Dings Da!
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Dings Da!
Die Sammlung Textile Alltagskultur umfasst rund 5.000 Objekte in vier Subsammlungen: ‚Kleider und Geschichten‘, ‚Textilobjekte‘, ‚Schriften‘ und ‚Färbedrogen‘. Aus dieser Fülle wird unter der Rubrik ‚Dings Da!‘ regelmäßig ein Objekt von Studierenden oder von Mitarbeiter_innen der Sammlung näher vorgestellt. Die Autor_innen fragen dabei nach Biografien oder materiellen Eigenschaften der Objekte oder wählen einen kulturwissenschaftlichen Zugang, der zum Beispiel auf Trage- und Nutzungspraktiken fokussiert. So kann unabhängig von einem Besuch der Sammlung bereits ein erster Eindruck von den Objekten gewonnen werden – ebenso wie von der Forschung, die mit ihnen am Institut betrieben wird.
Puppenhaus
Objektbezeichnung: Puppenhaus ‚Modegeschäft’
Inventarnummer: TO965
In der Sammlung seit: April 2021
Datierung: 20./21. Jhd. (1990–2010)
Erziehungsspielzeug für Mädchen oder sozialhistorisches Abbild häuslicher Sphären? Puppenhäuser haben in der Forschung häufig ambivalente Zuordnungen erhalten, die sie nicht selten auf einen Einzelaspekt reduzieren [1]. Doch sie sind vielschichtige Objekte, die von all seinen Seiten und aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden müssen, um sich einer Einordnung zu nähern. Ab dem 15. Jahrhundert in Europa nachgewiesen, erzählen Puppenhäuser über die Jahrhunderte hinweg unterschiedliche Geschichten von häuslichen Sphären. Sie bieten Einblicke als Spielzeug oder Kunstobjekt, vor allem aber auch als Repräsentation eines kulturhistorischen Ideals, bei dem auch immer intersektionale Diskurse wie Geschlecht, Klasse und Ethnizität eine Rolle spielen [2]. Als Miniaturhäuser replizieren sie in der Regel hegemonische Normen dessen, was im jeweiligen Entstehungskontext als erstrebenswerte Lebensweise, als ‚normalisiert‘, gilt [3]. Im Europa des frühen 20. Jahrhunderts etwa sind Puppenhäuser in der Regel zweistöckig und bewohnt von vor allem weißen, weiblich kodierten Puppen, die in den Küchen und Waschstuben positioniert sind.
Für Rekonstruktionen eines Ursprungszustandes zum Beispiel in (musealen) Sammlungen stellen Puppenhäuser eine besondere Herausforderung dar, denn während die wandfeste Ausstattung der Räume deren Grundfunktion (bspw. als Küche oder Wohnstube) festlegt, müssen bewegliche Ausstattung und Figuren dem Raum erst zugewiesen werden [4]. Die prinzipiell unendliche Dynamik des Mikrokosmos Puppenhaus ohne einen festgelegten Status Quo macht somit eine zweifelsfreie Rekonstruktion unmöglich [5]. Schlüssel der Annäherung an eine Rekonstruktion ist das Material: So auch bei dem Puppenhaus Modegeschäft aus der Sammlung Textile Alltagskultur. Dieses handgefertigte Puppenhaus aus Holz und Kork besteht aus vier etwa gleich großen Räumen, die mit wandfester Ausstattung (pastellblaue Tapete, elektrische Wandbeleuchtung) sowie dynamischer Ausstattung als historisches Modegeschäft dekodiert werden kann. Zu der dynamischen Ausstattung gehören neben den sieben Puppen, die alle weiblich kodiert sind, vor allem textile Einzelstücke – Schuhe, Handtaschen, Filzhüte, Damenunterwäsche, Handschuhe; einige an Kleiderhaken, andere in feinen Papierkartons gelagert. Diese detailreich gearbeiteten Einzelteile gehen nicht nur mit Bedeutungszuschreibungen einher, sondern machen auch ersichtlich, dass das Objekt Puppenhaus als Ganzes aus vielen einzelnen Objektbiografien besteht [6].
Dies wird über das Dokumentationsmedium Video besonders deutlich. Zunächst ist das Puppenhaus ein großer Gegenstand, gefüllt mit vielen zunächst unscharfen Details. Um das Objekt digital erfahrbar zu machen, kann neben der Großaufnahme durch Makroaufnahmen eine starke Vergrößerung hergestellt werden, die nicht nur Einzelobjekte, sondern auch Details ihrer Beschaffenheit, des Materials und der Herstellung (Web- und Strickstruktur, Klebereste) offenlegen kann, die sonst unsichtbar bleiben. Gerade um Schadensstellen und hinterbliebene Beweise der Herstellungsprozesse sichtbar zu machen, eignet sich das Medium Video. Auch die Dynamik der beweglichen Einzelstücke, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des Kontexts Puppenhaus betrachtet werden können, wird in der Dynamik des Videos aufgegriffen und nachvollziehbar gemacht – zugleich als ein Hinweis auf ihre Inszenierung. Somit nähert sich das Video einer vermeintlich authentischen Dokumentation des Objektes, gibt jedoch durch die Präsentationstechnik und seinen gelenkten Blick den Betrachter:innen eine bestimmte Sehweise vor: Durch das Filmen und Schneiden wird eine Perspektive vorselektiert und erzwungen. Auch bei der Auswahl der gezeigten Details, findet, ebenso wie in der Rekonstruktion des Objekts selbst, entsprechend eine zwangsläufige Manipulation der Zuschauer:innen statt.
Das Video als audiovisuelles Medium stellt in musealen und sammlungsbezogenen Kontexten nicht nur eine effektive Möglichkeit für eine niedrigschwellige Vermittlung von bzw. Auseinandersetzung mit Objekten und Inhalten dar. Zum einen funktioniert das Bildmaterial für sich allein, selbst wenn Voice-Over und Bildtitel wegfallen. Zusätzlich bietet der Audiolayer eine simple Möglichkeit, das Video durch eine leichte Veränderung des Tons im Hinblick auf andere Sprachen oder einer Vereinfachung der Sprache für eine neue Zielgruppen anzupassen. Wenn beim Erstellen eines solchen Dokumentationsverfahren mit Bewusstsein über das unvermeidbare Übertragen der eigenen Perspektive gearbeitet wird, können sich zum anderen aber auch effektive neue Fragestellungen und Präsentationstechniken in musealen Räumen ergeben. Gerade im Hinblick auf die Notwendigkeit von Digitalisierung und Digitalität auf unterschiedlichen Ebenen der Museumsarbeit, die sich während der Corona-Pandemie noch verdichtet hat, lohnt sich eine experimentelle Herangehensweise an digitale Medien und ihre Einbindung in Sammlungs- und Vermittlungsarbeit, wie dieses Projekt beispielhaft zeigen möchte.
HINWEIS: Das Puppenhaus selbst kann nach Absprache mit Klara von Lindern besichtigt werden.
Text & Video: Marie Schmohel
[1] Vgl. Cremer, Annette: Mon Plaisir. Die Puppenstadt der Auguste Dorothea von Schwarzburg (1666–1751), Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag, 2015, bes. S. 49–69.
[2] Vgl. ebd.
[3] Vgl. Millhauser, Steven: The Fascination of the Miniature, in: Grand Street 2.4 (1983), S. 128–135.
[4] Vgl. Cremer 2015.
[5] Vgl. ebd.
[6] Vgl. Kopytoff, Igor: The cultural biography of things: commoditization as process, in: Arjun Appadurai (Hg.): The Social Life of Things. Commodities in Cultural Perspective, Cambridge: Cambridge University Press, 1986, S. 64–92.
Spitzenoberteil
Objektbezeichnung: Spitzenoberteil
Inventarnummer: KG119
In der Sammlung seit: Januar 1998
Datierung: 1970
„Süßes, sonst gibt´s Saures!“ Die Verkaufsregale sind mit gruseligen Masken, Kürbisfratzen und Spinnennetzen bestückt. Zombies, Hexen und allerlei Fantasiegestalten werden für eine kurze Zeit zu den Gesichtern für verschiedene Marken und halten sogar Einzug in Werbeslogans. Wer diese Anzeichen kombiniert weiß sofort: Halloween steht vor der Tür! Aber woher kommt Halloween eigentlich? Vermutlich lassen sich die Ursprünge bereits ca. 2000 Jahre zurück zu den Kelten verfolgen. In der vorchristlichen Zeit siedelten diese im heutigen Irland, Schottland, Wales, England und dem Norden Frankreichs und begingen am 31.Oktober den Samhain, eines ihrer wichtigsten Feste. Namensgebend war der gleichnamige Totengott. Das Fest war gleichermaßen ein Ernte- wie Neujahresfest. Die Kelten glaubten daran, dass an diesem Tag die Grenzen zwischen der Welt der Lebenden und der Toten geöffnet waren. Es wird vermutet, dass die Bereitstellung von Speisen der Besänftigung oder der Einladung der Geister diente und die Verkleidung mit Masken dem Schutz von den Geistern dienen sollte.[1]
Bis Halloween seine heutige – kommerzialisierte – Gestalt erhielt, unterlag das Fest der Kelten jedoch noch zahlreichen Einflüssen und Veränderungen. In den USA entwickelten sich ab dem 19. Jahrhundert schließlich die ‚Traditionen‘, die heute überregional den 31.10. prägen.[1] Während eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung in Umfragen angibt, keinen besonderen Wert auf Halloween selbst zu legen, gibt eine verblüffende Mehrheit dennoch an, verstärkt gruselige Serien oder Filme im Oktober zu schauen.[2] 2023 reihte sich die Serie „Wednesday“ in das Genre ein und wurde zu einem unerwarteten Rekordstreaming-Liebling auf Netflix.[3] Die Serie ist eine Hommage an die aus Cartoons und früheren Filmen bekannte Addams Family, die eine Zeit in dem Leben der Figuren zeigen soll, die bisher noch nicht aufgegriffen wurde. Sie bezieht sich vor allem auf den Schulalltag der Tochter Wednesday Addams im Internat, der Nevermore Academy.[4] In Anlehnung an die früheren Filme kleidet sich Wednesday auch in der Netflix-Serie vor allem in Schwarz und Weiß und steht im Kontrast zur restlichen, deutlich bunter gezeigten Umwelt. Der Kleidungsstil greift dabei Elemente aus der Gothic-Szene auf, welche die Kostümbildnerin Colleen Atwood in unsere moderne Zeit übersetzen wollte, um ein breiteres Publikum anzusprechen.[5]
Unser Objekt des Monats, ein schwarzes, ärmelloses Oberteil aus durchbrochener Spitze, ist zwar keine Requisite vom Set, aber es erinnert an die (Dress-)Ästhetik der Serie. Es bildet zusammen mit einem orangefarbenen Cocktailkleid, über dem es getragen wurde, ein Ensemble. Das schwarze Oberteil erinnert in Schnitt und Stofflichkeit an das Abendkleid, welches Wednesday zum Ball an der Nevermore-Academy trug und das in den Sozialen Medien viral ging. Es zeugt sich also, das gewisse Trends doch in gewissem Sinne zeitlos sind – und dass Halloween wie wir es heute kennen nicht aus der Mode kommt, sondern im Gegenteil stilprägend wirkt!
Autorin: Jennifer Kynast
[1] Höhn, Marco: Tot aber glücklich. Halloween – die Nacht der lebenden Toten als Event-Mix, in: Andreas Hepp, Marco Höhn, Waldemar Vogelsang (Hrsg.): Populäre Events. Medienevents, Spielevents, Spaßevents, 2. Überarbeitete Auflage, 2010, Wiesbaden, S. 269–297, hier S. 271–272, S. 277.
[2] NDR Info: Halloween. Was steckt hinter dem beliebten Brauch?, https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Halloween-Was-steckt-hinter-dem-Brauch,halloween10.html, Stand: 31.10.2023, Zugriff: 15.10.2024.
[3] Vgl. IMDB-Eintrag zur Serie Wednesday (Director: Alfred Gough, Miles Miller), https://www.imdb.com/title/tt13443470/, Zugriff: 12.11.2024
[4] The Hollywood Reporter: How Wednesday brought Tim Burton to TV, https://www.hollywoodreporter.com/tv/tv-features/making-of-wednesday-series-tim-burton-tv-1235509693/, Zugriff: Stand: 07.06.2023, Zugriff: 16.10.2024.
[5] Variety: Wednesday Costume Designer Colleen Atwood on Finding the Addams Family Look at Zara and what's next for Season 2, https://variety.com/video/wednesday-costume-designer-colleen-atwood/, Zugriff: 16.10.2024.
Trachtenhut
Objektbezeichnung: Trachtenhut
Inventarnummer: KG1407
In der Sammlung seit: Juli 2006
Datierung: 1984–1988
Der Herbst ist da! Er bringt nicht nur bunte Blätter und kühleres Wetter mit sich, sondern auch das Oktoberfest, das größte Volksfest der Welt. Ein Highlight des Oktoberfestes ist der Trachten- und Schützenzug, der seit 1950 traditionell zum ersten Wiesn-Sonntag und durch die Münchner Innenstadt bis zur Theresienwiese zieht. Etwa 9.500 Teilnehmer:innen, darunter Trachtengruppen, Schützenvereine und Musikkapellen aus Bayern und ganz Europa nehmen teil und zeigen stolz ihre Trachten und historischen Kostüme. Der Schützenzug bietet eine beeindruckende Vielfalt an Trachten von klassischen Dirndln und Lederhosen bis hin zu historischen Kostümen wie der Biedermeier-Mode und sogar Ritterrüstungen. [1]
Auch für die zahlreichen Besucher:innen spielt ihr vestimentärer Auftritt eine zentrale Rolle. Sie kommen nicht nur, um die vielfältigen Trachten zu bewundern, sondern auch, um sich selbst in traditioneller Bekleidung zu präsentieren. Für viele ist das Oktoberfest der perfekte Anlass, ein Dirndl zu tragen, das ursprünglich als Arbeitsbekleidung konzipiert wurde und erst 1930 seinen Aufschwung erlebte. [2] Auch eine Lederhose wird gerne präsentiert. Früher wurde diese von Männern getragen, um gegen kirchliche Normen zu verstoßen. [3] Mittlerweile werden Lederhosen unabhängig vom Geschlecht auf dem Oktoberfest getragen. Sie werden oft mit einem Trachtenhemd oder einer Bluse kombiniert, häufig in dezenten Farben wie Weiß oder Hellblau. Eine geknöpfte Weste, die farblich zur Stickerei der Lederhose passt, ein Janker und grob gestrickte Strümpfe vervollständigen das Outfit. [4]
Zu einem vollständigen Trachtenanzug dürfen selbstverständlich Accessoires nicht fehlen, wie beispielsweise Trachtenhüte. Unser Exemplar, ein dunkelgrüner Trachtenhut aus den 1980er Jahren, hat die Form eines Tirolerhutes [5]. Dieser traditionelle Filzhut, ursprünglich aus dem Zillertal stammend, zeichnet sich durch seine spitze Form und die handbreite Krempe aus. Bekannt wurde der Tirolerhut durch Eduard VIII., der ihn in der Steiermark populär machte. [6] Der Trachtenhut aus unserer Sammlung sticht besonders durch eine Tierfell-Rosette und eine Federapplikation hervor. Eine Kordel am Rand der Krone dient als Bordüre und verleiht dem Hut zusätzliche Akzente. Dieser Hut war Teil der Uniform des Schützenvereins in Leer und wurde bei öffentlichen Veranstaltungen und Einsätzen des Spielmannszugs getragen. Der Besitzer nutzte ihn vor allem im Sommer und trug ihn etwa 13 Jahre lang, bevor er aus dem Spielmannszug ausschied. [7]
Übrigens: im Wintersemester findet am Institut das Seminar "Tracht on Display!" statt, in dem es um historische und gegenwärtige Perspektiven sowie um Musealisierungs- und Ausstellungstrategien von Tracht gehen wird. Sicherlich wird auch unser Trachtenhut in das Seminar einfließen!
Autorin: Joanna Kanthak
[1] Landeshauptstadt München (2024): Der Trachten- und Schützenzug: Wiesn-Highlight: Trachtengruppen ziehen durch die Innenstadt. https://www.oktoberfest.de/informationen/termine/trachten-und-schuetzenzug (letzter Zugriff: 04.09.2024).
[2] Landeshauptstadt München (2024): Die Geschichte des Dirndls: Die lange Historie einer besonderen Tracht. https://www.oktoberfest.de/dirndl-tracht/dirndl-geschichte-so-begann-der-hype-ums-trachtenkleid (letzter Zugriff: 04.09.2024).
[3] Landeshauptstadt München (2024): Lederhosen: vom Skandal beim Gottesdienst zum Must-have. Eine kleine Geschichte der Lederhose. https://www.oktoberfest.de/dirndl-tracht/lederhosen-vom-skandal-beim-gottesdienst-zum-must-have (letzter Zugriff: 11.09.2024).
[4] Fuchs, K., & Goldbach, M. (21. September 2023): Oktoberfest-Kleidung: Alles, was Sie über Dirndl, Lederhose und Co. wissen müssen, Vogue. https://www.vogue.de/mode/artikel/oktoberfest-kleidung-wiesn (letzter Zugriff: 08.10.2024).[5] Yip, S., Penter, A. (2018): Fashionpedia: The visual dictionary of fashion design, Fashionary Verlag, S. 166.
[6] Stöcker, C. (2003): Reisebilder II. 1828-1831. Kommentar, Heine, S. 232.
[7] http://wisski-stak01.virt.uni-oldenburg.de/wisski/navigate/327/view (letzter Zugriff: 04.09.2024).
VOGUE September Issue
- Objektbezeichnung: VOGUE US/September Issue (09/2002)
- Inventarnummer: Keine (Bestand Schriftenarchiv)
- In der Sammlung seit: September 2002
- Datierung: September 2002
Passend zum September ist das aktuelle Dings da! ein Objekt, das im unmittelbaren Bezug zum Monat steht: Die September-Ausgabe der US-amerikanischen VOGUE aus dem Jahr 2002. Ein kurzer Blick auf das Magazin zeigt, dass es sich um eine umfangreiche Publikation handelt – genau 750 Seiten stark, wenn wir nach hinten blättern. Eine der groß gedruckten Teaser-Überschriften auf dem Cover verspricht den Leser:innen: „750 pages of fall fashion’s all-out glamour“. Wenngleich eine eingehendere Lektüre zeigt, dass gute 60% der 750 Seiten aus Werbeannoncen für Produkte aus High-Fashion und Luxury Lifestyle bestehen, offenbaren sich auf dem Cover in weiteren Teaser-Überschriften so illustre Namen aus dem Bereich der (Mode-)Fotografie wie etwa Helmut Newton und Annie Leibovitz. Was hat es also auf sich mit diesem Fashion-Schwergewicht im doppelten Sinne?
(Nicht nur) für Modebegeisterte gilt die Septemberausgabe von Modemagazinen weltweit als eine regelrechte Institution. In dieser jährlich mit Spannung erwarteten Publikation manifestiert sich all das, was die kommenden Modesaisons auszeichnen wird – prognostiziert mit untrüglichem Instinkt durch die Expert:innen in den Redaktionen und fotografisch inszeniert von den bekanntesten Fotograf:innen der Branche. [1] Der Septemberausgabe wurde sogar ein eigener Dokumentarfilm gewidmet: The September Issue, entstanden 2007 und veröffentlicht 2009, der hier gemeinsam mit dem Magazin ausgestellt wird. Der Film dokumentiert die Entstehung der Septemberausgabe der US-amerikanischen VOGUE 2007 unter besonderem Fokus auf die Arbeit der Chefredakteurin Anna Wintour und der damaligen Kreativdirektorin Grace Coddington. Gut ersichtlich wird, dass es um weitaus mehr geht als um eine Prognose der kommenden Trends. Jedes Jahr gilt es, die vorigen Septemberausgaben in Aufwand und Umfang zu übertreffen. Wie im Film gezeigt wird, werden beispielsweise diverse Shootings mit hochrangigen Modefotograf:innen realisiert, wobei ein großer Teil des Materials es nie in die teils 20-seitigen Editorials schafft und einzelne Themenshootings sogar wiederholt werden müssen. [2] Aufwand und Kosten stehen damit scheinbar in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zum Nutzen. Betrachtet man hingegen die Funktion eines solchen Heftes im Kontext der globalen Marke VOGUE, kann es als Beweis eines erfolgreichen Wettlaufs mit sich selbst bezeichnet werden. Jasmin Assadsolimani hat anschaulich dargestellt, wie solche besonderen Ausgaben von VOGUE einen legitimierenden Status erhalten. Denn der Blick nach Vorn erfolgt immer unter Berufung auf das bereits Erreichte: VOGUE zitiert und referenziert sich direkt oder indirekt selbst und inszeniert sich damit zugleich als Archiv von Modegeschichte und als Instanz, die zukünftige Moden prognostiziert oder sogar festlegt. [3]
Vieles hat sich seit dem Erscheinen des Films in der Modewelt verändert – nicht zuletzt im Hinblick auf die (Print-)Medienlandschaft. Zahlreiche Magazine haben ihre gedruckte zugunsten einer digitalen Ausgabe eingestellt oder erscheinen überhaupt nicht mehr. Obwohl VOGUE sich nach wie vor als wohl bekannteste Publikation im Bereich Mode und als globale Marke behaupten kann, sind die Zeiten von 750 Seiten starken Septemberausgaben vorbei. Behauptete der ehemalige Verlagsleiter bei Condé Nast Tom Florio im Film noch stolz, die erste Frage der Journalist:innen nach Erscheinen einer Septemberausgabe von VOGUE sei, wie viel sie wiege, schrieb Taylor Bryant bereits 2019, solche Publikationen seien mittlerweile irrelevant – denn aufgrund der erhöhten Informationsgeschwindigkeit der digitalen Medien und der neu hinzugekommenen Berufsgruppe der Influencer:innen warte niemand mehr auf die Septemberausgabe. Zudem seien die vormals dicken Hefte aus Gründen des Umweltschutzes und nicht zuletzt aufgrund mangelnder Finanzierung nicht mehr länger realisierbar. [4] Ob Septemberausgaben ihren Status wirklich gänzlich verloren haben, möchte ich hier nicht beantworten, sondern vielmehr zur Debatte stellen – auf jeden Fall erinnert das Objekt des Monats eindrucksvoll an die Geschichte jener einst so wichtigen Publikation und lädt ein, sich aus mediengeschichtlicher Perspektive mit VOGUE zu beschäftigen.
Autorin: Klara von Lindern
[1] Viviana Harris: A History of the September Issue, online zugänglich unter https://www.highsnobiety.com/p/september-issue-history/ (letzter Zugriff: 04.09.2024).
[2] Vgl. Jasmin Assadsolimani: 30 Jahre Vogue – der Blick zurück als Inszenierungsstrategie von Modernität, in: nmt Jahrbuch Netzwerk mode textil, 2022, S. 24–35.
[3] Vgl. The September Issue (2009), vgl. https://www.imdb.com/title/tt1331025/?ref_=ttvg_ov (letzter Zugriff: 04.09.2024).
[4] Vgl. Taylor Bryant: Are the september issues still relevant? (29.08.2019), online zugänglich unter: https://fashionista.com/2019/08/september-issues-magazines-media-landscape (letzter Zugriff: 04.09.2024).
Perlenarmband
- Objektbezeichnung: Perlenarmband
- Inventarnummer: TO751j
- In der Sammlung seit: 31.10.2002
- Datierung: 20. Jahrhundert
Der Sommer 2024 stand ganz im Zeichen großer Konzerte. Popstars wie Adele, Coldplay und Taylor Swift füllten weltweit ganze Stadien. Hunderttausende Fans wurden nicht müde, Fotos und Videos der Auftritte auf Instagram zu teilen. Die Frage nach dem passenden Outfit für den Konzertbesuch stand dabei besonders im Kontext der Konzerte von Taylor Swift im Vordergrund: Unter den ‚Swifties‘, wie sich die Fan-Community selbst bezeichnet, entwickelte sich ein regelrechter Dresscode. Was aber haben Perlenarmbänder damit zu tun? Das möchte ich ausgehend vom Objekt des Monats, einem Armband aus Glasperlen, beleuchten.
