Quell
Quell
Quell, Michael
Statement
Das Bedürfnis, das Unsagbare zu ahnen, dem Entfernten, dem ou-topos Gegenwart verleihen zu wollen, wird zur Triebfeder ent-grenzter musikalischer Fantasie.
Credo
Komponieren hat für mich ganz wesentlich etwas mit dem Hinein-Hören ins Un-Erhörte zu tun, transcendere sozusagen, das Überschreiten der Welt des Materialen, Objektiven, das sich-Öffnen in die Welt des noch-nicht-Greifbaren hinein und dies zugleich aus einer komplexen strukturellen Organisation des musikalischen Materials heraus.
So verstehen sich meine Werke zunächst und zuvorderst als autonome Musik, die, ganz ihren eigenen Gesetzen folgend, ihre eigene Sprache, ihren eigenen musikalischen Kosmos entwirft. Dennoch und zugleich geht es bei all meinem kompositorischen Schaffen aber immer ganz wesentlich um die vitale Suche nach dem explizit Geistigen in der Musik. Hierin manifestiert sich kein Widerspruch, sondern vielmehr eine Konsequenz (etwa im Sinne Klaus Heinrichs Abkehr vom „Entweder-Oder“ der klassischen Philosophie).
Gedankenwelten aus (Grenz-)Bereichen der Quanten- und Astrophysik, der Philosophie, der Literatur etc. verschmelzen mit Vorstellungswelten spezifisch musikalischer Struktur, durchdringen und bedingen sich gegenseitig und lassen so auf einer neu eröffneten virtuellen Ebene etwas völlig Neues entstehen, das so, in dieser Gestalt von keiner der beiden Seiten aus denkbar gewesen wäre.
… und dann verschwinden plötzlich die vermeintlichen Bestimmtheiten von Kategorien wie Kognition und Intuition, von Be-Greifbarem und noch-nicht-Fassbarem und eröffnen – quasi als `musikalische Skulptur´- einen Raum, dessen Horizont von der extremen Körperlichkeit der strukturellen und materialen Überdichte, einer Art `musikalischen Plasmas´, hineinreichen kann bis hin zur völligen Leere, einer `gespannten Stille´, bei der Zeit zu zerfließen, das Raum-Zeit-Kontinuum sich aufzulösen scheint.
Kurzbiographie
Geb. 1960, er studierte 1981-85 klassische Gitarre, Musikpädagogik und Musikwissenschaft an der Musikhochschule Frankfurt sowie Philosophie und Theologie an der J. W. Goethe-Universität. Zugleich studierte er Komposition bei Hans-Ulrich Engelmann und von 1985-89 in der Meisterklasse bei Rolf Riehm. Michael Quell lebt als Komponist in Fulda und lehrt seit 2008 als Dozent für Musiktheorie, Analyse und Ästhetik am musikwissenschaftlichen Institut der J. W. Goethe-Universität Frankfurt. Zudem erhält er regelmäßig Einladungen als Gastdozent an verschiedenen Hochschulen.
Seit 1995 leitet er die von ihm gegründete Konzertreihe `Neue Kammermusik´ in Fulda.
Quell erhielt zahlreiche Kompositionsaufträge, seine Werke wurden mehrfach international mit Kompositionspreisen ausgezeichnet (u.a. Kunstpreis 1989 Frankfurt, Elisabeth-Schneider-Kompositionspreis 2003, Barlow Commissioning Award 2011, USA , Kompositionspreis der Bowling Green State University 2013, USA etc.) und bei internationalen Festivals aufgeführt wie z.B. Festival de musique Montreux/Vevey, Gaudeamus Musikwoche Amsterdam, Darmstädter Ferienkurse, Los Angeles Chamber Music America Festival, ZeitRäume Basel, SoundScape Festival Pavia und Maccagno, Músicaviva Festival Cuenca, Ecuador etc. sowie in renommierten Konzertreihen z.B. in Berlin, London, Montréal, Wien, Hiroshima, Chengdu, La Plata etc.
Einen der Arbeitsschwerpunkte Michael Quells stellt die Beschäftigung mit den Chancen und Möglichkeiten der Komposition im interdisziplinären Dialog dar.
Veröffentlichungen im TONOS-Musikverlag, Baden Baden sowie bei Edition Gravis, Berlin. CD-Aufnahmen (NEOS: zwei Portrait-CDs, Bayer, Dabringhaus etc.) sowie musikwissenschaftliche Publikationen im Lit- und Wolke Verlag.
Werkauswahl
String III - Branes |
für Violine, Akkordeon und Klavier (2019) |
energeia aphanés III - physis |
für Ensemble (Flöte, Klarinette, Violine, Violoncello, Akkordeon) und Tänzer (2019) |
energeia aphanés II |
für Kontrabassklarinette und Akkordeon (2018) |
Staubaggregation |
für Flöte, Kontrabass und Klavier (2017) |
Meister Eckhart und Suhrawardi: der Klang der Schwinge des Gabriel – hikmat al- ishraq |
für vier mikrotonale Gitarren und Klavier (2017) |
φαντασία - lass die Moleküle rasen |
für Sopran und hinzutretenden sprechenden Pianisten (2016) |
String II – Graviton |
für Ensemble in Nonett-Besetzung |
String I |
für Oboe Solo (2012/13) |
A Blurring Cloud - Geschöpfe der Fahrt |
für Violine, Gitarre und Klavier (2011/12) |
Dark Matter |
für Oboe, Klarinette und Fagott (2010/11) |
Achronon |
für Akkordeon und Gitarre (2008/09) |
Enigma |
- vom Zauber der entgegengesetzten Denkweise für Violine und Gitarre (2005) |
Momentaufnahmen/ Caprichos - Reflexionen zu Goya ... und darüber hinaus ... |
für Gitarre solo (2004) |
Anamorphosis II (-Polymorphia) |
für Ensemble in unterschiedlichen Raumkonstellationen (2002/03) Fl. (BFl.), Ob., Cl. (BCl.), Klav., Perc., Vl., Vla. u. Vc. |
anisotropie – (vier) (aggregat) – zustände für Klavier |
Klavier solo (2001) |
Satori – 5 Haiku“ |
für Gitarrenorchester (1999) |
Inside ... out |
hommage à R. Barthes, Paul Feyerabend, Diogenes u. die Kyniker (1997) für großes Orchester (1997) |
Streichtrio - le son d’un monde secret et couvert (1994) |
nešāmā – näpäš –rūªḥ |
nach hebräischen, akkadischen und ugaritischen Textrelikten für Sopran und Ensemble (Fl., Hr., 2 Vl., Vla., Vc., 2 Git. u. Perc.) (1990/91) |
Ekstare |
für Flöte, Oboe, Violine, Bratsche und Cello (1988) |
peri tu ontos – ḥu ṣā’aq 4,6692 aḥ |
für einen Multiinstrumentalisten: |
lacrimae luce perfusae |
Spiegel aus Träne und Licht für 16-st. gem. Kammerchor, Kammerorchester und Schlagzeug (1985/86) |
Alpha – Omega |
für 5 Gitarren und Orgel (1982) |