Kommentar zu "Mikroskopische Anatomie"

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Kommentar zu "Mikroskopische Anatomie"

Mikroskopische Anatomie

Dr. Wilko Ahlrichs Dr. Mona Hoppenrath Dr. Alexander Kieneke

Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun." (Johann Wolfgang Goethe);

Die Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten ist ein zentrales Anliegen unserer Universitäten. Wir sind überzeugt, dass dies am nachhaltigsten durch ein begleitetes forschungsorientiertes Lernen vermittelt werden kann. Für uns Dozenten ist diese Form der Lehre zudem außerordentlich attraktiv, weil wir einen persönlichen Kontakt zu den TeilnehmerInnen bekommen und unsere Begeisterung so leichter weitergeben können, aber vor allem macht es und großen Spaß die Projekte gemeinsam durchzuführen. Die TeilnehmerInnen unseres Kurses "Mikroskopische Anatomie" bekommen einen detaillierten Einblick in den Forschungsprozess und darüber hinaus in die Projekte und Arbeitsweisen von uns Dozenten.

Unsere biologischen Forschungsschwerpunkte sind die Morphologie, Systematik und Evolution von mikroskopisch kleinen Organismen. Diese Organismen sind der Alltagserfahrung nicht so leicht zugänglich, obwohl sie überall zu finden sind. Viele sind zunächst skeptisch sich auf so kleine Organismen einzulassen. Nach unserem Kurs gibt es jedoch nur wenige, die nicht begeistert sind, und viele setzen die Arbeit in Praxismodulen und Bachelorarbeiten fort, weil sie erfahren haben wie kreativ, erfolgreich und mit welchem persönlichen Gewinn die Forschung in diesem Bereich betrieben werden kann.

Wir setzen in dem Kurs eine Reihe von HighTech-Geräten und -Verfahren zur Visualisierung der Strukturen ein. Kenntnisse dieser Geräte und Verfahren sind auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt und können später bei der Stellensuche sehr nützlich sein.

Ziel unseres Akzentsetzungs-Moduls ist es, die TeilnehmerInnen an einem in sich geschlossenen Forschungsprozess Anteil nehmen zu lassen. Dieser ist in mehrere Abschnitte gegliedert: (1) den Erwerb von Kenntnissen zur Biologie der zu untersuchenden Organismen, (2) die präparative Aufbereitung, (3) die Funktion und Bedienung der Geräte (Mikroskope), (4) die Dokumentation und Interpretation der Ergebnisse und schließlich (5) deren Kommunikation in Form von Vorträgen, Postern und Protokollen in der Form einer wissenschaftlichen Publikation.

Dieser Gliederung entsprechend ist der Kurs aufgebaut, wobei zu Beginn die Vermittlung von Kenntnissen im Vordergrund steht und am Ende die selbständige Bearbeitung eines wissenschaftlichen Projekts im Rahmen von Kleingruppenarbeit.

Wir beginnen den Kurs im Freiland. Primäres Ziel ist es hier, die Wahrnehmung daraufhin zu schulen, Organismen zu finden und etwas über deren Umwelt zu erfahren. Die Organismen werden zunächst lebend untersucht. Jeder wird über die Formenvielfalt und Schönheit der Organismen staunen. Wir Dozenten begleiten die Kursteilnehmer in dieser Phase ständig, weisen auf bestimmte Phänomene hin oder zeigen ungelöste Fragen auf.

An die Lebenduntersuchung schließt sich in mehreren Vorlesungen eine Einführung in die Präparationsmethoden und Funktionsweisen der Geräte an. Für diesen Teil stehen im Verlauf vieler Jahre verbesserte Skripte zur Verfügung, die die TeilnehmerInnen im Detail durch die späteren Arbeitsschritte leiten. Die Skripte sind zum einen für die Verwendung im Praktikum konzipiert, stellen aber auch "Nachschlagewerke" für die täglichen Forschungsarbeiten in unseren Arbeitsgruppen dar.

Wir führen dann gemeinsam für alle behandelten Arten der Mikroskopie beispielhaft Präparationen durch. Nachdem die Organismen in teils mehrtägigen, aufwändigen Arbeitsschritten präpariert wurden, werden die Objekte mikroskopiert und in Form von Fotos, so genannten digitalen Bilderstapeln und Handzeichnungen dokumentiert. Diese speziellen Methoden und Techniken werden nur an sehr wenigen Universitäten Studierenden vermittelt, in der Regel sind sie erst Postgraduierten zugänglich.

