Veranstaltungen Wintersemester 2024 / 2025
Veranstaltungen
Leitung des Arbeitsbereichs
Veranstaltungen Wintersemester 2024 / 2025
14.10.2024
Michaela Kaiser: (Un-)Doing Difference: Eine Einführung
Michaela Kaiser ist Professorin für Kunstpädagogik und Kunstvermittlung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Sie forscht zu Fragen der Kunstpädagogik und -vermittlung im Kontext von Inklusion und Exklusion, insbesondere zu Differenzverhältnissen in Kunst vermittelnden Institutionen. Sie ist Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft „Building Access in Art Education“ und Vorstandsmitglied der wissenschaftlichen Sozietät Kunst, Medien, Bildung.
21.10.2024
Anja Schütze: *weiße* Flecken in den Institutionen kultureller Bildung. Zur Notwendigkeit institutioneller Transformation
weiße Flecken in den Institutionen kultureller Bildung. Zur Notwendigkeit institutioneller Transformation
Abstract: Mit dem Begriff der Kulturellen Bildung sind vielfache Versprechen und Erwartungen verknüpft: Kultur soll bilden, für alle offen sein, von allen gemacht werden und die Gesellschaft zusammen halten. Diesen Versprechen und Erwartungen stehen die stetigen kritischen Analysen gegenüber, dass Institutionen Kultureller Bildung - z.B. Museen, Theater und Konzerthäuser - nach wie vor durch strukturelle Ausschlüsse geprägt sind. Der Kulturbetrieb in Deutschland ist mehrheitlich weiß geprägt, reproduziert Ungleichheit und Ungerechtigkeit entlang von Rassismus, Sexismus, Klassismus und Ableismus. Im Vortrag geht es zum einen darum, zentrale Schlüsselbegriffe wie ,Diversität' und ,Diskriminierung' kritisch einzuführen und zum anderen darum, Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, um die immer gleichen Herrschaftsverhältnisse zu stören und die sie reproduzierenden Institutionen zu transformieren. Ganz konkret werden Transformationsprozesse am Beispiel der Freiwilligendiensten Kultur und Bildung betrachtet.
Anja Schütze, weiß, Cis-Frau, Mutter, in einem Dorf bei Dresden aufgewachsen. Aktuell arbeite sie als Trainerin für Diversität und Antidiskriminierung, Prozessbegleiterin und Bildungsreferentin. Sie ist diplomierte Kultur- und Medienpädagogin (FH Merseburg), zertifizierte intercultural Business Trainerin (London) und systemische Organisationsentwicklerin.
Seit 20 Jahren arbeitet sie als Bildungsreferentin bei der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung. Dort hat sie den bundesweiten kulturellen Jugendfreiwilligendienst (FSJ Kultur) mit aufgebaut und ist seit 10 Jahren schwerpunktmäßig mit der inklusiven Öffnung und Diversifizierung der Freiwilligendienste beschäftigt.
Seit 2007 arbeitet sie Trainerin zu Diversität und Anti-Diskriminierung. In diesem Zusammenhang hält sie Vorträge, moderiert und begleitet Transformationsprozesse und gibt Fortbildungen für Leitungskräfte und Mitarbeiter*innen aus Kultureinrichtungen.
28.10.2024
Stefan Bast: un_mask_ulinities. Hegemoniale Männlichkeit im Kunstunterricht ver_lernen?
Abstract: In der kunstpädagogischen Forschung wurden in den letzten drei Jahrzehnten Fragen zu Männlichkeit nur vereinzelt verhandelt. Die für das Fach Kunst skizzierten Auseinandersetzungen reichen dabei von eher essentialistischen Verständnissen des Männlichen bis hin zur Dekonstruktion von Geschlechterstereotype im Kontext queerer Kunstpädagogik allgemein. Eine hegemoniekritische Auseinandersetzung explizit zu Männlichkeit im Kunstunterricht fehlt für das deutschsprachige Forschungsfeld aber bisher, obwohl in Bezugswissenschaften wie der Soziologie Vorschläge für eine entsprechende Theoretisierung seit den 90er Jahren vorliegen.
Der Vortrag „un_mask_ulinities. Hegemoniale Männlichkeit im Kunstunterricht ver_lernen“ will zur Schließung dieser Lücke beitragen. Dabei wird der Frage nachgegangen werden, inwiefern spezifische Bilder von Männlichkeit im Kunstunterricht wirkmächtig sind und wie eine kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeiten im Kunstunterricht initiiert werden kann. Neben einer Klärung zentraler Konzepte, sollen exemplarisch Materialien wie Erinnerungsprotokolle, Bilder und Curricula aus einer autoethnografischen Studie vorgestellt und diskutiert werden, die erste Impulse für ein Ver_lernen von hegemonialen Männlichkeitskonstruktionen im Kunstunterricht liefern.
