Hochschulzeitung UNI-INFO
Kontakt
Hochschulzeitung UNI-INFO
Forschung
- Zellteilung alle tausend Jahre
Mikroorganismen aus Meeressedimenten des Pazifiks / Von Katrin Neuhalfen
- Von der Wissenschaft in den Markt: OSC
- Faszination Chemie
Universität präsentiert sich im "Jahr der Chemie"
- Informatik-Nachwuchsgruppe "Palladio"
- Islamischer Feminismus - Vom Für und Wider religiöser
Legitimation
Internationaler Workshop des Projekts "Geschlechterkonstruktionen und Gewalt" zu Religion, Nation, Macht, Gewalt und Geschlecht
- Lernerfolgskontrollen beim eLearning
Oldenburger Wissenschaftler legen Gutachten vor - Ein neuer, geschärfter Blick auf die Region
Detaillierte Landnutzungskarte aus Satellitendaten
- Rechtsvergleichung
Round Table Conference der Hanse Law School - Maßgeblich am SFB beteiligt
- Zu wenig genutzt: das HWK
- In Niedersachsen einsame Spitze
- Forschungspool
Zellteilung alle tausend Jahre
Mikroorganismen aus Meeressedimenten des Pazifiks / Von Katrin Neuhalfen
Heribert Cypionka im Kühlraum des Bohrshciffs bei der Entnahme von Sedimentproben. |
Vor zehn Jahren ahnte auch Prof. Dr. Heribert Cypionka, Paläomikrobiologe
am Institut für Biologie und Chemie des Meeres (ICBM) der Universität
Oldenburg, noch nicht, dass sich tief in der Erde und vor allem unter
dem Meeresboden gewaltige Mengen lebender Mikroorganismen befinden. Heute
schätzt man, dass die so genannte tiefe Biosphäre fast ein Drittel
der gesamten lebenden Biomasse der Erde beherbergt. Aus den chemischen
Gradienten in den Sedimenten lässt sich ablesen, dass die Bakterien
dort über große Zeiträume hinweg gewaltige Umsetzungen
leisten. Ansonsten weiß man von den Bewohnern der Tiefe fast nichts,
denn die Gewinnung einer nicht kontaminierten Probe von 300 Meter unter
dem Meeresboden durch mehrere tausend Meter Wasser hindurch ist fast so
schwierig wie die Beschaffung einer Probe vom Mars.
Die derzeit beste Technik der Probenahme und die Möglichkeit
der Überprüfung möglicher Kontaminationen bietet das Bohrschiff
JOIDES Resolution, mit dem Cypionka von Januar bis April 2002
zusammen mit MikrobiologenInnen, GeochemikerInnen und SedimentologenInnen
aus aller Welt von Kalifornien nach Chile in den Pazifik fuhr.
Die Forschungsfahrt vor die Küste Perus fand im Rahmen des
internationalen Tiefseebohrprogramms Ocean Drilling Program
(ODP) statt. Bisher war das ODP-Programm klassisch geologisch ausgerichtet.
Die Forschungsfahrt 201 auf den Spuren Alexander von Humboldts, zwischen
Peru und den Galapagos-Inseln, war die erste, die einen mikrobiologischen
Schwerpunkt hatte. Die Sedimente der sieben untersuchten Standorte sind
bis zu 40 Millionen Jahre alt. Ziel der Forschungsgruppe um Cypionka ist,
die in den Sedimenten gefundenen Bakterien zu kultivieren und ihren Beitrag
zu geologischen Prozessen zu analysieren.
Schon nach wenigen Zentimetern geht den Organismen im Sediment
der Sauerstoff aus. Bakterien der tiefen Biosphäre sind so genannte
Anaerobier, die ohne Sauerstoff leben. Ihre Lebensenergie beziehen sie
aus chemischen Prozessen, indem sie beispielweise Methan auf- und abbauen.
Die Kultivierung der Bakterien ist eine fast unlösbare Herausforderung.
Es reicht nicht, ihnen ein Milieu zu bieten, das dem in mehreren hundert
Metern Sedimenttiefe entspricht. Denn die Bakterien leben nicht nur ohne
Sauerstoff, sondern auch ohne Sonnenschein und Jahreszeiten. Nahrungsnachschub
bekommen sie deshalb fast gar nicht. Die Verdopplungszeit der Populationen
dürfte normalerweise Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende betragen.
