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Lucas Haasis

Lucas Haasis

13. Dezember 2023   235/23    Forschung

Einstigen weltweiten Handel mit versklavten Menschen gemeinsam besser nachvollziehbar machen

Historische Langzeit-Projekte „Slave Voyages“ und „Prize Papers“ verzahnen ihre Datenbanken

Oldenburg. Der transatlantische Handel mit versklavten Menschen in der frühen Neuzeit sowie die Routen der Schiffe, die diese Menschen einst über den Atlantik transportierten, sind gemeinsame Themen der internationalen Forschungs- und Digitalisierungsprojekte „Slave Voyages“ und „Prize Papers“. Die Datenbanken beider Vorhaben, die historische Dokumente der Forschung und Öffentlichkeit zugänglich machen, werden zukünftig miteinander verknüpft. Das vereinbarten Forschende der Projekte während eines Workshops an der Universität Oldenburg, Sitz des Akademienprojekts „Prize Papers“ in Zusammenarbeit mit den National Archives, UK. „Den Kreis unserer internationalen Partner erweitern wir damit um eines der aktuell renommiertesten Forschungs- und Datenbankprojekte weltweit“, sagte der Oldenburger Historiker Dr. Lucas Haasis, Forschungskoordinator im Prize-Papers-Team. „Ziel ist es, ein umfassenderes Bild der historischen Hintergründe des Handels mit versklavten Menschen sowie einen Überblick darüber zu erhalten, welche Rolle Kaperungen und das Prisensystem als Teil der damaligen Kriegsführung im System der Sklaverei spielten.“

Hinter der digitalen Datenbank SlaveVoyages.org, derzeit betrieben an der Rice University in Houston, Texas (USA), steht eine Initiative aus verschiedenen Institutionen, die Dokumente und Objekte über den transatlantischen Sklavenhandel zusammenstellt und öffentlich zugänglich macht. Die Datenbank lässt sich durchsuchen, um mehr über die Herkunft und die erzwungene Verschleppung von mehr als zwölf Millionen afrikanischen Menschen zu erfahren, die in Sklavenschiffen über den Atlantik verschifft wurden. Zudem lassen sich Erkenntnisse über Hunderttausende gewinnen, die innerhalb der Amerikas verschleppt wurden. Neben der Rice University sind etwa die University of California, die Emory University in Atlanta, Georgia, die Harvard University sowie das National Museum of African American History and Culture beteiligt. Eine Delegation des Projekts „Slave Voyages“ war zum Workshop in Oldenburg angereist, daneben auch die IT-Partner des Prize-Papers-Projekts aus Göttingen. Projektmitarbeitende des britischen Nationalarchivs (The National Archives, UK), wo die „Prisenpapiere“ lagern, schalteten sich ebenso wie weitere US-Forschende online dazu.

Die Kaperungen gegnerischer Schiffe, sogenannte Prisen, waren einst legitimes Mittel der Kriegsführung. Seit 2018 katalogisiert und digitalisiert das Forschungsprojekt sämtliche Prisenpapiere („Prize Papers“), die aus Gerichtsprozessen zu Kaperungen der englischen beziehungsweise britischen Marine zwischen 1652 bis 1815 erhalten sind. Finanziert wird das an der Universität Oldenburg sowie dem Nationalarchiv in London (The National Archives, UK) angesiedelte Vorhaben von der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen über das Akademienprogramm aus Mitteln von Bund und Land. Das Projekt arbeitet eng mit dem Deutschen Historischen Institut London (DHI) und den IT-Experten der Göttinger Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (VZG) zusammen.

Insgesamt umfasst der Prisenpapier-Bestand in London Dokumente aus 14 Seekriegen, an denen die Krone beteiligt war und die zu mehr als 35.000 Kaperungen führten. Das englischsprachige Open-Access Portal soll bis 2037 rund 3,5 Millionen Digitalisate in 19 Sprachen bereitstellen. Zahlreiche der im Portal erfassten Schiffe waren in den transatlantischen Handel mit versklavten Menschen verwickelt. Und hielt die englische Admiralitätsgerichtsbarkeit eine Kaperung für rechtmäßig, so wurden die an Bord befindlichen versklavten Menschen als vermeintlich feindliches Eigentum auf Auktionen verkauft. „Auch das Prisensystem beförderte somit die Versklavung und die Verschleppung von vielen Tausenden afrikanischen Menschen, wobei das genaue Ausmaß dieser Aktivitäten noch unbekannt ist“, so Haasis. Ziel der Kooperation zwischen "Slave Voyages" und "Prize Papers" sei es daher, genauere Zahlen zu erhalten und einen Überblick über das Ausmaß und die Rolle der subventionierten Kaperungen im System der Sklaverei zu gewinnen. Auch wollen die Projekte der Forschung und der Öffentlichkeit bisher unbekannte, detaillierte Dokumente über den transatlantischen Sklavenhandel auf den verknüpften Plattformen frei zugänglich zu machen.

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Sie arbeiten gemeinsam daran, die Datenbanken der Projekte „Prize Papers“ und „Slave Voyages“ zu verknüpfen (v.l.): Frank Dührkohp (Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbunds, stehend), Jan Vonde (Intranda), Prof. Dr. Daniel B. Domingues da Silva (Rice University, Slave Voyages), Dr. Lucas Haasis (Prize Papers), Dr. Gabrielle Robilliard-Witt (Prize Papers), Dr. John C. Mulligan (Rice University, Slave Voyages) und Daniel Fleisch (Prize Papers). Beim Workshop online zugeschaltet waren weitere Beteiligte der beiden Projekte aus London, Washington, D.C., und Kalifornien. Foto: Universität Oldenburg / Daniel Schmidt

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Ein Register versklavter Menschen aus dem Prize-Papers-Portal: Dieses Dokument von Bord des französischen Schiffs „Abraham de Nantes“ diente dazu nachzuvollziehen, in welchen Häfen auf der Reise zwischen dem liberischen Monrovia und Ekpe in Benin die 304 versklavten Menschen an Bord von der Crew gekauft worden waren. Die äußerste linke Spalte der Tabelle führt die Zahl der täglich gekauften Männer, Frauen und Kinder auf, während die Zahlen im weiteren Zeilenverlauf die dafür getauschten Waren angeben, darunter Kaurimuscheln, Stoffe und Wein. Sklavenhandelsschiffe führten meist besonders akribisch Buch über ihre Transaktionen. Die Buchführung reduzierte die Versklavten auf Zahlen, machte sie in der Regel namenlos und beschönigte die barbarischen Praktiken des Handels mit versklavten Menschen. Foto: Prize Papers Project, Referenz HCA 32/97/1 (image reproduced by permission of The National Archives, UK)

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Kontakt

Dr. Lucas Haasis, Tel.: 0441/798-2367, E-Mail:

(Stand: 19.01.2024)  | 
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