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Montag, 16:00 – 18:00
Ab dem 08.04.2024

A08 0-001

Leitung des Arbeitsbereichs

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08.04.2024

Michaela Kaiser: (Un-)Doing Difference: Eine Einführung

Michaela Kaiser ist Professorin für Kunstpädagogik und Kunstvermittlung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Sie forscht zu Fragen der Kunstpädagogik und -vermittlung im Kontext von Inklusion und Exklusion, insbesondere zu Differenzverhältnissen in Kunst vermittelnden Institutionen. Sie ist Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft „Building Access in Art Education“ und Vorstandsmitglied der wissenschaftlichen Sozietät Kunst, Medien, Bildung.

15.04.2024

Alexander Henschel: Kunst und Können - eine (kurze) Geschichte der Kunsterziehung in Deutschland als intersektionale Geschichte von Fähigkeitsnormen

Abstract: Die Geschichte der Kunsterziehung in Deutschland wird in den meisten Fällen als Abfolge von kunstpädagogischen Strömungen erzählt. Ein solcher historischer Entwurf sagt jedoch mehr über akademische Abgrenzungen aus, als über das, was an Schulen im Kunstunterricht tatsächlich relevant war und von Schüler:innen gefordert wurde. Im Vortrag unternehme ich den Versuch, einen Einstieg in Geschichten deutscher Kunsterziehung über die zu unterschiedlichen Zeitpunkten als Norm gesetzten Fähigkeiten zu finden: Was bedeutete es etwa für Volksschüler:innen im deutschen Kaiserreich, dass sie so gut wie nichts über Kunstgeschichte wissen, dafür aber umso mehr ihre motorischen Fähigkeiten ausbilden mussten? Zu welchem Zeitpunkt deutscher Geschichte taucht zum ersten mal die Fähigkeit der Kreativität auf – und warum wurde diese überhaupt wichtig?

Diese und andere Fragen werden im Vortrag durch zwei Perspektiven gerahmt. Zum einen geht es darum, die Geschichte kunstpädagogischer Fähigkeitsnormen politisch und ökonomisch zu kontextualisieren. Ich gehe also davon aus, dass alle schulischen Anforderungen – auch die des Kunstunterrichts – auf einen politischen und ökonomischen Bedarf antworten. Zum anderen wird es darum gehen zu fragen, wer von den Normen jeweils profitiert und wer als benachteiligt aus solchen Normsetzung hervorgeht.

 

Alexander Henschel ist Kunstpädagoge und Kunstvermittler in Theorie und Praxis. Er studierte Erziehungswissenschaft, Kunst, Kunstpädagogik und Philosophie in Halle (Saale) und Mannheim und promovierte im Rahmen des Doktoratsprogramms Art Education. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lektor arbeitete er an den Universitäten Bremen und Hildesheim, als Gastprofessor an der HFBK in Hamburg und derzeit als Lehrkraft und Post-Doc im Arbeitsbereich Kunstpädagogik und Kunstvermittlung am Institut für Kunst und visuelle Kultur der Universität Oldenburg. Der Schwerpunkt seiner Forschung und Lehre liegt auf der unabschließbaren Komplexität der Verhältnisse zwischen Kunst, Pädagogik und Gesellschaft.

Derzeit forscht er zu Kontinuitäten völkischer Diskurse in der Kunstpädagogik der frühen Bundesrepublik sowie zur (Re-)Konstruktion von Fähigkeitsnormen in historischen Schulcurricula.

22.04.2024

Carmen Mörsch: Die Bildung der A_n_d_e_r_e_n durch Kunst: Geschichten und diskriminierungskritische Unterbrechungen

Abstract: Der Beitrag skizziert eine Historiografie der Kunstvermittlung seit der frühen Aufklärung, unternommen aus einer feministischen und postkolonialen, hegemoniekritischen Perspektive. Den geografischen Fokus bildet England. Deutlich wird, dass die diskursive Herstellung von defizitären A_n_d_e_r_e_n, die dem bürgerlichen, männlichen, weißen, europäischen Subjekt ähnlich gemacht werden müssen, historisch in das Arbeitsfeld eingeschrieben ist. Die historischen Betrachtungen verknüpfen sich mit Überlegungen zu diskriminierungskritischen Perspektiven an der Schnittstelle von Bildung und Kunst in der Gegenwart.

