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- "Die Universität kann noch mehr"
Vizepräsidenten sprechen über ihre bisherige Amtszeit und ihre Ziele - „Überwältigend und bereichernd“
Katharina Al-Shamery, Gunilla Budde und Bernd Siebenhüner über ihre ersten Monate als Vizepräsidenten und die Ziele ihrer Amtszeit
"Die Universität kann noch mehr"
Vizepräsidenten sprechen über ihre bisherige Amtszeit und ihre Ziele
Balanceakte, wunderbare Gespräche, schlaflose Nächte: Nicht lange überlegen müssen die drei nebenamtlichen VizepräsidentInnen bei der Frage, wie sie ihre bisherige Amtszeit beschreiben würden. Prof. Dr. Katharina Al-Shamery (Forschung), Prof. Dr. Gunilla Budde (Studium und Lehre) und Prof. Dr. Bernd Siebenhüner (Wissenschaftlicher Nachwuchs und Qualitätsmanagement) sprechen im gemeinsamen UNI-INFO-Interview über ihre bisherigen Erfahrungen und ihre Ziele. Die ersten Monate im Amt liegen hinter ihnen. Im Juli vergangenen Jahres wurden sie auf Vorschlag von Präsidentin Prof. Dr. Babette Simon vom Senat bestätigt, seit August ist Al-Shamery im Amt, seit Oktober auch Budde und Siebenhüner.
„Viel Neues“ hätten sie in der ersten Zeit von den MitarbeiterInnen erfahren und „gemerkt, wie gut aufgestellt unsere Universität ist“. Man bekomme einen „heilsamen anderen Blick“ auf die Universität in diesem Amt, betont Budde stellvertretend für ihre KollegInnen. Die Themen, die in der Universität aktuell anstehen, sind vielfältig. Beispiel Internationalisierung: Die Universität in europäischen und weitweiten Netzwerken zu verankern, ist das langfristige Ziel von Al-Shamery. Beispiel Nachwuchsförderung: Siebenhüner möchte die Graduiertenausbildung ergänzen und mit einer neuen Struktur versehen. Beispiel Verbesserung der Studienbedingungen: Budde mahnt die Schaffung neuer Studienstrukturen an, um flexibler zu sein – auch für Studierende, die nur zu bestimmten Zeiten an der Universität sein können.
Die Arbeit im Team sei ihnen sehr wichtig, gerade auch für die strategische Entwicklung der Universität, betonen sie. Die Chemie zwischen ihnen stimme, sagt Siebenhüner, und nach der langen Interimsphase des Präsidiums seien nun neue Akzente zu setzen und Konflikte zu lösen. Die Universität könne noch mehr, denn, darin sind sich die VizepräsidentInnen einig, sie habe großes Potenzial. (me)
„Überwältigend und bereichernd“
Katharina Al-Shamery, Gunilla Budde und Bernd Siebenhüner über ihre ersten Monate als Vizepräsidenten und die Ziele ihrer Amtszeit
„Die European Medical School bietet eine große Chance für die Forschungsentwicklung, ...
UNI-INFO: Frau Al-Shamery, Frau Budde, Herr Siebenhüner, Ihre ersten Monate im Amt liegen hinter Ihnen. Wie würden Sie – mit drei Stichworten – Ihre bisherige Amtszeit beschreiben?
BUDDE: Schlaflose Nächte, wunderbare Gespräche, spannende Aufgaben.
AL-SHAMERY: Überwältigend, bereichernd aufgrund der Gespräche und eine große Herausforderung.
SIEBENHÜNER: Dynamik, Balanceakt zwischen zwei Jobs und viel Herzlichkeit.
UNI-INFO: Sie sind mit dem Ziel angetreten, die Hochschule im Team und mit einem ganzheitlichen Ansatz in Forschung, Lehre und Graduiertenausbildung voranzubringen. Wie sind Ihre ersten Erfahrungen?
BUDDE: Positiv. Wir haben beispielsweise gemeinsam alle Dezernate besucht. Dabei haben wir gemerkt, wie gut aufgestellt unsere Universität ist, und haben viel Neues von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfahren. Man bekommt einen sehr anderen Blick auf die Universität in diesem Amt. Das ist sehr heilsam.
