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EINBLICKE 24 / Herbst 1996

Neue Rolle

Daß Lohnkosten, Sozialleistungen und Steuern zu hoch sind, um die Bundesrepublik Deutschland im weltweit geöffneten Markt konkurrenzfähig zu halten, wird der Bevölkerung von PolitikerInnen, Medien und Unternehmen seit einigen Jahren täglich um die Ohren gehauen. Und, wie wir wissen, ist es bei Reden, Interviews und heftigen Debatten nicht geblieben. Inzwischen sind aus dem Meer von Klagen handfeste Gesetze gewachsen, die die Staatsverschuldung eindämmen und den Unternehmen Anreize bieten sollen, ihre Investitionen nicht nur in Billiglohnländern zu tätigen. Ob die Gewichte bei der Gesetzgebung richtig verteilt sind, mögen viele bestreiten, Tatsache ist, daß nicht nur die Arbeitnehmer-Innen, sondern auch der Staat mit weniger Geld auskommen muß - mit Folgen auch für die Universität. Die Hand an ihrer Kehle drückt immer fester zu.

Wer aber kann wollen, daß die Hauptressource eines modernen Industriestaates, die Bildung und Kreativität seiner Bürger, langsam versiegt oder zumindest qualitativ sinkt? Konkurrenzfähig bleibt die Bundesrepublik Deutschland so nicht. Doch woher sollen die Mittel kommen?

Die Diskussion über Studiengebühren ist bereits voll entbrannt. Und wenn nicht alles täuscht, sind sie festes Kalkül in der langfristigen Bildungsplanung. Aber noch hat die Politik Hemmungen, nach den vielen Eingriffen ins Sozialnetz auch das Tabu einer kostenfreien Ausbildung zu brechen. Weniger wird über andere Möglichkeiten diskutiert, die leeren Kassen aufzubessern: Mäzenatentum und Sponsering durch die Wirtschaft. In den USA wäre das Hochschulsystem ohne diese Finanzierungsinstrumente überhaupt nicht aufrechtzuerhalten.

Auch in Deutschland wird die Zukunft der Universität nicht zuletzt davon abhängen, wie es ihr gelingt, UnternehmerInnen für sich zu gewinnen. In Oldenburg gibt es in der jüngsten Vergangenheit einige gute Anzeichen dafür: 1995 wurde die Heinz-Neumüller-Stiftung für den wissenschaftlichen Nachwuchs und ein von der Wirtschaft unterstützter Förderverein für den Fachbereich 4 (Wirtschafts- und Rechtswissenschaften) gegründet. In diesem Jahr hat der Vorsitzende der Universitätsgesellschaft, Peter Waskönig, eine weitere, nach ihm benannte Stiftung zur Förderung begabter StudentInnen ins Leben gerufen. Ein guter Anfang in schwierigen Zeiten, dem viele Initiativen folgen müssen. Dabei ist nicht nur die Universitätsleitung gefragt. Fachbereiche und Institute oder auch einzelne WissenschaftlerInnen werden mehr denn je selbst aktiv werden müssen, um der Wirtschaft klar zu machen, daß es in ihrem eigenen Interesse ist, die Hochschulen in ihrem Bemühen um eine gute Lehre und Forschung zu unterstützen. Und hier geht es nicht nur um große Beträge. Jeder Obolus ist willkommen.

Ihr

Gerhard Harms

(Stand: 19.01.2024)  | 
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