Carmen Mörsch ist Professorin für Kunstdidaktik an der Kunsthochschule Mainz, Johannes-Gutenberg Universität. Sie ist Mitglied im Leitungsteam des Graduiertenkollegs "Bildungsprozesse in der diskriminierungskritischen Hochschullehre", des Netzwerks "Another Roadmap for Arts Education"   und des Kollektivs e-a-r, education and arts research.

29.04.2024

Claudia Hummel: Spielklub. (K)ein Kinderspiel. Eine intersektionale Analyse.

Abstract: Von 1969 bis 1971 entwickelte eine Arbeitsgruppe der neuen Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK) in West-Berlin eine kapitalismuskritische Spielform für und mit Kindern der Arbeiterklasse. Über mehrere Monate hinweg errichteten Künstler*innen gemeinsam mit jungen Bewohner*innen des Kulmer Kiezes in Berlin-Schöneberg eine Alternative zu den Versprechungen der Spielwarenindustrie. Im sogenannten Spielklub entstand eine Spielstadt, in der die Mechanismen kapitalistischen Wirtschaftens erfahren und dadurch durchschaubar werden sollten. Ziel war es, den so genannten Arbeiterkindern ein Selbstbewusstsein für klassenspezifische Fähigkeiten zu vermitteln. Doch, wer von den Kindern wurde von den Künstler*innen im Spielklub tatsächlich als Arbeiterkind wahrgenommen?

Der Vortrag geht zunächst den zeithistorischen Kontexten des Spielklubs nach und zeigt, wie dieses Spielprinzip von der Studentenbewegung und der Kinderladenbewegung informiert ist. Danach wird untersucht, welche Möglichkeiten, Ambivalenzen und Widersprüche für die Kinder, deren soziale Positionierungen viel komplexer waren, als „nur“ Arbeiterkinder zu sein“, beim Spiel im Spielklub entstanden sind.

Claudia Hummel ist Hochschullehrende, Kunstvermittlerin und Kuratorin. In den letzten Jahren forschte sie vor allem zur Geschichte der künstlerisch-edukativen Praxis in West-Berlin seit den späten1960er-Jahren. Von 2009 bis 2024 arbeitete sie als wissenschaftliche Lehrkraft im Studiengang Art in Context am Institut für Kunst im Kontext der Universität der Künste Berlin mit dem Schwerpunkt der künstlerischen Arbeit mit gesellschaftlichen Gruppen. 2024 wechselte sie an die Zürcher Hochschule der Künste um die Programmleitung der MA Art-Education Vertiefung „Major Critical Social Practice in Art Education“ zu übernehmen.

13.05.2024

Mai-Anh Boger: Imaginationen vervielfältigen — Gegen die Einförmigkeit der Bilder von Inklusion und Diskriminierungskritik

Abstract: In jedem Themenfeld lohnt es sich zu fragen, von wem und wie darin eine Hegemonie errichtet wurde. Dies gilt folglich auch für Bilder von Inklusion und Diskriminierungskritik — im konkreten Sinne bildlicher Darstellung sowie im übertragenen Sinne von Imaginationen. Der Vortrag zeichnet diese hegemonialen Bilder nach — im wörtlichen Sinne: wir kritzeln Kitschbilder von Inklusion. Im zweiten Schritt wird sodann gefragt, welche anderen möglichen Bilder und Imaginationen durch die Dominanz dieser hegemonisierten Kitsch-Bilder verdrängt werden. Mit Hilfe der Theorie der trilemmatischen Inklusion wird die Dissonanz widersprüchlicher Imaginationen und Hoffnungen auf Inklusion/Diskriminierungskritik aufgezeigt — mit dem Ziel, diese wieder zu vervielfältigen. 