Stefan Bast (kein Pronomen oder er/ihm) ist Kunstpädagoge* und Kunstlehrer*. Er arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter* in der Kunstdidaktik an der Kunsthochschule Mainz, übernimmt regelmäßig Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen (UdK Berlin, Goethe-Universität Frankfurt, Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, Universität Potsdam) und bildet Multiplikator_innen im Feld in Workshops weiter. Zuvor war er fünf Jahre lang Kunstlehrer* an einer Schule in Berlin Marzahn-Hellersdorf, Künstlerischer Mitarbeiter* an der Kunsthochschule Kassel und hat in verschiedenen außerschulischen Vermittlungskontexten gearbeitet. Bast lehrt und forscht zu einer diskriminierungskritischen Kunstpädagogik mit einem besonderen Schwerpunkt auf Klassenfragen, Männlichkeits- und Körperbilder, Queerness und Scham, die er in seiner Forschung mittels visuell-autoethnografische Strategien aufbereitet und hegemoniekritisch analysiert.
04.11.2024
Leila Haghighat: Fürsorge als künstlerische Praxis: Repräsentation und Beziehung in kunstpädagogischen Kontexten
Abstract: Eine zentrale Frage in kunstpädagogischen und kunstvermittelnden Kontexten ist, wie künstlerische Praktiken Differenz verhandeln können, ohne in essentialisierende oder vereinfachende Darstellungen zu verfallen. Als Ansatz, dieser Herausforderung zu begegnen, führt der Vortrag in eine "Ästhetik der Fürsorge" ein, welche die Bedeutung von Repräsentation und Beziehung in der Kunstvermittlung aus einer postkolonialen und feministischen Perspektive beleuchtet. Gerade in Zeiten globaler Krisen und Spaltungen ist es entscheidend, wie wir uns aufeinander beziehen und das gesellschaftliche "Wir" mit Bedeutung füllen können. Aufbauend auf den Theorien von Gayatri Chakravorty Spivak und Édouard Glissant sowie der feministischen Care-Ethik wird Fürsorge als notwendige ethische Praxis und Form der ästhetischen Reflexion dargestellt, die Beziehungen und Interdependenz betont. Die Konzepte der "Opazität" (Glissant) und "radikalen Alterität" (Spivak) spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie fordern dazu auf, die Grenzen des Verstehens anzuerkennen und Differenz nicht durch Repräsentation zu vereinnahmen. Stattdessen wird eine verantwortungsvolle Beziehung zum "Anderen" angestrebt. Hierbei geht es nicht nur um die Anerkennung von Differenz, sondern auch um die Verantwortung, Machtverhältnisse zu reflektieren und die Bedingungen zu schaffen, unter denen Fürsorge überhaupt möglich wird.
Ein authentisches "Wir" erfordert achtsames Zuhören, Hinsehen, Spüren und das Zulassen verdeckter Erzählungen und Emotionen, um die Perspektiven und Verletzlichkeiten anderer zu berücksichtigen. Eine Praxis, die Fürsorge in den Fokus nimmt, muss auch kritisch reflektieren, wem Sorgearbeit zukommt, welche Ressourcen dafür zur Verfügung stehen und wie deren oft unsichtbarer Mehrwert gewürdigt werden kann. Das Konzept einer Ästhetik der Fürsorge soll dazu dienen, mögliche Ansätze und Herausforderungen einer kunstpädagogischen Praxis auszuloten, die das Potenzial hat, neue Formen des Miteinanders zu schaffen.
Leila Haghighat promoviert zum double bind in sozial engagierter Kunst an der Akademie der Künste in Wien und war zuletzt Verwalterin der Professur für Kunstvermittlung an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (2023/2024) sowie Stipendiatin des Nietzsche-Fellowships der Klassikstiftung Weimar (2023). Sie ist Mitglied des bildungslab* und war Koordinatorin u. a. für Kulturelle Bildung am Haus der Kulturen der Welt in Berlin (2012-2017). Ihre derzeitigen Arbeitsschwerpunkte sind sozial engagierte Kunst, (Stadt)Räume, Care, Institutionsanalyse und Repräsentation.