Taylor Swifts Tour trägt den Titel The Eras Tour. ‚Eras‘, zu Deutsch ‚Ära‘ oder ‚Epoche‘, bezieht sich auf die unterschiedlichen Phasen innerhalb ihrer Karriere. Diese sind nicht nur durch verschiedene musikalische Stilrichtungen gekennzeichnet, sondern gehen auch mit dem spezifischen, dressbezogenen Erscheinungsbild von Taylor Swift einher. Ein Konzert der Tour umfasst 44 Songs und dauert über drei Stunden, da im Verlauf der Show die unterschiedlichen eras der Alben (Lover, Fearless, Red, Speak Now, Reputation, Folklore/Evermore, 1989, The Tortured Poets Department und Midnights) durchlaufen werden. Es werden nicht nur einzelne Songs der jeweiligen Alben gespielt, sondern auch Instrumente und Kostüme gewechselt, um adäquat Stil und Stimmung der eras wiederzugeben. Für die Auftritte der Eras Tour arbeitete Taylor Swift mit bekannten Designer:innen zusammen (zum Beispiel Versace, Etro oder Zuhair Murad), die Bühnenoutfits für die Kostümwechsel während des Konzertes anfertigten, die stilistisch auf früher bei Auftritten oder in Musikvideos getragene Outfits anspielen. [1]
Im Vorfeld eines Konzertbesuchs stimmen sich die Swifties nicht einfach nur mit dem Hören ihres Lieblingsalbums ein. Viel wichtiger ist die Frage des Outfits, speziell danach: „Which era are you?“, gemäß der sich dann passend zur Lieblings-era gekleidet wird. Internationale Modezeitschriften wie beispielsweise Glamour UK haben im Kontext der Eras Tour eigene Ratgeber für solche Outfits passend zu jeder era zusammengestellt, sodass auch mit den Stilen weniger vertraute Konzertbesucher:innen sich ganz einfach etwas Passendes zusammenstellen können. [2] Ein Bestandteil, der bei keinem Outfit fehlen darf, sind Perlenarmbänder, die Songtitel oder Worte aus Texten enthalten und farblich passend zu Alben oder eras gestaltet werden. Die Armbänder werden im Vorfeld des Konzertbesuchs selbst angefertigt oder erworben, um sie dann vor Ort untereinander auszutauschen. [3] Den Ursprung hat die Praktik in einer Zeile aus dem Song You’re on your own, Kid (Mignights): „Make the friendship bracelets, take the moment and taste it.“ [4] Es gibt mittlerweile sogar spezielle Bastelsets für das Herstellen der Armbänder zu kaufen, in denen Perlen in unterschiedlichen Farben, mit Motiven und Buchstaben enthalten sind.
Beim Dings da! handelt es sich zwar nicht um ein Swiftie-Armband, sondern um ein wesentlich älteres Exemplar, das bereits seit 2002 in der Sammlung ist. Aber auch dieses Armband wurde aus bunten Glasperlen selbst hergestellt – allerdings nicht mittels einer Knüpf- oder Fädeltechnik, sondern mit einer Webtechnik (vermutlich mit einem Perlenwebrahmen). Da das Armband Bestandteil des Textilobjekte-Archivs ist, gibt es kein Spendeninterview und nur wenige Informationen zur Objektbiografie. Dennoch zeigt sich, dass auch solche Objekte, über die wir wenig wissen, immer wieder in neuen, zum Beispiel alltags- oder popkulturellen Kontexten betrachtet werden können. Eine einzige Songzeile führt zu einer Praktik, deren Ergebnisse Bestandteil einer materiellen Kultur der Musikgeschichte werden, aber auch mit der wesentlich älteren Praktik der Perlen- und Freundschaftsarmbänder verbunden sind, für die das Armband aus der STAK exemplarisch steht. Selbstverständlich verfügt die STAK inzwischen auch über ein ‚echtes‘ Swiftie-Armband, das von der Spenderin auf einem der Hamburger Konzerte im Juni 2024 eingetauscht und getragen wurde und in Kürze hier gezeigt wird.
AUTOR: Klara von Lindern
QUELLEN:
[1] Christian Allaire: Taylor Swift Kicks Off Her Eras Tour in Fully Bejeweled Fashion, VOGUE US (19.03.2023), online zugänglich unter https://www.vogue.com/slideshow/taylor-swift-eras-tour-best-fashion-moments (letzter Zugriff: 08.08.2024).
[2] Sophie Cockett/Hattie Cotmore: Taylor Swift’s Eras Tour has reached Europe, so here’s what to wear to the concert, Glamour UK (25.07.2024), online zugänglich unter https://www.glamourmagazine.co.uk/article/what-to-wear-taylor-swift-concert-eras-tour (letzter Zugriff: 08.08.2024)
[3] Gala (26.10.2023): Darum tragen alle Swifties bunte Armbänder, online zugänglich unter https://www.gala.de/beauty-fashion/fashion/taylor-swift--darum-tragen-alle-swifties-bunte-armbaender-23937110.html (letzter Zugriff: 08.08.2024).
[4] Lyrics von You’re on your own, Kid, online zugänglich unter https://www.musixmatch.com/lyrics/Taylor-Swift/You-re-On-Your-Own-Kid (letzter Zugriff: 08.08.2024).
Topflappen
- Objektbezeichnung: Topflappen
- Inventarnummer: TO137, TO366, TO372, TO398, TO411, TO415, TO416, TO766, TO811
- In der Sammlung seit: 2000-2004
- Datierung: 1967-1997
Studying everyday culture often requires, paradoxically, an ability to expand one’s perspective. In doing so we need to start out by noticing things that we previously took for granted or saw as naturally ordained. This is not always an easy feat. Therefore, it is important to sometimes look at the things around us from a different perspective. A boon to the study of textile culture is that this process is made much easier by the material aspect of the field. This is a strength of the STAK, in that it contains material details which by being entered in a university collection are much easier to pay attention to. It is still not simple to focus on everyday things, as both personal interests and public funding often skew towards “special” fields, topics and objects.
So, let me tell you about my favourite everyday objects in the STAK, the pot holders. Contrary to what one might think, the textile pot holder is a fairly modern invention, the earliest attested examples being less than 300 years old. One of the few in-depth analyses of the history of the textile pot holder, conducted by Rachel Maines, shows that most premodern illustrations of people handling presumably hot cookware do not include any form of pot holder. When there is a tool being depicted, it is made of wood or metal in the form of a handle or hook. [1]
The earliest extant textile pot holders seem to be from the 18th century. [2] These are almost universally very fine and decorated objects, and were mostly intended for tea pots. During the course of the 19th century, pot holders grew more popular, while still not being as ubiquitous as they would later become. An interesting example of this is the propagandistic use of pot holders by the American abolitionist movement, in the lead up to and during the American Civil War. A slogan often featured on abolitionist pot holders was “Any holder but a slaveholder”. [3] These were sold at abolitionist fairs, intended to raise funds for the movement, and later the Union army during the civil war. Many homemade objects were sold at these fairs, [4] and the inclusion of pot holders indicates they were becoming a more mainstream item, as well as a popular object to make at home.
Around 1900, the pot holder became ever more common, but this was a mostly working- and middle-class phenomenon. It is worth noting though, that from 1880 onward more and more handicraft magazines started to feature instructions for making needlework pot holders. Maines posits that this is connected to the increased cost of household labour during the period, which meant that more affluent women started to cook, and thus needed pot holders which could represent their aesthetic and material needs. Even though the needlework pot holder became more common, most instructions for creating pot holders were still published in cheaper handicraft magazines until well after 1930. These were most often knitted, and more practical rather than decorative. [5]
This history of pot holders is thus interwoven with several concurrent social and economic historical developments. Their aesthetic and functional development seems to be connected in a quite clear manner, as most household objects can be adjusted to serve a supplemental decorative purpose. Since pot holders became so common during the first half of the 20th century, it seems almost natural that they would be made in a myriad of ways. Their role as a basic home-made item is also boosted by the fact that they are quite easy to make, and can be produced cheaply at home. These factors make the pot holder an exemplar of an everyday item, which connects well with the large numbers available in the STAK. They are fascinating not because they are special and rare, but precisely because they are not. In an academic world were unique items are often valued the highest and afforded the most attention and funding, it is important to sometimes take a serious look at the common objects that so often make up everyday life.
AUTOR: Edwin Mårtensson
QUELLEN:
[1] Maines, Rachel. Evolution of the Potholder: From Technology to Popular Art. In Journal of Popular Culture, 1985-06, Vol.19 (1), p.3.
[2] Many of these are in the collections of the Winterthur Museum in Delaware, USA. The Museum’s catalogue is available online at museumcollection.winterthur.org.
[3] There are many examples of this in American museums and university collections. These include the Chicago History Museum, catalog entry available at collections.carli.illinois.edu/digital/collection/chm_museum/id/1981/ (accessed 08.05.2024).
[4] Maines. Evolution of the Potholder: From Technology to Popular Art. p. 13.
[5] Goddu, Theresa A. Selling Antislavery. Abolition and Mass Media in Antebellum America. Philadelphia, University of Pennsylvania Press, 2020, pp. 85-88.
Kentewebtuch
- Objektbezeichnung: TKentewebtuch
- Inventarnummer: TO842
- In der Sammlung seit: 2003
- Datierung: ca. 1989
There are many possible approaches to writing about kente cloth. One could write about its long history, its traditional symbology, or its role as a political marker. Since the fabric has its origins in 17th century west Africa (in the Ashanti Empire, located in what is now Ghana and Togo), a discussion of slavery and colonialism is central when writing about kente. It has also been used as a symbol of heritage and pride by African Americans, [1] and has subsequently been worn by white Americans to symbolize solidarity. [2] These multifaceted meanings, uses and contexts mean that this text cannot possibly cover it in anything even resembling its full context. Of course, every object in the STAK requires specialized knowledge to fully understand it, but this is especially true in the case of the kente cloth.
So, what can we say about the kente in the STAK? Firstly, there is one larger piece of cloth, and 4 kente strips. This illustrates the production and structure of kente, since it is woven in long narrow strips, which are then sown together to create a larger piece of fabric. The cloth is multicoloured with geometric shapes in several different patterns. Both the colours and the patterns carry traditional meaning. Patterns have names, associated with proverbs and thus associated with specific messages. [3] It is sadly unclear which message the pattern of the kente in the STAK was made to express, since no other example of the exact pattern has been found.
Kente clearly demonstrates an example of how material culture is created and recreated through active human interpretation. In this perspective, the exact history of west African weaving tradition is not as relevant as understanding kente’s use, interpretation and reinterpretation. Having a sample of kente in the STAK can help with adding a material bent to this perspective. Kente started out as a fabric solely intended for royal use, and was made from locally sourced cotton or silk and cotton from unravelled imported textiles. Today it is not uncommon for kente to be made from synthetic yarn, although cotton is still the most common material and is also featured in the STAK’s kente. It might not be surprising to hear that kente, always being viewed as an African symbol, has been considered as an early use of commercially produced African silk. [4]
Additionally, kente has a somewhat tenuous connection with Germany. The Ewe people of modern-day Togo and Ghana makes a distinct type of kente, and were one of the peoples living in the German colony Togoland. The kente cloth in the STAK was purchased in 1989 as part of a charity project with focus on helping people in Ghana. The STAK’s background material contains a booklet about kente published by the Norddeutsche Mission. The Norddeutsche Mission has been active in both missionary and charity work in Ghana and Togo since 1847, before the colony Togoland was established. [5] Colonialism was an important factor in the development of kente, as is shown by both the early use of foreign silk in the cloth and by the post-colonial use of kente as an African symbol of pride and heritage. Germany’s role in colonizing west Africa can thus be used to create a new perspective for viewing kente. As it could be argued that this problematic and still prevailing colonial narrative and history played a role in bringing the kente cloth to the STAK, the colonial perspective is also central to understanding its specific circumstances.
It is clear that kente is a good example of how material culture can be incredibly complex and the product of entangled of entangled histories. Kente can be used as a starting point for understanding colonialism, racial politics and textile developments while also being a very interesting object of study in itself. With its many meanings, kente is a relatively straightforward example of how textiles can be used for display of wealth, solidarity and traditional values, among many other examples. Any of the perspectives given in this text would be excellent starting point for further research and projects.
AUTOR: Edwin Mårtensson
QUELLEN:
[1] It should be noted that the use of kente as a symbol of African or black pride is not universally accepted among African Americans. Padilioni, James, Jr. The History and Significance of Kente Cloth in the Black Diaspora. The African American Intellectual History Society, 22.05.2017, www.aaihs.org/the-history-and-significance-of-kente-cloth-in-the-black-diaspora/ (accessed 10.04.2024).
[2] Which has been criticized as cultural appropriation and using kente as a “political prop”. Lee, Alicia. Congressional Democrats criticized for wearing Kente cloth at event honoring George Floyd. CNN, 08.06.2020, https://edition.cnn.com/2020/06/08/politics/democrats-criticized-kente-cloth-trnd/index.html (accessed 10.04.2024).
[3] Padilioni. 2017.
[4] Okwae Fening, Ken. History of kente cloth and its value addition through design integration with African wild silk for export market in Ghana. Conference Paper, Development of Sericulture and Apiculture Products for the Poor in Fragile Ecosystems Using the Value Chain Approach, Session 2. 2006, pp. 62-64.
[5] Evangelische Mission Weltweit. Norddeutsche Mission. mission-weltweit.de/de/ueber-uns/mitglieder/regulaere-mitglieder/norddeutsche-mission.html (accessed 10.04.2024).
Taschentuch Olympische Spiele
- Objektbezeichnung: Taschentuch Olympische Spiele
- Inventarnummer: TO611
- In der Sammlung seit: 2001
- Datierung: 1938-1939
In recognition of the upcoming Summer Olympic Games in Paris, this month’s object has been chosen to have an Olympic theme. It is a handkerchief, made for the XII Olympiad in Helsinki, planned to be held in 1940. The handkerchief features the Finnish flag, Olympic rings, the Roman numeral XII and a depiction of the Olympic stadium in Helsinki. The games were originally planned to be held in Tokyo, but were instead assigned to Finland because of Japan’s involvement in the Second Sino-Japanese War (1937-1945). Japan’s Olympic committee was reluctant to cancel the games, even though the international Olympic committee grew ever more sceptical of the feasibility of arranging the games in Tokyo. [1] But on the 14th of July, 1938, the Japanese Government decided that they could not spare the resources required to arrange the games and thus cancelled them. [2] Since Finland had been the clear runner-up in the selection of host country, they were assigned the games during the next month. Preparations for hosting the games started quickly, and construction of the Olympic stadium had already been finished, as the Finnish government had built it in preparation for holding the games before Tokyo had been given preference over Helsinki. [3] After having been awarded the games, specific preparations were started and it is during this time that the handkerchief was most probably produced.
This did not mean the games were ever viewed as a certainty. Because of international tensions during the lead up to the Second World War in Europe, the cancellation of the games was discussed early on. When the war broke out, criticism of the games was amplified further, but the games were not formally cancelled until May of 1940. Like Japan, Finland seemed to have been displeased with giving up the games, but once the Wehrmacht broke into France and Norway the games were deemed impossible. [4] On the other hand, the Winter War (November 1939-March 1940) between Finland and Russia probably meant that the Olympic games had been a very low priority for the Finnish government for some time. The late cancellation could then also be viewed as an official confirmation of a well-known fact.
As for the handkerchief, there is definitive proof of a company in Finland producing handkerchiefs decorated with the Olympic stadium, as well as handkerchiefs with all participating countries’ flags. In February 1940, the company was publicly lamenting their investment as it was unlikely the games would be held. [5] The Riksidrottsmuseum in Stockholm, Sweden, has examples of both handkerchiefs, [6] one of which heavily resembles the handkerchief presented here. Interesting to note is that the two handkerchiefs have different corner decorations, the STAK’s having the Roman numeral XII and the Riksidrottsmuseum’s having an Olympic logo. Despite this, the similarities between the two handkerchiefs means that they were almost certainly made by the same company.
For the purposes of the STAK, the exact dating of the handkerchief is not all that important, but it is interesting to note that it was part of a longer process of creating and negotiating the XII Olympic games. There are many material traces of the lead up to the cancelled games, both in Japan and Finland, including everything from stadiums to memorabilia. Noting that there is definitive proof of several different iterations of an Olympic handkerchief points to both the design and production processes of hosting the games during this period. The Olympics have been used as propaganda events by the host countries ever since they started, and Finland was looking for international attention as well. A relatively small and neutral country like Finland could not directly compete with the propaganda capabilities of Japan or Germany, which hosted the games in 1936. But Finland was still reluctant to give up the opportunity presented to them.
To finish the saga of the XII Olympics, Finland was given the 1952 Olympics, partly to compensate for the cancellation of the 1940 games. By then, the Olympic cycle was returning to its normal routine, and the Olympic stadium could finally serve its intended purpose. And yes, a range of handkerchiefs was produced, [7] and this time they could be sold to international spectators, like intended.
AUTOR: Edwin Mårtensson
QUELLEN:
[1] Dagens Nyheter. En halv miljon unga svenskar mot Japan-spelen. Stockholm, 03.07.1938, p. 1.
[2] Dagens Nyheter. Tokyo ut ur spelet om spelen – Regeringen sade nej. Stockholm, 15.07.1938, p. 14.
[3] Olympiastadion. Helsingfors Olympiastadion har kallats världens vackraste stadion. Available at www.stadion.fi/sv/info/stadion-info/helsingfors-olympiastadion-har-kallats-varldens-vackraste-stadion (accessed 26.03.2024).
[4] Dagens Nyheter. Guldringar tonvis till Statskassan. Stockholm, 20.05.1938, p. 1.
[5] Dagens Nyheter. Notiser. Stockholm, 28.02.1938, p. 10.
[6] Riksidrottsmuseums Samlingar. RIM RMF 3268 – Näsduk, RIM RMF 4324 – Näsduk. Can be seen at samlingar.riksidrottsmuseum.se/objects/c25-4121/, samlingar.riksidrottsmuseum.se/objects/c25-5565/ (accessed 27.03.2024).
[7] As can be seen on Bukowskis, Olympic memorabilia from the summergames of Helsinki 1952: Four Scarves and five handkerchiefs Available at www.bukowskis.com/en/lots/1383214-olympic-memorabilia-from-the-summergames-of-helsinki-1952-four-scarves-and-five-handkerchiefs (accessed 28.03.2024)
BDM-Knöpfe und Schnittmuster
- Objektbezeichnung: BDM-Knöpfe und Schnittmuster
- Inventarnummer: TO421, TO182
- In der Sammlung seit: 2001, 2000
- Datierung: 1933-1945, 1934-1941
There are two objects being featured this month, which both relate to clothing used within the NSDAP. This is an inherently political subject that is able to demonstrate how textile culture and history is often entangled with symbolism and power structures. The objects in focus are interesting because they were originally intended to be used by the same group of people, and closely materially connected. Despite this, they can show us two very different aspects of NS ideology, as well as how an inherent tension within an industrialized totalitarian society can be expressed in textile production and practices.
The first object (convolute) is a collection of four buttons, intended for use on Bund Deutscher Mädel (BDM) uniforms. The BDM was the female section of the Hitlerjugend, created and formalized in 1930. All young female organizations within the NSDAP were unified under the banner of the BDM in 1932, and membership was made mandatory for female “Aryans” with German citizenship over 14 in 1936. The Jungmädel (JM), a branch organization for girls between the age of 10 and 13, was also formalized and made mandatory during this period. [1] The buttons are emblazoned with “BDM JM”, which would seem to indicate that they were also, or mainly, intended for the JM. The backsides of the buttons are emblazoned with the Reichszeugmeisterei (RZM) logo and identification number. The RZM was the organization responsible for control of all uniforms and other official party equipment, and was headquartered in Munich. The RZM identification numbers were used to indicate what factory or company produced the items, and was present on all official party equipment. After 1933 the RZM, like many other NSDAP organizations, expanded quickly. [2]
The wide use of systematized identification for even the smallest of objects indicates a high level of control, which is a central aspect of NSDAP ideology. The other object highlighted here, an instruction for creating a BDM blouse at home, is an example of a different and even contrary idea of control. The instruction is printed by Otto Beyer Verlag, a publisher who specialized in textile crafts and women’s magazines. [3] The fact that a private company would publish an instruction on how to create a part of an NSDAP-organization’s uniform seems, at a first glance, to be contrary to the idea of the RZM´s centralized control. But when the instructions are analysed in light of the NSDAP´s view of women, the fact that BDM members were expected to make their own blouses can also be viewed as a form of control. Textile crafts were supposed to be a woman´s duty, both to preserve traditional gender roles and to save industrial resources for other uses.
These two versions of control and conformity, both illustrated by the practices surrounding BDM-uniforms, form one possible perspective for studying the NSDAP´s view of society. The two objects illustrate how different aspects of a totalitarian state can seem contrasting at a first glance, but symbiotic after further analysis. While the BDM-buttons are an example of centrally produced objects that carry their history in straight forward symbols, a home-made BDM-blouse is a distinctly personal item that carries a personal history. Of course, these are not two completely different categories, as objects can form a personal history as part of their object biography even if they are industrially made, and home-made objects can lose their individual context. But the objects presented here can still represent two sides of what is expected of the citizens of a totalitarian state, and more specifically the NSDAP´s multifaceted systems of control. A BDM uniform was both an example of the individual woman's personal qualities, as well as a symbol of the uniformity of the German people.
AUTOR: Edwin Mårtensson
QUELLEN:
[1] Krentz, Natalie. Der Bund Deutscher Mädel (BDM). Deutsches Historisches Museum, Berlin, 2014. Available at www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/ns-organisationen/bund-deutscher-maedel.html (accessed 04.03.2024)
[2] Weyerer, Benedikt. Reichszeugmeisterei. In Nerdinger, Winfried (ed.). Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München. Salzburg, Pustet, 2006, pp. 53-56.
[3] Sächsisches Staatsarchiv. Verlag für die Frau, Leipzig. Available at www.archivportal-d.de/item/YYF4XKIZSUURLYOKYSFCJJTABKHOFWJQ (accessed 05.03.2024)
Futtersack
- Objektbezeichnung: Futtersack
- Inventarnummer: TO830
- In der Sammlung seit: 2003
- Datierung: ca. 1920-1960
There are many examples of transportation textiles at the STAK, including Geldkatzen, cloth sausage casing and a myriad of different bags. These range from the handbags that have served a mainly aesthetic purpose, to more utilitarian post and shopping bags. The item presented here certainly falls in the more utilitarian category at a first glance. It is a linen canvas sack, that was used for storing chicken feed before coming into the collection. It is important to note that this is only the most recent of its uses, as it is stamped with labels indicating different uses throughout its life. On the front of the sack is the stamp of the manufacturer, Bemis Brothers Bag Company. Bemis was one of the largest US producers of packaging in the late 19th and early 20th century. The rest of the logo on the front, “A Heavy Duty Seamless”, indicates the quality of the sack, and the fact that it was made from a cylindrically woven fabric. [1] Because this structure limits the necessary seams to the bottom and top of the sack, it makes it sturdier and less prone to spillage.
The other side of the sack has shipping stamps on it, indicating that it at some point was filled with alfalfa or alfalfa seeds, and sent from Idaho to London. It is of interest to note that the inside of the bag has been stamped as well, which indicates that it was turned inside out and reused for a different purpose. The stamps on the inside are the logo of Carters Tested Seeds Ltd. and information on the bag´s contents and size. Carters, a London based company, published gardening and agricultural magazines and reference books. Carters also sold high quality seeds, and their clients included the British Royal family. [2]
The sack is not only interesting in connection with international uses of transport textiles. It also represents an interesting part of textile history, and how textiles can be repurposed. When the textile sack became the most common method of storing dry goods, substituting the wooden barrel in the middle of the 19th century, it also provided an easy and readily available source of cloth. Because of this, sack fabric became an often-used material for making homemade textile objects. This, in turn, was noticed by the companies selling the sacks, who began to print the fabric in colourful patterns. By doing so they gave consumers a reason to choose their product over a rival’s. The consumer was at the same time on the lookout for different patterns while buying goods packaged in sacks. The ubiquitous nature of these sack prints led to a tradition of sowing quilts and clothing from many different patterns. [3]
The cloth of the sack in the collection is of course neither printed or repurposed, but it still gives a valuable resource for studying this type of ‘multipurpose’ fabric. Having an original sack at hand also shows that they could be reused even if they were not transformed into another textile object, for example by being used for storage and shipping several different times in its lifetime. The fact that it ended its active life storing chicken feed is also interesting, as it shows the fact that older storage and transportation textiles can serve an active similar purpose for a very long time, while most packaging produced today is only used one time before being discarded.
AUTOR: Edwin Mårtensson
QUELLEN:
[1] Terry, Dickson. They´ve Made Bags by Billions in 100 Years, St. Louis Post-Dispatch, St. Louis, Missouri, 20.05.1958, available online at www.newspapers.com/paper/st-louis-post-dispatch/4064/ (accessed 22.02.2024).
[2] The Museum of English Rural Life. Carters Tested Seeds Ltd. merl.reading.ac.uk/collections/carters-tested-seeds-ltd/ (accessed 22.02.2024)
[3] Print Pattern Archive. Fabulous Feedsacks. www.printpatternarchive.com/post/fabulous-feedsacks, (accessed 22.02.2024)
Toilettenrollenhaube
- Objektbezeichnung: Toilettenrollenhaube
- Inventarnummer: TO882
- In der Sammlung seit: 2004
- Datierung: 1950-1970
The object in focus this month is a crocheted blue and white toilet roll cover (Toilettenrollenhaube) [1]. Toilettenrollenhauben are a traditional form of decoration, often used in cars. The idea of covering up toilet paper in order to make it more pleasing to the eye may seem like a natural impulse. There is an argument to be made that this simple description of the object and its intended purpose and role misses the deeper idea Toilettenrollenhauben might potentially illustrate. This text suggests that this idea is the concept of (German) kitsch.
