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Hochschulpolitik
- "Tendenzielle Zustimmung"
Senat diskutierte Strategiepapier "Solidarpakt 2010"
- Zwei Überraschungen
Liste HA siegt bei Professoren und Mitarbeitern
- "Alle Strukturverändeurngen setzen innovative
Kräfte frei"
Interview mit dem Fakultätsbeauftragen Prof. Dr. Jürgen Dieckert
"Tendenzielle Zustimmung"
Senat diskutierte Strategiepapier "Solidarpakt 2010"
Tendenzielle Zustimmung registrierte Präsident Prof.
Dr. Siegfried Grubitzsch nach dreistündiger Diskussion am 8. Januar
im Senat zum Solidarpakt 2010 - einem Grundsatzpapier des
Präsidiums, das tiefgreifende inhaltliche, organisatorische und personelle
Veränderungen und Umwälzungen in der Universität vorsieht.
Die dafür benötigten Mittel sollen vor allem durch Reduzierung
der Personal- und Sachmittel im Dienstleistungsbereich erbracht werden.
Dem Strategiepapier werden von manchen Senatsmitgliedern weitaus größere
Wirkungen zugeschrieben als der Organisationsreform, die die Universität
ab 1. April 2003 in fünf Fakultäten und fachbezogene Institute,
Seminare und Departments unterteilt.
Wir müssen Umschichtungen im Haushalt vornehmen, um
die Universität besser zu positionieren. Wir werden unsere starken
Bereiche fördern und die schwachen durch grundlegende Umstrukturierung
entweder verändern oder ganz infrage stellen, erklärte
Grubitzsch dazu, der mehrfach auf das einheitlich Votum der Präsidiumsmitglieder
für den Solidarpakt verwies. Wenn wir jetzt nicht handeln,
laufen wir Gefahr, den Anschluss zu verlieren.
Zum Handeln wird laut Präsidium gehören, dass nicht ausgelastete
und in Evaluationen schlecht abschneidende Fächer geschlossen werden,
wenn sie nicht überzeugende Konzepte für ihren Fortbestand vorlegen.
Eine eigens dafür eingerichtete Kommission soll im nächsten
halben Jahr die Fächer untersuchen und Empfehlungen aussprechen.
Dass gehandelt werden muss, wurde von den meisten RednerInnen im Senat
bestätigt. Überwiegend wurde das Präsidiumspapier begrüßt,
Kritik meist nur im Detail geübt. Prof. Dr. Joachim Peinke plädierte
allerdings nachdrücklich dafür, bei der Förderung der Forschungsleuchttürme
nicht die innovativen kleineren Feuer zu ver-gessen, die einmal
große werden könnten. Für sie müssten im Hinblick
auf die Ausstattung Mindeststandards festgelegt werden. Dr. Reinhard Schulz
warnte davor, nicht die Artenvielfalt bei den Fächern
aufzugeben. Wenn sich die Universität in der Forschung nur der jeweils
herrschenden Konjunktur anpasse, könne das langfristig zu einem großen
Problem werden. Prof. Dr. Ulrich Kattman setzte sich nachdrücklich
dafür ein, die Lehrerausbildung stärker auszubauen, damit Oldenburg
die führende Stellung in Niedersachsen behalte. MTV-Vertreter Eberhard
ten Brink lehnte das Papier ebenso ab wie der Studentenvertreter Stefan
Kühnapfel. Beide kritisierten, dass die Präsidiumsstrategie
allein zu Lasten des Dienstleistungsbereichs ginge.
Hintergrund der präsidialen Strategie ist nicht nur der zunehmende
Konkurrenzkampf der Universitäten um StudentInnen, sondern auch um
ProfessorInnen. Über die Hälfte der jetzigen ProfessorInnen
in Oldenburg werden in den nächsten sieben Jahren die Universität
aus Altersgründen verlassen. Ähnlich sieht es auch an anderen
Hochschulen aus. Es gibt also einen hohen Bedarf an hochqualifizierten
WissenschaftlerInnen. Diese sind in einer guten Lage, denn sie können
sich die Universität aussuchen, die ihnen am meisten bietet. In Oldenburg
ist die Zahl der Stellen wissenschaftlicher MitarbeiterInnen aber ungewöhnlich
gering. Im Bundesvergleich beträgt die Ausstattung nur 57 Prozent,
die der Dienstleister ist wesentlich besser. Das heißt für
die Universität Oldenburg: Bei der Besetzung von Professuren gibt
es große Schwierigkeiten, eine angemessene personelle Ausstattung
zu bieten, wenn sich nicht grundlegend etwas ändert.