Die Ergebnisse werden regelmäßig in Seminaren besprochen. Wichtig ist uns hierbei unter anderem, dass bisher erworbenes Grundwissen über die Zellbiologie aufgefrischt wird und die TeilnehmerInnen zunächst versuchen, kleinste Strukturen selbst zu interpretieren. Obwohl diese Strukturen aus den Lehrbüchern prinzipiell bekannt sind, sind viele von den Dimensionen z.B. der Zellkerne überrascht. Wir geben einen Überblick über die Grundlagen der Zellbiologie und Gewebelehre und versuchen die Wahrnehmung der TeilnehmerInnen auf die Ultrastruktur hin zu erweitern. Neben der Mikrofotografie mittels LM, REM und TEM, werden digitale Bilderstapel am CLSM erstellt. Auf der Grundlage dieser Bilderstapel wird mit Hilfe von speziellen Programmen z.B. die Muskulatur eines Rädertierchens dreidimensional rekonstruiert. Dies ist ein technisch schwieriger Vorgang, der sehr viel Abstraktionsvermögen erfordert. Anhand von detaillierten Anleitungen und Hilfestellung von uns Dozenten lernen die TeilnehmerInnen Schritt für Schritt die Rekonstruktion. Sie werden dabei auch für die Grenzen der Methoden sensibilisiert.

Im Anschluss an die Einführung in die Methoden und die Geräte kann sich jede Gruppe ein eigenes Forschungsthema erarbeiten und die gelernten Methoden anwenden. Dabei wird sehr eigenständig gearbeitet, auch empfindliche Geräte wie das Elektronenmikroskop eigenhändig bedient. Von den KursteilnehmerInnen wird hier ein hohes Verantwortungsbewusstsein verlangt.

Aus eigener Forschungserfahrung und vielen Jahren der Lehre wissen wir, wie wichtig die Stunden des eigenständigen intensiven Arbeitens für die spätere wissenschaftliche Laufbahn sein können.

Wichtig für die Laufbahn als WissenschaftlerIn ist neben der fundierten Datenerhebung und Interpretation auch die angemessene Kommunikation der Arbeitsergebnisse, die bei Naturwissenschaftlern vor allem durch Kurzvorträge, Poster und Publikationen erreicht wird. Im Praktikum stehen Poster und Vortrag an erster Stelle, wobei wir allgemein verbreitete Programme wie PowerPoint professionelleren, aber sehr teuren Programmen vorziehen und inhaltliche und formale Kriterien in den Vordergrund stellen.

Die Erstellung des Posters ist ein Schwerpunkt des Moduls. Sie und die mündliche Präsentation erfolgen in mehreren Schritten und werden am Ende benotet. Mehrere Zwischenberichte und die Präsentation eines ersten mit einem Dozenten vorab besprochenen Entwurfs ermöglichen es, laufend Verbesserungsvorschläge einzubringen und aus den Fehlern und Fortschritten auch der anderen zu lernen. Die Vorschläge werden eingearbeitet, danach sind Inhalt und Form im Wesentlichen festgelegt. Bei der zweiten Präsentation stehen nun Blickkontakt, Aussprache, Körperhaltung, Satzbau etc. im Fokus der Kritik.

In einem dritten Durchgang sind die TeilnehmerInnen gehalten den Kurzvortrag auf drei Minuten zu beschränken und ihn frei zu halten, daran schließt sich die finale Präsentation an. Aus jeder Gruppe wird willkürlich eine Person ausgewählt, die das Poster präsentiert. Dieser letzte Durchgang wird benotet.

Im Anschluss an das Poster wird auf der Grundlage der Hypothesen und Abbildungen ein Protokoll in der Form einer wissenschaftlichen Publikation geschrieben. Die Entwürfe werden von uns Dozenten gelesen und intensiv diskutiert. Das fertige Protokoll wird benotet und allen TeilnehmerInnen als PDF zugänglich gemacht.

Während des gesamten Kurses werden die einzelnen Vorstufen der Ergebnisdarstellungen von den TeilnehmerInnen dokumentiert. So können im Nachhinein die eigenen Lernfortschritte nachvollzogen werden.

Die "Mikroskopische Anatomie" von Organismen ist unser persönliches Forschungsanliegen. Wir versuchen deshalb eine überdurchschnittliche Betreuung zu ermöglichen, erwarten aber auch überdurchschnittlichen Einsatz bei den KursteilnehmerInnen.

Eure Dozenten

Dr. Wilko Ahlrichs Dr. Mona Hoppenrath Dr. Alexander Kieneke

Webmaster: Olaf Bininda-Emonds (Stand: 20.06.2024)  | 
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