To call the Toilettenrollenhaube kitsch is a fairly non-controversial statement. Kitsch as a concept is very hard to define, but many instances of kitsch, or at least “kitschiness”, are easy to find. The traditional garden gnome, hotel art and snow globes quickly come to mind, among many other motives and forms. The original German word described paintings in specific, but the meaning of the term later expanded to describe many different forms of expression. Thomas Kulka, in his book Kitsch and Art, admits that the term is hard to define, but gives a couple of very useful guidelines. For works of art, Kulka defines kitsch as an artistic piece whose “appeal is not generated by the artistic merit of the work itself but by the emotional appeal of the depicted object”. [2] This definition outlines the inherently simple nature of kitsch, as a form which neither challenges nor requires complex analysis.
For the case of art, this is of course a highly disparaging definition, as it implies that kitsch is inherently less interesting than a non-kitsch work of art. Viewing kitsch in this way also means it is a highly subjective phenomenon, which can be used to belittle forms of art and expression one does not like. The negative implication can also be extended to many everyday decorative items. One might very well say that this in many cases is a fair, if pointless, point of view. The garden gnome, indeed, does not try to challenge the viewer, but is there to decorate the lawn. This form of decoration is thus there for the viewer to enjoy in a simple and non-critical way. This view is, of course highly simplistic and ignores central aspects of the material history of kitsch objects. To actually understand the Toilettenrollenhaube as an aspect of material culture, we must discuss and analyse its creation, use and continuing role in how culture has been performed and produced. This text is arguing that a discussion of kitsch can help with this goal, as long as it is only one of many framings.
One way that kitsch can help with understanding the Toilettenrollenhaube starts with noting that it serves a more directly obscuring purpose, that of hiding, or beautifying, toilet paper. An often-mentioned author when discussing kitsch is Milan Kundera, who spends some time discussing and defining kitsch in the novel The Unbearable Lightness of Being. One of Kundera´s definitions of kitsch focus on a phenomenon deeply connected with the Toilettenrollenhaube: “Either/or: either shit is acceptable […] or we are created in an unacceptable manner. It follows, then, that the aesthetic ideal of the categorical agreement with being is a world in which shit is denied and everyone acts as though it did not exist. This aesthetic ideal is called kitsch.” [3]
With this in mind, we can add a layer of understanding to how and why the Toilettenrollenhaube can be seen as kitsch. It is not only kitsch in the simplicity of making its environment more pleasant, but also in the fact that it covers up the evidence of an undesirable, or even non-kitsch, phenomenon. By covering and decorating toilet paper, the Toilettenrollenhaube is kitsch not only in form, but inherently also in function. If kitsch is the simplifying, flattening and idealizing of a complex and sometimes ugly reality, then what can be more kitsch than covering up the evidence of undesirable basic human functions.
AUTOR: Edwin Mårtensson
QUELLEN:
[1] Because of the quintessentially German nature of the object, the German word will be used in this text.
[2] Kulka, Thomas. Kitsch and Art. Penn State University Press, University Park (PA). 1996, p. 42.
[3] Kundera, Milan. The Unbearable Lightness of Being. Harper Perennial, New York (NY). 1991, p. 248.
Bobbin Lace Pillow and Klöppel-Spitzen (1916) by Gussy von Reden
- Objektbezeichnung: Bobbin Lace Pillow and Klöppel-Spitzen (1916) by Gussy von Reden
- Inventarnummer: TO461
- In der Sammlung seit: 2001
- Datierung: 1900-1920, 1916
This month´s object is a pillow for making bobbin lace, sometimes also called pillow lace. Bobbin lace is named after the use of bobbins (Klöppeln in German), to which thread is attached. This enables the lace maker to manipulate and control many threads at the same time and thus weave complex extended patterns of lace. There are further categories within the group of bobbin lace, and there are many different styles of bobbin lace pillows. [1] The pillow being presented here has a rolling centre pillow, on which the lace is made. The outer pillow is used for attaching and controlling the bobbins which is most often done with the same pins used for attaching the lace pattern.
The pillow in the collection was donated by a former teacher of handicrafts. The donation included 34 bobbins, some thread used for lace making and a book on bobbin lace. The book is part of the series Beyers Handarbeitsbücher der Deutschen Moden-Zeitung. It includes an introduction to bobbin lace, detailed descriptions of methods and four sheets with different lace patterns. The author of the book, Gussy von Reden, seems to have been an expert on bobbin lace, and published many other books on the subject during the first decades of the 20th century. [2] It is worth noting that the book advertises six sheets of lace patterns, and it seems this copy lacks sheets No. one and five, which have most probably been used for their intended purpose: the step by step production of a piece of lace. The patterns available to the collection vary quite a lot in complexity. Some are showcasing simple techniques, more suited for beginners or as parts of larger pieces of lace. Others are larger or much more complex, demonstrating the intricacy of more refined pieces of lace. There is also, of course, a difference in intended use of different patterns, meaning one has to choose patterns based on the required size and delicacy of the final piece of lace.
The book is the third edition of the work, published in 1916. In the introduction to the third edition von Reden opens with: “Spitzenklöppeln ist eine im Erzgebirge uralte Volkskunst, deren Erfindung der Barbara Uttmann, Annaberg, im Jahre 1561 zugeschrieben wird.“ This statement establishes two things. First, von Reden argues that lace making is a very old form of handicraft. Second, they bring forth the at the same time German and female origins of bobbin lace in the figure of Barbara Uttmann. In fact, Uttmann did establish the lacemaking industry in Annaberg in the 16th century and it is written on Uttman´s tombstone that she invented the bobbin lace technique. [3] Annaberg and the region of Erzgebirge was of central importance for lace making in the 18th and 19th centuries. [4]
In the end of the preface to the book, von Reden urges her intended readers, “Jede deutsche Frau”, to make sure to only purchase German lace. The stated reason for this is to support female home workers, who would be considered part of the historical cottage industry. The home workers are presented as poor and threatened by the spread of machine lace, and von Reden thus indirectly paints a picture of how traditional handicrafts are being threatened by industrialization. Within the third edition´s specific chronological context this interpretation can be extended to include the ongoing national struggle of the First World War. It might be argued that von Reden is portraying bobbin lace as a German handicraft in an effort to distance it from its image as a Belgian and French style. These two national adversaries constituted a threat not only the male-coded military, but also to the female-coded textile handicrafts. Von Reden is thus giving the female population of Germany a chance to support the national cause, the bourgeoisie by buying German handmade lace and the working class by continuing the production of the lace.
Von Reden´s presentation of bobbin-lace-making as a simultaneously ancient, cultural, German and female activity is further strengthening the argument that the audience should support and practice bobbin lace making. This aspect of how bobbin lace was viewed and communicated gives a very interesting background for the pillow present in the collection. It raises many questions on how bobbin lace was on one hand practiced, but on the other hand politicized, both during the early 20th century and further back in history.
AUTOR: Edwin Mårtensson
QUELLEN:
[1] Leader, Jean. Introduction. Bobbin Lace. Lace Types. A Historical Guide to European Laces. available at https://www.lacetypes.com/bobbin.html (accessed 02.01.2024)
[2] I have been unable to find any source on von Reden, but a simple search gives many examples on books by the author. For example https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Angebote/autor=von+Reden+Gussi (accessed 02.01.2024)
[3] Brooklyn Museum. Barbara Uttmann. available at https://www.brooklynmuseum.org/eascfa/dinner_party/heritage_floor/barbara_uttman (accessed 02.01.2023)
[4] Leader, Jean. Other Countries. Bobbin Lace. Lace Types. A Historical Guide to European Laces. available at www.lacetypes.com/othercountries.html (accessed 02.01.2024)
Fahrradfahrertransportierseil
- Objektbezeichnung: Fahrradfahrertransportierseil
- Inventarnummer: TO87
- In der Sammlung seit: 1999
- Datierung: 1949-1990
This month’s object is an eighteen-meter rope, with eight attached handles. It was made for the Swedish military, to ease the transportation of soldiers on bicycles. The rope was attached to the back of a motor vehicle, and the troops could hold on to the handles, and thus would not have to exert themselves too much over long distances. Several of the ropes could be linked, so that more than eight soldiers could be pulled at the same time. In a handbook published by the Swedish military there are detailed instructions of how to deploy the rope. [1] The handbook details how the soldiers have to make sure the rope is taut, except in curves where some slack is needed to avoid being pulled into the curve. Exactly how to let go of the rope, both when ordered to and in case of an accident, is also shown and explained in detail. [2]
The rope was purchased at a flea market in Sweden in the 1990: s. Since the rope, in Swedish called a tolklina, [3] stopped being used in 1990 when the bicycle shooting companies where disbanded it is likely that a lot of them were available for purchase during this period. According to a rough calculation made by a representative of the Military Museum in Stockholm around 10 000 ropes would have been produced. They were first deployed in 1949 and it is thus quite challenging to get an exact dating of this particular rope.
The rope has been treated with what seems to be pine-tar. Pine-tar is common in Sweden, and although mainly used for the treating of wood it is not uncommon to find older heavy-duty ropes treated with it. [4] Pine-tar can vary quite a lot in both colour and smell, but most often gives the treated material a darker brown colour, unlike the black and often foul-smelling coal tar. Pine-tar, on the other hand, is considered pleasant enough that it was an ingredient in the dessert served at the Nobel banquet this year. [5] Since pine-tar can also easily be blended with other organic compounds, it is possible that the tolklina has also been treated by other chemicals, mixed to fit the needs of the military and properties of the fibre. [6]
The rope presents us with an interesting textile, both in use, history and form. It is one of the objects in the collection whose use requires a bit of research to understand, and as such it also poses further historical and material questions. On a basic level it immediately poses practical questions of how to use it, which are in part answered by the handbook. It also poses terminological questions, as the direct translation of tolklina would be translation-line. As the term is both very specialized and archaic it is not directly evident what the such a line was used for. With the internet these are, of course, much simpler problems than they used to be. When the collection´s background material on the object was collected more than 20 years ago, information was not as readily available. Objects do of course speak for themselves, but in some, if not all, cases it is vital to do further research on both origins and use. The tolklina illustrates this quite well by being obscure enough to warrant further research but well defined enough to have a strict, and regulated, use. Not all objects have a manual that illustrates how to use them.
AUTOR: Edwin Mårtensson
QUELLEN:
[1] Cykel Instruktionsbok. Försvarets Materialverk, M7786 003520 (F201:1A), 1977, pp. 16-17.
[2] Soldaten i fält: SoldF 1. Allmänna förlaget, Stockholm, 1972, pp. 72-73.
[3] The current use of such lines is nowadays largely confined to sporting events, and are called joring-lines in English (https://nahak.ca/en/sporting-activities/bikejoring/) Since joring is a direct loan word from Norwegian, and the military practice is different from the sport in many ways, I have chosen to here use the Swedish loan word to illustrate the unique qualities of the object.
[4] Bolin, I., Santesson, C. G.. Trätjära. In Westrin Th. (ed.). Nordisk Familjebok, vol. 30. Nordisk familjeboks förlags aktiebolag, Stockholm, 1920, pp. 195-196. Available at https://runeberg.org/nfcj/.
[5] Hüll, Justina, Hedberg, Sofia. Svensk-norsk matfest på nobelmenyn: ”Nästan som citronjuice!” SVT Nyheter, 10.12.2023, available at https://www.svt.se/nyheter/inrikes/svensk-norsk-matfest-pa-nobelmenyn-nastan-som-citronjuice--kez4c1 (accessed 12.12.2023)
[6] Schwedischer Farbenhandel. Datenblätter DALBRÄND TRÄTJÄRA 773 (Brennofen gebrannter Kiefernholzteer. 18.02.2019, available at schwedischer-farbenhandel.de/Datenblaetter/td_de_Dalbraend_Traetjaera_773.pdf (accessed 01.12.2023). Example of rope treated with pine wood tar being produced and sold: www.repbutiken.se/naturfiber/tjarat-hamparep
Suit, peplum blouse and etui skirt
- Objektbezeichnung: Suit, peplum blouse and etui skirt
- Inventarnummer: KG1564a+b
- In der Sammlung seit: 2008
- Datierung: 1980s?
The clothing of women in public roles is often regarded as important, and can garner a lot of interest. Such interest may either amount to a seemingly hagiographic depiction in form of a stylish icon, or on the other hand result in criticism of a lack of style. Examples of both views are abundant, and are not limited to any specific area of public life. Vogue´s profile on the first lady of Syria, published in March of 2011 (the same month that the protests leading to the still on-going civil war begun) [1] is an interesting example of how a positively intended depiction of style can become highly problematic. On the other hand, we have the enduring criticism of Angela Merkel´s fashion choices, which was, predictably, compared to the lack of scrutiny afforded male politicians. [2] Questions of power, clothing and politics have previously been discussed within this institute by Professor Karen Ellwanger, and will no doubt be a continuing subject of research. [3]
This month´s object can illustrate another layer of this debate. It simultaneously showcases how the focus on and communication around female clothing can become materialized. The object is a skirt suit, consisting of a peplum blouse and an etui skirt. Both are made from the same dark blue fabric that shows a floral white pattern. One of the most distinguishing features of the blouse is its asymmetrical lapel, consisting of a layered white and textured contrast fabric, with two matching buttons, covered with the same fabric. Only one of these buttons serve the purpose of holding the dress together, while the other has a decorative function. In addition, the blouse is held together with several snap buttons and a hook which attaches to a loop directly underneath the ornamental button. This is, as one might imagine, a rather complex way of fastening a blouse, and indicates that it is a tailored (rather than industrial) piece. The skirt has an inner lining only attached to the waist, with a lower trim of torchon lace.
As can be found out from background material available in the collection, and a previous project concerning the suit, it was custom tailored based on a suit worn by Queen Silvia of Sweden. The woman who ordered the suit had seen a picture of it in a magazine and ordered it from her tailor. [4] This shows how the examination of public women can participate in the circulation of styles in a practical material sense. There are many other examples of this of course, like fashion brands inspired or run by public figures, and articles and websites providing tips for how to dress like a specific famous woman. [5] But I would argue that with this object in particular, the collection possesses a more individual and thus unique example of direct material inspiration. This leads to further questions of how widespread the bespoke tailoring of clothing directly influenced by public figures has been historically, and is today. There is, as one might suspect, very little information to find on this subject. Most of what is available in the fashion and lifestyle press focuses on how styles are shared within the public sphere, which is of course also an important subject for the understanding of the circulation of styles.
Despite there being some focus on the copying and inspiration of style between public figures, this month´s object arouses interesting questions. The question of how widespread the small-scale reproduction of clothing is remains unanswered, and adds a distinctly material twist on the subject of fashion circulation and creation. If there are more objects like this one, in public and private collections, where does the research focus lie? What sort of public figure inspires what form of emulation? These questions show that much further research on the topic remains to be done!
- Edwin Mårtensson
QUELLEN:
[1] Khaleeli, Homa, Asma al-Assad and that Vogue piece: take two!, The Guardian, 2012, https://www.theguardian.com/world/shortcuts/2012/jul/31/asma-alassad-vogue-blame-game, (accessed 28.09.2023). Original Vogue article has been removed from Vogues website but the text is still available at https://www.gawker.com/asma-al-assad-a-rose-in-the-desert-1265002284.
[2] Mischke, Judith, Merkel: Clothing criticism reveals double standards, Politico, 2019, https://www.politico.eu/article/german-chancellor-angela-merkel-clothing-criticism-reveals-double-standards/ (accessed 28.09.2023).
[3] Ellwanger, Karen, A Change of Clothes in Politics? – On the Vestimentary Staging of Gender in Political Space, (Translation by Uhlaner, J.) Studien zur Materiellen Kultur, Band 12, Institute of Material Culture, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 2014 (Original published 2000).
[4] “Königin Silvia Kostüm”, Materielle Kultur, http://materiellekultur.de/koenigin-silvia-kostuem/ accessed (accessed 05.10.2023). This project is based on an interview with the tailor, Mr. Seidel, but was mainly focused on the more general history of female suits. As I deem the background of this particular suit to be of much of interest, a further analysis of it is beneficial.
[5] A good example of this are the numerous articles on how to dress like Princess Diana (Diana, Princess of Wales, née Spencer), for example Pucket-Pope, Lauren, Where to Shop Princess Diana's Most Iconic Outfits, Elle, 2021, https://www.elle.com/culture/movies-tv/a38148989/shop-princess-diana-outfits-fashion-the-crown-spencer/ (accessed 29.09.2023).
Spinnwirtel
- Objektbezeichnung: Spinnwirtel
- Inventarnummer: TO712 a-c
- In der Sammlung seit: 2002
- Datierung: 20. Jahrhundert
Interessant, dachte ich, Spinnwirtel in der STAK – wie kommen die denn da hin? Nun, recht überlegt, ist das gar nicht so abwegig. In eine Sammlung textiler Alltagskultur, auch wenn der Schwerpunkt auf dem 20. Jahrhundert liegt, passen diese Objekte allemal hinein. Aber fangen wir vorne an.
Spinnwirtel gibt es schon sehr lange. Erste Nachweise in Europa stammen aus dem 6. Jahrtausend v. Chr. [1] Sie gehören zu einer durchaus weitverbreiteten archäologischen Fundgattung, die sowohl in Siedlungen als auch in Gräbern vorkommt. Der Archäologe Heinrich Schliemann (1822–1890) hat beispielsweise bei seinen Ausgrabungskampagnen in der Zeit von 1870 bis 1890 auf dem Ruinenhügel Hisarlık – er vermutete hier das antike Troia – mehrere tausend Exemplare geborgen,[2] die sich heute in zahlreiche Universitätssammlungen und Museen verstreut finden (siehe dazu die mit ausgestellte Vergleichsabbildung). Spinnwirtel sind in der Regel rund, können eine Scheiben- oder Linsenform besitzen, flach- oder steilkonisch (also spitzzulaufend), kugel- oder hütchenförmig sowie (meist einseitig) verziert oder unverziert sein. Die Objekte weisen also eine große Variationsbreite auf – das gilt für ihre Größe, ihr Material (z. B. Ton, Glas, Bernstein, Knochen, Metall), ihre Form oder auch ihre Verzierung. Dabei haben sie aber durchaus einen gewissen Wiedererkennungswert – jedenfalls sofern man sie schon einmal gesehen hat und weiß, worum es sich handelt: Alle weisen nämlich eine Durchlochung auf.
Was hat es nun mit diesen Objekten auf sich, die von der Jungsteinzeit bis weit ins Mittelalter in Gebrauch waren – ja, bis in die Moderne hinein? Spinnwirtel sind Teil von Handspindeln und verweisen damit auf Textilverarbeitung. Zusammen mit dem Spinnstab, der zumeist aus vergänglichem Material hergestellt wurde und sich in der Regel daher nicht erhalten hat, bilden sie ein Ganzes, wobei der Spinnwirtel als Schwungscheibe/-gewicht eine wichtige Funktion beim Verspinnen von Fasern zum Garn übernimmt. Abbildungen des Spinnvorgangs finden sich beispielsweise auf zahlreichen antiken griechischen Vasen, wo das Motiv spinnender Frauen als normiertes Rollenbild immer wieder aufgegriffen wurde und Teil einer festen Bildsymbolik war. [3]
Die in der STAK befindlichen Spinnwirtel unterscheiden sich hinsichtlich Größe, Material, Form und Verzierung nicht von solchen aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit. Die drei aus gebranntem Ton hergestellten und unterschiedlich verzierten Wirtel sind allerdings relativ leicht und weisen keine bzw. kaum Abnutzungsspuren auf. Das verwundert auch nicht, denn es handelt sich schließlich um keine antiken, sondern vielmehr um moderne Objekte des 20. Jahrhunderts, die zudem wohl niemals in Gebrauch gewesen sind. Sie kamen im Jahr 2002 in die Oldenburger Sammlung und stammen aus dem Nachlass von Ingrid Köller (1935–2002), die von 1984 bis 2000 am Institut für Materielle Kultur den Schwerpunkt Textildidaktik vertrat. [4] Ob sie von ihr vielleicht einmal angekauft wurden oder ob sie diese selbst hergestellt hat, ist nicht klar. Die Quellenlage ist leider recht schlecht. Auf der Karteikarte ist lediglich vermerkt: „Ein Spinnwürfel [sic!] trägt das Signet: ‚I‘ “. Das mag auf die Besitzerin hinweisen, vielleicht ja sogar darauf, dass dieser Wirtel von Ingrid Köller geformt wurde – wer weiß. Zweifellos sind die drei auf den ersten Blick unscheinbaren und für die eine oder den anderen wenig ansprechenden Objekte aber ein anschauliches Beispiel für eine (alte) Textiltechnik, die eine lange Geschichte hat und die bis heute immer noch betrieben wird. Über die Exemplare lässt sich eine kulturgeschichtliche Tiefe fassen, die gerade für das Verständnis textiler Alltagskultur und Alltagspraktiken von hoher Relevanz ist. Gut, dass sie in der STAK sind.
- Stefanie Samida
Quellen:
1. Vgl. Rudolf Albrecht Maier, Neolithische Tonspinnwirtel aus Ufersiedlungen des Bodensees. In: Germania 37, 1959, 35–52.
2. Vgl. Heinrich Schliemann, Atlas trojanischer Altertümer (Leipzig 1874); Rainer Hilse, Troianische Spinnwirtel. In: Mitteilungen aus dem Heinrich-Schliemann-Museum Ankershagen 7, 2001, 135–150.
3. Für ein Beispiel siehe https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bf/Woman_spinning_BM_VaseD13.jpg, (letzter Zugriff: 25.08.2023); siehe auch Daniela Ziegler, Hausfrau, Ehefrau, Lebensgefährtin, Mutter. Die sozialen Rollenbilder der Frau auf attischen Vasen klassischer Zeit (Dissertation Universität Erlangen-Nürnberg 2007), URN: urn:nbn:de:bvb:29-opus-23910 (letzter Zugriff: 25.08.2023).
4. Zu Ingrid Köller siehe Heike Derwanz/Patricia Mühr (Hrsg.), Geldkatzenwäsche: Kommentierte Neuheraushabe der Schriften Ingrid Köllers zur Didaktik textiler Sachkultur (Oldenburg 2020), abrufbar hier: https://uol.de/f/3/inst/materiellekultur/Forschung/Schriftenreihe_Studien_zur_Materiellen_Kultur/Publikationen/Studien_Mat_Kult_Band_31-40/Band39_Geldkatzenwaesche_Derwanz_Muehr_2020_01.pdf?v=1610374549 (letzter Zugriff: 25.08.2023).
Puppenbekleidung
- Objektbezeichnung: Puppenbekleidung
- Inventarnummer: TO898
- In der Sammlung seit: unbekannt, Aufnahme ins Inventarbuch 2023
- Datierung: 2000 bis 2010er
Barbie! Im Kino, im Radio und in Werbeanzeigen zum „I am Kenough“ Hoodie. [1] Der Film „Barbie“ von Greta Gerwig schlug im Juli 2023 ein wie eine pinkfarbene Bombe. [2] Auch in meinem Umfeld sorgten Film und die Kombination von Themen rund um Puppen, Mode und Feminismus wochenlang für Gesprächsstoff. Dabei kamen Freunde und ich immer wieder auf Kindheitserinnerungen zu sprechen. Wie viele Barbie-Filme hast du gesehen? Welche Puppen hattest du? Was waren deine Lieblingsoutfits? Hast du deinen Puppen auch eine radikale Kurzhaarfrisur verpasst?
Wie und ob der/die Vorbesitzende des Objekts TO898 eine ähnlich prägende Beziehung zu Puppen pflegte, können wir nur spekulieren. Denn die vorliegende Puppenbekleidung wurde bei der aktuellen konservatorisch begründeten Umbettungsmaßnahme ohne Kontext-Material oder Inventarnummer in einem Karton gefunden.
Die trapezförmige Verpackung ist mit einem kontrastreichen Farbschema aus Lila, Gelb, Blau und Pink besonders auffällig. Auf fast allen Seiten finden wir im gelben Schriftzug die Bezeichnungen „We Teens“ und „Dernière mode Fashion Moda“. Die Vorderseite ist mit der Artikelnummer „38062“ beschriftet. Auf der Rückseite sind in den Sprachen Französisch, Englisch, Portugiesisch, Spanisch und Deutsch Vorgaben zur sicheren Handhabung des Produktinhalts, Vertrieb- und Hersteller Informationen abgedruckt. Das Produkt wurde demnach in China hergestellt und von einem Geschäft mit französischem Sitz importiert. Zudem finden wir hier stilisierte Illustrationen von vier weiblich gelesenen Figuren. Sie tragen schrilles Make-up, langes offenes Haar, Minirock, bauchfreie Oberteile und Platteauschuhe. Im Sichtfenster wird das eigentliche Produkt, ein Outfit mit vier Bestandteilen, präsentiert: eine knöchel-lange blaue Schlaghose; ein gemustertes blaues Neckholder Top aus Samt; eine große gelbe Tasche mit Griff; blaue, leicht durchsichtige Plateausandalen mit Glitzerelementen.