Insgesamt sieht das Präsidium für die hoch gesteckten
Ziele bis 2010 einen jährlichen Finanzbedarf von mehr als fünf
Millionen s. Damit sollen das Lehrangebot profiliert, das Drittmittelaufkommen
erhöht, die Forschungsschwerpunkte gefördert, die Berufungsfähigkeit
verbessert und das Marketing weiter ausgebaut werden.
Die im Präsidiumspapier aufgeführten Umschichtungen weisen
bisher nur 3,4 Millionen s aus. Sie sollen u.a. dadurch gewonnen werden,
dass die Zentralen Einrichtungen ihren Sachhaushalt um 10 Prozent kürzen,
die zentrale Verwaltung 10 Prozent ihrer Stellen abgibt und Arbeitsbereiche
zusammen gelegt werden. Dazu Grubitzsch: Wir benötigen noch
viel Phantasie, um die gesamte Summe für die Umstrukturierung der
Universität zu gewinnen. Vom Staat können wir kaum etwas erwarten
Nachdrücklich betonte der Präsident: Der Solidarpakt
2010 ist kein Papier, das auf die lange Beratungsbank geschoben werden
kann. Wir haben nicht viel Zeit und werden mit der Umsetzung schon in
den nächsten Monaten beginnen. Jeder soll wissen und spüren,
dass wir es sehr ernst meinen.
Die Entscheidungen über die Umsetzung liegt tatsächlich
allein in den Händen des Präsidiums, das durch das neue Hochschulgesetz
allein die Haushaltsführung bestimmen kann und dabei nicht auf die
Zustimmung des Senats angewiesen ist. Das Gremium ist aber dazu aufgefordert,
zu den geplanten Entscheidungen Stellung zu nehmen. In der Sondersitzung
am 8. Januar wurde auf eine Erklärung verzichtet - wohl auch deshalb,
weil die Mehrheit tatsächlich den Plänen des Präsidiums
tendenziell zustimmt.
Die Ziele des Solidarpaktes 2010Profilierung der Lehr- und Studienangebote durch
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Zwei Überraschungen
Liste HA siegt bei Professoren und Mitarbeitern
Erfolgreich verlief für die Gruppe Hochschulautonomie (HA)
die Wahl des Senats am 25. Januar 2003. Bei den ProfessorInnen errang
die HA drei der sieben Sitze und überflügelte erstmals die Demokratische
Hochschule (DH). Bei den Wissenschaftlichen MitarbeiterInnen ist sie künftig
allein vertreten. Die konkurrierende Linke Liste ging erstmals seit ihrem
Bestehen leer aus. Ohne Sitz blieb auch die bei den ProfessorInnen neu
aufgestellt Außerplanmäßige Liste. Sie kam
auf Initiative von außerplanmäßigen ProfessorInnen zustande.
Bei den StudentInnen teilen sich die Linken Listen, FachschafterInnen
und Andere und die Liste Wir im Senat die beiden Sitze
im höchsten Gremium der Universität. Und die MitarbeiterInnen
des technischen und Verwaltungsdienstes (MTV) werden von einem Mitglied
der Gewerkschaft ver.di und der Gruppe Signal vertreten, die eine gemeinsame
Liste gebildet hatten. Wir werden aber weiterhin als Gruppe eigenständig
bleiben, sagte dazu einer der Gründer der Signal-Gruppe, Eberhard
ten Brink.
Zusammensetzung des Senats
Professoren (Wahlbeteiligung: 71.7%) Karen Ellwanger, Hilke Günther-Arndt,
Uwe Scheidewind (Hochschulautonomie), Wolfgang Nebel, Jürgen Rullkötter
(Demokratische Hochschule), Ulrich Ruschig, Heike Fleßner (Liste
Links). Wissenschaftliche MitarbeiterInnen (24,2%): Rainer Koch, Ute Vogel
(Hochschulautonomie), StudentInnen (6,9%): Jan Kühnemund (Linke Listen,
FachschafterInnen und Andere), Stefan Kühnapfel (Wir im Senat/WISENT/Stampede),
MTV-Bereich (46,8%): Ute Hermannsen (ver.di), Hanna ten Brink (Signal).
Bei den erstmaligen Wahlen der Fakultätsräte, hatten
die ProfessorInnen aller fünf Fakultäten sich bemüht, die
Listen so zusammenzustellen, dass alle größeren Fächer
in den Gremien vertreten sind. Dieses Ziel wurde weitestgehend erreicht.
Die Zusammenlegung der jetzt elf Fachbereich zu Fakultäten erfolgt
am 1. April.
Stupa-Wahlen
Nicht so gering wie bei den Gremienwahlen, aber dennoch niedrig
war auch die Beteiligung der StudentInnen an der Wahl des StudentInnenparlaments.
Nur 13,9 Prozent gingen an die Urnen und gaben der Liste li
die meisten Stimmen (358/11Sitze). Es folgen Taubenschlag (298/9), GrüLiLi
(297/9) Grüne unabhängige Mitte (243/7), Asta für Alle
(119/4), RCDS (95/3), Sozialistisches Bündnis (81/2), Liberale Hochschulgruppe
(71), JuSo Hochschulgruppe (38/1), C.o.r.r.u.p.t (19/1).
"Alle Strukturveränderungen setzen innovative Kräfte frei"
Interview mit dem Fakultätsbeauftragten Prof. Dr. Jürgen Dieckert
Die Beauftragten für die neuen Fakultäten: Wolf-Dieter Scholz, Jürgen Rullkötter, Jürgen Dieckert, Uwe Schneidewind, Gerd Hentschel (v.l.). |
Am 1. April 2003 wird es an der Universität Oldenburg nicht mehr elf Fachbereiche, sondern nur noch fünf Fakultäten und für jedes Fach ein Institut geben. Um diese tiefgreifende Strukturreform, die vor gut eineinhalb Jahren vom Senat beschlossen wurde, umzusetzen, war besonders auch die Arbeit der Fakultätsbeauftragten gefragt: Prof. Dr. Wolf-Dieter Scholz (Fakultät I Erziehungs- und Bildungswissenschaften), Prof. Dr. Uwe Schneidewind (Fakultät II Informatik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften), Prof. Dr. Gerd Hentschel (Fakultät III Sprach- und Kulturwissenschaften), Prof. Dr. Jürgen Dieckert (Fakultät IV Human- und Gesellschaftswissenschaften) und Prof. Dr. Jürgen Rullkötter (Fakultät V Mathematik und Naturwissenschaften). Der Senior der Runde der fünf Musketiere, der Sportwissenschaftler Jürgen Dieckert, sieht in der Reform ein wichtiges Signal und gute Chancen für die Erneuerung der Universität.
UNI-INFO: Herr Dieckert, Sie sind nicht gefragt worden, ob Sie einer
der fünf Fakultätsbeauftragten für die Organisationsreform
werden wollten. Trotzdem haben Sie das schwere Amt angenommen.
DIECKERT: Das ist Ausdruck meiner Solidarität und Identifikation
mit der Universität. Tatsächlich bin ich in Abwesenheit und
ohne vorheriger Kenntnis für dieses Amt gewählt worden. Letztlich
habe ich aber diese Aufgabe gerne übernommen.
UNI-INFO: Die Reform hat ein sehr geteiltes Echo gefunden. Mussten Sie
mehr Organisator oder mehr Psychologe sein?
DIECKERT: Ich bin zwar kein Psychologe, aber ich habe zehn Jahre lang
mit dem Deutschen Turnerbund einen großen Verband geführt.
Da hatte ich oft die Rolle des Moderators oder besser des Mediators, wie
man heute sagt. Die Erfahrungen waren für diese Arbeit sehr nützlich.
UNI-INFO: Haben sich die Mitglieder der künftigen Fakultät IV
mit den Veränderungen, die auf sie zukommen werden, abgefunden oder
gibt es noch Widerstand?
DIECKERT: Nein, einen direkten Widerstand gibt es nicht. Es sind sicherlich
unter dem Begriff Besitzstandswahrung Versuche, das, was man sich jahrzehnte-
oder jahrelang erworben hat, nun nicht einfach wegzugeben. Das betrifft
z.B. Raumfragen, aber mehr noch die Besorgnisse, wie künftig Lehre
und Forschung stattfinden werden und ob man sich dabei neu orientieren
muss. Eine Versammlung aller wissenschaftlichen Mitglieder der beiden
Fachbereiche hat da viel Verunsicherung abgebaut. Ich glaube, dass die
Reform heute weitgehend akzeptiert wird.
UNI-INFO: Sehen Sie selbst auch die Chancen, die die Organisationsreform
bietet?
DIECKERT: Ja. Schon deshalb, weil ich glaube, dass bei allen Strukturänderungen
innovative Kräfte freigesetzt werden können. Und daher setze
ich im prospektiven Sinne darauf, dass diese Strukturänderung zu
einer neuen Entfaltung der Universität und möglicherweise zu
einem neuen Image führen wird.