18.11.2024
Lena Staab: „…diese unausgesprochene Voraussetzung an der Uni, dass jede*r einen Laptop dabei hat“ – zur Verwobenheit von Klassismus und Kunst(pädadogik)
Abstract: Klassismus – also die Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft und/oder der ökonomischen oder sozialen Position – beeinflusst sowohl den Zugang zu künstlerischen Bildungsangeboten, sei es im schulischen Kunstunterricht oder in außerschulischen Angeboten, als auch die Produktion und Rezeption von Kunst selbst. Als zentral erscheinen hierbei Fragen nach der Un_Sichtbarkeit von Klasse und Klassismus, ebenso wie die Schwierigkeit der visuellen Darstellung ebendieser Differenzen und damit verbundener Diskriminierung.
Anhand theoretischer Zugänge und empirischer Beispiele werden im Vortrag Schlaglichter auf die Verwobenheit von klassistischen Strukturen und deren Re_Produktionen innerhalb kunstpädagogischer Handlungsfelder geworfen, um anschließend Fragen nach einer klassismuskritischen Kunstpädagogik aufzuwerfen.
Welche Fragen muss sich eine klassismuskritische Kunstpädagogik bzw. Kunstpädagog*innen stellen, um ihre eigene Verwobenheit in klassistische Strukturen, Normen und Gewohnheiten zu reflektieren und in diesem Sinne machtkritische kunstpädagogische Angebote entwerfen zu können?
25.11.2024
Birke Sturm: Klasse! Soziale Herkunft und Kunstpädagogik in den 1970er Jahren
Abstract: Zwischen 1970 und 1980 fand in der deutschsprachigen Kunstpädagogik eine intensive Auseinandersetzung mit der Kategorie der sozialen Herkunft statt. Um die gesellschaftstheoretische und politische Kategorie der Klasse bündelte sich eine Diskussion um die Verbesserung der Lebensmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen mit wenig ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital. Als Ziel galt ein Unterricht, der ermächtigend wirken und soziale Teilhabe für alle bieten sollte – ein Ziel, das bis heute für viele eine Bildungsutopie bleibt, wie aus der dringlichen Debatte um Inklusion und Bildungsgerechtigkeit gegenwärtig deutlich wird.
In meinem Vortrag stelle ich drei kunstpädagogische Ausrichtungen aus den 1970er Jahren vor und arbeite heraus, auf Basis welcher Theorien und mit welchen Methoden diese Ansätze das Potenzial schulischer Kunstpädagogik zur Reduktion klassenbedingter Benachteiligung aktivieren wollten. Zuerst gehe ich auf die Visuelle Kommunikation ein, die vor dem Hintergrund der Frankfurter Schule massenkulturelle Bilder problematisierte. Zweitens zeige ich, wie in Debatten über das Phänomen des Kitsches und in Zusammenhang mit Pierre Bourdieus Theorie der Distinktion die Geschmackshoheit der herrschenden Klasse in der Kunstpädagogik für eine falsche Werteerziehung in der Schule verantwortlich gemacht wurde. Schließlich gehe ich darauf ein, wie in der durch die Cultural Studies angeregten Auseinandersetzung mit populären Jugendkulturen ein positiver Umgang mit lebensweltlich relevanten Bildwelten im Kunstunterricht eingefordert wurde.
Abschließend diskutiere ich die Frage, was von diesen teils konträren Ansätzen heute noch Beachtung finden kann, wenn es darum geht, die kunstpädagogische Praxis als Handlungsraum zu entwerfen, in dem möglichst vielen Chancen auf ein besseres Leben gegeben werden und Klasse intersektional in den Blick genommen wird.
Birke Sturm ist promovierte Kunstpädagogin und Kulturwissenschaftlerin. Sie arbeitet als Assistenzprofessorin für Fachdidaktik Kunst und Gestaltung an der Universität Mozarteum Salzburg. Zuvor war sie Lehrbeauftragte und Post-Doc Mitarbeiterin an der Akademie der bildenden Künste Wien und Lehrerin für die Fächer Bildnerische Erziehung und Englisch am Lauder Chabad Campus Wien.
Ihre Arbeitsschwerpunkte sind geprägt von ihren Erfahrungen sowohl im akademischen als auch im schulischen Umfeld. Sie liegen in den Bereichen der Cultural Studies und der Visual Literacy, in der kritischen Kunst- und Kulturpädagogik, der Geschichte der Kunstpädagogik sowie in der fachdidaktischen und kunstpädagogischen Theoriebildung. Derzeit verfasst sie ihre Habilitationsschrift zum Thema Kunstpädagogik, populäre Kulturen und soziale Gerechtigkeit.
02.12.2024
Sophie Vögele: Inklusion, Exklusion und Widerstände. Wie wirken institutionelle Strukturen und was sind unsere Rollen darin?