Suche ich im Internet nach den besagten Schriftzügen, finde ich neben Produkt-Auktionen [4] nur rudimentäre Informationen. Laut dem russisch-sprachigen Puppen-Wiki „Kuklopedia“ soll „We Teens“ Teil einer von fünf Puppenlinien der 1999 gegründeten chinesischen Firma „Wilco Products Ltd“ sein. [5] Weiterhin geben uns Screenshots des Onlinedienstes „Wayback Machine“ Auskunft darüber, dass die nicht mehr existierende Website „wilcogirls.de“ und die Produktlinie „We Teens“ mindestens von 2003 bis 2014 existierten. Das Flash-Dateiformat ist hier zwar nicht mehr abspielbar, aber der YouTube-Kanal „Lookin' Bratz“ hat die Websiteinhalte glücklicherweise im Videoformat präserviert. [7] Die vier Figuren auf der Verpackungsrückseite heißen demnach Katie, Emily, Kimmy und Stephanie. In ihren individuell gestalteten Charakterprofilen wurde scheinbar viel Wert darauf gelegt, Aspekte wie das Alter (15-16 Jahre), Hobbies oder Lieblingsmusik genau zu beschreiben. Weiterhin sehen wir im „Product Showroom“ bei Artikelnummer „38031“ trapezförmige Verpackungen mit „Outfit-Only“ Produkten [ebd.]. Eventuell handelt es sich bei unserem Objekt um eine spätere Abwandlung dieser Produktreihe oder um eine an den europäischen Markt angepasste Version.
Zum Schluss geben uns die YouTube Kommentare Auskunft über Beispiele von persönlichen Geschichten. So ist eine Person der „Doll Customization Community“ begeistert davon, dass es leicht sei in Deutschland „We Teens“ Puppen zu erwerben. Und eine weitere Person erinnert sich euphorisch an eine Kindheits-Obsession mit diesem Spielzeug [ebd.].
- Veronika Dawydow
Quellen:
[1] vgl. Colónjul, Ana: Of Course Mattel Is Selling That I Am Kenough Hoodie, in: Fashionista, 24.05.2023, fashionista.com/2023/07/i-am-kenough-hoodie-barbie-movie, Zugriff: 06.09.2023.
[2] vgl. Kino.de: Barbie, www.kino.de/film/barbie-2023/, Zugriff: 06.09.2023.
[3] vgl. bspw. Mercari: Suchanfrage zu Wico Fashion Dolls, www.mercari.com/us/brand/10913/1620/, Zugriff: und Worthpoint: Suchanfrage zu wilco we teens, www.worthpoint.com/inventory/search= , Zugriff: 06.09.2023.
[4] vgl. Куклопедия: Wilco, wiki.kuklopedia.ru/doll/Wilco, Zugriff: 06.09.2023.
[5] vgl. Internet Archive Wayback Machine: Screenshot Kalender der Suchanfrage, web.archive.org/web/20230000000000*/http://www.wilcogirls.com/index.htm , Zugriff: 06.09.2023.
[6] vgl. Lookin’ Bratz, Wilco's We Teens Website Tour. Product Showroom, Character Profiles, Songs, and More!, in: YouTube, 14.03.2023, youtu.be/tcXtjUuIhi8, Zugriff: 06.09.2023.
Tanzstundenfächer
- Objektbezeichnung: Tanzstundenfächer
- Inventarnummer: KG2040
- In der Sammlung seit: Juni 2023
- Datierung: 1940er
In Poesiealben und Liebesbriefen werden Gedichte und Botschaften (manchmal im Geheimen) zwischen Freund:innen oder Verliebten ausgetauscht. Das aktuelle Dings da! erinnert ein bisschen an beides. Der sogenannte Tanzstundenfächer gehörte der Mutter der Spenderin und stammt laut ihrer Angabe aus den späten 1940er Jahren. Es handelt sich um einen Briséfächer aus Holz. Das bedeutet, dass die einzelnen Stäbe identische Form und Maße haben. [1] Am unteren Ende befindet sich ein Metallstift mit Öse, im oberen Drittel werden sie zusätzlich von einem Textilband zusammengehalten.
Im geschlossenen Zustand wirkt das Objekt unscheinbar. Sein Geheimnis offenbart der Fächer erst, wenn man ihn öffnet und die Stäbe auseinanderschiebt. Dann kommen mit Bleistift geschriebene Zeilen zum Vorschein. Unterschiedliche Handschriften und Namen lassen schnell erkennen, dass jeder Stab von einer anderen Person beschrieben wurde – teilweise sogar auf beiden Seiten. Das Entziffern ist nicht einfach, da einige Stäbe in der sogenannten Sütterlin-Schrift, einer Variante der Kurrent-Schrift, beschrieben sind. Dieses Alphabet wurde in Schulen offiziell seit 1915 gelehrt, aber bereits 1941 wieder verboten und durch die bis heute gebräuchliche Schreibschrift ersetzt. [2] Die von der Spenderin angegebene Datierung des Fächers auf die späten 1940er Jahre (nach der Wiedereröffnung von Tanzschulen ab Kriegsende) erscheint also plausibel.
Bei den handgeschriebenen Zeilen handelt es sich um Verse, die sich um das Thema ‚Liebe‘ drehen. Teilweise sind sie humorvoll, teilweise reimen sie sich. Sie erinnern an die kurzen Sprüche in Poesiealben, für die sogar eigene Verssammlungen herausgegeben wurden, in denen man blättern und sich für einen Eintrag inspirieren lassen kann. Solche Sammlungen gab es auch speziell für die Beschriftung von Tanzstundenfächern, wie das hier ausgestellte Buch „Fächerverse“ von 1914 zeigt. [3] Aufgrund seines handlichen Formates konnte es in die Tasche gesteckt werden und erwies sich möglicherweise als nützliche Inspirationsquelle für Tanzpartner:innen, die um Einträge auf Fächern gebeten wurden. Teilweise verfügten Tanzstundenfächer sogar über eigene kleine Bleistifte, die an die Ösen angebunden waren. [4] Ihre Vorläufer sind sogenannten Autographenfächer aus dem 19. Jahrhundert, deren Besitzer:innen auf den Stäben die Unterschriften berühmter Persönlichkeiten sammelten. [5] Bei dem Exemplar der STAK ist zwar kein Bleistift mehr vorhanden, dafür aber die Visitenkarten der Besitzerin, die im Tausch gegen den Eintrag überreicht wurden (KG 2042) sowie ein Album, in dem Fotografien einiger der Tanzpartner:innen überliefert sind (KG 2041). Beide Objekte werden hier gemeinsam mit dem Fächer ausgestellt.
Auch wenn Tanzstundenfächer mittlerweile in Vergessenheit geraten sind, waren diese Objekte früher keine Seltenheit. Sie sind auch in den Sammlungen weiterer Museen zu finden. [6] Das Exemplar aus der STAK ist leider durch häufigen Gebrauch stark beschädigt. Einzelne Stäbe werden nur noch durch das Textilband zusammengehalten, mehrere abgebrochene Teile sind bereits verloren. Eine Handhabung im Rahmen der präventiven Konservierung, eine regelmäßige fotografische Dokumentation des Zustands, die Transkription der erhaltenen Schrift und die Erfassung in der Datenbank können dabei helfen, den Alterungsprozess zumindest in digitaler Form zu verlangsamen. So bleibt der Tanzstundenfächer hoffentlich noch lange erhalten und regt zum Schreiben vieler Geschichten an!
- Klara von Lindern
Quellen:
[1] Vgl. den Eintrag zur Typologie von Fächern auf der Seite des Deutschen Fächermuseums, https://www.faechermuseum.de/typology (letzter Zugriff: 15.09.2023)
[2] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Sütterlinschrift (letzter Zugriff: 15.09.2023)
[3] Vgl. Gustav W. Ewerlein: Fächerverse, Leipzig 1914
[4] Vgl. Ute Marquardt: Tanzstundenfächer, http://tanzstundenfaecher.de/?page_id=37 (letzter Zugriff: 15.09.2023)
[5] Vgl. beispielsweise die Exemplare im Wien Museum und im Victoria and Albert Museum, https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/584109-autographenfaecherfaltfaecher/ und https://collections.vam.ac.uk/item/O1114043/autographed-wooden-fan-belonging-to-fan-unknown/ (letzter Zugriff: 15.09.2023)
[6] Vgl. beispielsweise die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und das Heimatmuseum Herrnhut, https://nat.museum-digital.de/object/31173 und https://www.saechsische.de/plus/liebesbotschaft-auf-dem-faecher-1730372.html (letzter Zugriff: 15.09.2023)
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Haarspangen
- Objektbezeichnung: Haarspangen
- Inventarnummer: TO252a-c
- In der Sammlung seit: vor 2000
- Datierung: 1928-1932
Die Sammlungsbestände aus der Teilsammlung Textile Objekte befinden sich seit vielen Jahren in flachen, beige-bräunlichen Boxen. Diese Aufbewahrungsmöglichkeit erweist sich als praktisch. Die schmalen Boxen lassen sich unkompliziert in den Regalen der Sammlungsräume übereinanderstapeln, übersichtlich einsortieren und einfach im Forschungs- und Lehrkontext handhaben. Die Inventarnummern sind gut sichtbar angebracht – von außen auf der Karton-Außenseite, aber auch in Form von Pappetiketten mit Sicherheitsnadeln direkt an den Objekten.
Wer seit etwa einem Jahr die Sammlung betritt, bemerkt schnell, dass die Regale inzwischen nur noch zur Hälfte mit den ursprünglichen Boxen gefüllt sind. Ihren Platz haben zum Teil stabilere, graue Kartons eingenommen. Die neuen Boxen unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Farbgebung: Im Gegensatz zu den früher verwendeten Exemplaren handelt es sich um Boxen aus säurefreiem Karton, die keine für die innenliegenden Objekte möglicherweise schädlichen Ausdünstungen hervorrufen. Die Objekte wurden zum Schutz in Packseide eingeschlagen. Außerdem wurden die Inventarnummern statt auf Pappschilder jetzt auf Abschnitte aus Textilband aufgebracht und nicht mehr mit Sicherheitsnadeln, sondern mit weißem Polyestergarn an den Objekten befestigt.
Diese Änderungen werden derzeit von Sammlungsmitarbeiter:innen im Rahmen einer sogenannten Umbettungsmaßnahme laufend vorgenommen. Hauptgrund sind konservatorische Maßnahmen zum Schutz der Objekte. Während die alten Kartons von außen ganz harmlos erscheinen, sieht es im Inneren unter Umständen ganz anders aus. Dies zeigt das traurige Fallbeispiel der Haarspangen aus Kunststoff. Sie datieren auf die Zeit um 1930, stammen aus dem Fundus der Sammlung und wurden 2000 inventarisiert und gemäß der damals verfolgten Vorgehensweise eingelagert. Im Mai 2021 stellte die Sammlungsmitarbeiterin Veronika Dawydow fest, dass der Kunststoff durch die Lagerungsbedingungen erheblichen Schaden genommen hatte. Die Sicherheitsnadeln mit den Inventarnummern waren in diesem Fall mit transparentem Klebeband direkt an den Spangen festgeklebt worden. Wie auf den Abbildungen im Schadensbericht ersichtlich, hatte dies zu einer teils starken Korrosion geführt. Unter dem Klebeband zeigte sich eine blaugrüne Patina, möglicherweise Grünspan (Kupfer(II)-acetat). Die Spange TO252b war in mehrere Einzelteile zerbrochen; weitere Microbrüche zeigen sich auch innerhalb der Teilstücke. Die Packseide war an den Kontaktstellen stark vergilbt. [1]
Aufgrund ihrer Datierung ist anzunehmen, dass die Haarspangen aus Bakelit gefertigt wurden. 1905 vom Chemiker Leo Hendrik Baekeland entwickelt, handelt es sich bei diesem Material um den ersten Kunststoff, aus dem bis in die 1960er Jahre hinein eine große Bandbreite an Gegenständen produziert wurde: Von Lichtschaltern über Haartrockner und Telefone bis hin zum Schmuck. [2] Obwohl sich das Material durch extreme Haltbarkeit auszeichnet, war es offensichtlich nicht gegen Schäden durch Metallkorrosionen gewappnet, die ihrerseits durch Reaktionen der Sicherheitsnadeln mit dem Klebeband entstanden.
Um zukünftig lagerungsbedingte Schäden zu vermeiden, werden die alten Boxen sowie die mit Sicherheitsnadeln angebrachten Inventarnummern nun wie beschrieben ersetzt. Ein Blick auf dieses Stück Sammlungsgeschichte zeigt, dass sich auch konservatorische Auffassungen im Laufe der Zeit verändern. Lagerungsbedingungen werden immer wieder hinterfragt, aktualisiert und neuen Erkenntnissen angepasst. Ob in der Sammlung ein endgültiger Status erreicht wurde, erscheint zweifelhaft – stetiges Beobachten, Selbstkritik und Reflexion des eigenen Vorgehens dagegen umso wichtiger.
- Klara von Lindern
Quellen:
[1] Veronika Dawydow: Schadensprotokoll für Objekte der Sammlung des Instituts für Materielle Kultur der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 25.05.2021 https://uol.de/f/3/inst/materiellekultur/Die_Sammlung/Dings_Da_/2023/TO252a-c/Schadensprotokoll_TO252_0.pdf?v=1689767614 sowie http://wisski-stak01.virt.uni-oldenburg.de/wisski/navigate/1327/view (letzter Zugriff: 15.05.2023)
[2] Zur Geschichte von Bakelit vgl. die Website des Bakelit-Museums in Kierspe: https://www.kierspe.de/de/verein/heimatverein/bakelitmuseum/bakelitmuseum.php (letzter Zugriff: 15.05.2023)
Sjödén Katalog
- Objektbezeichnung: Gudrun Sjödén-Katalog ‚Faszination Skandinavien‘
- Datierung: Herbst 2015
Die ‚Faszination Skandinavien‘ hat seit Jahren Konjunktur. Dies zeigt sich beispielsweise am Tourismus: Island, das Nordkap oder die Lofoten werden zu immer beliebteren Reisezielen. Viele Online-Shops – beispielsweise im Möbelsektor– bieten die Kategorien „Scandinavian Style“ oder „Skandinavisch“ als Such- und Filteroption an. Dieses (zumeist undefinierte) Schlagwort wird dabei eingesetzt, um Objekten Prädikate wie ‚modern, ‚qualitätvoll‘ oder ‚stylish‘ zu verleihen [1]. Diese Faszination hat sich auch auf den Modesektor der Nordischen Länder [2] ausgewirkt. Stücke des schwedischen Labels Acne Studios etwa, das 1996 gegründet wurde, haben inzwischen internationalen Kultstatus [3]. Kopenhagen hat seit 2006 eine eigene, international zunehmend beachtete Fashion Week. Seit 2021 gibt es die Vogue Scandinavia als 27. Länderedition der von Condé Nast herausgegebenen Modezeitschrift Vogue [4]. Blogger*innen aus den Nordischen Ländern – zum Beispiel Pernille Teisbæk oder Kenza Zouiten Subosic – haben Millionen internationaler Follwer*innen, die sich durch Posts, Videos oder Ratgeber wie Teisbæks hier ebenfalls ausgestelltes Buch Dress Scandinavian inspirieren lassen.
Eine verbreitete Vorstellung dieses sogenannten Scandinavian Styles lässt sich mit den Schlagworten ‚schlicht‘, ‚zeitlos‘, ‚elegant‘ umschreiben, wobei klare Schnitte und gedeckte Farben (Grautöne, Creme oder Dunkelblau sowie Schwarz und Weiß), von Teisbæk als „Scandi Colour Palette“ [5] beschrieben, dominieren. Das genaue Kontrastprogramm stellt der präsentierte Katalog des schwedischen Bekleidungsunternehmens Gudrun Sjödén aus Herbst 2015 unter dem Titel Inspiration Skandinavien vor. Der Katalog im Bestand der Teilsammlung Schriftenarchiv der STAK ergänzt den Sammlungsschwerpunkt mit Katalogen nachhaltig und/oder ökologisch produzierter Mode. Gegründet durch die gleichnamige Designerin im Jahr 1974, steht das Label für farbenfrohe, reich gemusterte Stücke mit verspielten Schnitten, die sich nach eigenem Selbstverständnis an Frauen* jeder Konfektionsgröße und jeden Alters richten. Ihre Inspiration bezieht Sjödén dabei aus ihrem „Platz als Mensch in der Natur” [6]. Für diesen Katalog ist die Landschaft der unter dem Titel ‚Skandinavien‘ subsumierten Länder Schweden, Finnland, Norwegen, Dänemark und Island die Bühne für die vor Ort fotografierten Models. Die in den einzelnen Länder-Kapiteln vorgestellten Kleidungsstücke unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Musterung und Farbpalette voneinander, da sie jeweils von ‚typischen‘ Elementen der Region inspiriert wurden. In kurzen Texten werden die Inspirationsquellen vorgestellt – beispielsweise flirrendes Sonnenlicht auf finnischen Seen oder überfrorene Gletscher im Dämmerlicht des winterlichen Islands. Insbesondere im Fall der norwegischen Kollektion werden traditionelle Handarbeitstechniken sowie folkloristische Trachten aufgerufen, die einen historisch tradierten Gegenpol zum minimalistischen ‚Scandi-Style‘ der 2010er und 2020er Jahre bilden. Handgewebte Flickenteppiche, gestrickte Pullover oder Mützen, Handschuhe und Socken aus dicker Schafswolle – gern mit dem Begriff ‚Norwegermuster‘ versehen – repräsentieren schon wesentlich länger einen nordischen Stil. Interessanterweise haben auch sie mittlerweile (wieder) Einzug in die populäre Kultur gehalten, wie sich beispielsweise an Kostümen und Textilobjekten in Disneys Erfolgsfilmen Frozen und Frozen II zeigt.
Zwei unterschiedliche Versionen eines ‚nordischen Stils‘ stehen einander hier gegenüber – oder vielmehr nebeneinander. Denn vielleicht ist es gerade diese in den Nordischen Ländern ganz natürlich akzeptierte Koexistenz, die in ihrer Mischung aus bunt, gemustert, einfarbig und minimalistisch, aus traditionellen und neuen Elementen, nie langweilig wird und daraus ihre Aktualität bezieht, ohne ihre historischen Wurzeln aufzugeben.
- Klara von Lindern
Quellen:
[1] Spätestens seit den 1950er Jahren gelten insbesondere dänische und finnische Möbel als ‚Designklassiker‘ (Arne Jacobsen, Poul Henningsen oder Alvar Aalto sind nur einige Beispiele), denen immer wieder Ausstellungen gewidmet werden und die beständig neu aufgelegt werden.
[2] Der Begriff ‚Skandinavien‘ umfasst auf geografischer Ebene lediglich Norwegen, Schweden sowie Teile Finnlands. Insofern ist der Begriff ‚Nordische Länder‘ präziser, da darunter Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland, Island und außerdem Grönland, die Färöer Inseln und Åland fallen: https://www.nordischebotschaften.org/die-nordischen-laender (letzter Zugriff: 05.05.2023).
[3] https://www.elle.de/designer/acne-studios (letzter Zugriff: 05.05.2023). Als besonders ikonisch gelten die Lederjacken, Jeans, Schals oder auch die Beanies mit charakteristischem Smiley-Patch.
[4] https://www.voguescandinavia.com/store/magazine (letzter Zugriff: 05.05.2023). Die Vogue Scandinavia versteht sich als Repräsentantin der Länder Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland und Island und erscheint als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie vornehmlich als digitales Magazin; die gedruckten Ausgaben sind als Sammler*inneneditionen separat erhältlich.
[5] Pernille Teisbæk: Dress Scandinavian. Style your Life and Wardrobe the Danish Way, New York 2017, S. 60-61.
[6] https://gsw.gudrunsjoden.com/de/gudruns-world/gudruns-inspiration (letzter Zugriff: 05.05.2023).
Minirock aus Leder
- Objektbezeichnung: Minirock
- Inventarnummer: KG315
- In der Sammlung seit: 18.05.1999
- Datierung: 1974
Der Minirock, so wie wir ihn im Bereich der Alltagsmode kennen, wurde erstmals in den 1960er Jahren populär. Seither hat er sich zu einem Modeklassiker entwickelt und ist aus der westlich geprägten Modewelt nicht mehr wegzudenken. Er war für viele Frauen ein Symbol für Freiheit, Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit [1].
Die jüngst verstorbene Designerin Mary Quant wird oft als ,Erfinderin‘ des Minirock bezeichnet. Vorläufer bzw. von der Form vergleichbare Stücke lassen sich jedoch nicht nur außerhalb der ,westlichen‘ Modewelt, sondern beispielsweise auch im Bereich von Bühnenkostümen finden. Z.B. in der Aufführung „Ich bin wie ich bin – Frauen für Golden Hill“ [2].
Mary Quant entwarf Röcke, die nur wenige Zentimeter über dem Knie endeten und somit viel Bein zeigten. Sie waren damals eine Sensation und lösten regelrecht eine Revolution in der Modewelt aus.
Die 1960er Jahre waren ein bewegendes Jahrzehnt und galten bis heute als Zeit von Umbrüchen und Protesten. Der Minirock kann auf vestimentärer Ebene als Ausdruck dieses angestrebten Wandels und als Zeichen dafür, dass Frauen ihre Körper und ihre Sexualität selbstbestimmt zeigen wollten, gesehen werden [3].
Er galt ab jetzt nicht nur als fester Bestandteil westlicher Alltagsmode, sondern zugleich als Symbol für die feministische Bewegung. Frauen wollten sich nicht länger von männlichen Vorstellungen und gesellschaftlichen Normen vorschreiben lassen, was sie zu tragen hatten. Der Minirock war ein Statement gegen die Doppelmoral der damaligen Gesellschaft.
Auch in den 1970ern waren feministische Bewegungen in der Gesellschaft vertreten. Frauenbewegungen thematisierten noch immer anhaltende Probleme der Erziehung, Partnerschaft und Sexualität [4].
In diese Zeit fällt auch der vorliegende Wildleder-Minirock. Er wurde in der Größe 38 bei C&A in Westberlin 1974 von der Vorträgerin erworben und bis 1993 getragen. Die Spenderin selbst besaß den Rock bis zur Aufnahme in die STAK im Jahr 1999. Wie genau der Rock die Besitzerin wechselte, ist uns nicht bekannt. Fest steht, dass er viel getragen wurde. Davon zeugen die klaren Abnutzungsspuren. Das relativ feste und steife Leder ist leicht abgewetzt. Am unteren Druckknopf sind Risse im Material zu erkennen und im Bund sehen wir deutliche Verformungen.
Der lange Zeitraum, über den der Wildleder-Minirock von unterschiedlichen Personen getragen wurde, verweist einmal mehr auf den festen Platz, den diese Bekleidungsgattung sich trotz wechselnder Moden erobern konnte. Auch im Bereich der High Fashion werden Miniröcke seit Jahrzehnten von unterschiedlichen Designer:innen neu interpretiert und in Kollektionen gezeigt, beispielsweise bei Stella McCartney, Isabel Marant oder Saint Laurent [5] .Erst 2022 wurde der Minirock von Miu Miu in einer ultrakurzen Low-Waist Variante als Referenz zur Y2k-Mode auf den Laufstegen gezeigt.
Der Minirock ist heute nicht mehr nur ein Symbol für Emanzipation und Freiheit, sondern auch ein Kleidungsstück, das Selbstbewusstsein und Weiblichkeit ausstrahlen kann [3]. Frauen tragen ihn, um ihre Beine zu betonen und ihre Figur zu zeigen. Gleichzeitig polarisiert er als oft kritisiertes Kleidungsstück, das als Ausdruck von Sexismus und von einer Objektivierung der Träger:innen gelesen werden kann.
- Elisa Geisler
Quellen:
[1] WDR, 2014. 29. August 1964 – Der Minirock erobert Deutschland. [Online] https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag8550.html [Zugriff am 25 April 2023].
[2] Kirsten Heiberg - Ich bin wie ich bin - Frauen für Golden Hill 1938. [Online]
Kirsten Heiberg - Ich bin wie ich bin - Frauen für Golden Hill 1938 - YouTube [Zugriff am 25 April 2023].
[3] Jebens, C. O., 2023. Zum Tod von Mary Quandt - Was der Minirock bedeutete. [Online] https://www.faz.net/aktuell/stil/mode-design/zum-tod-von-mary-quant-was-der-minirock-bedeutete-18821207.html [Zugriff am 25 April 2023].
[4] Farin, K., 2010. Neue soziale Bewegungen. [Online]
https://www.bpb.de/themen/zeit-kulturgeschichte/jugendkulturen-in-deutschland/36197/neue-soziale-bewegungen/ [Zugriff am 11 Mai 2023].
[5] Besser, R., 2022. From Mini to Micro, Skirts Are Getting Short-Short. [Online] https://www.vogue.com/slideshow/mini-skirts [Zugriff am 26 April 2023].
Kurzarm-Hemd in Karo-Muster
- Objektbezeichnung: Hemd
- Inventarnummer: KG1732
- In der Sammlung seit: 26.06.2018
- Datierung: 2011/2012
Das Objekt erweist sich in Anbetracht der heutigen Kurzlebigkeit von Kleidung als ein Gegenstand langer Lebensdauer. Als Folge der Produktionsverlagerung von Kleidung in günstige Herstellungsländer ist es uns als Konsument:innen möglich, die Trends der Laufstege schnell und zu einem günstigen Einkaufspreis zu erwerben. Die rapiden Trendwechsel und preiswerten Produkte führen wiederum zu Überkonsum von Kleidung, der enorme Auswirkungen für Mensch und Natur nach sich zieht.