UNI-INFO: Das Präsidium argumentiert, mit der neuen Struktur werde
Interdisziplinarität gefördert.
DIECKERT: Ich habe interdisziplinär gearbeitet. Doch Interdisziplinarität
ist oft nur ein Schlagwort. Denn Interdisziplinarität kann sich nur
entfalten, wenn Menschen die Fähigkeit haben, zusammen zu arbeiten.
Nicht Disziplinen arbeiten zusammen, sondern Menschen. Ich habe durchaus
die Hoffnung, dass durch die größeren Bereiche Grenzüberschreitungen
leichter stattfinden können und die Forscher und Forscherinnen besser
zueinander finden.
UNI-INFO: Der andere Grund für die Organisationsreform ist die Effektivierung
der Verwaltungs- und Gremienarbeit. Sehen Sie das?
DIECKERT: Auch hier kann man nur spekulieren. Verantwortungsübernahme
in kleinen übersichtlichen Bereichen - wie bisher - kann viel Effektivität
produzieren. Andererseits kann ich mir auch vorstellen, dass Bündelung
von Arbeit bessere Ergebnisse erzielt. Aber der Lernprozess, wie man nun
bei einer neuen Struktur effektiv zu arbeiten hat, wird einige Zeit kosten.
Meine Erfahrungen mit dem DTB, wo wir eine große Strukturreform
realisiert haben, stimmen mich optimistisch.
UNI-INFO: Was haben Sie an Zeit, Nerven und Kraft investieren müssen?
DIECKERT: Wenn ich gewusst hätte, dass es so viel Arbeit werden wird,
dann hätte ich vermutlich nicht so schnell und leichtfertig ja gesagt.
Es waren ja nicht nur acht Sitzungen der Senatskommission, elf interne
Fakultätskommissionssitzungen und die vielen Sitzungen, die mit der
Besetzung der Fakultätsgeschäftsführung zusammenhängen,
sondern ich musste in vielen internen Besprechungen und Einzelgesprächen
für Konsensbildung sorgen.
UNI-INFO: Haben Sie auch einen Konsens bei den MTV-Mitarbeitern gefunden?
DIECKERT: Ich meine, dass wir auf einem guten Wege sind, auch das Hauptproblem,
die mögliche Umsetzung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mittel-
und langfristig ohne große Spannungen und Konflikte zu lösen.
Aber dafür brauchen wir Zeit.
UNI-INFO: War die Zusammenführung der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen
in die neuen Institute schwieriger?
DIECKERT: Für einige Fachgebiete ändert sich wenig. In der Psychologie
zum Beispiel, die bisher in drei Arbeitsgruppen und zwei Institute unterteilt
war, wird es künftig ein gemeinsames Institut geben. Hier ist meine
Hoffnung, dass die vorgegebene Strukturänderung eine Konsensbildung
erzwingt, die bisher schwierig war.
UNI-INFO: Als Sie Fakultätsbeauftragter wurden, haben Sie ein Aufgabenpaket
erhalten. Haben Sie geschafft, was die Planung vorsah?
DIECKERT: Im Prinzip ja, wenngleich einige Fragen bzw. Problembereiche
noch von Seiten der Universitätsleitung offen sind - z.B. die Budgetierung
als das eigentliche Herz der Strukturreform. Wenn das Geld nicht da ist,
schlägt auch das Herz nicht. Hier warten wir immer noch auf Informationen.
Auch die Raumproblematik ist seitens der Verwaltung noch nicht gelöst.
Und es fehlt noch eine Rahmenordnung für die Institute. Das bedeutet:
In den Fakultäten wird auch nach dem 1. April noch eine ganze Weile
am sicheren Fundament gebaut werden müssen. Dafür benötigen
die Fakultäten, in denen die Kernarbeit Lehre und Forschung stattfindet,
verlässliche Vorgaben und gute Formen der Zusammenarbeit.
UNI-INFO: Herr Dieckert, Sie forschen und lehren sehr lange an dieser
Universität, haben viele Funktionen wahrgenommen. War Ihre jetzige
eine besonders wichtige?
DIECKERT: Wenn ich es biographisch sehe, war es eine ganz besondere Herausforderung,
noch einmal an dieser Universität gestaltend mitzuwirken. Ein guter
Abschluss für mein Berufsleben hier. Und der Einsatz hat sich gelohnt.
Die Universitäten stehen in einem harten Wettbewerb, manche dabei
in einem Überlebenskampf. Die Fakultätsbeauftragten haben, davon
bin ich überzeugt, Wichtiges geleistet, um die Profilbildung der
Universität zu verbessern und die Struktur zu effektivieren.