Abstract: In der Studie «Art.School.Differences.» ging es um Ungleichheiten und Normativitäten im Feld von Schweizerischen Kunsthochschulen. Acht Jahre nach Abschluss der Studie sind die Fragen und Resultate weit über das Feld der Kunsthochschulen hinaus immer noch aktuell. Warum?
Sophie Vögele stellt die wichtigsten Studienergebnisse vor: Wie genau laufen Prozesse von Ein- und Ausschluss an Kunsthochschulen ab? Warum sind diese exemplarisch um diskriminierende Strukturen im Hochschulfeld zu verstehen? Und was ist institutionelle Normativität? Interessant dabei ist, wie die Reaktionen auf die Studie – von Zustimmung bis Verneinung – die Erkenntnisse auch noch nach Abschluss bestätigten.
Angeregt durch die Ausführungen wird es spannend sein, gemeinsam Funktionsweisen von Institutionen und Prozessen zu befragen und Erfahrungen auszutauschen: Was hat sich verändert; resp. was müsste sich verändern? Was sind mögliche Handlungsfelder – und was ist unsere Verantwortung als Teil der Institution?
Sophie Vögele ist 2014 für die Mitarbeit im Projekt «Art.School.Differences» an die Zürcher Hochschule der Künste ZHdK gekommen (Forschung und Lehre Art Education und Design, Departement Kulturanalysen und Vermittlung) und hat sich seither intensiv mit Ein- und Ausschlüssen, Diversität, Repräsentation und Ungleichheit an schweizerischen Kunsthochschulen auseinandergesetzt (s. dazu: bit.ly/a_s_d). Zurzeit leitet sie das interdisziplinäre Projekt «Recht auf Wir» und geht der Frage nach kultureller Teilhabe und deren Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsbestrebungen nach. Sie hat einen Studienhintergrund in Gender Studies, Ethnologie und Soziologie.
09.12.2024
Friederike Nastold: (Un-)Doing Differences: Intersektionale und queerende Perspektiven aus der Kunst in die Vermittlung
+++ Inhalt folgt in Kürze +++
16.12.2024
Marion Seiler: Das digitalisierte Museum – Kunst und musealer Arbeit am Bildschirm begegnen
Abstract: Im Kontext der Digitalität ist es notwendig, das museale Arbeiten im Internet sichtbar zu machen und dort Zugänge zu entwickeln, um relevant und transparent zu bleiben. Während die meisten Institutionen schon in den sozialen Medien werben und informieren, sind große Teile musealer Sammlungen immer noch unsichtbar für die Öffentlichkeit. Abhilfe sollen Plattformen und digitale Sammlungen schaffen. Unter dem Stichwort Demokratisierung von Kultur können Interessierte und Expert*innen auf den Plattformen Werke und Artefakte untersuchen und kennenlernen. Im Fokus stehen dabei Metadaten und das institutionell gewonnene Wissen über die Objekte und Kunstwerke.
Bei der Untersuchung der Plattformen werden vor allem hegemoniale Strukturen deutlich. Die Institutionen verdichten ihre Positionen und stärken ihre Deutungshoheit. Der Beitrag widmet sich den Fragen, wie Nutzer*innen auf verschiedenen Plattformen Kunst begegnen können, welcher Kunstbegriff von den Institutionen hierüber kommuniziert wird und wie im Kontext der Postdigitalität Kunst vermittelt wird.
Marion Seiler studierte Europäische Ethnologie und Museumswissenschaften. Ab 2020 arbeitete sie als Kuratorin und Sammlungsmitarbeiterin. Am Institut für Kunst und visuelle Kultur arbeitet sie seit 2023 in einer Projektstelle zu digital basierter Kunstvermittlung im Kontext Schule. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Digitalität und museales Sammeln.
13.01.2025
Cat Martins: Primitivism, colonialities and the production of difference through children’s drawings
Abstract: This talk is about the construction of the White Western creative child in the late 19th and early 20th centuries, focusing on the discourses that equated the child with the "primitive" at the intersection of art education, anthropology/ethnography, psychology, and education, rooted in the recapitulationist theories of the time. It traces how these notions were part of travelling libraries that produced corresponding visual affinities, creating a visual culture that reinforced the concept of the child as an artist. I take a poststructuralist and decolonial approach, arguing that many of these concepts, formed around the creative child, are phantasmagrams that continue to haunt art education today. To look critically at these archives is the path to understand their historical persistence, and thus, disrupting these colonialities in the present.