AL-SHAMERY: Wir wollen nun in die Fakultäten gehen und uns anhören, wo Probleme liegen und diskutieren, wie wir die Universität gemeinsam strategisch entwickeln können. Neben Projekten, die jeder in seinem Ressort hat, gibt es auch solche, für die wir zu dritt Ideen entwickeln. Für die strategische Entwicklung unserer Universität ist die Arbeit im Team sehr wichtig.
SIEBENHÜNER: Das sehe ich genauso. Hilfreich ist dabei aus meiner Sicht, dass wir aus unterschiedlichen Bereichen der Universität kommen und uns gut ergänzen. Und die Chemie im Team stimmt auch.
UNI-INFO: Was hat Sie für das Amt motiviert?
BUDDE: Die Begeisterung für diese Universität. Ich bin seit fast sechs Jahren hier und habe den Vergleich mit der FU Berlin und den Universitäten Bielefeld und Konstanz. Ich finde unsere Universität auf ganzer Linie überzeugend. Sie hat auch eine gute Größe, die es möglich macht, über Fachkulturen hinweg ins Gespräch zu kommen.
SIEBENHÜNER: Für mich ist es der Versuch, einen Neuanfang zu machen. Wir haben in dieser Uni viele neue, dynamische Kolleginnen und Kollegen, wir hatten aber auch eine lange und zum Teil schwierige Interimsphase des Präsidiums. Wir möchten versuchen, die verschiedenen Teile der Uni stärker zu verbinden, Brücken zu bauen und Konflikte zu lösen. Das war für mich eine wesentliche Motivation.
... passt mit ihrem Schwerpunkt in der Versorgungsforschung sehr gut in die Region ...
UNI-INFO: Frau Al-Shamery, als Sie das Amt als Vizepräsidentin für Forschung übernahmen, haben Sie betont, dass Sie auf viel bereits Erreichtes aufbauen können und vorhandene Projekte weiter vorantreiben würden. Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich im Moment?
AL-SHAMERY: Wir erwarten voller Spannung die Entscheidung der Exzellenzinitiative Anfang März, ob unsere beiden Anträge zum Einreichen von Vollanträgen aufgefordert werden. Außerdem ist gerade der Antrag auf Einrichtung eines Zentrums für Biodiversität gestellt worden. Auch das wäre ein großer Gewinn für die Universität. Darüber hinaus werden gerade – und auch das ist den vielen jungen Teams geschuldet – viele, zum Teil größere Förderanträge zum Beispiel auf Graduiertenkollegs und Forschergruppen gestellt. Es gibt eine große Dynamik, bei der ich versuche mit meiner Erfahrung zu unterstützen. Und es gibt auch tolle Einzelförderungen, die wir noch zu wenig wahr nehmen. Nicht zuletzt ist die Internationalisierung ein wichtiges Thema, das eine strategische Planung erfordert.
UNI-INFO: Stichwort Netzwerke. Was haben Sie sich vorgenommen?
AL-SHAMERY: Die große Vision – das werde ich aber nicht im Rahmen meiner Amtszeit erreichen – wäre, dass die Universität Oldenburg in europäischen und weltweiten Netzwerken einen festen Platz hat. Lehrende sollten sich ebenso selbstverständlich mit internationalen Kollegen austauschen wie Doktoranden. Gemeinsame europäische Projekte sollten sich nicht mehr eher zufällig entwickeln, sondern weil man sich kennt und feste Verbindungen hat.
UNI-INFO: Frau Budde, der doppelte Abiturjahrgang, der jetzt in Niedersachsen und Bayern ansteht, beschäftigt gleichermaßen Schüler, Eltern und Hochschulen. Was tut die Universität Oldenburg?
BUDDE: Wir sind gut vorbereitet. Prognosen für Niedersachsen gehen von ca. 35 Prozent mehr Studienanfängern im nächsten Wintersemester aus. Für unsere Uni wären das rund 600. Nach jetzigem Stand schaffen wir ca. 460 neue Plätze aus Mitteln des Hochschulpakts. Etwa 100 weitere Studienplätze entstehen durch die Lehrdeputatserhöhung für Professoren, weitere 50 sollen mit Blick auf die Aussetzung der Wehrpflicht geschaffen werden. Während wir für die Lehre gerade campusnahe Räumlichkeiten anmieten, muss natürlich auch die Frage nach ausreichend Wohnräumen für Studierende in den Blick kommen. Hier führen wir Gespräche mit dem Studentenwerk und der Stadt.