Obwohl die Forscher extrem verdünnte Nährmedien anbieten, treten
in vielen Kulturen aufgeblähte Bakterien auf, die unter dem Mikroskop
den Eindruck erwecken, an Fettsucht zu leiden.
Um jede Teilung der Bakterien entdecken zu können, verwenden
die Forscher des ICBM Fluoreszenz-Mikroskope, in denen mit Hilfe spezieller
Farbstoffe einzelne Zellen zum Leuchten gebracht werden können. Molekularbiologische
Techniken ermöglichen außerdem die Identifizierung der Mikroorganismen
ähnlich wie in der Kriminalistik anhand des genetischen Fingerabdrucks.
Untersuchungen dieser Art ergaben, dass viele Bakterien der tiefen Biosphäre
Verwandte an anderen Standorten der Erde haben. Es lassen sich jedoch
viele neue Arten gewinnen, deren genaue Erforschung die kommenden Jahre
in Anspruch nehmen wird.
Bereits während der Forschungsfahrt 201 wurde an einem Standort
ein Anstieg der Bakterienzahlen von mehreren Größenordnungen
90 Meter unter dem Meeresboden entdeckt. Hier verschwanden Methan und
Sulfat gleichzeitig, offensichtlich aufgrund des Stoffwechsels der Mikroben.
Bei deren Kultivierung im Labor darf man nun keinen schnellen Erfolg erwarten,
sondern muss mit viel Geduld beobachten, welche der Bakterien aufwachen
und zu wachsen beginnen. Interessanterweise scheinen sich manche Bakterien
durch Signalstoffe aufwecken zu lassen, wie Versuche mit Bakterien aus
dem Zwischenahner Meer gezeigt haben: Nach Zusatz von bakterienspezifischen
Pheromonen wachsen signifikant mehr Bakterien als ohne Zusatz. Diese Ent-deckung
wenden die Wissenschaftler nun auch in Kultivierungsversuchen mit den
besonders empfindlichen Bakterien der marinen Sedimente an.
Weil das Leben in den Tiefen der Erde bisher noch weitestgehend
unerforscht ist, begrüßen Cypionka und seine Kollegen die Entscheidung
der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung (BMBF), die deutsche Beteiligung in dem
internationalen Tiefseebohrprogramm, das seit Oktober 2002 unter dem neuen
Namen Integrated Ocean Drilling Program mit einem Schwerpunkt
deep biosphere angelaufen ist, für weitere zehn Jahre
zu fördern.
http://www.icbm.de/pmbio
@ cypionka@icbm.de
Von der Wissenschaft in den Markt: OSC
Das OSC-Gebäude in der Industriestraße, Oldenburg. |
Oldenburger Technologiefirmen erobern die Märkte, so
überschrieb Die Welt einen ausführlichen Beitrag
zu Spin-offs im Umfeld der Universität Oldenburg und
des Informatik-Instituts OFFIS. Die bisher erfolgreichste Gründung
aus der Oldenburger Informatik heraus ist die OFFIS Systems and Consulting
GmbH, kurz OSC. Die OSC setzt dort an, wo die Grundlagenforschung der
Universität und die Entwicklung von Prototypen durch OFFIS aufhören.
Haupt-Gesellschafter sind die Informatik-Professoren Hans-Jürgen
Appelrath, Werner Damm und Wolfgang Nebel.
1999 startete die OSC mit vier Mitarbeitern, inzwischen bietet
sie als Holding das Dach für aktuell vier Töchter
mit fast 60 MitarbeiterInnen: die OSC - Information Management AG, die
OSC - Embedded Systems AG, die ChipVision Design Systems AG und die OFFIS
CARE GmbH.
Die OSC - Information Management AG, die in diesem UNI-INFO als
erste der vier Töchter vorgestellt wird, ist mit gut dreißig,
durchweg hochqualifizierten, fest angestellten MitarbeiterInnen die größte
der OSC-Töchter. Vorstand Horst Lütge, die Leiterin Beratung
und Entwicklung, Annette Jasper, und der Leiter Vertrieb und Marketing,
Dr. Jörg Ritter, sind mit der bisherigen Entwicklung sehr zufrieden
und sehen für ihr Unternehmen weiterhin gute Perspektiven. Man sei
in den letzten drei Jahren antizyklisch zum Markt stetig und gesund gewachsen
und hätte neben einem berechenbaren Kundenstamm auch immer wieder
neue Kunden und Ideen für zusätzliche Geschäftsfelder.