Trotz des Bewusstseins über die Konsequenzen erwerben deutsche Bürger:innen durchschnittlich 60 neue Kleidungsstücke im Jahr, wobei zugleich im Schnitt 16 Kleidungsstücke pro Jahr aussortiert und der Großteil in den Altkleidersammlungen entsorgt werden.[1] Die gut gemeinte Intention der Verbraucher:innen, alte Kleidung an Dritte weiterzugeben, entpuppt sich jedoch als Herausforderung für Sortierbetriebe von Altkleidern. Denn die zunehmend schlechtere Qualität der aussortierten Ware führt dazu, dass diese häufig nicht mehr zu verwenden ist und unmittelbar als Müll von den Betrieben entsorgt werden muss.
Im Gegensatz zum Ge- und Verbrauch von Kleidung steht das vorliegende Objekt und dessen Biografie. Das Kurzarm-Hemd in Karo-Muster mit einem auffälligen Schriftzug entstammt der „Heritage-Collection“, wie es die Familie der Spenderin auf humorvolle Art und Weise nennt. Unter diesem Begriff definieren sie und ihre Familie Kleidungsstücke, die innerhalb der Familie weitergegeben werden. Das Hemd stammt ursprünglich aus der Garderobe ihres Vaters. Es wurde um das Jahr 2011/12 erworben. Nach einigen Jahren wurde das Kleidungsstück an den Ehepartner der Spenderin übergeben. Anlass war, dass ihr Vater keinen Gefallen mehr am Hemd äußerte, wobei dieses zusätzlich aufgrund von Gewichtszunahme eine schlechte Passform aufwies. Die Spenderin beschreibt es als eine gängige Praxis, Kleidung innerhalb der Familie weiterzugeben. Gewöhnlicherweise von ihren Eltern an sie und ihren Mann, selten andersherum.
Mit dieser Art des Erwerbs und der damit einhergehenden Verlängerung der Lebensdauer von Kleidung zeigt die Familie der Spenderin, dass neue Kleidungsstücke nicht neu gekauft werden müssen, sondern auch aus zweiter Hand ihren Nutzen erfüllen. Weltweit werden jährlich 80 Milliarden Kleidungsstücke produziert, während allein in Deutschland 1,1 Millionen Kleidungsstücke weggeworfen werden.[2]
Neben dem Nachhaltigkeitsaspekt lässt an dem Objekt noch ein weiteres Charakteristikum von Kleidung aufzeigen: Kleidung und Mode erfüllt eine Rolle als symbolischer und kultureller Bedeutungsträger. Textile Objekte kommunizieren zum einen stets die persönliche Identität und Zugehörigkeit der Besitzer:in und sie können zum anderen auch die emotionale Beziehung zu einer anderen Person repräsentieren.[3] Dies ist bei dem karierten Hemd der Fall. Es sei „typisch“ für ihren Vater, beschreibt die Spenderin. Vor allem erhält dieses eine emotionale Aufladung durch die Verbindung mit einem besonderen Tag im Leben der Spenderin. Bei einer Familien-Feier am Pfingstmontag 2014 anlässlich der Hochzeit der Spenderin und dem 60. Geburtstag ihres Vaters nutzte dieser die Gelegenheit, das Hemd zu tragen.
„Nicht die Objekte als solche sind es, die diese Bindung hervorrufen, sondern die Geschichte, durch die Objekt und Subjekt miteinander verbunden sind.“[4]
Fotos, die an diesem Tag entstanden sind und seitdem in einem Fotoalbum bewahrt werden, erinnern die Spenderin und ihren Mann stetig an die Zusammengehörigkeit des (Kleidungsstücks/Objekts) mit dem Vater. Diese Verbindung hat allerdings in doppelter Hinsicht ein Gefühl der Befremdung ausgelöst: Die Spenderin fand das Hemd an ihrem Mann unpassend, und auch ihr Mann fühlte sich in dem Hemd des Schwiegervaters unwohl.
Die Spenderin betont, dass in ihrem Haushalt Kleidung nur selten frühzeitig aussortiert und im Normalfall bis zum Abtragen genutzt wird. Deshalb stellt das Objekt einen Sonderfall der „Heritage-Collection“ dar und fand so frühzeitig seinen Weg in die STAK. An diesem Ort kann das Hemd nun stellvertretend als Objekt der Thematik Nachhaltigkeit durch Weitervererbung und als Symbol der Erinnerung dienen.
- Stella Schnakenberg
Quellen:
[1] Ci-romero (o.D.): Fast Fashion – Desaster für Menschen und Umwelt, ci-romero.de [online] https://www.ci-romero.de/kritischer-konsum/kleidung/fast-fashion/ [abgerufen am 05.10.2022].
[2] NDR (2020): Wegwerfware: Was passiert mit Altkleidern, ndr.de [online] https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Wegwerfmode-Was-passiert-mit-Altkleidern,kleidung170.html [abgerufen am 05.10.2022].
[3] Mentges, Gabriele (2010): Kleidung als Technik und Strategie am Körper – Eine Kulturanthropologie von Körper, Geschlecht und Kleidung in: Holenstein et. al. (Hrsg.) Zweite Haut: Zur Kulturgeschichte der Kleidung. 1. Auflage, Hauptverlag.
[4] Hahn, Hans Peter (2014): Materielle Kultur: Eine Einführung. 2. Auflage, Berlin: Reimer, S.32.
Hellblauer Kinderpullover mit aufgestickten Margeriten
- Objektbezeichnung: Pullover
- Inventarnummer: KG2019
- In der Sammlung seit: 14.09.2022
- Datierung: Sommer/Frühjahr 2020
Kinderkleidung einkaufen zu gehen ist ein freudiges Vorhaben. Eltern kaufen Kleidung für ihre Kinder, die ihnen oder auch den Kindern selbst gefällt. Hierbei entscheidet der eigene Geschmack, die Funktionalität oder auch die Handhabung des Objektes in Bezug auf das Waschen und Pflegen über den Kauf oder Nicht-Kauf des Kleidungsstücks. Aber was passiert, wenn die Kaufentscheidung zu einem aktuell diskutierten Thema wird? Denn geschlechtsbinäre Konnotationen in Kinderkleidung sind in unserem Alltag gang und gäbe.
Die Spenderin dieses hellblauen Kinderpullovers mit aufgestickten Margeriten hatte ihn im Sommer/Frühjahr 2020 für ihren damals einjährigen Sohn erworben. Im Drogeriemarkt sprang ihr Sohn auf den Pullover an und wollte diesen gerne haben. Der Pullover hing, wegen der aufgestickten Margeriten, wie die Spenderin vermutet, in der Abteilung für „Mädchenkleidung“. Sie kaufte in dieser Zeit überwiegend der „Mädchenabteilung“ zugeordnete Kleidung, da diese nicht so düster und trostlos wirkte und die Spenderin ihren Sohn lieber farbenfroh kleiden wollte. Der blaue Pullover mit den applizierten Margeriten wurde zu einem Lieblingskleidungsstück des Kindes.
Nach einem Tag im Kindergarten erzählte der Sohn, dass er von anderen Kindern ausgelacht wurde. Die Großeltern des Sohnes bekamen dies mit und sprachen ihre Tochter (die Spenderin) auf die Kleidung ihres Enkelkindes an. In ihren Augen war der Pullover offensichtlich weiblich konnotiert und damit vermutlich der Grund, weshalb der Enkel im Kindergarten belächelt wurde. Der unbedachte Kauf avancierte so zu einer bewusstgemachten Grundsatzfrage über gegenderte Kinderbekleidung. Im Laufe der Zeit sprachen auch Freunde oder andere Eltern die Spenderin auf die „mädchenhafte“ Kleidung ihres Sohnes an.
Die Farbe des Pullovers entspricht nach dem geschlechterstereotypischen Farbverständnis einem männlich konnotierten Objekt. Die Applikationen in Form von Blüten heben diese Zuordnung jedoch auf und formen den Pullover zu einem Kleidungsstück, das dem weiblichen Geschlecht zugeschriebenen werden könnte.
So eine Zuordnung durch Applikationen bestätigt auch eine Stichprobe der Süddeutschen Zeitung, die bei Mädchen-Shirts zehnmal mehr Zierschleifen beobachtet hat als bei Jungs-Shirts. Ähnlich verhält es sich bei Pailletten, Bordüren oder auch Designs wie zum Beispiel Tierdarstellungen: in der Mädchenabteilung sind Schmetterlinge oder Einhörner zu finden, bei den Jungen Dinosaurier oder Tiger. Andersherum sucht man die jeweiligen Tiere vergeblich auf den Kleidungsstücken. Die Süddeutsche Zeitung hat in ihrer Analyse 20.000 Kinder Kleidungsstücke einbezogen.
Das Unternehmen C&A bietet mittlerweile unter einer eigenen Kategorie genderneutrale Kinderkleidung an. Die Kleidung ist schlicht, ohne jegliche Form von Dekorationen und die Kollektionen enthalten überwiegend Basics wie Hoodies, Longsleeves und T-Shirts in unifarbenen oder zweifarbigen Designs. Spannend ist hier jedoch, dass die verwendeten Farben der Kleidung zumeist eher männlich konnotiert sind. Die Farbe Rosa kommt beispielsweise gar nicht vor, ein Mintgrün hingegen schon. Die Süddeutsche dockt hier erneut mit der Untersuchung an. Es gäbe nicht nur eine Genderordnung, sondern auch eine Hierarchie. Mädchen könnten eher Jungskleidung tragen als Jungs Mädchenkleidung, da die Mobbingrisiken hier höher wären.
Um das Erlebnis der Spenderin aufzulösen: Der Sohn wurde letztlich nicht wegen seines vermeintlichen Mädchenpullovers ausgelacht. Die Personen des Bekanntenkreises und der Familie hatten dies fälschlicherweise miteinander assoziiert und so die Diskussion um dieses Thema aufgeworfen. Der hellblaue Pullover mit den Margeriten führte bei der Käuferin/Spenderin zu einem neuen Blick auf Kinderkleidung, der für sie bis dahin keine Rolle gespielt hatte.
Die Diskussion um gegenderte und genderneutrale Kinderkleidung ist aktueller als je zuvor. Letztendlich sollte es nur Stoff und Farbe sein, die jedem selbst gefallen muss und darf.
- Annika Lotta Helmers
Objekt des Monats Juni 2022
Objekt des Monats Juni 2022
Schulterpolster sind eine Modeerscheinung, die schon mehrmals verschwunden und dann wieder aufgetaucht ist. Ihr letztes Aufleben war zwischen 2000 und 2010. Modedesigner:innen und Stars wie Lady Gaga oder Rihanna machten die Schulterpolster wieder zu einem Teil ihres Looks, wodurch sie erneut an Popularität gewannen.
Dass eine Stilrichtung oder ein Designelement über einen längeren Zeitraum mehrmals angesagt und dann wieder nicht mehr Mode ist, ist kein seltenes Phänomen. Interessant ist aber, was viele Menschen, besonders Frauen, mit dem Tragen der Schulterpolster ausdrücken wollten. Breite Schultern sind eigentlich ein maskulines Merkmal. Trotzdem haben für Männer ausgelegte Anzüge auch eine Polsterung, die dieses Merkmal noch verstärkt. Führungsebenen werden auch heute noch von Männern in Anzügen und Hemden dominiert. Die Imitation dieser Schulterpolster in weiblichen Anzügen ist genau darauf eine Antwort. Kurz gesagt: Breite Schultern sind ein Ausdruck von Stärke und durch die Schulterpolster konnten viele Frauen zeigen, dass sie eben genau diese haben, auch, wenn es ihnen oft abgesprochen wurde.
Ein Beispiel hierfür ist Margaret Thatcher. Sie war von 1979 bis 1990 die englische Premierministerin und ist bis heute die einzige Frau, die dieses Amt ausgeübt hat. Ihr Spitzname „Iron lady“ lässt schon erahnen, was für einen Ruf sie hat. Margaret Thatcher ist zweifelsohne ein Paradebeispiel für eine starke Frau in der Politik. Ihre Stärke untermalte die ehemalige Premierministerin eben auch mit ihrer modischen Erscheinung bzw. den Schulterpolstern.
Auch an anderen Stellen und Beispielen wird deutlich, dass das Tragen von Schulterpolstern eben so ein Statement sein kann, aber nicht muss. Die Spenderin dieses Objektes gab lediglich an, die Schulterpolster hätten ihr das Gefühl gegeben gepflegt auszusehen. Menschen haben einen unterschiedlichen Anspruch an Mode. Während die eine Person bewusst etwas trägt, um eine politische Haltung zu verkörpern, trägt die andere eben den selben Stil nur, weil es ihr optisch gefällt und eine dritte Person würde sich vielleicht aus beiden Gründen für ein bestimmtes Aussehen entscheiden.
Alles in allem lässt sich sagen, dass Frauen auch ohne breite Schultern stark sind. Die Übernahme solcher vorher exklusiven Elemente ist nicht leicht. Es erfordert Mut und Kraft, aber am Ende lohnt es sich, ein Zeichen zu setzen.
- Jelko Wronski
Quellen:
Text:
https://coveteur.com/2019/04/04/empowering-history-shoulder-pads-trend/
https://www.oxfordstudent.com/2012/01/21/style-icon-margaret-thatcher/
https://www.independent.co.uk/life-style/fashion/features/shoulder-pads-a-history-1802139.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Margaret_Thatcher
http://wisski-stak01.virt.uni-oldenburg.de/wisski/navigate/122/view
Bild: https://www.vogue.co.uk/gallery/margaret-thatcher-style-file
Objekt des Monats Mai 2022
Objekt des Monats Mai 2022
- Objektbezeichnung: Commes des Garcons Kostüm
- Inventarnummer: KG2010
- In der Sammlung seit: Juli 2015
- Datierung: 1996
Das vorliegende Ensemble aus Blazer und Rock stammt von der japanischen Designer-Marke Commes des Garcons. Diese zeichnet sich besonders dadurch aus, dass die Designer*innen die konventionellen Schnitte von Kleidung auflösen und durch Dekonstruktion neue Proportionen am Körper der Träger*innen schaffen.
So auch die Designerin Rei Kawakobu, die dieses Stück entworfen und 1996 in die Boutiquen gebracht hat. Sie gründete das Label 1969 in Tokio, wobei der Name der Marke (übersetzt “Wie die Jungs”) bereits eine Kritik an den Konventionen und damals noch stärkeren gesellschaftlichen Normen und Zwängen bezüglich der Geschlechterrollen bei der Kleiderwahl ist.
Auch heute ist die Japanerin noch die Chefdesignerin und Besitzerin des Unternehmens, neben ihr gibt es aber auch einige andere Designer*innen, die für die Marke tätig sind. Dazu gehört der Designer Junya Watanabe, welcher seit 1978 die Herrenlinie der Designermarke entwirft. Watanabe hat sogar seine eigene Nebenlinie erhalten, bei welcher neben dem CdG-Schriftzug sein Name in den Etiketten steht. Über die Jahre hat er unter seinem Namen mit vielen bekannten Firmen, wie Levis, Vivienne Westwood und Fred Perry, zusammengearbeitet.
Das Kostüm aus der Sammlung des IMK stammt aus dem Besitz der Künstlerin Silke Radhausen, welche es anlässlich einer Ausstellung ihrer Werke erworben hat. Dieses Kostüm würde sie als Künstlerin gut repräsentieren und könne vielseitig getragen werden, so Radenhausen. Außerdem habe das Kostüm, welches durch eine Art Buckel auf dem Rücken mit den Konventionen bricht, aber gleichzeitig auch nach einem gehobenen Anlass aussieht, sie inspiriert. Eine schlauchartige Verbindung der Ärmel über den Rücken des Blazers erzeugt diese ungewöhnliche Proportion. Ebenfalls besonders ist der für den Blazer vorgesehene Verschluss, eine große Sicherheitsnadel. Ihre Übergröße wirkt skurril und sie stellt zusätzlich einen Bezug zur Punkszene her, wie es bei den Kleidungsstücken der Marke öfter der Fall ist. Die zugehörige Kollektion, welche im Herbst/Winter 1996 erschienen ist, zeichnet sich durch eben diese buckeligen Proportionen aus. Außerdem ist auch die Sicherheitsnadel an vielen Stellen zu finden.
- Jelko Wronski
Quelle: Bildaufnahmen - IMK
Objekt des Monats April 2022
Objekt des Monats April 2022
- Objektbezeichnung: Kleppermantel
- Inventarnummer: KG1061 + KG1976
- In der Sammlung seit: 05.09.2013 / 17.08.2021
- Datierung: 1950-1959
Der Erfinder und Namensgeber des Mantels ist Johann Klepper. Schon in jungen Jahren interessierte dieser sich für funktionelle Mode und erweiterte die Schneiderei seiner Eltern um eine Sportabteilung.
1907 begann er dann auf dem Dachboden seines Hauses mit der Fertigung von Gummibooten, ging aber schnell auch zur Produktion von gummierter Kleidung über. Hierfür entwickelte Klepper 1926 einen mit Gummi imprägnierten Baumwollstoff.
Das Unternehmen wuchs schnell über seinen Dachboden hinaus und belieferte neben der Privatwirtschaft auch die Wehrmacht und Reichsbahn. Sein Sohn übernahm das Unternehmen 1929, zu dieser Zeit wurden bereits bis zu 90 Boote und 1.000 Regenmäntel täglich produziert.
1973 teilte sich das Unternehmen und die Klepper Bootsbau KG und die Klepper Bekleidungsfabrik KG. Im selben Zeitraum kam es auch, dass der gummierte Mantel immer mehr aus der Mode kam und so von den Straßen Deutschlands verschwand. 1988 wurde der letzte Klepper-Mantel produziert. Heutzutage sind die Mäntel nur noch auf Ebay oder ähnlichen Portalen zu finden. Oft für einen Preis, der die Wertschätzung der letzten Klepper-Begeisterten zeigt.
Eine solche Begeisterung zeigte sich auch bei dem Chemiker unseres Institutes. Die Mäntel, besonders der besser erhaltene, sind seine “Lieblingsobjekte” aus den Sammlungen. An ihnen kann gut in den Bereich der Bekleidungsphysiologie eingeführt werden. Neben der Begeisterung für das Material überzeugt aber auch die Kulturgeschichte des Mantels. Besonders, wenn man das Konsumverhalten der Träger:innen und das Verschwinden des Mantels aus der Modewelt betrachtet.
Kleppermäntel legten einen Grundstein für die heutige Regenjacken-Kultur. Er war eines der ersten Kleidungsstücke, welches die Menschen effektiv vor Regen und Nässe geschützt hat. Heutzutage gibt es Regenjacken in allen Formen und Farben. Sie haben unterschiedlichste Funktionen und sind in ihrer Funktion weitaus ausgereifter als der Kleppermantel.
Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass (Outdoor-)Marken wie Arc’teryx Trend geworden sind in der Modeszene. Ursprüngliche Wander- bzw. Outdoorbekleidung wird in der Freizeit getragen. Ein gutes Beispiel für eine Einbindung der funktionellen Kleidung in die Modewelt, sind die Beiden jüngsten Kooperationen der Marke. Zum Einen gab es 2020 eine Zusammenarbeit zwischen Arc’teryx und der Freizeit-/Skateboardmarke Palace. Zum Anderen schuf Arc’teryx zusammen mit der Designermarke Jil Sander 2021 eine sehr kleine Kollektion.
Obwohl es an vielen Stellen in der Modewelt gerade für weniger Interessierte so scheinen mag, als läge der Fokus mehr auf dem Aussehen, zeigt sich an solchen Beispielen, dass auch Funktionalität eine wichtige Rolle spielen kann.
- Jelko Wronski
Objekt des Monats März 2022
Objekt des Monats März 2022
- Objektbezeichnung: Sneaker
- Inventarnummer: KG1011
- In der Sammlung seit: 25.05.2003
- Datierung: 1993-1999
Bei diesem Sneaker handelt es sich um einen Sportschuh mit einer für Hallenboden ausgelegten Sohle in der hier für typisch beigen Farbe. Der Rest des Schuhs ist weiß/blau mit roten Details. Zudem befinden sich an der Seite des Sneakers die drei Streifen der Herstellermarke Adidas. Der Stil des Schuhs fügt sich in aktuelle Trends in der Sneakermode ein, die Formen älterer Sportschuhmodelle aufgreift und eine gewisse Bulligkeit und neben Weiß auch Neon-, Nude- und Naturtöne kennzeichnen.
Gerade junge Erwachsene können sich für den sportlichen Look und die „Retro-Ästhetik“ begeistern. Im Gespräch mit Kolleg*innen des IMK wurde ein deutlicher Unterschied in der Wahrnehmung des Modells entlang des Alters der Befragten deutlich. Die älteren Kolleg*innen sprach der Schuh optisch wenig an und eine Nutzung im Alltag war für sie in allen Fällen nicht denkbar. Auch der Spender der Schuhe trug diese nur für Sport und Arbeitszwecke, nicht in der Freizeit. Die jüngeren Kolleg*innen hingegen können sich vorstellen, diesen oder zumindest einen ähnlichen Schuh auch in der Freizeit zu tragen. Die funktionale Gestaltung gerade der Sohle schreckte sie weniger ab, vielmehr wurde der dadurch vermutlich bestehende Tragekomfort als Pluspunkt des Modells gesehen. Dieser Aspekt trat bei den älteren Kolleg*innen deutlich hinter die Bewertung der Ästhetik des Modells zurück.
Viele Unternehmen greifen heutzutage auf beliebte „Vintage-Modelle“ und „Looks“ zurück. Oftmals sind diese von älteren Modellen stark inspiriert. Eine Alternative zum neukaufen bieten Plattformen wie Ebay (Kleinanzeigen) oder Vinted, auf denen man oft zu einem Bruchteil des Neupreises gut erhaltene Stücke erweben kann. Secondhandmode wird für viele Menschen unabhängig vom Alter attraktiver, da der Fokus immer mehr auf Nachhaltigkeit liegt und so individuell ein Gegenpol zur FastFashion gesetzt werden kann. Zusätzlich bieten die gebrauchten Sachen ein breites Stil- und Formenrepertoire, in dem sich auch Konsument*innen jenseits des Mainstream wiederfinden.
- Jelko Wronski
Quellen:
Umfragen mit Mitarbeiter*innen des IMK
Studie: https://momox.biz/presse/28-pressemeldungen/2020/1053-studie-zeigt-klare-motivation-fuer-kauf-von-second-hand-kleidung-bleibt-nachhaltigkeit
Bild (1): www.zalando.cz/adidas-originals-continen_tal-80-unisex-tenisky-white-ad115o16x-a11.html
Bild (2): Foto des Objektes aus dem IMK
Objekt des Monats Januar 2022
Objekt des Monats Januar 2022
- Objektbezeichnung: Sporttasche
- Inventarnummer: KG1065
- In der Sammlung seit: 12.11.2003
- Datierung: 1983-1987
Die Tasche der Marke Adidas kann über die Schulter gehängt werden. Hierfür hat sie einen blauen Gurt, der beliebig verstellt und somit an die Körpergröße der Benutzer*in angepasst werden kann. Ebenfalls blau ist die Oberseite der rechteckigen Tasche, alle anderen Seiten, sowie die Innenseite der Tasche, haben Schwarz als Grundfarbe. Vorne auf der Tasche wurde ein Adidas-Logo gedruckt, welches leicht angewinkelt ist. Auf der linken Seite der Tasche befindet sich ebenfalls ein weißer Adidas-Schriftzug. Der vordere Schriftzug ist zudem größer und wurde in einem kreisförmigen Design angeordnet. Auf der rechten Seite der Umhängetasche befindet sich zudem ein Raster in welches Namen und Adresse der Besitzer*in eingetragen werden können.
Die Ränder der Tasche wurden mit einem gummierten Draht verstärkt. Auf der Unterseite befinden sich zudem Noppen, um den Verschleiß zu verringern. Oben auf der Tasche wurde der Reißverschluss plaziert, mit dem sich die Haupttasche öffnen lässt. Zusätzlich gibt es noch eine kleine Reißverschlusstasche an der Rückseite.
Die Tasche wurde im Zeitraum von 1984-1987 bei Karstadt in Berlin für ca. 15 DM erworben. Das Alter sieht man ihr an.
Das Innenfutter beider Kompartimente ist an mehreren Stellen gerissen und löst sich. Ursprünglich war die Messengertasche wasserdicht, allerdings hat sich diese Beschichtung mit fortschreitendem Alter des Objektes immer mehr gelöst. Lässt man die Innenseite und Funktionalität Außen vor, ist der rein optische Zustand der Tasche bis auf kleinere Verschmutzungen und den teilweise beschädigten Druck aber akzeptabel. Die hier vorliegende Ausführung hat eher einen sportlichen Charakter durch die verwendeten Stoffe und aufgedruckten Labels. Allerdings wurde sie von ihrem Besitzer für Reisen und später im Altag genutzt. Es zeigt sich also, dass sie in vielen Bereichen Verwendung finden
konnte. Der einzige Nachteil einer so leichten Tasche wird an diesem Modell besonders deutlich, da das weniger robuste Material nach einem längeren Zeitraum den Einflüssen seiner Umwelt erliegt. Trotzdem ist sie auf jeden Fall noch einen Blick wert!