 

Dr. phil. Mai-Anh Boger ist von Haus aus (Behinderten-)Pädagogin. Sie forscht und lehrt an der Universität Regensburg zu Inklusion und Diskriminierungskritik, insbesondere im Rahmen von Philosophien der Differenz und Alterität und einer Psychoanalyse der (internalisierten) Unterdrückung. Sie ist Mitbegründerin der Zeitschrift für Disability Studies sowie der postkolonialen Schriftenreihe ‚resistance & desire‘ des bildungslab*.

27.05.2024

Nanna Lüth: Zwei oder drei Dinge zu (ver)lernen: Begegnungen mit K.I. via Medienkunst

Abstract: K.I. ist wie die Künste ein Teil von Kultur und damit etwas, das Menschen tun (vgl. Gaztambide Fenandez 2013). Aber wer macht K.I.- Kunst? Und für wen? Unter welchen Umständen?

Die Produktion des Kollektivs Obvious zum Beispiel, das 2018 das erste K.I.-Bild bei Christie's für 432.500 US-Dollar verkaufen konnte, stützt sich stark auf die Geschichte der europäischen Porträtmalerei. Die Kritik an Eurozentrismus und Kolonialität dieser Kunstgeschichte wird ignoriert, ein bestimmtes Publikum wird ausgeschlossen. KI kann koloniale Muster verstärken, die laut Gayatri Spivak und vielen anderen mehr doch verlernt werden sollten.

Auch Hassrede und Feindseligkeit gegenüber minorisierten Personengruppen gehören zu den Dingen, die von Chatbots reproduziert werden, wie es bei dem 2016 von Microsoft veröffentlichten Chatbot Tay der Fall war. Statt der geplanten harmlosen Kommunikation mit Peers wurde Tay von Trollen beeinflusst und mutierte zu einem antisemitischen und antifeministischen Scheusal, das nach 16 Stunden offline genommen werden musste. Als die Künstler*innen Zach Blas und Jemina Wyman 2017 auf diesen Skandal Bezug nahmen, gaben sie Tay einen neuen Videoauftritt, in dem sie tanzt, philosophiert und sich über die Ausbeutung weiblicher Chatbots beklagt. Es entstand eine widerständige Kunstfigur, die ein anderes Publikum anspricht als die ursprüngliche Tay.

Ohne den Hype für das, was Hito Steyerl Künstliche Dummheit nennt, noch anzutreiben, sollten Kunstpädagog*innen sich auf eine neue, intelligente, künstlerische Medienbildung vorbereiten. Diese wird unter anderem plurale Re/Präsentationen sowie die Verschärfung von Desinformation und gesellschaftlichen Differenzen im Blick haben und Kinder, Jugendliche und Erwachsene dazu anstiften, maschinell konditionierte Räume vielfältig zu gestalten und verantwortungsvoll zu nutzen. Ebenso bedeutsam wird der Erhalt von Lebensräumen sein, die unabhängig von digitaler Technik Spiel, Information und Austausch ermöglichen.

 

Nanna Lüth ist Künstlerin, Pädagogin und promovierte Kulturwissenschaftlerin. Sie arbeitet als BCP-Gastprofessorin für diskriminierungskritische Didaktik im Feld der Künste an der Universität der Künste Berlin. Nach vielfältigen Positionen in der Kunstvermittlung und Forschung war Lüth 2013–21 Juniorprofessorin für Kunstdidaktik und Geschlechterforschung an der UdK Berlin inklusive einer zweijährigen Professurvertretung für Kunstpädagogik/-didaktik an der Universität Duisburg-Essen. Seit 2021 ist sie 1. Vorsitzende des BdK Berlin – Fachverband für Kunstpädagogik.

Ihre Arbeitsschwerpunkte sind: kooperative und interdisziplinäre Hochschullehre v.a. in den Bereichen Didaktik und Lehrer*innenbildung, differenzreflexiver Kunstunterricht, kunst- und theoriebasierte Professionalisierung, die Öffnung von Institutionen sowie Humor und Kritik in der (künstlerischen) Bildung.

www.nannalueth.de

03.06.2024

Michaela Kaiser und Annemarie Hahn: Norm – Differenz – Medienkultur. Kulturelle Praxen des Ein- und Ausschlusses

Michaela Kaiser ist Professorin für Kunstpädagogik und Kunstvermittlung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Sie forscht zu Fragen der Kunstpädagogik und -vermittlung im Kontext von Inklusion und Exklusion, insbesondere zu Differenzverhältnissen in Kunst vermittelnden Institutionen. Sie ist Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft „Building Access in Art Education“ und Vorstandsmitglied der wissenschaftlichen Sozietät Kunst, Medien, Bildung.