Als Dienstleistungen bietet die OSC Information Management AG
kompetente Beratung bei Geschäftsprozess- und -strukturanalysen,
Planung und Umsetzung von IT-Strategien sowie Auswahlverfahren und Einführung
neuer Technologien incl. Projektleitung und Werkverantwortung. Besondere
Kompetenzen haben die Berater und Entwickler bei so genannten Enterprise
Ressource Planning-Systemen (unternehmensweite betriebswirtschaftliche
Informationssysteme), Kundenmanagementsystemen, Dokumenten- und Workflow-Management
und Geographischen Informationssystemen. Die dazu notwendigen Technologien
kommen vorrangig aus den Gebieten Datenbanken, Data Warehousing und Web.
Die noch überwiegend regionalen Kunden stammen u.a. aus den
Branchen Telekommunikation, Energieversorgung, Öffentliche Verwaltung,
Pflanzengroßhandel, Schiffsbau und Versicherungen.
Lütge, Jasper und Ritter stellen übereinstimmend fest:
Im Umfeld der Oldenburger Informatik, konkret im IT-Quartier rund
um OFFIS, fühlen wir uns pudelwohl. Wir bieten AbsolventenInnen der
Universität und MitarbeiterInnen von OFFIS, aber auch QuereinsteigerInnen
attraktive Arbeitsplätze mit Perspektiven. Das Beispiel der OSC Information
Management und andere zeigen, dass auch der Nordwesten Entwicklungspotenzial
für IT-Unternehmen hat.
www.o-s-c.de/deutsch/einstieg.htm
Faszination Chemie
Universität präsentiert sich im "Jahr der Chemie"
Kann denn Liebe chemisch sein? Mit einem Kusswettbewerb am Brandenburger
Tor fiel in der Silvesternacht der Startschuss für das Jahr
der Chemie 2003 - jetzt laufen auch an der Universität Oldenburg
die ersten Veranstaltungen im Rahmen des Wissenschaftsjahres an: SchülerInnen
können sich am Donnerstag, 6. Februar 2003, 9.00 bis 19.00 Uhr, im
Großen Hörsaal auf dem Campus Wechloy von der Faszination der
Chemie überzeugen. Der Fachbereich veranstaltet an diesem Tag in
Zusammenarbeit mit dem Ortsverband Oldenburg der Gesellschaft Deutscher
Chemiker (GDCh) bereits zum zehnten Mal einen Tag der Chemie.
Auf dem Programm, zu dem rund 300 SchülerInnen erwartet werden, stehen
Experimentalvorträge und Poster mit vielen Informationen zu aktuellen
Entwicklungen der Chemie und zu den Studiengängen des Fachbereichs.
Schüler-Innen, die sich in diesem Fach besonders leistungsstark gezeigt
haben, werden mit dem Angelus Sala Preis und weiteren Sachpreisen
ausgezeichnet. Die Veranstaltung wird unterstützt von der GDCh, dem
Jungchemikerforum der GDCh, den Fonds der Chemischen Industrie sowie von
über 50 weiteren Firmen.
Der Tag der Chemie ist nur einer von zahlreichen Beiträgen,
mit denen sich die Oldenburger WissenschaftlerInnen an dem offiziellen
Jahr der Chemie 2003 beteiligen. Vom 3. bis 7. Februar können
sich alle Interessierten per Internet-Lifeschaltung zum Beispiel in Veranstaltungen
des Arbeitskreises von Prof. Dr. Katharina Al-Shamery klicken und wissenschaftliches
Leben hautnah erfahren. Unter dem Motto Hat der Teufel die Oberfläche
erfunden? geht es um komplexe chemische Reaktionen an Oberflächen.
Ob Internetschaltung, der Besuch des Chemie-Trucks - einer
Chemieausstellung auf Rädern - oder Chemol, die Experimentiermöglichkeit
für jüngere SchülerInnen: Die Oldenburger WissenschaftlerInnen
haben sich eine Menge einfallen lassen, um die Erfolge, Perspektiven und
die Faszination der Chemie einem breiten Publikum vorzustellen.