Bei dieser Art Taschen handelt es sich um einen Klassiker. Sie sind seit je her beliebt. Die beiden Beispiele oben unterstreichen, dass sich zwar das oberflächliche Design, aber nicht die grundliegende Art der Taschen gewandelt hat. Der Spender dieser Tasche verwies im Gespräch auf ihre praktische Größe, welche ihre Alltagstauglichkeit ausmachte.
Diese Beobachtung ist immernoch aktuell. Heutzutage findet man auch noch oftmals Messengertaschen in der Modewelt. Sei es in der Jugendkultur, Designermode oder schlichtweg im Büro, ihre Funktion macht diese Taschen zu einem zeitlosen, oft genutzten und geliebten Objekt. Es hat einen Grund, wieso die Form geblieben ist. Solche Taschen begleiten uns Menschen und wir vertrauen ihnen. Vertrauen darauf, dass sie robust sind, unsere Sachen sicher in ihr sind und sie uns genügend Stauraum bietet im Alltag. In gewisser Weise ist der Verschleiß der Tasche also nur ein Ausdruck des Vertrauens ihres Besitzers.
- Jelko Wronski
Quellen:
(1) wisski-stak01.virt.uni-oldenburg.de/wisski/navigate/69/view (Text)
(2) Quelle Katalog Frühjahr 1986/87 (Bild) Bestand Subsammlung Schriften STAK
(3) www.adidas.de/adicolor-archive-messenger-bag-s/HD7187.html (Bild)
Objekt des Monats Dezember 2021
Objekt des Monats März 2022
- Objektbezeichnung: Stahlhelm
- Inventarnummer: KG1485
- In der Sammlung seit: 08.10.2007
- Datierung: 1971
Der vorliegende Helm wurde von den Soldat:innen der Nationalen Volksarmee, der militärischen Organisation der DDR, getragen. Er wurde 1956 für die regulären Streitkräfte eingeführt und hat seine Wurzeln bei einem Prototyp, welchen die Wehrmacht zum Ende des zweiten Weltkrieges entwickelte. Bezeichnet wurde der Helm vorwiegend als Gerät 604 oder Stahlhelm M56. Der vorausgegangene Prototyp hieß Model B I. Dieser stach bei Schussproben der Wehrmacht in den Jahren 1943/1944 durch seine guten Ergebnisse heraus, konnte aber aufgrund des Kriegsendes nicht mehr in Serie produziert und großflächig an die deutschen Soldaten verteilt werden. Trotzdem wurde er 1943 patentiert und einige hundert Exemplare zur Probe an Soldaten ausgeteilt.
Das weiterentwickelte Model 56 wurde dann ab 1957 in den für die Produktion der Stahlhelme bereits etablierten Stahlwerke in Lauter gefertigt.
Bis zur Auflösung der DDR blieb der Helm in seiner äußeren Form unverändert und kam in vielen der östlichen Institutionen zum Einsatz.
Woher genau dieser Helm stammt ist nicht ganz geklärt. Es ist lediglich bekannt, dass er von einem Musikstudenten gespendet und wenig später in die Sammlung aufgenommen wurde.
Einstanzungen an der Innenseite verraten zudem, dass der Helm in der kleinsten Ausführung vorliegt (Größe römisch 1 von 3) und im Jahr 1971 produziert wurde.
Deutlich wird auch, dass der Stahlhelm bemalt wurde mit Symboliken die gegen den Nationalsozialismus sprechen. Beispielsweise ist zwei mal ein vereinfachtes Motiv, bei dem ein Hakenkreuz in einen Abfalleimer geworfen wird, gezeichnet worden. In welchem Rahmen dieser Helm bemalt wurde ist leider nicht bekannt.
- Jelko Wronski
Quellen:
oben: de.wikipedia.org/wiki/Nationale_Volksarmee
unten: www.ddr-uniformen.com/?page_id=416
Objekt des Monats November 2021
Objekt des Monats November 2021
- Objektbezeichnung: Fußballtrikot
- Inventarnummer: KG465
- In der Sammlung seit: 09.02.2000
- Datierung: 1996/1997
Bei dem hier ausgestellten Fußballtrikot handelt es sich um die langärmlige Version eines Auswärtstrikots des Vereins Borussia Dortmund aus der Saison 1996/1997. Shirts dieser Art werden als „authentic replica“ bezeichnet. Das bedeutet, das Trikot ist zwar original und von Nike produziert, entspricht der von den Spielern getragenen Vorlage aber nicht vollständig. Es liegen Unterschiede in der Qualität und in Details, wie zum Beispiel einem fehlenden„Bundesliga“-Aufnäher, vor.
Das Trikot besteht zu 100% aus Polyester, Schwarz ist die Grundfarbe und die Seiten, Ärmel inklusive Bündchen sowie der Kragen sind mit neongelben Streifen versehen. Auffällig ist der für die damalige Zeit typische Haikragen des Shirts. Im Brustbereich lassen sich mehrere gestickte, aufgenähte und aufgebügelte Elemente finden, darunter das Logo des damaligen Hauptsponsors „Continental Versicherungen“, ein Nike-Logo und das Wappen des BVB. Der Rücken des Trikots wurde zudem mit dem Namen „Ricken“, gemeint ist der damalige BVB-Starspieler Lars Ricken, beflockt.
Im Jahr 2000 wurde unter Anderem auf diesen Trikots der Schadstoff Tributylzinn nachgewiesen, was anfänglich zu einer großen medialen Aufmerksamkeit und Verunsicherung bei einigen Träger:innen führte. Nachdem genauere Daten bekannt und weitere Untersuchungen angestellt wurden, konnte das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz aber schnell entwarnen. Die Menge des Schadstoffes sei unter dem durch die WHO bestimmten Grenzwert und somit nicht gesundheitsschädlich.
- Jelko Wronski
Quelle:
Objekt des Monats Oktober 2021
Objekt des Monats Oktober 2021
- Objektbezeichnung: Adidas Superstar
- Inventarnummer: KG936
- In der Sammlung seit: 01.11.2002
- Datierung: Januar 2000
Die Seitenteile des Schuhes sowie die Lasche bestehen aus einem Wildlederimitat. Die Innenseite ist durch einen Florstoff gepolstert. Charakteristisch für den „Superstar” sind die Vorderklappe und die drei Streifen an der Seite des Schuhes, welche bei diesem Modell, wie auch die Sohle, aus Gummi bestehen. Die gegebenen Sneakers wurden im Januar 2000 in China hergestellt. Erstmals erschien der „Superstar” aber schon 1970 auf dem Markt. Von dort an bahnten die Sportschuhe sich einen Weg, insbesondere über die Hip-Hop-Szene, in die Köpfe und Herzen der Sneaker-Enthusiasten. Sie erreichten schnell einen hohen Bekanntheitsgrad, da sie sich durch das zeitlose Design und einen hohen Komfort auszeichneten. So wurde aus einem ursprünglichen Sportschuh ein Modell, dass auch in der Freizeit getragen wurde und bald war der „Superstar” das erfolgreichste Midell des Konzerns. Heutzutage zählt das Schuhwerk zu den Klassikern und ist immer noch auf dem Markt erhältlich in ähnlicher Form. Wer einen Superstar trägt, trägt ein Stück Geschichte am Fuß.
- Jelko Wronski
Objekt des Monats September 2021
Objekt des Monats September 2021
- Objektbezeichnung: Pumps
- Inventarnummer: KG1085
- In der Sammlung seit: 07.04.2004
- Datierung: 1986
„Rucke di guck, rucke di guck, Blut ist im Schuh:
der Schuh ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim.“[1]
Diese Warnung der Tauben aus dem Märchen Aschenputtel ist wohl eines der berühmtesten Zitate der Weltgeschichte, wenn es um zu kleine oder nicht passende Kleidungsstücke geht. Sie steht sinnbildlich für das Klischee, dass sich vor allem Frauen regelmäßig in zu enge Kleidungsstücke zwängen würden, um sich selbst oder ihrem gesellschaftlichen Umfeld etwas zu beweisen. Dass in solchen Klischees auch ein Fünkchen Wahrheit stecken kann, zeigt das Objekt des Monats September. Schuhe aus Glas oder aus Gold, wie in der Originalfassung der Gebrüder Grimm[2], befinden sich zwar nicht in der Sammlung, dafür aber diese schwarzen Pumps. Die Spenderin erwarb diese vor 35 Jahren, um sie auf dem 50. Geburtstag ihres Vaters zu tragen, später kamen sie auch bei anderen festlichen Anlässen wie Silvesterfeiern zum Einsatz. Grund für den Kauf war, dass die Pumps ideal zu festlicher Kleidung passten. Sie wurden entweder mit einem schwarz-gelben Ensemble der Firma Mondi oder einem schwarzen Cocktailkleid aus Pannesamt kombiniert. Von außen betrachtet, wirkte die Spenderin zwar sehr zufrieden, in Wahrheit empfand sie es aber als sehr unangenehm und schmerzhaft, die Schuhe zu tragen, da sie eine schlechte Passform besitzen. Dennoch zog sie sie immer wieder an, klar erkennbar an den vorhandenen Abnutzungsspuren. Die Schuhe waren der Spenderin sehr wichtig, dies beweist auch der noch immer vorhandene Originalkarton, der mit in die Sammlung übernommen wurde.
- Katja Kuhlmann
Quellen:
[1] Zitat der Tauben aus dem Märchen Aschenputtel, als der Prinz einer der falschen Schwestern zur Braut nehmen möchte, siehe: Rölleke, Heinz (Hg.): Brüder Grimm Kinder- und Hausmärchen, Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm Band 1, Stuttgart, 2017, S.137.
[2] Ebd., S.136.
Objekt des Monats August 2021
Objekt des Monats August 2021
- Objektbezeichnung: Schwimmwesten
- Inventarnummer: TO778a-c
- In der Sammlung seit: 29.01.2003
- Datierung: 1966 - 1970
Der August verspricht schönes Sommerwetter und Tage am Badesee oder im Freizeitbad. Auch die Beliebtheit von anderen Aktivitäten im Wasser, vom Kanu fahren bis hin zu Bootsausflügen, ist ungebrochen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Nichtschwimmer in Deutschland seit Jahren. Um auf diese Problematik hinzuweisen wurde als Objekt des Monats August eine Schwimmweste aus der Sammlung ausgewählt. Diese gelben und orangen Westen wurde zwischen dem Jahr 1966 und 1970 genutzt und sind aus der Sicht der Wasserrettung dem Bereich der Schwimmhilfen zuzuordnen. Die Wasserrettung unterscheidet zwischen Schwimmhilfen und Rettungswesten in verschiedenen Stärken.[1] Der wichtigste Unterschied: Rettungswesten sind ohnmachtssicher und halten auch Menschen über Wasser die nicht mehr selbst dazu fähig sind. Rettungswesten drehen ihre Träger*innen in die Rückenlage, um ihre Köpfe über Wasser zu halten und die Atemwege freizulegen. Schwimmwesten hingegen bieten nur eine Hilfe zur Selbsthilfe und verringern den Kraftaufwand beim Schwimmen. In Not geratene Personen müssen also selbst noch in der Lage sein sich zu bewegen. Insbesondere im Freizeitbereich, z.B. beim Kanu fahren, stehen Teilnehmer*innen nur Schwimmwesten zur Verfügung, die Fähigkeit schwimmen zu können wird vorausgesetzt. Für Anbieter dieser Aktivitäten sind Schwimmwesten nicht nur günstiger, sondern auch einfacher in der Handhabung, da sie oft keine Wartung benötigen. Schwimmhilfen bestehen aus festem, schwimmfähigen und nicht wasseraufsaugendem Material wie Polystyrol (ein Kunststoff) oder Kork. Rettungswesten hingegen bestehen aus verschiedensten Materialien und besitzen unterschiedliche Funktionen um sich aufzublähen, dessen Funktionalität benötigt eine regelmäßige Überprüfung. Die hier gezeigten Westen bestehen aus Kunststoff und rutschen beim Tragen ins Gesicht der Träger*innen, weshalb sie eher gefährlich als hilfreich waren. Dies und die verrosteten Schnallen zeigen, dass sich die Materialien für Funktionstextilien im Wassersportbereich massiv weiterentwickelt haben, um die Sicherheit der Benutzer*innen zu gewährleisten. Mittlerweile existieren diverse Anbieter und Ratgeber, um die individuell passende Rettungsweste zu finden[2], doch ein gutes Schwimmtraining können diese nicht ersetzen.
Objekt des Monats Mai 2021
Objekt des Monats Mai 2021
- Objektbezeichnung: Stoffbahnen
- Inventarnummer: TO873a-c
- In der Sammlung seit: 18.08.2003
- Datierung: 2003
Das Institut für Materielle Kultur bietet Studierenden die Chance sich in vielen Projekten auszuprobieren und erste Forschungserfahrungen zu sammeln. Diese Aktivitäten spiegeln sich in der Sammlung in Form von Objekten wider. Im Mai 2003 fand im Stadtmuseum Oldenburg die Ausstellung „Konfirmation: Ein Fest und seine Kleidung“ statt, die sich mit dem Wandel der Konfirmationsbekleidung in den letzten 200 Jahren beschäftigte und aus einem Projekt des Instituts unter Leitung von Dr. Kurt Dröge entstand. In der musealen Präsentation kamen verschiedenste Textilien zum Einsatz, darunter diese Stoffbahnen. Sie dienten der Einführung der Besucher*innen in die Ausstellung. Das leinwandbindige Baumwollgewebe wurde mittig schwarz bedruckt und oben in Handarbeit mit Nadeln und Stichen angeschrägt, damit eine Holzstange hindurchgeschoben werden kann. Die Ausstellung zeigt, dass der Anspruch an festliche Mode im Rahmen der Konfirmation einige Kontinuitäten aufweist, trotz der Einflüsse von zeitgenössischen Modetrends.[1] Die Farben Schwarz und Weiß prägen bis heute die Kleiderauswahl. Mädchen trugen zunächst weiße Kleider und Jungen schwarze Anzüge. Heutzutage greifen Mädchen zwar auch zu Hosenanzügen o.ä., grundsätzlich hat sich aber nicht viel an dem damals etablierten Verhalten verändert. Frisuren sollen zwar elegant, aber nicht zu auffällig wirken und die getragenen Accessoires zeigen meist religiöse Symbole z.B. Kreuze. Allgemein gilt, dass die Kleidung schick, elegant und feierlich sein soll. All diese Angaben stellen jedoch „ungeschriebene Gesetze“ dar, denn von Seiten der Kirche hat es nie offizielle Vorgaben zur Bekleidung gegeben. Dies hielt Pfarrer*innen und Gemeinden jedoch nicht davon ab, eigene Regeln aufzustellen, die zu einem sozialen Druck bezüglich angemessener Kleidung führten. Aufgrund solcher Vorgaben und der Besonderheit des Ereignisses fühlen sich viele Familien auch heute noch dazu verpflichtet neue Kleidung für die Konfirmation zu kaufen, ansonsten befürchten sie negativ in der Gemeinde aufzufallen. Da die nötigen finanziellen Ressourcen oftmals fehlen, boomen mittlerweile Tauschbörsen und Second-Handverkäufe für festliche Kleidungsstücke.
Religiöse Kontexte stellen einen wichtigen Untersuchungsgegenstand für die materielle Kultur dar, daher finden sich beispielsweise auch Konfirmationskleider und Taufkleider in der Sammlung.
- Katja Kuhlmann
Quelle:
[1] Alle folgenden Aussagen beruhen auf Kenntnissen aus dem Katalog zur Ausstellung:
Dröge, Kurt (Hg.): Konfirmation : ein Fest und seine Kleidung ; [aus Anlaß der Ausstellung im Stadtmuseum Oldenburg vom 6. April bis 11. Mai 2003], Oldenburg, 2003.
Objekt des Monats April 2021
- Objektbezeichnung: Sneaker
- Inventarnummer: KG815
- In der Sammlung seit: 22.04.2002
- Datierung: 1989
In Deutschlands Modegeschäften werden jedes Jahr Millionen von Kleidungsstücken nicht verkauft, dies war bereits vor der Corona-Pandemie der Fall. Doch wohin mit all der Kleidung? Ein Exemplar dieser ungewollten Ware hat den Weg in unsere Sammlung gefunden. Diese Sneaker wurden im Schuhgeschäft einer Bekannten des Spenders zum Ladenhüter. Selbst bei einem Verkauf im Rahmen eines Flohmarktes fanden sie kein neues Zuhause. Doch statt in die Tonne, wanderten die Schuhe in eine Kiste und fristeten dort 10 Jahre lang ihr Dasein, bis der Spender sie als passendes Objekt für unsere Sammlung wiederentdeckte. In der Regel müssen sich Händler*innen jedoch andere Alternativen einfallen lassen. Die Kleidung zu spenden klingt in diesem Zusammenhang nach einem logischen Schritt, dem steht jedoch häufig das deutsche Steuerrecht im Weg. Auf Sachspenden erfolgen 19 Prozent Umsatzsteuer und macht Spenden somit häufig teurer als das Entsorgen. Würde ein T-Shirt einen Euro kosten, müsste eine Spende von einer Tonne mit 900 Euro versteuert werden, das Verbrennen hingegen kostet nur 100 Euro.[1] Doch auch die Entsorgung fällt schwer, denn seit Oktober 2020 kann der Staat durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz rechtliche Schritte einleiten, sollten Neuwaren oder Retouren vernichtet werden.[2] Eine weitere Möglichkeit ist die Kleidung an Restpostenhändler weiterzugeben, diese versorgen Outlet-Shops und beliefern das Ausland. Eine Pflicht zur Weitergabe gebrauchsfähiger Produkte an eine Sammelstelle existiert bisher nicht, daher bleibt abzuwarten wie sich die Wege von ungewollten Kleidungsstücken in Zukunft weiterentwickeln.
Objekt des Monats März 2021
- Objektbezeichnung: Strickweste lange Form
- Inventarnummer: KG1572
- In der Sammlung seit: 31.05.2008
- Datierung: 1970 bis 1989
Beim Objekt des Monats März handelt es sich um ein „Lieblingsteil“ unserer Spenderin. 20 Jahre lang trug sie beinahe tagtäglich diese Strickweste. Bereits der Herstellungsprozess war etwas Besonderes – zu mindestens für heutige Maßstäbe. Unsere Spenderin wünschte sich eine Weste, doch statt ein Exemplar zu kaufen, entschied sie sich, diese selbst herzustellen. Von einer Freundin, die Schafe besaß, erhielt sie etwas Wolle, die sie selber spann und daraus anschließend die Weste strickte. Es entstand ein alltäglicher Begleiter.
Eine Untersuchung von Sophie Woodward, in der sie analysierte, wie Kleidung die Beziehung von Frauen zu ihrer Außenwelt prägt, zeigt das solche „Lieblingsteile“ auf eine besondere Art und Weise mit ihren Trägerinnen verbunden sind[1]. Durch den langen Besitz und das häufige Tragen entsteht eine Art Symbiose – schließlich passt sich der Stoff immer mehr der Trägerin an und diese fühlt sich darin wie in einer „zweiten Haut“[2]. Diese starke emotionale Bindung ist oftmals prägend in der Biografie der tragenden Person[3]. Verfolgt man weitere Ansätze wie von Alfred Gell der besagt, dass Kleidung dazu dient,die Persönlichkeit der Träger*innen für Außenstehende zu objektivieren und Meinungen/Gefühle etc. sichtbar zu machen[4], zeigt sich der große Einfluss von Kleidung für das alltägliche Leben. Es existiert beispielsweise das Phänomen des „Emotional Dressing“. Wissenschaftler*innen der University of Queensland etwa fanden heraus, dass wir meistens zu Kleidung greifen, die uns und anderen zeigt, wie wir uns fühlen möchten[5]. Wenn wir etwa einen schlechten Tag haben, wir unsere Laune aber bessern wollen, greifen wir zu Kleidungsstücken, mit denen wir etwas Gutes verbinden. Höchste Zeit also, dem persönlichen „Lieblingsteil“ einen Ehrenplatz im Schrank zuzuweisen
Katja Kuhlmann
[1] Vgl.: Woodward, Sophie: Looking Good: Feeling Right - Aesthetics of the Self, in: Küchler, Susanne/ Miller, Daniel: Clothing as Material Culture, New York 2005, S. S.21-40.
[2] Vgl.: Ebd., S. 33.
[3] Vgl.: Bayly, C.: The Origins of Swadeshi: Cloth and Indian Society, 1700-1930, in: Appadurai, A (Hg.): The Social Life of Things, Cambridge 1989.
[4] Gell, Alfred: Art and Agency: Towards an Anthropoiogical Theory. Oxford 1998.
[5] Andersen, Charlotte Hilton: 10 Unexpected Ways Your Clothes Can Change Your Mood, in: Reader's Digest, 2016, Zugriff: 15.01.2021 www.rd.com/list/clothes-affect-mood/
Objekt des Monats Februar 2021
- Objektbezeichnung: Trapper gestrickt
- Inventarnummer: KG1525
- In der Sammlung seit: 19.12.2007
- Datierung: 1996 - 2000
Obwohl es durch die Vielzahl von Geschäften und die ständige Verfügbarkeit von neuen Kleidungsstücken häufig nicht so aussieht, spielt Selbermachen bei Kleidung noch immer eine Rolle. Da die Studierenden des Instituts für Materielle Kultur häufig sehr textilaffin und handwerklich bewandert sind, ist der Anteil der durch sie in die STAK Eingang findende handgemachten Dinge noch mal höher. Im DIY-Bereich finden viele Konsumenten*innen die Individualität, die ihnen Modekonzerne nur vermeintlich bieten können. Ab und an entsteht im Zuge dessen der ein oder andere Trend. So sorgte etwa im Jahr 2010 das Unternehmen „MyBoshi“ dafür, dass bunte Häkelmützen deutschlandweit die Köpfe eroberten – sowohl selbst gekauft als auch selbst gehäkelt.
Der Wunsch nach einem bestimmten Kleidungsstück, erfüllt durch eigene Handarbeit, prägt auch die Biografie des Objekts des Monats Februar. Unsere Spenderin wollte unbedingt eine Trapper-Mütze besitzen und setze sich daher mit ihren Wollresten ans Werk. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, konnte jedoch kaum von jemandem begutachtet werden. Unsere Spenderin war enttäuscht von ihrer Schöpfung, da die Wolle kratze und sie den Stoff schlecht vertrug. Sporadisch wurde die Mütze zwar zwei Winter lang in der Freizeit und in der Universität getragen, verschwand dann jedoch endgültig im Schrank. Im Jahr 2007 kam die orangene Kopfbedeckung in die Sammlung.
Katja Kuhlmann
Objekt des Monats Januar 2021
- Objektbezeichnung: Dufflecoat
- Inventarnummer: KG1064
- In der Sammlung seit: 05.11.2003
- Datierung: 1930-1949
Lange betrachtete ich diesen Mantel in der Datenbank und wunderte mich immer mehr über die Bezeichnung „Fell-Mantel“, die bei einer älteren Eintragung zu finden war. Müsste es nicht „Pelzmantel“ heißen? Mich interessierten die Unterschiede von Fell und Pelz und im Internet fand ich schnell eine Antwort: Lebewesen, bei denen 50 bis 400 Haare pro Quadratzentimeter wachsen tragen Fell (zum Beispiel Hund, Katze, Kuh), bei mehr als 400 Haaren pro Quadratzentimeter handelt es sich um Pelz (zum Beispiel Nerz, Biber, Fuchs). Sobald Felle jedoch von der Haut abgezogen werden, tragen sie ebenfalls den Namen Pelz. Die Bezeichnung „Fell-Mantel“ ist somit falsch und wird daher nicht mehr verwendet. Doch meine Verwunderung über den Eintrag endete nicht. Während ich mir Pelzmäntel nur zu besonderen Anlässen bei extravaganten Träger*innen vorstellte, soll dieser Mantel zum „Gammellook“ der Töchter der Spenderin gehört haben. Beim Blick auf die Objektbiografie wird mir deutlich, warum: Der Mantel entstand vermutlich zwischen 1930 bis 1949 und wurde von der Spenderin Mitte der 1980er-Jahre, in einem Secondhand-Geschäft als Gelegenheitskauf, erworben. Seine besten Jahre lagen vermutlich bereits hinter ihm und nun wurde er von zwei pubertierenden Mädchen zwei bis drei Winter lang tagtäglich getragen. Zahlreiche Abnutzungen, Risse und Flickarbeiten zeugen von seinen Strapazen. Dennoch kann ich es mir heute kaum vorstellen, mit diesem Mantel in die Öffentlichkeit zu treten. Ethische Bedenken schwirren durch meinen Kopf. Selbst Kleidungsstücke mit „Fake-Fur“ scheinen tabu, schließlich häufen sich Meldungen darüber, dass „Fakepelz“ oftmals Anteile von echtem Pelz enthält. Mit einiger Ehrfurcht vor der Lebensdauer des Mantels schließe ich den Browser.