Cat Martins: Professor at the Faculty of Fine Arts, University of Porto, where they are the director of the PhD in Art Education and coordinator of LabEA_Laboratory of Research in Art Education, at i2ADS. Their research focus is on the history of the present of art education through a post-structuralist and decolonial approach. They are the author of the book The invention of Childhood Creativity: colonialities and the production of difference (Routledge, 2025).
20.01.2025
Simon Harder: Snail-Spacetime für «engagierte» Nervenkostüme auch im Klassenraum. Von Avataren, somatischen Leckerbissen und widerständigen Visionen
Abstract: In einem partizipativen Format gibt Simon Noa Harder Einblick in das Langzeit-Forschungsprojekt: "Supersnail: unendlich magisch“. Es dreht sich um die Trans*formation von verkörperten Formen von Gewalt, Scham und zur Verkörperung von „Pleasure“. Der zum Spiel erklärte Raum interessiert, weil er eine kleine Distanz zum bitteren Ernst der Realität schafft, um die Enge der Räume zu untersuchen, zu befragen und zu verschieben. Warum bedeutet diese Verschiebung immer auch eine somatische Arbeit? Was hat das mit Nervenkostümen zu tun? Denn bodyminds sind Schauplätze der Kämpfe um Hegemonie – auch an Schulen. Dabei werden bestimmte bodyminds nicht nur verandert, de-platziert und buchstäblich unterdrückt. In der neoliberalen Beschleunigungsgesellschaft erschwert z.B. ein Set heteronormativer, ableistischer Praktiken und Normen einen positiven Bezug zu bestimmten bodyminds. Manche werden als der „Pleasure“ unwürdig verworfen.
Das Projekt sucht nach trauma-sensiblen Möglichkeitsräumen mit kritischem Optimismus, utopischer Vorstellungskraft – und, wenn nötig – Magie. Bezugspunkt der partizipativen Präsentation ist die Snail-Pace-Performance „Freund*innen der Weichtiere. Mein Körper gehört mir“ (2023/2024 Schwankhalle Bremen). Sie folgte den Spuren der gender-varianten Superheld*in "Supersnail", die schon seit 500 Mio. Jahren auf dieser Welt herumschleimt. Sie hat es allen Widrigkeiten zum Trotz geschafft, nackt und weich zu bleiben. Zwischen Lecture Performance, Objekttheater und partizipativer Installation begab Supersnail kriechend auf Zeitreise, auf der Suche nach dem zarten Schlüpfling ihrer Symbiont*in. Sie erzählt von ihren Überlebenskünsten, sucht Leckereien für neuroqueere Nervenkostüme, trifft Freund*innen - die Drag Persona Becky, Y. - und ganz besondere Superweichtiere und Beiträge von jungen FLINTA*. Sie sind aus der gleichnamigen künstlerisch-edukativen Workshopreihe mit intergenerationalem Austausch zum Thema "Mein Körper gehört mir" entstanden.
Simon Noa Harder forscht als Künstler*, Wissenschaftler* und Vermittler* auf Schnittstellen zwischen kulturell-politischer Bildung, Kunstvermittlung und -pädagogik, Kunst/Performance, kritischen Trans*, somatischer Arbeit, Embodied Social Justice und Disability Studies. Im Langzeit-Projekt «Super Snail: Unendlich magisch» forscht SNH künstlerisch zur selbstbestimmten Aneignung neuroqueerer bodyminds. Seit 2024 ist er* Gastprofessor am Institut für Kunstdidaktik und Ästhetische Bildung (UdK). Seit 2022 lehr er am Institut für Kunst im Kontext (UdK) mit Schwerpunkt künstlerisches Arbeiten mit gesellschaftlichen Gruppen. 2020 promovierte SNH an der Universität der Angewandten Kunst in Wien mit der multimedialen, transdisziplinären Arbeit «Trans*formations&Art Education. Un*Sichtbarkeiten verhandeln». Von 2012-2019 war SNH künstlerisch-wissenschaftliche*r Mitarbeiter* am Institute for Cultural Studies und von 2013-2015 Ko-Forscher* am Institute for Art Education an der Zürcher Hochschule der Künste in Forschungsprojekten des Schweizer Nationalfonds. SNH ist Autor* von «Reclaim your Body/Pleasure! Verkörperte Tektoniken trans*formieren. Für trauma-sensible Ansätze im Kontext „engagierter“ Bildungsarbeit» und «Embodied Magic – ein*e Superheld*in. Für trauma-sensible Möglichkeitsräume» (beide in: re-visionen No. 1, Berlin, UdK 2023). Co-Autor* “to the Spirit of Les Complices* (Zürich, 2022); «Ansätze für trans*formative Pädagogiken» In: Bildung Macht Diversität, transcript, 2021