Das Jahr der Chemie 2003 - der wohl bekannteste deutsche
Chemiker, Justus von Liebig, würde übrigens in diesem Jahr seinen
200. Geburtstag feiern - wurde vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF), der Initiative Wissenschaft im Dialog
und den Chemieorganisationen in Deutschland initiiert. Vor dem Hintergrund,
dass es nahezu keinen Bereich gibt, in dem die Chemie keine Rolle spielt
- angefangen beim Menschen selber, über die Materie bis hin zur der
Herausforderung die Lebensqualität und Umwelt im Gleichgewicht zu
halten - finden bundesweit zahlreiche Veranstaltungen statt. Ziel ist
es, den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu fördern.
www.chemie.uni-oldenburg.de/jahrderchemie.html
Informatik-Nachwuchsgruppe "Palladio"
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat im Rahmen des Aktionsplans
Informatik, der dem drohenden Nachwuchsmangel von Professoren entgegensteuern
soll, unter 80 Bewerbern den Informatiker Dr. Ralf Reussner und seine
Oldenburger Forschergruppe Palladio ausgewählt. Reussners
Gruppe, deren Kooperationspartner die Oldenburger Informatiker Prof. Dr.
Wilhelm Hasselbring und Prof. Dr. Hans-Jürgen Appelrath sind, wird
mit nahezu einer Million Euro gefördert und voraussichtlich am 1.
März die Arbeit aufnehmen.
Das Projekt ist nach dem italienischen Renaissance-Architekten
Andrea Palladio (1508-1580) benannt und untersucht Verfahren und
Werkzeuge zur systematischen Konstruktion komponentenbasierter Software-Architekturen.
Reussner sieht in Entwicklern von Software nichts anderes als Baumeister,
die auf einen Plan angewiesen sind, der die Einzelkomponenten und ihr
komplexes Zusammenwirken beschreibt. Während sich aber beispielsweise
eine Brücke gezielt für bestimmte Eigenschaften entwerfen lässt,
stößt die Konstruktion von Software nach vorgegebenen Qualitätsattributen
in der Regel an ihre Grenzen. Die Palladio-Gruppe will ein Verfahren entwickeln,
das eine Vorhersage über die Zuverlässigkeit und das Zeitverhalten
von Software-Systemen aus der Architektur und den Eigenschaften der Einzelkomponenten
heraus erlaubt. Mit dem Verfahren sollen sich Entwurfsentscheidungen quantitativ
bewerten und die Konstruktion von Software konsequenter systematisieren
lassen.
Reussner, der in Karlsruhe Informatik studierte und dort auch
promovierte, war zuletzt an der Monash University in Melbourne (Australien)
tätig. Sein Wechsel nach Oldenburg ist allerdings gefährdet,
da der Kooperationspartner, Prof. Hasselbring, einen attraktiven Ruf an
die Universität Kassel erhalten hat. Nimmt er den Ruf an, wird voraussichtlich
auch die Nachwuchsgruppe nach Kassel wechseln. Das würde für
die Oldenburger Informatik insgesamt einen herben Verlust bedeuten, betonte
Appelrath, der auch Dekan des Fachbereichs Informatik ist. Die Universität
und der Fachbereich setzen auch aus diesem Grunde alles daran, Hasselbring
mit einem sehr guten Angebot in Oldenburg zu halten.
se.informatik.uni-oldenburg.de
Islamischer Feminismus - Vom Für und Wider religiöser Legitimation
Internationaler Workshop des Projekts "Geschlechterkonstruktionen und Gewalt" zu Religion, Nation, Macht, Gewalt und Geschlecht
Vom 12. bis 14. Dezember 2002 trafen sich auf Einladung des Projekts
Geschlechterkonstruktionen und Gewalt Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler aus vielen arabischen Ländern, aus Pakistan,
Israel, Malaysia, Südafrika, der Türkei, Großbritannien,
Polen, Nordamerika und Deutschland. Das Verhältnis von Macht, Gewalt
und Geschlecht sollte sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich
in Ländern mit islamischer Bevölkerungsmehrheit ausgelotet und
vergleichend diskutiert werden.
Liegen inzwischen auch vielfältige Forschungsarbeiten aus
den Ländern selbst vor und gibt es außerdem Frauengruppen,
die auf nationaler wie internationaler Ebene politisch aktiv sind, so
sind diese in Deutschland kaum bekannt.
