssen Testpersonen Sätze beurteilen. Zudem werden Lesegeschwindigkeiten ermittelt und das Satzverständnis untersucht. Ziel ist es, den Effekt zu erklären und die Ursache für die Unterschiede zwischen den drei westgermanischen Sprachen zu finden.
Das zweite, von Grüttemeier geleitete Forschungsprojekt befasst sich mit der Frage, ob sich der moderne Literaturbetrieb mit seinen relativ unabhängigen Institutionen und Regeln in den Niederlanden während des 20. Jahrhunderts langsamer als in anderen europäischen Ländern entwickelt hat – und ob dies womöglich auf eine geringere Wertschätzung durch die juristischen und politischen Eliten für moderne Literatur in der eigenen, niederländischen Sprache zurückzuführen ist. Um die Sicht der Eliten zu rekonstruieren, untersucht das Projekt, welche Stellung Juristen und Politiker im vergangenen Jahrhundert zur Literatur bezogen und welche Sichtweisen sie etwa zur Poetik oder zur gesellschaftlichen Funktion der Literatur äußerten. Dafür wollen die Forscher bislang noch nicht erschlossene Quellen heranziehen, etwa parlamentarische Debatten, in denen Literatur eine Rolle spielte. Zudem untersuchen sie Texte und Archiv-Material von Personen, die als Vermittler zwischen Literatur und Justiz fungierten – etwa von Rechtsanwälten, die an Prozessen mit Bezug zur Literatur beteiligt waren, oder von niederländischen Juristen, die regelmäßig über Literatur publizierten. Auf diese Weise wollen die Forscher um Grüttemeier den Blick von Justiz und Politik auf den Literaturbetrieb rekonstruieren. Das Ergebnis wollen sie mit literargeschichtlichen und soziologischen Forschungsergebnissen vergleichen.
Weblinks
Kontakt
Dr. Ankelien Schippers, Tel.: 0441/798-2045, E-Mail:
Prof. Dr. Ralf Grüttemeier, Tel.: 0441/798-3186, E-Mail: