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Anerkennung

Die Körperlichkeit der Anerkennung. Subjektkonstitutionen im Sport- und Mathematikunterricht.

DFG-Projekt an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
(Laufzeit: 01.02.2012 - 31.07.2015)

Wie konstituieren sich die Subjekte der Schule bzw. wie bringen sie sich wechselseitig in den Praktiken des Unterrichts hervor? So lassen sich in aller Kürze die zentralen Fragen dieses DFG-Projekts zusammenfassen.

Besondere Aufmerksamkeit wird vor diesem Hintergrund dem Konzept der Anerkennung entgegengebracht. Um Anerkennungspraktiken empirisch zugänglich zu machen, operationalisieren wir sie als Adressierungen: Es soll untersucht werden, wie sich Schüler und Lehrer in Adressierungsakten gegenseitig als Subjekte einsetzen oder bestätigen, indem sie sich sprachlich wie nicht-sprachlich, bspw. durch eine flüchtige Berührung, ein Hochziehen der Augenbraue, ein leichtes Nicken mit dem Kopf oder mittels verbaler Ansprachen, einander zuwenden. So lassen sich Adressierungen im Unterricht als Aufforderungen beschreiben, jemand zu werden, der man zuvor noch nicht war; sie haben also immer auch einen zuschreibenden Charakter. Anerkennung wird mithin nicht als artikulierte Wertschätzung verstanden, sondern kann ebenso herabwürdigende oder ausgrenzende Wirkung entfalten; die Anerkennung als 'Schulverweigerer', 'Schlendrian' oder 'Klassenclown' ist im Unterricht ebenso beobachtbar, wie die Hervorbringung des 'fleißigen' oder 'begabten' Schülersubjekts im Akt der Adressierung.

Anerkennungspraktiken werden jedoch keineswegs als eindimensionale Prozesse verstanden, in denen etwa Lehrer auf Schüler 'einwirken', sondern wir konzipieren Anerkennung als ein vielschichtiges, in ein spezifisches Setting eingelassenes, Interaktionsgeschehen in dessen oftmals konfliktträchtigem Verlauf ebenso der Lehrer als 'kameradschaftliches', 'autoritäres' oder 'zerstreutes' Lehrersubjekt hervorgebracht wird.

Im Zentrum unserer Analysen stehen nicht nur verbale Adressierungsakte, sondern unser praxistheoretischer Fokus rückt vor allem körperliche Interaktionen im materiellen Setting der Schule in den Blick. Ein Ziel dieses Projektes besteht darin, die Bedeutung des Körpers für Anerkennung und damit Subjektivierung in sozialen Praktiken zu beleuchten. Methodologisch betrachten wir den Körper damit als Fläche, auf der sich implizite Normen der Anerkennbarkeit zeigen; als Zeichen interpretierbare Haltungen, Gesten oder Blicke treten damit als subtile Adressierungsakte in den Fokus.

Der Sportunterricht ist ein besonders geeignetes Feld um die Körperlichkeit von Anerkennungsprozessen zu erforschen, da sich hier fachspezifische Normen, Korrekturen und Bewertungen direkt auf die Körper und ihre Bewegungen beziehen. Der durch die Beobachtungen im Sportunterricht geschärfte Blick für die Körperlichkeit der Anerkennung gestattet es, ihre Dimension auch in Fächern auszuleuchten, in denen Körperliches zunächst kaum eine Rolle für Anerkennungsfragen zu spielen scheint. Ein geschäftig über die Zeilen geführter Füller, der Konzentration suggerierende Blick zur Tafel oder das Souveränität vermittelnde Gestikulieren können aus dieser Perspektive ebenso als Körpertechniken einer im Setting der Schule als erfolgreich anerkannten Subjektform untersucht werden, wie ein formvollendeter Salto im Sportunterricht. Es existieren - so unsere Annahme - in den unterschiedlichen Unterrichtsfächern voneinander abweichende Referenzrahmen, die in je unterschiedlichen körperlichen Aufführungen ihren Ausdruck finden.

In den Geflechten von (Re-)Adressierungen werden stets bestimmte (Macht-)Verhältnisse etabliert: Die sich gegenseitig adressierenden Akteure schaffen eine Interaktionsordnung mit institutionell eingeräumten Subjektpositionen, an die immer auch unterschiedliche Spielräume, Möglichkeiten und Bewertungen geknüpft sind. Einen Beitrag zur Frage nach der Reproduktion von Ungleichheitsverhältnissen in Bildungsinstitutionen stellt das Vorhaben insofern dar, als körperliche Adressierungen die Personen in ihren reflexiv nur schwer zugänglichen Tiefenschichten berühren, so dass mit erheblichen Konsequenzen für das Eröffnen und Begrenzen von Bildungs- und Lernprozessen zu rechnen ist.

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