UNI-INFO: Bildungsexperten fordern, dass sich die Hochschulen in ihren Betreuungs- und Lehrangeboten nicht mehr nur an den „Otto-Normal-Studenten“ orientieren, sondern zunehmend an den Bedürfnissen anderer Gruppen.
BUDDE: Die Hochschulen sind ganz sicher gefordert, Studierende aus unterschiedlichen Kreisen zu rekrutieren. Das sind beispielsweise Studierende ohne Abitur, solche die schon einen Berufsabschluss oder auch einen längeren Berufsweg hinter sich haben oder eben Eltern mit kleinen Kindern oder Menschen mit Migrationshintergrund. Ich empfinde es als große Bereicherung für eine Universität, eine heterogene Studierendenschaft zu haben.
... und kann das deutsche Medizinsystem befruchten, ergänzen und weiterentwickeln.“
UNI-INFO: Muss die Uni Oldenburg im Zuge der Hochschulreform auch ihre Lehre nachjustieren, um den Ansprüchen dieser neuen Gruppen gerecht zu werden?
BUDDE: Unsere Universität wird stark als Vorreiter in Sachen „Offene Hochschule“ wahrgenommen, da dieses Thema schon früh und sehr erfolgreich angegangen worden ist. Das heißt aber nicht, dass nicht auch wir nachjustieren müssen. Das betrifft das Teilzeitstudium, aber auch die Schaffung neuer Studienstrukturen, zum Beispiel für Studierende, die nur zu bestimmten Zeiten präsent sein können. Hier müssen wir sicher noch flexibler werden.
UNI-INFO: Herr Siebenhüner, Sie stehen für das neue präsidiale Ressort Wissenschaftlicher Nachwuchs und Qualitätsmanagement. Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
SIEBENHÜNER: Ich möchte die Graduiertenausbildung ergänzen und mit einer neuen Struktur versehen. Künftig wird es neben der schon existierenden Graduiertenschule in den Naturwissenschaften eine zweite in den Gesellschafts- und Geisteswissenschaften geben. Beide sollen dann in einer Graduiertenakademie gebündelt werden, die die überfachlichen Angebote für alle Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler anbietet. Dazu gehören Mentoringprogramme oder Führungsentwicklung. Darüber hinaus gibt es die Dauerbrenner-Frage, wie wir die Attraktivität des Standorts für den wissenschaftlichen Nachwuchs und den Mittelbau steigern können. Und da hat man an vielen Stellen etwas zu tun: Ausstattung, Form der Verträge usw.
UNI-INFO: Wann soll die Graduiertenakademie an den Start gehen?
SIEBENHÜNER: Die neue Graduiertenschule soll in diesem Jahr eröffnet werden. Vermutlich ist die Akademie daran gekoppelt. Aber es sind noch viele Schritte zu tun. Ich denke, wir brauchen noch ein halbes oder dreiviertel Jahr. Das ist realistisch, aber auch ambitioniert.
UNI-INFO: Ihr zweiter Bereich ist das Qualitätsmanagement.
SIEBENHÜNER: Ja, hier sehe ich die Herausforderung darin, die zahlreichen Instrumente, die wir im Qualitätsmanagement in Lehre und Forschung haben, in eine Gesamtkonzeption zu integrieren. Mein Wunsch wären Strukturen, die eine Qualitätssicherung aus der Universität heraus sicherstellen und uns damit in der Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungsfrage eigenständiger machen.
UNI-INFO: Wie schätzen Sie die Bedeutung der European Medical School für die Universität und die Region ein?
SIEBENHÜNER: Ich sehe das Projekt insbesondere unter dem Aspekt der Internationalisierung. Es ist einmalig in Europa, und wir können von unserem Partner Groningen mit seiner exzellenten Medizinausbildung profitieren. Dadurch kann das deutsche Medizinsystem befruchtet, ergänzt und weiterentwickelt werden.
BUDDE: Die European Medical School ist eine große Herausforderung, keine Frage, aber ich bin optimistisch. Der Wissenschaftsrat hat sich gerade vom Lehrkonzept überzeugen lassen. Das leuchtet mir sehr ein. Die frühe Patientennähe und der Anspruch, dass sich die Studierenden schon früh praktisch mit Krankheitsbildern beschäftigen, halte ich für sehr wichtig.