Auf der Tagung präsent waren auch die vielfältigen Brüche
und Widersprüche, die innerhalb der islamischen Gesellschaften und
in ihrem Verhältnis zum Westen auf der Tagesordnung stehen. Bereits
im Eingangsreferat wurde die Palästina-Frage aus der Genderperspektive
aufgegriffen: Nahla Abdo sprach über Feminismus, Nationalismus
und die Suche nach einer Theorie. Die Referentin, die an der Carleton
University, Kanada, lehrt, verband dies mit einem vehementen Plädoyer
für einen Diskurs auf säkularer Grundlage und die Relexion theoretischer
Paradigmen.
Ihr Beitrag und die anschließende Diskussion skizzierte
bereits zwei der Linien, die sich durch die Tagung zogen: der Umgang von
Frauen mit politischer Gewalt und die Frage nach dem Feminismus als säkularer
oder islamischer Bewegung. In einigen Beiträgen wurde dezidiert für
einen Feminismus auf religiöser Grundlage oder auch für Bündnisse
mit solchen Gruppierungen argumentiert, so etwa von Azza Karam, Leiterin
des Womens Program der World Conference on Religion and Peace
in New York, die auf interreligiöse Frauen-Bündnisse gegen Krieg
und Gewalt setzt.
Islamischer Feminismus mag auf den ersten Blick als
Widerspruch in sich erscheinen. Die Konferenzbeiträge machten jedoch
deutlich, dass sich im letzten Jahrzehnt ein Diskurs entwickelt hat, der
die Grundlagen des Islam aus feministischer Perspektive reinterpretiert
und bestrebt ist, dies in kulturell-religiöse und sozial-politische
Praxis umzusetzen. Kontrovers blieb, welche Bedeutung dem beizumessen
ist: Sind diese Strategien lediglich die einer intellektuellen Elite oder
erreichen gerade religiös legitimierte Feminismen breite Bevölkerungsgruppen,
die westlich konnotierte Ideen ablehnen?
Die aus der Perspektive westlicher Gesellschaften so eindeutig
scheinenden Grenzen zwischen islamischen und islamistischen oder fundamentalistischen
Positionen wurden infrage gestellt. Differenziert wurde zwischen islamistisch
und fundamentalistisch. Dies ist für Identifikationen und Koalitionen
bedeutsam, nicht zuletzt wenn es um die Frage des Verhältnisses zur
Gewalt geht.
Präsent waren beim Workshop auch Vertreter eines männlichen
Feminismus, welche die Patriarchatskritik teilten, ohne dass dies
bisher zu einer systematischen Auseinandersetzung mit Maskulinität
in islamischen Gesellschaften geführt hätte. Auf dem Panel Maskulinität
und Nationalstaat im Mittleren Osten, moderiert von der Medienwissenschaftlerin
Dr. Amatalrauf Alsharki (Universität Sana`a, Jemen), bestand Konsens
darüber, dass dies eines der zentralen Forschungsdesiderate darstellt.
Weitgehend tabuisiert scheint jedoch die Analyse und die öffentliche
Diskussion von Homosexualität.
Fazit: Während Verständigung darüber hergestellt
werden konnte, dass die Erforschung des Verhältnisses von Gender,
Nation und Gewalt nicht ohne eine Theorie der Maskulinität auskommt,
so stand die Frage der Dekonstruktion von Geschlechtsidentitäten,
die Infragestellung von Geschlechterdualität in islamischen Gesellschaften
bisher nicht - oder noch nicht? - zur Debatte.
Lydia Potts/Mona Motakef
Lernerfolgskontrollen beim eLearning
Oldenburger Wissenschaftler legen Gutachten vor
Die PISA-Studie hat standardisierte Prüfungsverfahren als
Methode zur Erfassung von Lernerfolgen ins Bewusstsein der Öffentlichkeit
gerückt. Doch längst nicht immer sind diese Testverfahren sinnvoll.
Alternativen bieten Dokumentationsmethoden wie das Lerntagebuch oder das
Lernportfolio.
Dies ist das Ergebnis eines Gutachtens zu Lernerfolgskontrollen
von internetgestützter Weiterbildung. Erstellt wurde es im Auftrag
des Bundesforschungsministeriums von Prof. Dr. Anke Hanft und Dr. Wolfgang
Müskens vom Arbeitsbereich Weiterbildung der Universität Oldenburg.
Auf annähernd 300 Seiten untersucht das Gutachten innovative Lernerfolgskontrollen
und liefert Kriterien dafür, welche Methoden unter welchen Bedingungen
eingesetzt werden können.
