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Dr. Oliver Wurl,
Zantrum für Marine Sensorik (ZfMarS)/
Institut für Chemie und Biologie des Meeres,
Standort Wilhelmshaven
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Oberflächenfilm des Meeres salziger trotz Regens
Oldenburg. Ein auf Meeresoberflächen zu beobachtender hauchdünner Film ist im tropischen Indopazifik oft salziger als das Oberflächenwasser darunter, und dies, obwohl in der Region mehr Regen fällt als Wasser verdunstet. Das berichten jetzt Oldenburger Meeresforscher zusammen mit Forschenden der Florida State University und der Columbia University in den USA in einer internationalen Studie im Fachmagazin Journal of Geophysical Research - Oceans. Der Oberflächenfilm, der den Austausch vom Ozean zur Atmosphäre beeinflusst, ist damit dichter und schwerer. Dennoch hält er sich an der Oberfläche. „Unsere aktuellen Ergebnisse sind vor allem wichtig für das tiefere Verständnis des ozeanischen Wasserkreislaufs, der sich mit dem Klimawandel ändert. Sie sind auch hilfreich zur Qualitätskontrolle von Satellitenbeobachtungen oberflächennaher mariner Salzgehalte, die uns helfen zu verstehen, wie sich Wasserkreislauf und Meeresströmungen ändern,“ sagt Meereschemiker Dr. Oliver Wurl, Leiter der Arbeitsgruppe Meeresoberflächen an der Universität Oldenburg.
Ferngesteuerter Forschungskatamaran findet Feinheiten
Während der Reise des Forschungsschiffs FALKOR des US-amerikanischen Schmidt Ocean Institute im Oktober und November 2016 wurde der ferngesteuerte Katamaran „Sea Surface Scanner“ (S³) des Teams um Wurl eingesetzt, um den Oberflächenfilm in der Timorsee nördlich von Australien und im westlichen Pazifik zu untersuchen. In Langzeitmessreihen wurden mit ihm unter anderem Veränderungen der Salzgehalte von Oberflächenfilm und darunterliegender Wasserschicht aufgezeichnet. Dazu ist S³ mit sechs parallel rotierenden, halb eingetauchten Glasscheiben ausgestattet. Aufgrund der Oberflächenspannung bleibt die hauchdünne Grenzschicht an den Glasscheiben hängen, wird über Gummilippen abgestreift und an Sensoren vorbeigeleitet. S³ sammelte während seines Einsatzes zusätzlich Wasserproben aus einem Meter Tiefe, deren Temperatur und Leitfähigkeit und damit Salzgehalt automatisch bestimmt wurden. Der Katamaran nahm darüber hinaus meteorologische Daten in drei Metern Höhe auf. Die FALKOR registrierte entsprechende Daten zusätzlich in elf Metern Höhe und Infrarot-Radiometer an Bord maßen zusätzlich die Temperatur des Oberflächenfilms. Die Wissenschaftler bestimmten aus den meteorologischen Daten mathematisch die Verdunstungsraten.
Wichtige Oberflächenschicht
Die bis in etwa fünf Meter Tiefe reichende obere Schicht der Ozeane spielt für den Austausch von Wärme, Partikeln und klimarelevanten Gasen eine bedeutende Rolle. Dennoch wurde sie in Untersuchungen bislang weitgehend ausgeklammert: Messungen direkt vom Forschungsschiff sind schwierig, da Rumpf und Antrieb die Wasserschichten durchmischen. Unter ruhigen Bedingungen bildet sich an der Grenze der Oberflächenschicht zwischen Luft und Meeresoberfläche ein weniger als einen Millimeter dünner Film, der eine Schlüsselrolle beim Austausch mit der Atmosphäre spielt. Länger schon weiß man, dass dieses Häutchen oft um Zehntelgrade kühler ist als die gut durchmischten Wassermassen direkt darunter. Darüber hinaus wurde bislang mehrfach versucht, seinen Salzgehalt in Modellen zu beschreiben. Sowohl Salzgehalt als auch Temperatur regulieren die Dichte und damit den Fortbestand des Films. Sie sind damit wichtige Einflussgrößen für den Austausch zwischen Ozean und Atmosphäre und damit letztlich für Wasserhaushalt und Klima in globalem Maßstab.
Zumeist kühlerer und salzigerer Film nahezu überall
Die aktuelle Studie bestätigt die allgegenwärtige Verbreitung eines Oberflächenfilms im Indopazifik. In 83 Prozent der Messungen war dieser Film salziger und in Dreiviertel der Beobachtungen durchschnittlich knapp 0,2 Grad kühler, verglichen mit den Messungen in einem Meter Wassertiefe. Und das, obwohl Niederschläge in der Region insgesamt mehr Süßwasser ins Meer bringen als durch Verdunstung verloren geht. Während zweier tropischer Regenstürme beobachteten die Wissenschaftler, dass der Wind in der oberen Schicht bis ein Meter tiefe darunterliegendes salzigeres Wasser einmischte. Das Wasser im Oberflächenfilm verdunstete durch die starke Luftbewegung während der Stürme jedoch so schnell, dass der Salzgehalt selbst während des Regens zunahm. Die Verdunstungsrate war doppelt so hoch wie die Verdünnung durch Regenwasser. An Tagen mit geringem Regen und mäßigen Winden süßte der Oberflächenfilm durch die fehlende Mischung vorübergehend aus. Nach Durchzug der Regenfront nahm sein Salzgehalt jedoch erneut zu. „Unsere Messungen ergaben, dass ein dichter Oberflächenfilm bis zu einer gewissen Schwelle auf weniger dichtem Oberflächenwasser flottieren kann“, sagt dazu Wurl, dessen Arbeiten vom Europäischen Forschungsrat (ERC) gefördert wurden. Nach Einschätzung der Wissenschaftler sorge vermutlich eine ausreichende Grenzflächenspannung dafür. Sie sei es auch, die die Erneuerungsraten des Oberflächenhäutchens und damit den Austausch erheblich beeinflusse. So war an Messstationen ohne Regen ein Dichtekreislauf des Oberflächenfilms zu beobachten: Innerhalb von Minuten nahm die Dichte durch Verdunstung zu, bis die Grenzflächenspannung nicht mehr ausreichte, den Film vom darunterliegenden Wasser zu trennen: Er brach ein, darunterliegendes Wasser mit geringerer Dichte drängte zum Volumenausgleich an die Oberfläche. In kürzester Zeit stieg die Dichte hier durch Verdunstung erneut, der Kreislauf begann von vorn.
Mehr Forschungstechnik für tieferes Verständnis
„Generell handelt es sich bei der Erneuerung des Oberflächenfilms um einen komplexen Prozess. Wir brauchen letztlich ein mechanistisches Verständnis davon, wo das über Regenfälle in den Ozean gelangende Wasser bleibt, um zu einem vollständigeren Bild des sich unter dem Klimawandel ändernden ozeanischen Wasserkreislaufs zu kommen“, so Wurl. Immerhin spielten sich 80 Prozent der Niederschläge und Verdunstung über den Ozeanen ab. Dazu ist nach Ansicht der Forscher autonome Forschungstechnik in größerem Umfang erforderlich, wie Driftbojen oder der von Wurl eingesetzte Katamaran.
Originalveröffentlichung
O. Wurl, W. M. Landing; N. I. Hamizah Mustaffa; M. Ribas‐Ribas; C. Riggs Witte; C. J. Zappa (2018) The Ocean's Skin Layer in the Tropics. JGR Oceans, Early View.
doi.org/10.1029/2018JC014021