Annemarie Hahn ist Dozentin für Kunstpädagogik und Kunstvermittlung an der Hochschule der Künste und Pädagogischen Hochschule Bern. Forschungsschwerpunkte: Inklusion in postdigitalen Kulturen; Subjekte seit dem Internet; Kunstpädagogik im Spannungsfeld relationaler und agentieller Theorien.annemariehahn.com

10.06.2024

Nora Sternfeld: Weltbilder verlernen. Unheimliche Unterscheidungen, die der Kunstpädagogik eingeschrieben sind

Abstract: Mit der Kunsterziehungsbewegung kommt es im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert zu einem Aufbruch in der Kunstpädagogik, die wiederum auf die gesamte Pädagogik in Deutschland ausstrahlen  sollte und als Diskurs, Motor und Mythos bis heute nachwirkt. Bereits der Name einer „Reformpädagogischen Bewegung“ zielt mit zwei Begriffen auf einen Shift: mit der „Reform“ und der „Bewegung“. Doch so bedeutend dieser ist, so problematisch ist er auch. Denn die Ideen und Konzepte  der Reformpädagogischen Bewegung stehen in engem Zusammenhang mit progressiven und emanzipatorischen, aber auch mit völkischen Strömungen ihrer Zeit. In meinem Vortrag möchte ich Logiken von Antisemitismus, Rassismus und Kolonialismus in manichäischen  Weltbildern herausarbeiten – die Tat, Kraft, Körperlichkeit, Gesundheit, Innigkeit, Gemeinschaft, Sehnsucht,  Ehrlichkeit, Natürlichkeit und Reinheit von Gegenbildern wie Geist,  Intellektualismus, Rationalität, Urbanität, Fremdheit, Kränklichkeit,  Faulheit, Verlogenheit und Kosmopolitismus unterscheiden – , um deren Rolle für eine völkische Bildung der Nation mit den Mitteln der Kunst zu verstehen. 

Nora Sternfeld ist Kunstvermittlerin und Kuratorin. Sie ist  Professorin für Kunstpädagogik an der HFBK Hamburg. Von 2018 bis 2020  war sie documenta Professorin an der Kunsthochschule Kassel. Von 2012  bis 2018 war sie Professorin für Curating and Mediating Art an der Aalto University in Helsinki. Darüber hinaus ist sie Co-Leiterin  des /ecm – Studienprogramm für Ausstellungstheorie und -praxis an  der Universität für angewandte Kunst Wien, im Kernteam von  schnittpunkt. ausstellungstheorie & praxis, Mitbegründerin und Teil von trafo.K, Büro für Bildung, Kunst und kritische Wissensproduktion  (Wien), seit 2022 ist sie Teil von INGLAM – Inglourious Art Mediators – eine Band für Lecture Performances  und seit 2011 Teil von freethought,  Plattform für Forschung, Bildung und Produktion (London). In diesem Zusammenhang war sie auch eine der künstlerischen Leiter:innen  der Bergen Assembly 2016 und  arbeitete von 2020-2022 an „Spectral  Infrastructure“ – einem Forschungskontext in Kooperation mit der basis  voor actuele kunst (BAK, Utrecht). Sie publiziert zu zeitgenössischer Kunst, Bildungstheorie,  Ausstellungen, Geschichtspolitik und Antirassismus.