Katja Kuhlmann
Objekt des Monats Dezember 2020
- Objektbezeichnung: Schlafanzug
- Inventarnummer: KG1513
- In der Sammlung seit: 19.12.2007
- Datierung: 1994
Weihnachten bedeutet für viele Menschen Zeit mit der Familie oder guten Freunden zu verbringen. Insbesondere dieses Jahr fällt vielen Menschen auf, wie sehr Ihnen die Nähe zu anderen fehlt und denken an die schönen Erinnerungen, Bräuche und Geschenke der letzten Jahre zurück. „Klassiker“ unter den Weihnachtsgeschenken sind Kleidungsstücke. Egal ob selbst gestrickte Socken von Oma, das eher konservative Oberhemd in SOS-Kombination (Schlips, Oberhemd, Socken) oder der „Ugly-Christmas-Sweater“. Beinahe jede*r bekam bereits Kleidung geschenkt, die nur bedingt dem eigenen Geschmack entsprach. Das Objekt des Monats Dezember zeigt jedoch, dass auch unbequeme Geschenke schöne Erinnerungen bilden können. Unsere Spenderin besuchte im Jahr 1994 Ihre Eltern und bekam an Heiligabend diesen Schlafanzug als Geschenk. Zurückversetzt in Ihre Kindertage übernachtete sie mit Ihrem Bruder in einem Zimmer und trug das neue Ensemble. Leider vertrug sie den Satinstoff nicht auf der Haut, weshalb dies die erste und letzte Nacht blieb, in der sie den Schlafanzug trug. Dennoch behielt sie ihn über viele Jahre hinweg. Eine Trennung konnte sie sich nicht vorstellen, bis er im Jahr 2007 Teil unserer Sammlung wurde. Hier darf er weiterhin den „Geist der Weihnacht“ verbreiten.
Objekt des Monats November 2020
- Objektbezeichnung: Palästinenser-Tuch, Kufiya
- Inventarnummer: KG1494
- In der Sammlung seit: 28.11.2007
- Datierung: 2007
Viele Menschen haben vermutlich Kleidung im Schrank, die sie nie oder selten tragen. Seltener aber wird Kleidung nur für eine Prüfung gekauft – wie diese Kufiya (oder auch Kufija[1]). Im Rahmen einer mündlichen Examensprüfung wurde er analysiert und diskutiert – nur getragen wurde er nie. Nun könnte man fragen: Handelt es sich bei diesem Kufiya dann überhaupt um ein Kleidungsstück? Oder ist er nur ein Stück Stoff? Dahinter steckt die Frage, wodurch Kleidung definiert wird: die tragende Person oder das Ausgangsmaterial?
Für unsere Spenderin ist in jedem Fall klar, dass Sie auch ohne das Tragen Erinnerungen an dieses Kleidungsstück behält. Sie denkt zurück an die stressige Zeit der Prüfungsvorbereitung und lange Diskussionen mit Freund*innen über den Nah-Ost-Konflikt. In die Geschichte eingegangen ist dieses Tuch als Widerstandssymbol der gegen Israel kämpfenden Palästinenser daher auch der Name „Palästinenser-Tuch“. Aufgrund dieses politischen Hintergrunds kam ein Tragen des Tuches für die Spenderin nicht infrage. In der Modebranche ging man mit der Symbolik des Objekts nicht so sensibel vor, stattdessen folgten Massenproduktionen in China und internationale Vermarktungsstrategien des Tuchs. Lokale Hersteller*innen wurden vom Markt gedrängt und das Kufiya fand sich unter anderem in Form eines Halstuches in der europäischen Jugendkultur wieder, jedoch nicht nur als Modeaccessoire, sondern auch aufgeladen mit neuen Symboliken bei Mitgliedern der Antifa oder Neonazis[2].
Objekt des Monats Oktober 2020
- Objektbezeichnung: Rock, Full Rock, A Linie
- Inventarnummer: KG1
- In der Sammlung seit: 01.10.1997
- Datierung: 1953
Kleidung besteht nicht einfach nur aus Stoffen, Garn, einer Schnur hier und einem Knopf da. Sie besteht auch aus Erfahrung, Übung, Zeit und (Hand)Arbeit. Heutzutage scheint mir unserer Kleidung häufig ein persönlicher Touch zu fehlen. Auch wenn jedes Stück während der Produktion durch die Hände von Textilarbeiter_innen geht, liegt es nicht in der Natur der industriellen Fertigung Individualität zu repräsentieren. Immerhin steht die Massenproduktion von Waren dafür, die Konformität der einzelnen Stücke zu gewährleisten.
Bei unserem Objekt des Monats Oktober sieht das etwas anders aus. So ist dieses Kleidungsstück im Jahre 1953 in Eigenproduktion als Modelanfertigung für eine Modenschau entstanden. Besonders am Saum des hellbeigen Wollrocks sind die von Hand gesetzten Nähte zu sehen. Aus teilweise eingezogenen Bändern ist von unserer Spenderin kunstvoll eine etwa 20cm breite Verzierung aufgenäht worden. Jeder leicht unregelmäßige und gleichzeitig präzise gesetzte Stich bringt in meinem Kopf das Bild einer Person hervor, die sich mit Nadel und Faden in der Hand über den Rock beugt. Ein sentimentaler Gedanke an die ruhigen Momente der Handarbeit.
Veronika Dawydow
Objekt des Monats September 2020
- Objektbezeichnung: Kniestrümpfe
- Inventarnummer: KG8 – KG10
- In der Sammlung seit: 01.10.1997
- Datierung: 1930er
Faktoren wie Zeit, Ort, Anlass, Bequemlichkeit und eigene ästhetische Vorstellungen spielen eine wichtige Rolle bei der Auswahl von Kleidung. Grundlage für die letztendliche Kleiderwahl sind persönliche Erfahrungen und Vorlieben und nach einiger Zeit scheint die Auswahl ganz automatisch und unterbewusst zu erfolgen Die Prozesse der Kleiderauswahl zu beforschen ist einer von vielen Aspekten, der mithilfe der Objekte in der Sammlung Textiler Alltagskultur erfolgen kann. Oft liegen hierzu jedoch keine Notizen der ehemaligen Träger*innen vor, wie können solche Prozesse also nachempfunden werden?
Erste Anhaltspunkte bieten beim genaueren Betrachten des Objektes die Nutzungsspuren und das Wissen über Materialzusammenhänge.
Die drei weißen Kinderstrumpfpaare bestehen aus Baumwolle und sind alle mehrfach geflickt, verfärbt und weisen viele Flecken auf. Die Gummizüge sind (altersbedingt?) nicht mehr elastisch und bröselig. Aufgrund der vielen Abnutzungsspuren lässt sich eine häufige bzw. lange Nutzungsdauer erahnen. Baumwolle ist relativ steif und aufgrund der geringen Elastizität für die Herstellung von Strümpfen eher ungeeignet. Da es sich hier um Kindersocken handelt, würden die pflegeleichten Eigenschaften (Kochwäsche und leichte Reparaturen) und die Hautfreundlichkeit von Baumwolle allerdings für die Verwendung als Leibwäsche (Unterwäsche) sprechen. Auf den ersten Blick sind keine weiteren Spuren zu erkennen, daher müssen nun weitere Recherchen zu historischen Kontexten folgen, um sich in die Köpfe der ehemaligen Nutzer*innen annähernd hineinversetzen zu können. Schließlich können verschiedenste Faktoren die Kleiderauswahl beeinflussen: Ökonomische Situation des Haushaltes, Berufliche Position (der Erziehungsberechtigten), Wohnort, damalige und örtliche Modetrends, eventuelle Kleidungsalternativen und deren Zugang uvm.
Objekt des Monats August 2020
- Objektbezeichnung: T-Shirt
- Inventarnummer: KG1876
- In der Sammlung seit: 09.09.2019
- Datierung: 2011-2019
„Rock den Sommer“ steht auf diesem T-Shirt und beim Anblick des headbangenden Rockers denkt man gern an mitreißende Konzerte in lauen Sommernächten. Jedoch hat dieses Kleidungsstück nie eine Live-Band zu Gesicht bekommen, stattdessen durfte es bei der Gartenarbeit unterstützen. Der Spender dieses T-Shirts besucht zwar regelmäßig Konzerte und Festivals, doch trägt er dabei Merchandisingprodukte seiner Lieblingsbands. Diese kauft er gerne bei der Merchandising Handelsgesellschaft E.M.P., von der auch unser Objekt des Monats August stammt. E.M.P. bietet seine Ware u.a. in gedruckten Versandkatalogen an. Damit gehört E.M.P. zu einem der wenigen Unternehmen in Deutschland, die weiterhin einen gedruckten Katalog anbieten. Andere Versandhändler wie Otto haben diesen aus mangelnder Rentabilität durch die Verlagerungen von Einkäufen ins Internet längst eingestellt und ehemals berühmte Kataloge von Versandhäusern wie Quelle oder Neckermann wurden Anfang der 2000er im Zuge der Unternehmensschließungen aufgelöst.[1] Laut E.M.P. CEO Ernst Trapp stellt der gedruckte Katalog eine wichtige Verbindung zu den Stammkunden dar und unterstützt diese auch dabei sich im großen Sortiment zurechtzufinden.[2] Daher erscheint er nach wie vor in einer Auflage von einer Millionen Exemplaren. Da E.M.P. ein spezielles Publikum anspricht -es befinden sich nur Merchandiseprodukte zu populären Filmen sowie Musiker*innen aus dem Genre der Rock und Metalmusik im Sortiment- betreibt das Unternehmen auch europaweit auf Konzerten und Festivals spezielle Strategien der Kundenbindung und ist dort u.a. mit Verkaufsständen präsent.
[1] Mittlerweile existieren wieder Online-Shops von Neckermann und Quelle, beide gehören jedoch nun zur Otto Group.
[2] Aussagen siehe Interview im Rahmen der K5 Future Retail Conference 2019: www.kassenzone.de/2019/08/10/wie-wurde-emp-zum-marktfuehrer-fuer-metal-rock-merchandise-ernst-trapp-ceo/
Objekt des Monats Juli 2020
- Objektbezeichnung: Strohhut, Korbtasche
- Inventarnummer: 648, 1491
- In der Sammlung seit: 09.04.2001, 23.10.2007
- Datierung: -
Die Urlaubsplanungen wurden dieses Jahr für viele durcheinander geworfen. Fernreisen sind derzeit nur unter Vorbehalt und auf eigene Gefahr möglich. Um auf Nummer sicher zu gehen, haben einige nun den Sommerulaub im eigenen Land geplant. Trotzdem soll es natürlich gerne ans Meer oder wenigstens in die Nähe eines Sees gehen. Treue Begleiter für einen Strandurlaub sind nach wie vor jegliche Artikel aus Korbgeflecht. So bieten die Touristen-Shops zeitlose Modelle an Strandtaschen und Sonnenhüten an, die den Kaufenden sofort ein Gefühl von Urlaub vermitteln - auch zu Hause.
Objekt des Monats Juni 2020
- Objektbezeichnung: Flip-Flops
- Inventarnummer: 1681
- In der Sammlung seit: 28.08.2009
- Datierung: -
Der Sommer steht vor der Tür und sobald es warm wird schallen wieder die gekannten Sommergeräusche durch die Städte. Zehenstegsandalen bieten einen luftigen Sommer- und Badeschuh, der seit den 1960er Jahren nach dem charakteristischen Geräusch benannt ist, welches beim Gehen entsteht. Flip-Flops bestehen aus den verschiedensten Materialien und finden ihren Ursprung schon in ähnlich geformten Schuhen des alten Agyptens. Ihre hohe Beliebtheit lies sich Firmen auf die Herstellung der Zehenstegsandalen spezialisieren und für den Gebrauch bei jeglichen Temperaturen sogar entsprechende Socken konzipieren.
Die hier gezeigten Objekte wurden allem Anschein nach gerne und viel getragen, das Material hat jedoch schon nach kurzer Zeit nachgegegeben und zeigt deutliche Tragespuren.
Objekt des Monats Mai 2020
- Objektbezeichnung: Messenger Bag
- Inventarnummer: 1072 & 1073
- In der Sammlung seit: 14.01.2004
- Datierung: 2002
Diese Tagungs-Taschen gabe es als Ausstattung für Teilnehmer der darauf genannten Konferenzen gratis. Der Träger, männlich, Architekt, reiste als Konferenzteilnehmer nach Berlin undd Toulouse. Damals als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Architekturfakultät tätig, nutzte er die Taschen, um während der Konferenz seine Unterlagen zu transportieren. Danach wurden die Taschen jedoch hauptsächlich im Schrank verwahrt, da sie nicht den modischen Vorsteellungen entsprachen. Vielleicht spielte aber auch die Erinnerung des Besitzers an den eigenen schlechten Vortrag auf der ersten großen internationalen Konferenz dabei eine Rolle.
Durch die Corona Pandemie werden große Konferenzen meist auf Online-Formate verlegt. So sind entsprechende Merchandise-Artikel sicher nicht mehr notwendig, aber auch das Erlebnis bleibt leider aus.
Objekt des Monats April 2020
- Objektbezeichnung: Konfirmationskleid, Empire-Kleid
- Inventarnummer: 1430
- In der Sammlung seit: 19.09.2006
- Datierung: 1972
Die Osterzeit ist die Zeit der Konfirmationen. 1972 wurde die Spenderin dieses Kleides in Dänemark konfirmiert und fühlte sich in darin sehr erwachsen. Nachdem sie sonst hauptsächlich maßgeschneiderte Kleider trug, bestand sie zu diesem Anlass auf ein Kleid "von der Stange". Um so auszusehen, wie die anderen Mädchen ihrer Klasse, wurde dieses Kleid bei Jacobsen in Vordingbord, Dänemark, gekauft.
Die Spenderin trug es gleich zwei Mal - zu ihrer eigenen sowie eine Woche später zu der Konfimation einer Freundin. Auch wenn schöne Erinnerungen die Beziehung zu diesem Kleidungsstück prägen, erinnert sich die Trägerin noch daran, dass es etwas zu eng saß und so nicht zum Tanzen geeignet war.
Objekt des Monats März 2020
- Objektbezeichnung: Morgenmantel Kimono
- Inventarnummer: 1502
- In der Sammlung seit: 19.12.2007
- Datierung: Anfang 1990er Jahre
Home-Office? Home-Schooling? Video-Konferenz? Begriffe, die uns jetzt wohl eine Zeit begleiten werden...
Nicht nur die IT-Anbieter machen in Zeiten von Corona Gewinn, auch die Konjunktur von Freizeit- und Hausbekleidung wird angekurbelt. Finden die unterschiedlichsten Aufgaben und Tagesabschnitte plötzlich alle an einem Ort statt, ist am besten auch für ein universell taugliches Outfit zu sorgen.
Eine Möglichkeit des schnellen Anpassens bietet beispielsweise ein Morgenmantel, oder wie in diesem Fall ein Kimono. Schnell über das Nachthemd gezogen, bietet er Wärme, Schutz vor ungebetenen Blicken und je nach Optik eine unkomplizierte Möglichkeit das legere Outfit zu bedecken und alltagstauglich zu machen.
Die Spenderin trug den Kimono während der Sommermonate als Jacke, nachdem sie ihn zur Zeit ihrer Ausbildung als Schneiderin angefertigt hatte.
Objekt des Monats Februar 2020
- Objektbezeichnung: Winterjacke, Ski-Jacke
- Inventarnummer: 1403
- In der Sammlung seit: 04.07.2006
- Datierung: 1991
Die beevorstehenden Semesterferien werden gerne genutzt, um noch einmal so richtig Winterurlaub in den Bergen zu machen. Für viele kommt es beim Pistensport nicht nur auf Funktionalität an, auch die Optik steht bei der Klamottenwahl im Vordergrund. So hat die Spenderin dieser Winterjacke sogar selbst Hand angelegt, um sie nach ihren individuellen Ansprüchen fertigen zu können.
Nachdem der Sommerurlaub aus beruflichen Gründen ausfallen musste, legte sie sich anstelle dessen eine Nähmaschine zu. Sie begann mit dem Applizieren und wählte für die neue Winterjacke eine Winterlandschaft mit sportlichen Motiven. Gleichzeitig sorgte sie für funktionale Elemente wie eine Kapuze, eine Bauchtasche und ein verstellbares Bündchen.
Nach der intensiven Arbeit, war der Spenderin die Jacke viel zu schade, um sie beim Ski-fahren anzuziehen. So wurde sie zwar in den Ski-Urlaub mitgenommen aber dort hauptsächlich auf dem Kleiderbügel bewundert.
Objekt des Monats Januar 2020
- Objektbezeichnung: Spencer Jacke
- Inventarnummer: 1089
- In der Sammlung seit: 07.04.2004
- Datierung: 1992
Bei dieser Jacke war sich die Spenderin sofort sicher, dass sie diese besitzen muss. Anfang der 1990er Jahre bei Alo's Ledermoden am Steintor in Bremen gekauft, wurde die Jacke mit dem dazugehörigen Spaghettiträgerkleid zum Begleiter auf einigen Partys. Da das Kleid jedoch hauteng auf die Figur der Trägerin angepasst wurde, konnte diese darin kaum noch atmen. Obwohl sie sich "sehr sexy" und "nie nicht angezogen" darin fühlte, konnte die Spenderin das Ensemble letztlich nur wenige Jahre tragen. Die Erinnerungen und wahrscheinlich auch der hohe Kaufpreis sorgten dafür, dass sie es anschließend noch lange im Kleiderschrank verwahrte.
Objekt des Monats Dezember 2019
- Objektbezeichnung: Schulterpolster
- Inventarnummer: KG1118
- In der Sammlung seit: 21.04.2004
- Datierung: 1988/1989
Die Weihnachtszeit steht vor der Tür und damit auch viele Anlässe, zu denen besondere Outfits gefragt sind. Diese Schulterpolster sind selbsthaftend und damit für verschiedene Gelegenheiten verwendbar. Der Spenderin kam es auf ein gepflegtes Aussehen an, welches ihr diese Schulterpolster verliehen.
Ursprünglich zu einer Bluse gekauft, deren Schnitt Schulterpolster benötigte, trug die Spenderin diese Accessoires nur an nicht allzu warmen Tagen. Den Schaumstoff würde sie so heute nicht mehr auf der nackten Haut tragen wollen, da er diese zum Schwitzen brachte. Getragen wurden die Polster letztlich nur zu wenigen besonderen Anlässen über 2-3 Jahre. "Denn damit die Polster schön bleiben, muss sehr auf den Körper und die Körperpflege geachtet werden", so die Spenderin. Auch die Objekte selber verlangen nach besonderer Aufmerksamkeit. So empfiehlt der Hersteller, diese nach der Handwäsche stets in der dafür vorgesehenen Dose aufzubewahren, damit die Form bewahrt wird.
Objekt des Monats November 2019
- Objektbezeichnung: Ensemble, Blazer, Bleistiftrock
- Inventarnummer: 1903
- In der Sammlung seit: 18.11.2019
- Datierung: o.A.
Dieser erst kürzlich in unsere Sammlung aufgenommene Zweiteiler von Jil Sander überzeugt durch seine schlichte Eleganz und den zeitlosen Stil.
Die Spenderin kaufte sich das Kostüm 1985 beim Mäntelhaus Kaiser in Hannover für einen besonderen Anlass, nämlich die Konfirmation ihrer Tochter. Sowohl der Blazer als auch der Rock spiegeln die Merkmale von Jil Sanders Mode wider; schlicht, was Farbe und Stil betrifft, aber ein ungewöhnlicher Schnitt. Kombiniert hat sie den Blazer mit einer kurzärmeligen Bluse und einem Gips am Bein, da sie sich kurz zuvor im Skiurlaub einen Kreuzbandriss zugezogen hatte.
Jil Sander ist eine international renommierte Modedesignerin und glänzt mit ihren einzigartigen Kollektionen auf dem Laufsteg. Das gleichnamige Unternehmen wurde 1968 gegründet - ist allerdings erst in den 1980er Jahren bekannt geworden. Knapp 30 Jahre nach der Gründung verkaufte Jil Sander einen großen Anteil an Prada. Heute gehört die Marke einem japanischen Textilkonzern, unter dessen Führung noch immer schwarze Zahlen geschrieben werden.
Objekt des Monats Oktober 2019
- Objektbezeichnung: Sportjacke, Sweatshirtjacke
- Inventarnummer: 1899
- In der Sammlung seit: 15.10.2019
- Datierung: 1990er Jahre
Wenn Sie an die größten Hits der 1990er Jahre zurückdenken, was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn? Nirvana, Spice Girls oder MC Hammer? Hip-Hop wurde in den 90er Jahren aus Amerika importiert und spiegelt sich seitdem in vielen kulturellen Bereichen, vor allem aber in der Mode. Das hier präsentierte Objekt stammt genau aus dieser Szene, welcher sich der Spender als Jugendlicher verbunden fühlte.
Die sehr gut erhaltene Sweatshirt-Jacke vom Label Enyce fällt besonders durch ihre bunte Farbmischung auf. Der beigefarbene Grundton wird von einem groben Karomuster aus weißen, gelben, braunen und blauen Streifen durchzogen und erinnert an die farbliche Ästhetik von Graffiti. Die hochwertige Verarbeitung lässt sich u. a. daran erkennen, dass der Spender das Teil fast zwei Jahre lang täglich getragen hat, es der Jacke aber nicht anzusehen ist. Die etwas breiter geschnittene Form passt perfekt in das Modebild dieser kulturellen Bewegung und diente damals der Bewegungsfreiheit beim Tanzen.
Enyce ist ein auch heute noch beliebtes Hip-Hop Label und gehörte ursprünglich dem äußerst erfolgreichen amerikanischen Rapper Sean Diddy Combs – besser bekannt unter dem Namen P.Diddy. Nachdem der Spender mehrfach angedeutet hatte, dass er gerne etwas von diesem Label haben möchte, kauften seine Eltern Anfang der 2000er Jahre die Jacke aus zweiter Hand und schenkten sie ihm zum Geburtstag. Damals war er sehr stolz auf das Teil, welches ihm ein „Coolness“-und Zugehörigkeitsgefühl bei seinen Freunden verschaffte.
Objekt des Monats September 2019
- Objektbezeichnung: Mantel, Pelzkragen
- Inventarnummer: 1843
- In der Sammlung seit: 14.02.2019
- Datierung: 1967
Pelz im Fokus - Nie aus der Mode?!
Im September beginnt offiziell die dritte Jahreszeit - der Herbst. Die Bäume verlieren ihre Blätter, es wird kälter und in den Läden hängen die diesjährigen Herbstkollektionen aus. Ein schöner, warmer Mantel ist ein „Must-have“ für diese stürmische Jahreszeit. Und ein solcher wurde als Objekt diesen Monats ausgewählt. Um genauer zu sein, ein roséfarbener Mantel, der nicht nur durch seine Farbe, sondern auch durch den weichen Pelz am Kragen und an den Ärmelsäumen ins Auge sticht.
Im Herbst 1967 fuhr die Spenderin gemeinsam mit ihrer Mutter, zum Einzelhandel „Bauermann“ nach Bremen. Die Farbe gefiel ihr sehr und deswegen kaufte sie den Mantel für 134 DM. Das war mehr als ihre damalige Monatsmiete und in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht leicht zu verkraften. Dafür löste die Spenderin ihr gesamtes Sparkonto auf. Doch der Mantel wurde aus einem bestimmten Anlass gekauft, nämlich die Geburt ihres Sohnes. Danach würde Sie ihren Beruf aufgeben – d.h. nicht mehr über ein eigenes Einkommen verfügen. Somit hat der Mantel, bis heute, nicht nur einen materiellen, sondern auch einen hohen emotionalen Wert für die Spenderin.
Echtpelz zu tragen, wird vor allem seit den 1990er Jahren von Tierschützenden heftig kritisiert. Geringe Umweltauflagen, mangelhafte Haltungsbedingungen und billige Arbeitskräfte sorgen für eine, aus wirtschaftlicher Sicht, lohnende Produktion. Hochwertiges Kunstfell wird hingegen in aufwendigen Verfahren produziert, welche viel Zeit und Geld in Anspruch nehmen. Zudem beachten viele Herstellende nicht die Kennzeichnungspflicht bei Echtfell, sodass der Unterschied zwischen diesem und Kunstfell auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist. Viele bekannte Label, wie zum Beispiel Michael Kors, Tommy Hilfiger, Gucci etc. gehen aber als Vorbild voran und verzichten zunehmend auf Echtfell in ihrer Produktion. Trotzdem kaufen viele Kund*innen noch immer Pelz, was viele qualvolle Tode von Tieren zur Folge hat. Pelz zu tragen, bleibt hierzulande eine Gewissensfrage. Anders als in Kalifornien: Dort wurde gerade ein Gesetz verabschiedet, dass die Herstellung und den Verkauf von neuen Pelzen untersagt.
Objekt des Monats August 2019
- Objektbezeichnung: Jeanshose, Levis 501
- Inventarnummer: 1880
- In der Sammlung seit: 02.06.2019
- Datierung: 2015
Diese Objektspende ist laut ehemaligem Besitzer „ein Meilenstein der Modegeschichte“ und ein Klassiker. Die Jeanshose der Marke Levi Strauss & Co, ehemals als Arbeitshose 1853 in San Francisco „erfunden“, gehört zur Garderobe eines Mannes, der bei all seinen Kleidungsstücken und Objekten auf Marken setzt. Für ihn bedeutet Markenware vor allem Qualität, Sitz und Zeitlosigkeit.