Die Untersuchungen machen deutlich, dass es häufig nicht
möglich ist, Lernerfolge im Hinblick auf berufsbezogene Kompetenzen
mit standardisierten Tests zu überprüfen. Inwieweit eine Person
in der Lage ist, innovativ zu sein, Ideen durchzusetzen, Konflikte zu
bestehen oder ein Unternehmen zu führen, lässt sich mit einer
Prüfung kaum erfassen.
Sinnvoller sind hier Dokumentationsmethoden, die sehr viel mehr
Aufschluss über die tatsächlichen Potenziale einer Person geben.
Der Arbeitsbereich Weiterbildung der Universität Oldenburg setzt
auf arbeitsplatznahe Lernprojekte, die durch Online-Tutoren betreut werden.
Der Lernende wird immer wieder mit neuen beruflichen Anforderungen konfrontiert
und kann so seine Kompetenzen im Handeln weiterentwickeln. Der praxisnahe
Lernprozess wird dabei beispielsweise durch ein Lernportfolio dokumentiert:
In ihm sammelt der Lernende Nachweise, die erkennen lassen, welche Aufgaben
er im Rahmen des Lernprojekts zu bewältigen hatte und wie ihm dies
gelungen ist.
Das jetzt vorgelegte Gutachten bildet den Abschluss des einjährigen
Forschungsprojekts Kompetenzbezogene Erfolgskontrollen internetgestützten
Lernens (KEIL). Ein Anschlussprojekt wird sich mit der Zertifizierung
der durch eLearning erworbenen Kompetenzen beschäftigen.
web.web.uni-oldenburg.de/projekte/keil.html
Ein neuer, geschärfter Blick auf die Region
Detaillierte Landnutzungskarte aus Satellitendaten
Es sieht aus wie ein Foto, aber Schatten und Übergänge
fehlen. Es könnte eine Karte sein, aber wo sind die vertrauten Linien
und Symbole? Foto oder Karte - die Alternative ist falsch gestellt. Denn
die Karte Land Oldenburg - Oberfläche und Naturraum von
Prof. Dr. Dietrich Hagen, Geograph an der Universität, ist aus 45
Millionen Bildinformationen erzeugt, die ein Satelliten-gestützter
Sensor aus 700 km Höhe gesammelt hat.
Die verschiedenen Oberflächen der Erde reagieren unterschiedlich
auf die Sonneneinstrahlung: ein Teil wird reflektiert, ein anderer absorbiert,
ein weiterer gestreut. Jede Oberfläche hat ihre eigene Rückstrahlungscharakteristik,
die für die Auswertung genutzt wurde. So entstand eine thematische
Karte mit einer ungeheuren Vielfalt und Detailtreue. Ein Begleitheft liefert
die wichtigsten Erläuterungen und Hinweise zur Interpretation.
Früher galt für das Oldenburger Land der Dreiklang Geest
- Marsch - Moor. Die Karte zeigt, dass das Moor inzwischen nur noch
in Resten existiert. Räume mit ähnlichen natürlichen Voraussetzungen
wie die Ammerländer und die Cloppenburger Geest haben sich zu unterschiedlichen
Landschaften entwickelt.
Mit den Mitteln der Fernerkundung ist eine schöne Karte entstanden,
ein faszinierendes Bild und ein neuer Blick auf das Land Oldenburg.
Karte Land Oldenburg - Oberfläche und Naturraum, ISBN
3-89598-899-5, Isensee Verlag, 12,80 .
Rechtsvergleichung
Round Table Conference der Hanse Law School
Europäische Rechtsvergleichung zwischen Theorie und Praxis
ist das Thema der Round Table Conference der Hanse Law School,
die am 6. und 7. März 2003 im Hanse-Wissenschaftskolleg Delmenhorst
stattfindet und sich sowohl an WissenschaftlerInnen und StudentInnen als
auch an praktizierende JuristInnen richtet.
Die Hanse Law School, ein gemeinsames Projekt der Universitäten
Oldenburg, Groningen und Bremen, wurde zum Wintersemester eröffnet.
Sie zielt auf ein neuartiges Studienkonzept, das die Aneignung von Kenntnissen
aus unterschiedlichen europäischen Rechtsordnungen und unter der
Perspektive des Rechts der Europäischen Union ermöglicht. Sowohl
die Lehre als auch die wissenschaftliche Seite wird im Verbund der drei
Universitäten gestaltet. In diesem Zusammenhang findet seit 1998
die so genannte Round Table Conference statt.