17.06.2024

Nina Ahokas und Wiebke Trunk: (Un)Doing Discourse - über die (Un)Möglichkeiten einer Professionalisierung kritischer Kunstvermittlung

Abstract: Die Kunstvermittlung ist bislang im deutschsprachigen Raum von unterschiedlichen und sich teils widersprechenden Diskurs- und Praxisformationen durchzogen. Unter Megatrends wie Inklusion, Diversität oder Partizipation ist zudem – neben einem überschaubaren Feld einer transformativen Vermittlungspraxis – eine neoliberale Vereinnahmung und Kommerzialisierung zu beobachten. Damit wird eine Professionalisierung des Feldes zurückgedrängt zugunsten ökonomischer und symbolisch distinktiv aufgeladener Interessen. Begrüßenswerter wäre es, hier eine - nicht zuletzt – selbstkritische Reflexion der Möglichkeiten zur Konzentration auf die Kernfunktionen des Feldes vorzunehmen und damit sowohl kunstpolitische wie kunstpädagogische Positionen in den Vordergrund zu stellen.

Der Vortrag versammelt diverse Aussagen über die verschiedenen Diskurse und diskutiert die (Un)Möglichkeiten einer Professionalisierung kritischer Kunstvermittlung. Die teilweise als Gegenüberstellung vorgenommenen Äußerungen sollen jene Probleme offenlegen, die sich in Denk- und Handlungsweisen manifestieren oder auch dynamisieren. Dabei wollen wir Positionen berücksichtigen, deren Überlegungen maßgeblichen Anteil an der Konstruktion von Wirklichkeiten im Feld der Kunstvermittlung haben.

Ausgangspunkt der Arbeit von Wiebke Trunk ist die Verbindung von Theorie und Praxis. Grundlage dafür ist ein Bühnenbildstudium an der Kunstakademie in Stuttgart und eines in Kunstgeschichte und Philosophie in Stuttgart und Würzburg. In ihrer Forschung konzentriert sie sich auf den Bereich der Kunstvermittlung in kulturellen Einrichtungen (Schwerpunkt: Sprache und Kunst) und auf die Kulturpolitik im NS. Entsprechend lautet der Titel ihrer Dissertation: „Kunstberichte als kultur- und pressepolitisches Herrschaftsinstrument im NS – Untersuchung der Berichterstattung zur „Großen Deutschen Kunstausstellung“ in München von 1937 bis 1943 in der „Frankfurter Zeitung und Handelsblatt““.
Sie ist seit 2014 an der Carl von Ossietzky Universität als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kunst und visuelle Kultur im Bereich Kunstvermittlung/Kunstpädagogik tätig. Von 2019 bis 2023 war sie dort Mitarbeiterin im OLE+ Projekt das mit dem Thema: „Von Kunst aus sprechen“ überschrieben war.
www.wiebketrunk.de

Nina Ahokas studierte Kunstgeschichte und Geschichte an den Universitäten Münster und Düsseldorf und absolvierte danach den Master Museum und Ausstellung an der Universität Oldenburg. Seit 2023 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Kunstpädagogik und Kunstvermittlung am Institut für Kunst und visuelle Kultur der Universität Oldenburg. Sie forscht zu diskriminierungskritischen Professionalisierungsverläufen von Kunstvermittler:innen, Kooperationsverhältnissen von Schulen und Museen und Kunstvermittlung in der Migrationsgesellschaft.

24.06.2024

Christine Heil: Körper, Ordnungen, Praktiken und Räume in der Institution Schule und ihre (kunstpädagogische) Bedeutung für das Verhandeln und Verlernen von Differenzen

Abstract: Schule ist ein Machtraum, der durch vielfältige Regierungstechniken und Interessengruppen, Ordnungen und historische Formen geprägt und der hierarchisch strukturiert ist. Dafür werden vielfältige Differenzen unter den Lernenden wir Lehrenden bzw. weiteren Mitglieder hergestellt und dramatisiert. Und zugleich ist Schule auch ein Schutzraum für Kinder und Jugendliche und für persönliche Entwicklungen und soziale Gemeinschaft, die sich häufig diskriminierungskritische Ziele setzt und Gleichbehandlung als Grundprinzip benennt.

Die Institution Schule und die Individuen in ihr stehen in je besonderen Verhältnissen – individuelles Lernen ist vor allem in Gemeinschaften möglich und zugleich sind Lernprozesse in der Schule durch Praktiken des Übens und Prüfens mit besonderen Formen der Subjektivierung verbunden. Die Mitglieder der Gesellschaft sollen gebildet werden und zugleich dienen schulische Bewertungen der "Bestenauslese" und des Erhalts bestehender gesellschaftlicher bzw. sozialer Ordnungen.