AL-SHAMERY: Ich sehe in dem Projekt auch eine große Chance mit Blick auf die Forschungsentwicklung. Es gibt viele Anknüpfungspunkte in Bereichen, die man zunächst nicht mit der Medizin verknüpft. Das ist in vielen Gesprächen spürbar. Ich denke, wenn wir eine geschickte Berufungspolitik betreiben, können wir auch in diesem Bereich die Universität neu aufstellen. Und natürlich hat die European Medical School auch eine enorme Bedeutung für die Region. Entsprechend groß ist schon jetzt die Unterstützung.
BUDDE: Es geht um eine Medizin, die mit ihrem wichtigen Schwerpunkt Versorgungsforschung einfach sehr gut in die Region und überdies zur Philosophie der Carl von Ossietzky Universität als mutige Reformuni passt.
SIEBENHÜNER: Ein weiterer wichtiger Aspekt: Interdisziplinarität. Sie ist Kennzeichen unserer Universität. Als mittelgroße Universität kann sie das auch relativ gut. Sie hat frühzeitig Schwerpunktthemen entwickelt, in denen Querschnittsarbeit geleistet wird. Die Medizin ist ein weiteres Beispiel, wo das gelingen kann.
UNI-INFO: Haben Sie bestimmte Erwartungen an den Verwaltungs- und Dienstleistungsbereich?
BUDDE: Ich hoffe, dass es so gut bleibt, wie es jetzt ist. Von außen hat man wohl oft die Wahrnehmung, dass wir an dieser Stelle überausgestattet sind, aber das ist überhaupt nicht der Fall. Gerade vor dem Hintergrund der Kooperation mit der Jade-Hochschule müssen wir sehr darauf achten, dass unsere jetzigen guten Leistungen auch so bleiben können und die Belastung nicht zu groß wird.
AL-SHAMERY: Das sehe ich genauso. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Dezernaten haben viel zu stemmen und tun das mit großem Engagement. Und weil das so ist, funktioniert es auch – im Vergleich zu manch anderer Universität. Wir möchten dabei unterstützen, dass das Engagement erhalten bleibt, und dass an mancher Stelle auch neue Ressorts entstehen, die die Universität braucht. Fundraising ist ein Beispiel dafür.
SIEBENHÜNER: Ich teile voll die Begeisterung für die Arbeit der Verwaltung. Zwei spannende Erfahrungen habe ich gemacht: Ich finde es großartig, wie die Verwaltung bei dem Thema Internationalisierung mitzieht. Das ist gerade bei den studentischen Angelegenheiten eine große Herausforderung. Oder nehmen Sie das Nachhaltigkeitsmanagement. Mir ist erst jetzt klar geworden, wie erfolgreich wir dabei sind, Energie einzusparen und damit Kosten zu reduzieren. Das wollen wir künftig mit einer Nachhaltigkeitsberichterstattung sichtbarer machen.
UNI-INFO: Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Wunsch frei. Was wünschen Sie sich für die Uni Oldenburg?
BUDDE: Dass die Bereiche, die bereits gut etabliert und bekannt sind – wie zum Beispiel die Lehrerbildung – weiter eine große Rolle spielen und sich gleichzeitig neue Potenziale mit der European Medical School eröffnen, so dass künftig nicht nur sehr gute Lehrerinnen und Lehrer sondern auch sehr gute Medizinerinnen und Mediziner von unserer Universität kommen.
AL-SHAMERY: Aus Sicht der Forschung wünsche ich mir, dass wir es schaffen, ein gut sichtbares Zentrum für transdisziplinäre Forschung zu werden und – ähnlich wie die Uni Bremen – eine Reihe starker außeruniversitärer Einrichtungen aufzubauen. Erste Ansätze sind da, aber ich denke, wir haben das Potenzial für mehr.
SIEBENHÜNER: Mein Wunsch ist, dass die Universität Oldenburg in einzelnen wichtigen gesellschaftlichen Themenfeldern wichtige Impulse setzt. Dazu gehört, dass sie Anstöße für gesellschaftliche Entwicklungen gibt und sich damit auch als Akteur der Gesellschaft weiterentwickelt.
Die Fragen stellte Corinna Dahm-Brey
Fotos: Daniel Schmidt