Nachdem auf den vorhergehenden Konferenzen in Paris und Edinburgh
methodische bzw. philosophische Aspekte des Europäischen Rechts zum
Vergleich standen, stellt die für März 2003 geplante Round
Table Conference die praktischen Probleme der Rechtsvergleichung
in den Vordergrund. Dafür wurden niederländische und deutsche
ReferentInnen für die Bereiche Staatsrecht, Strafrecht, Europäisches
Arbeitsvertragsrecht und kritische Rechtsvergleichung gewonnen.
Maßgeblich am SFB beteiligt
Der
Oldenburger Psychologe Dr. Markus Knauff, der zurzeit eine Professur am
Institut für Kognitionsforschung verwaltet, wird maßgeblich
an dem neuen Sonderforschungsbereich Raumkognition - Schließen,
Handeln, Interagieren beteiligt sein. Der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) bewilligte und an den Universitäten Freiburg und Bremen angesiedelte
Sonderforschungsbereich hat zum Ziel, die räumliche Intelligenz von
Menschen zu verstehen, modellhaft abzubilden und in Robotermodelle umzusetzen.
Die Forschungsthemen reichen dabei von der Erforschung menschlicher Raumkognition
bis hin zu mobiler Roboternavigation. Knauff, der bisher an der Universität
Freiburg wissenschaftlicher Mitarbeiter und Heisenberg-Stipendiat war,
wurde am 1. Oktober 2002 mit der Verwaltung der Oldenburger Professur
für allgemeine Psychologie beauftragt und gilt als herausragender
Nachwuchswissenschaftler.
Zu wenig genutzt: das HWK
Prof. Dr. Jürgen Rullkötter, Leiter der DFG-Forschergruppe
BioGeoChemie des Watts, hat vor dem Senat die WissenschaftlerInnen der
Universität Oldenburg aufgefordert, das Hanse-Wissenschaftskolleg
(HWK) in Delmenhorst besser zu nutzen. Es sei sehr bedauerlich, dass nicht
häufiger von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werde, besonders
qualifizierte WissenschaftlerInnen aus dem In- und Ausland für Forschungsaufenthalte
am HWK zu gewinnen.
In Niedersachsen einsame Spitze
Auf das gute Abschneiden der Erziehungswissenschaften beim CHE-Forschungsranking
(Centrum für Hochschulentwicklung) hat der bisherige Dekan des Fachbereichs
1 Pädagogik, Prof. Dr. Wolf-Dieter Scholz, hingewiesen. Das Ranking
sieht die Oldenburger Erziehungswissenschaften bundesweit unter den ersten
zehn und landesweit an der Spitze. Insgesamt wurden 54 Fakultäten
bzw. Fachbereiche vom CHE untersucht. Bei der Zahl wissenschaftlicher
Veröffentlichungen belegte Oldenburg Platz 2, bei den Promotionen
Platz 5 und beim Einwerben von Drittmitteln Platz 13. Die Einschätzung
durch WissenschaftlerInnen anderer Hochschulen brachte die Oldenburger
Erziehungswissenschaften auf Platz 10. Im niedersächsischen Vergleich
gab es für Oldenburg bei allen vier Indikatoren nur erste Plätze.
Wir dürfen uns über unseren Erfolg freuen, müssen
aber auch feststellen, dass wir im Bereich der Drittmitteleinwerbung mehr
tun müssen, sagte Scholz dazu.
Forschungspool
Auch in diesem Jahr stellt die Universität für die Unterstützung
bei der Drittmitteleinwerbung Mittel aus dem zentralen Forschungspool
bereit. Gegenüber dem Vorjahr sind geringfügige Verfahrensänderungen
vorgenommen und neue Antragstermine festgesetzt worden. Details sind dem
Leitfaden zur Beantragung von Finanzmitteln aus dem zentralen Forschungspool
der Universität zu entnehmen, der auch im Internet abgerufen werden
kann. Die neuen Antragstermine sind: 15. Februar, 15. Juni und 15. Oktober
2003. Nähere Auskünfte bei Dr. Rita Kurth, Dezernat 5 Planung,
Tel. 798-2548.
@ rita.kurth@uni-oldenburg.de
www.uni-oldenburg.de/forschung/foerderungen/leitfaden.htm#3