Als Institution regelt Schule Handlungen und ist "gesellschaftliche Erwartungsstruktur" (Günther Ortmann). So sind schulische Erfahrungen im je eigenen Leib und in der eigenen Biografie wie in Selbstbildern gespeichert, die die individuelle Sicht auf Schule prägen und in denen sich Praktiken als Handlungsmuster auch unbemerkt oder als implizites Wissen fortsetzen. 

Schule selbst ist ein abstrakter Begriff. Beobachtbar und vielleicht dadurch verhandelbar werden schulische Strukturen und Verhältnisse beispielsweise an Körpern, Ordnungen, Praktiken und Räumen. Der Vortrag sucht nach (kunstpädagogischen) Formen, wie hier jeweils das Spannungsverhältnis von Herstellung von Differenz und ihrer Entdramatisierung denkbar werden kann und wie sich schulische Strukturen daran jeweils anders imaginieren und vielleicht auch verändern lassen.

 

Christine Heil, Dr. phil., ist Professorin für Kunstdidaktik und Bildungswissenschaften an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Sie hat an der Hochschule für bildende Künste Hamburg und an der Universität Hamburg studiert und war Kunst- und Mathematiklehrerin. Seit 2003 ist sie an verschiedenen Hochschulen tätig. In der kunstpädagogischen Forschung verknüpft sie künstlerische Praxen mit wissenschaftlichen Methoden der Ethnographie oder der Kartierung. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind Raum und Bildung sowie forschendes Lernen in kollaborativen und fächerübergreifenden Kontexten und diskriminierungskritische Perspektiven.

Sie hat Schulentwicklungsprozesse ausgehend von kooperativen Strukturen und forschendem Lernen begleitet (Kultur.Forscher!-Projekt, DKJS/PwC Stiftung, 2009-2016) und engagiert sich in der Organisationsentwicklung bzw. der Veränderung von Bildungs- und Forschungsinstitutionen u. a. als Gleichstellungsbeauftragte der Universität Duisburg-Essen (2018-21) und zurzeit als Vizepräsidentin für Lehre, Studium und Professionalisierung an der HBK.

01.07.2024

Paul Mecheril: Kunstpädagogik in der Migrationsgesellschaft - rassismuskritische Perspektiven

Abstract: Die in den letzten Jahren auch in Deutschland öffentliche Debatten wirksam angestoßen habende antirassistischen Artikulationen können verstanden werden als durchaus zornige Forderung, die Auseinandersetzung mit der Alltäglichkeit von rassistischen Unterscheidungssystemen in Angriff zu nehmen und eine Art dominanzkulturelle Ignoranz zu überwinden. Daran schließt Rassismuskritik an. Im Zuge dieser Kritik geht es darum, die Wirksamkeit rassistischer Handlungs-, Empfindungs- und Deutungsweisen empirisch zu erkennen und gesellschaftsanalytisch zu reflektieren. 

Weil die Weigerung, Rassismus (etwa bei der Polizei, der Wohnungs- und Stellenvergabe, in Bildungsinstitutionen) zu thematisieren, rassistische Routinen stabilisiert, beginnt Rassismuskritik mit dem Sprechen über Rassismus.  Was dies heißt und welchen Beitrag Rassismuskritik zur Analyse gesellschaftlicher Gegenwart leisten kann, soll im Vortrag so zur Diskussion gestellt werden, dass die Frage zum Thema wird, was es wohl hieße, in der programmatisch postrassistischen und der Idee der Demokratie verpflichteten Migrationsgesellschaft politisch gebildet zu sein – auch in der Kunstpädagogik

Dr. habil. Paul Mecheril ist Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Migration an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld. Zuvor war er als Universitätsprofessor an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg sowie der Universität Innsbruck tätig.  Er beschäftigt sich unter anderem mit dem Verhältnis von Zugehörigkeitsordnungen, Macht und Bildung.

Webmaster (Stand: 05.04.2024)  | 
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