Die „Outfit-Studie“ (1998-2001), die 10.000 deutsche Frauen und Männer zum Markenbewusstsein im Bereich Jeansmode befragte, besagt: 78,5 % der 14-19 Jährigen, 72,5% der 20-29 Jährigen, 60% der 30-49 Jährigen und immerhin noch 37,5% der 50-64 Jährigen Frauen und Männer legen insbesondere beim Kauf ihrer Jeanshose großen Wert auf die Marke.
Die Begründung für die Schenkung der Levis 501: Die Hose passt nicht mehr, weil er 28 kg abgenommen hat. Um das Gewicht zu halten, dient das Aussortieren zu großer Jeanshosen aus seiner Kleidersammlung der eigenen Disziplinierung, so der Spender. Er möchte auf keinen Fall wieder in seine zu große Hose „hineinwachsen“.
Objekt des Monats Juni 2019
- Objektbezeichnung: Topflappen, Topfanfasser
- Inventarnummer: 459 a-c
- In der Sammlung seit: 08.05.2001
- Datierung: etwa 1950er – 1960er Jahre
Vielleicht werden bei manchen Leser*innen an dieser Stelle Erinnerungen an die 'Handarbeitslehrerin' der Schulzeit wach, die angesichts eines langen Fadens monierte: „Langes Fädchen – faules Mädchen (kurzes Fädchen – fleißiges Mädchen).“ Erscheint ein langer Faden auf den ersten Blick praktisch, birgt er jedoch jede Menge Nachteile: Er knotet leichter, die Arbeit dauert insgesamt länger und der Faden soll seinen natürlichen Glanz verlieren, da er rauer wird.
In der Sammlung Textiler Alltagskultur gibt es gleich mehrere Zeugnisse des textilbezogenen Unterrichts aus der Nachkriegszeit- die Objekte des Monats im Juni sind solche. Diese Topflappen wurden aus blauer, grüner sowie weißer Baumwolle gehäkelt und von einer 'Handarbeitslehrerin' aus Oldenburg an die Sammlung gespendet. Aus dem eingangs zitierten Sprichwort geht bereits hervor, dass der 'Handarbeitsunterricht' in der damaligen Zeit eine feminisierte Praxis war und ein Instrument der Fixierung von Rollenbildern. Der Unterricht schulte die handwerklichen Fähigkeiten junger Mädchen, um sie auf den häuslichen Alltag vorzubereiten.
Das Lernen an Textilem blieb lange Zeit ein sprachloser Akt, heutzutage geben ihm Theorien zur Dingkultur eine Sprache und ermöglichen die Erschließung vielfältiger sozio-kultureller Zusammenhänge.
Objekt des Monats Mai 2019
- Objektbezeichnung: Kostüm Rot-rosé meliert, Blazer und Bleistiftrock
- Inventarnummer: 1839 a + b
- In der Sammlung seit: 03.01.2019
Die Spenderin dieser Kombination von Blazer und Rock überbrachte dem Institut gleich ein ganzes Konvolut an Objekten. Neben dieser hier abgebildeten Kleidung, die zu der Versammlung eines Frauenvereins getragen wurde, gab sie ihr Flitterwochenkostüm sowie Debütantinnenkleider in die Sammlung. Zu allen Objekten konnte sie Geschichten erzählen, die schon weit zurücklagen, ihr jedoch noch präsent waren und auch Aufschluss darüber gaben, warum sie sich bisher noch nicht von den Objekten trennen konnte. Als sie von der Sammlung für textile Alltagskultur erfuhr und den hier verfolgten Forschungsschwerpunkten, entstand das Bedürfnis diese Geschichten festhalten zu lassen und sie zusammen mit der dazugehörigen Kleidung angemessen verwahren zu lassen.
Von besonderem Wert sind die dazu gelieferten privaten Fotoalben. Die im Archiv für Kleider und Geschichten hängen die Kleider auf konservatorisch angemessenen Bügeln im Archivschrank. Schauen wir uns die Fotos der Spenderin an, aus Zeiten zu denen die Objekte noch getragen wurden, werden sie wieder lebendig. Das Material und die Verarbeitung lassen auf gehobene Verhältnisse schließen. Dieser Eindruck wird durch die zahlreichen Zeitungsausschnitte bestätigt, die im Fotoalbum der Spenderin hinterlegt sind.
Das hier zu sehende Objektensemble stammt aus einer New Yorker Mode-Boutique und wurde, den kaum vorhandenen Tragespuren nach, nur selten getragen. Zu einem besonderen Anlass angeschafft, in einem gehobenen Modegeschäft gekauft und anschließend so aufbewahrt, dass es über Jahrzehnte keinen Schaden nimmt. Nicht nur für die Sammlung scheint die Geschichte hierfür den Anlass gegeben zu haben, auch die Trägerin legt anscheinen großen Wert auf die Konservierung und Aufbewahrung von Dingen und Geschichten.
Objekt des Monats April 2019
- Objektbezeichnung: Einteiliger Hosenanzug mit kurzem Bein, florales Muster rot/weiß
- Inventarnummer: 1686
- In der Sammlung seit: 31.08.2009
Der Hosenanzug mit Bustieroberteil wurde, der Leihgeberin nach, 1946 angeschafft. Nicht die Leihgeberin selbst, sondern deren Mutter trug das Kleidungsstück. Jedoch empfand es die Trägerin durch sein Muster und die leuchtenden Farben „doch recht auffällig, gewagt“ und so wurde es nur „gelegentlich, nicht so oft“ getragen. Der Einteiler wurde im Versandhaus Witt bestellt, dem wahrscheinlich ersten Versandhaus Deutschlands. Getragen hat ihn die damalige Besitzerin „zu bestimmten Anlässen“, die Leihgeberin charakterisiert das Objekt als „keine Arbeitskleidung, aber auch nichts festliches“.
Da wir nun im April die ersten warmen Tage genießen können, sehnen sich auch viele nach mehr bunten Farben in der Garderobe. Die Sommerklamotten werden schon einmal wieder herausgekramt und warten auf ihren Einsatz. Die Trägerin erinnerte sich, dass mit diesem Anzug immer auffiel, was besonders daran lag, dass ihr Wohnort eher klein und gediegen ausfiel.
Das rote Band in der Taille wurde nachträglich eingesetzt, nachdem mehrfaches Waschen dafür sorgte, dass die Baumwolle sich zusammenzog und der Anzug immer kürzer und enger wurde. Jedoch trug die Besitzerin in dadurch immer seltener, da er ihr nicht mehr so gut gefiel, wie zu Beginn.
Objekt des Monats März 2019
- Inventarnummern: 1837, 1838
- Objektbezeichnung: Strickjacke grün, Strickjacke rot
- In der Sammlung seit: 03.01.2019
Die Strickjacken wurden dem Institut zusammen gespendet. Die Spenderin übernahm diese aus dem Nachlass ihrer Mutter und bewahrte sie neben einigen anderen Kleidungsstücken auf. Als Kind trug sie selber die Wolle der roten Strickjacke in Form eines Pullovers. Dieser wurde wieder aufgeribbelt und anschließend mit der Wolle eines anderen Pullovers zusammen zu dieser Jacke gestrickt. Die grüne Jacke hingegen wurde für den Vater der Spenderin angefertigt und gab zuvor die Wolle für zwei Kinderpullover für die Brüder der Spenderin her.
Neben persönlichen Hintergründen, die Strickjacken aus dem Nachlass der Mutter zu übernehmen, war gerade der Aspekt der Umnutzung des Rohstoffs des Wollgarns hierfür interessant. Auf den ersten Blick lässt sich hierbei feststellen, dass die Ärmel der roten Strickjacke deutlich kürzer sind als die Ärmel der grünen. Laut der Spenderin liegt das daran, dass die Wolle der kleinen Kinderpullover nicht gereicht hat. Die grüne Jacke hat längere Ärmel, da die Pullover aus deren Wolle die grüne Jacke gefertigt wurde, für die älteren Brüder bemessen waren, die größere Pullover benötigten.
Die Mutter der Spenderin trug letztlich beide Jacken selbst nachdem ihr Mann verstorben war, für den die grüne gestrickt wurde. In der roten Jacke habe sie immer gefroren, da die Handgelenke frei blieben. Die Spenderin selbst konnte dies bestätigen, nachdem sie die rote Jacke mehrfach selber getragen hat im Andenken an ihre verstorbene Mutter.
Objekt des Monats Februar 2019
- Inventarnr: 1466
- Objektbezeichnung: I love NY T-Shirt weiß
- In der Sammlung seit: 21.02.2007
Anfang Februar beginnt die vorlesungsfreie Zeit und damit für viele auch der Ausblick auf eine Reise. Sei es in den Heimatort, zu Freunden oder zum Urlaub ins Ausland – Ferien, und Feiertage bieten Zeit um das zu tun, wofür sonst manchmal etwas zu wenig Zeit bleibt.
Das Objekt 1466 ist ein beliebtes Mitbringsel von New York Besuchen. Die typische Form der Schreibweise wird mittlerweile von Souvenirshops auf der ganzen Welt auf ihre Städte angepasst und auf T-Shirts, Taschen und Kühlschrankmagneten abgedruckt. Ob das Original aus New York stammt lässt sich nur vermuten. Der Aufdruck des hier zu sehenden Objekts ist jedoch mit einem Markenkennzeichen versehen und weist damit auf den Schutz dieses Logos hin und stammt ursprünglich tatsächlich aus New York.
Auch wenn die Souvenirs suggerieren sollen, dass die Träger*innen in der Welt zu Hause sind und schon viel gesehen haben, dem Spender dieses Objekts war das Tragen des T-Shirts peinlich. Er bekam es als Begrüßungsgeschenk, als er 2006 auf einer Hochzeit in New York zu Gast war. Andere Gäste trugen ihre T-Shirts am Abend vor der Hochzeit. Der beschenkte Spender dagegen trug seines „kein einziges Mal“, da es ihm zu groß war. Trotzdem empfand er die Geste des befreundeten Hochzeitspaares nett, da „die damit Gastfreundschaft und Lokalpatriotismus vereinten“.
Objekt des Monats Januar 2019
- Inventarnr: 713
- Objektbezeichnung: Cord Latzhose grün
- In der Sammlung seit: 24.04.2001
Cord wird seit dem letzten Jahr wieder viel getragen. Scheint einerseits aktuell die kalte Jahreszeit ein Bedürfnis nach weichen und dickeren Materialien bei den Kaufenden heraufzubefördern, trägt andererseits sicher auch das Revival der Mode der 70er Jahre zur Wiederbelebung bei. Enges Bündchen mit weitem Hosenbein ist derzeit in allen Materialvarianten in den Klamottenläden zu finden.
Cord wird traditionell besonders bei Arbeitskleidung der den Zünften zugehörigen Berufe verwendet. Der Stoff wird durch den Florteil, der die Verbindungsstellen zwischen Schuss- und Kettfäden schützt, besonders beständig.
Dieser Kleidungsstoff trägt auch den Namen ‚Manchester‘, nach der gleichnamigen Fabrikstadt, wo derselbe zuerst hergestellt wurde.
Heute ist Cord besonders in den Wintermonaten beliebt. Die dichte aber gleichzeitig flauschige Struktur des Materials wird dabei in verschiedenen Ausführungen hergestellt und verwendet. Die, wie bei dieser Latzhose, breit gehaltenen Streifen des Gewebes sind bei traditioneller Zunftkleidung weit verbreitet. Die feineren Varianten dagegen werden, dem Samt optisch oft nah kommend, zu modischen Zwecken verwendet.
Objekt des Monats Dezember 2018
- Inventarnr: 1038
- Objektbezeichnung: Rucksack Rocky H&M
- In der Sammlung seit: 27.06.2003
- Datierung: ca. 1999
Der Rucksack, ein Alltagsbegleiter für viele und oft ein klassischer Funktionsartikel. An zwei Gurten, die über den Schultern liegen, wird er auf dem Rücken getragen und gewährt so Armfreiheit. Schon im Kindesalter wird durch den Schulranzen die erste Selbständigkeit eingeläutet und damit der Beginn eines neuen Lebensabschnitts. Die Auseinandersetzung mit der dafür angemessenen Transporttextilie ist mit großer Aufregung verbunden und das Objekt mit einer besonderen emotionalen Bindung besetzt. Die Vielfalt an Rucksäcken, die für jeden möglichen Trageanlass konzipiert und beworben werden ist enorm. Dabei wird die Funktionalität der Textilie in der Materialität und Ausstattung bedacht aber auch die Optik soll Käufer*innen vom Produkt überzeugen.
Der Rucksack der Eigenmarke Rocky von H&M zählt zu den leichten City-Rucksäcken. Das beständige Material (Polyamide) hat die Käuferin 1999 überzeugt, da sie einen Rucksack brauchte, den sie fortan in der Uni benutzen kann. Drei Jahre lang war das nun zur Sammlung gehörende Objekt der tägliche Begleiter der Spenderin. Auch eine 6-wöchige Reise nach Indien wurde mit dem Rucksack erlebt. So erhielt das einst für den Alltag gekaufte Objekt eine stärkere emotionale Bedeutung für die Besitzerin und damit den Wert für die Sammlung Kleider und Geschichten.
Objekt des Monats November 2018
- Inventarnr: 1382
- Objektbezeichnung: Strickjacke mit Weihnachtsmotiv
- In der Sammlung seit: 21.03.2006
- Datierung: 1990er Jahre
Wussten Sie, dass in Amerika der „Ugly-Christmas-Sweater-Day“ zelebriert wird? Ziel ist es, sich in einem möglichst kitschigen Pullover zu präsentieren; je kitschiger, desto besser.
Es scheint das Charakteristikum des Weihnachtspullovers zu sein, dass er farbenfroh – meist in den Farben rot, grün, blau oder weiß – daherkommt und dass ihn Motive wie Geschenke, Christbaumkugeln oder Rentierköpfe zieren. Schneeflocken scheinen mir die gediegenere Variante zu sein.
Er muss nicht zwangsläufig selbst gestrickt sein, sondern er kann besonders seit den 1980er Jahren auch käuflich erworben werden. Er wurde in diesen Jahren zum Trend, weil im angelsächsischen Raum Fernsehmoderaten mit solchen Pullovern an die Öffentlichkeit traten. Aus dem Scherz wurde ein Verkaufsschlager, aus Kitsch wurde Kult – nicht zuletzt auch durch Colin Firth´s Auftritt im Pullover mit Rentierkopfmotiv im Film-Klassiker „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“.
Auch dieser Weihnachtssweater wurde in den 1990er Jahren für rund 30 Euro erstanden. Nicht wenig Geld für einen Scherz, dafür, dass die Träger_in aussah, wie „ein behangener Christbaum“ – aber er scheint es wert gewesen zu sein.
Letztes Jahr waren die Weihnachtsjacken auch bei H & M gang und gäbe. Mal sehen, was dieses Jahr im Warenangebot vorhanden ist.
Bildquelle: http://wisski-stak01.virt.uni-oldenburg.de/wisski/navigate/287/view
Objekt des Monats Oktober 2018
- Objektbezeichnung: Schnittmuster aus „burda-Moden“
- Datierung: 1980er Jahre
Nein, hier handelt es sich nicht um eine komplexe architektonische Zeichnung, sondern um ein Schnittmuster, das sich früher häufig als Beilage in so genannten „Frauen“- und insbesondere in Nähzeitschriften befand.
Häufig war der Fall, dass die Schnittmuster zu den angepriesenen Kleidern in der Zeitschrift beigelegt wurden.
Dieses Schnittmuster stammt aus der „burda moden“ aus dem Jahr 1987. Es dient als Vorlage für eine Kombination aus Frühlingskleid und dazugehörigem Schärpengürtel, tituliert als „der neue Hit für Zierliche“.
Das Schnittmuster war seit der Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahre im Alltag bedeutend, wie auch Spender_inneninterviews verdeutlichen. Eine Spender_in sagt, dass auch kaum etwas anderes möglich war, als die Dinge selbst zu nähen. Selbstanschaffungen wären zu kostspielig gewesen.
Heutzutage sind Schnittmuster immer noch aktuell, eben auch, weil sie jetzt online abgerufen werden können. Der Trend des Selber-Nähens ist in vollem Gange, wenn auch unter anderen Vorzeichen: War es früher ökonomischer Zwang zum Selbst-machen, ist es heute eine Lifestyle-Komponente.
Objekt des Monats September 2018
- Inventarnr: 1400
- Objektbezeichnung: Sling-Plateauschuhe
- In der Sammlung seit: 20.06.2006
- Datierung: 1997
Plateauschuhe sind seit letztem Jahr wieder im Kommen zu sein. In den 90er Jahren waren sie der Hit, beispielsweise die Buffalos für Männer und Frauen, auch in mehreren Farben und Variationen.
Ein wahrer ´Hingucker´ ist dieses Modell mit Zebrafellimitat aus unserer Sammlung.
Es handelt sich um Sling-Plateauschuhe. Der Ausdruck ´Sling´ ist bekannt von ´Slingpumps´, eben solchen Schuhen, die hinten ausgespart sind und die nur ein Riemen an der Verse den Schuh am Fuß hält.
Die Spenderin hat sie im Frühjahr 1997 bei Deichmann erworben. Der Anlass der Beschaffung ist in drei Worte zu fassen: „Gesehen und verliebt“. Da war es auch zweitrangig, ob wirklich neue Schuhe benötigt wurden.
Mit ihren 19 Jahren hatte die Spenderin eine „bunte Phase“: „Es wurde alles kombiniert – Hauptsache bunt und nicht langweilig“.
Etwa fünf Jahre, von 1997 bis 2002, wurden diese Schuhe täglich zu vielen unterschiedlichen und auch besonderen Anlässen getragen: zur Schule, in die Disco, zum Shoppen und sogar zur Zeugnisvergabe des Fachabiturs.
Der Grund, warum die Schuhe ab 2002 nicht weiter das Outfit prägten, war schlicht und ergreifend der Fakt, dass Plateauschuhe aus der Mode kamen und dass die Spenderin sich „zu alt für klobige Plateauschuhe“ fühlte.
Die Schuhe hatten Vor- und Nachteile für sie. Der Vorteil war, dass sie die Spenderin größer gemacht haben und sie sie „im nassen Norddeutschland vor nassen Füßen bewahrt haben“. Der Nachteil war, dass diese nicht in den Wintermonaten getragen werden konnten, weil dadurch, dass sie hinten nicht geschlossen waren, die Füße froren.
Dennoch waren es die „absoluten Lieblingsschuhe“ der Spenderin, die damals eine „Vorliebe für Tierfelloptik besonders bei Schuhen“ besaß.
Objekt des Monats August 2018
Steckbrief
- Inventarnr: 875
- Objektbezeichnung: Levi`s 501
- In der Sammlung seit: 24.09.2002
- Datierung: 1996
„´501´ waren ein ´Muss´“
Das erzählt die Spenderin zu Ihrer häufig getragenen, beigen Levi´s-Jeans aus den 1990er Jahren, auf deren Lederaufnäher in schwarzer Farbe die Zahl 501 gedruckt war. Laut der Spenderin trug damals in der Schule jede_r ihrer Oberstufenkolleg_innen die 501, „auch wenn der Schnitt nicht jedem stand“ – und das bei einem Preis von 159 DM pro Stück. Sie erinnert sich, dass eine Zeit lang auch farbige ´501er´ existierten, zum Beispiel in rot, grün oder schwarz. Auch sie besaß die ´501´ in vielen unterschiedlichen Farben, in helleren und dunkleren Tönen.
Zu ihrer Kollektion kamen weitere hinzu, als sie 1996/97 ein Jahr als Au-pair in den USA verbracht hatte. Dort hatte sie sich „fast jeden Monat eine 501 gekauft, weil die da so billig waren“. Im Schnitt wurden dort rund 30 Dollar für eine Jeans verlangt. Doch die Anschaffungen lohnten sich nur für einen kurzen Zeitraum, denn nur ein Jahr später, berichtet die Spenderin, war die 501 nicht mehr „in“.
Dieses Phänomen, dass „Farbe und Schnitt nicht mehr modern“ war, haftet an vielen Kleidungsstücken, die zu guter Letzt Eingang in die Sammlung Textile Alltagskultur gefunden haben. Mode in ihrem gesellschaftlichen Kontext zu untersuchen, ist einer der Forschungsschwerpunkte des Instituts für Materielle Kultur.
Objekt des Monats Mai 2018
Steckbrief
- Inventarnr: 463
- Objektbezeichnung: Repassierfaden
- In der Sammlung seit: 04.05.2001
- Datierung: spätes 20. Jahrhundert
DEDERON: DER FADEN VOLLENDETER VERLÄSSLICHKEIT
Der Polyamid-Stoff Dederon hat eine lange Tradition. Schon der Name verweist auf Historisches:
1959 auf den Markt gekommen, wurde die neue Kunstfaster nach dem Staat benannt, in der sie entwickelt wurde: der DEutschen DEmokratischen Republik. Die Endung „-on“, bezieht sich auf ein ähnliches Material, das Perlon. Dieses war schon während der 1930er Jahre als Ersatz für das aus den USA stammende Nylon entwickelt worden und wurde später ein „kriegswichtiger“ Rohstoff. Ein Streit um die Markenrechte des Perlons zwischen den Betrieben der DDR und BRD machte einen neuen Namen für Polyamidstoffe dieser Art nötig. Bis heute stehen der Einkaufsbeutel wie auch die Schürze aus Dederon sinnbildlich für den Alltag in der DDR. „Plaste und Elaste“ sind sprichwörtlich geworden.
Die Nutzung von Chemiefasern stellte eine kostengünstige Alternative zu den devisenaufwendigen Importen von Baumwolle dar. In der Planwirtschaft wurden so die Bedürfnisse der Bevölkerung nach Kleidung befriedigt, ohne den wirtschaftlich schwachen Staat zu belasten. Die individuellen Konsumbedürfnisse trafen auf einen begrenzten Markt, dessen Bestimmungsgründe außerhalb des Zugriffs des Einzelnen lagen.
Heute hingegen ist Dederon fast vergessen. Doch unser Sammlungsstück liefert Anknüpfungspunkte für Materialgeschichte und persönliche Erinnerungen.
Objekt des Monats April 2018
Steckbrief
- Inventarnr:1047 a,b
- Objektbezeichnung:Nadelstreifen-Jackett mit passender Weste
- In der Sammlung seit:21.07.2003
- Datierung:1964
NADEL und STREIFEN
Im April wird nicht nur die Luft wärmer, sondern bei vielen Schülerinnen und Schülern rauchen auch die Köpfe. Die Abiturprüfungen stehen an. Können Sie sich noch erinnern, welche Kleidungsstücke Sie an den Prüfungstagen trugen? Erschienen Sie eher in legerer Kleider? Trugen Sie eine gemütliche Jogginghose? Oder kamen Sie in Festtagskleidung?
Eine Abiturprüfung ist ein wichtiger Einschnitt im Leben. Daher verwundert es nicht, dass der Besitzer dieses Anzugs sich noch genau an das Jahr, in dem er ihn trug, erinnern kann: das Jahr 1964. Diesen edlen Anzug zog er zu seiner mündlichen Abiturprüfung im Fach Mathematik an. Seine Mutter hatte ihm dieses Stück für etwa 80 DM bei Mode Bruns, einem Herrenausstatter in Oldenburg, gekauft. Er erinnert sich noch an weißen Kreidestaub auf der Jacke, der während der Tafelanschrift auf sein Jackett rieselte.
Die Abiturprüfung sollte nicht der einzelne Anlass sein, an dem er dieses Kleidungsstück trug. In den darauffolgenden zwei Jahren zog er es rund 10 Mal im Alltag und zu festlichen Anlässen an, bis es zu eng wurde. Rund 40 Jahre später hielt es durch seine Nichte Einzug in die Sammlung.
Objekt des Monats März 2018
Steckbrief
- Inventarnr: 1410
- Objektbezeichnung: Selbstgenähte Sommerbluse mit Applikationen
- In der Sammlung seit: 25.07.2006
- Datierung: 1991
ZU-HAUSE-SOUVENIR
Haben Sie Ihren Urlaub schon geplant? Was aber tun, wenn der Urlaub ins Wasser fällt?
Im Sommer 1991 konnte die Spenderin dieser Bluse aus firmeninternen Gründen keinen Urlaub nehmen. Ihrem Mann hingegen wurde der Urlaub gewährt, den er letzten Endes alleine antrat. Zum Trost kaufte sie sich eine teure Nähmaschine, an der sie sich praktisch betätigen konnte und deren Resultate sie erfreuten.
Das erste Stück, das sie mit dieser Nähmaschine vollendete, war diese sommerliche Bluse. Den Stoff dafür hatte sie sich etwa drei Wochen vor dem Urlaub gegönnt, den Schnitt dafür entwarf sie selbst.
Meistens kombinierte sie diese Bluse mit einem türkisfarbenen kurzen Stretchrock oder einer knielangen Radlerhose. Wie hat sie sich selbst darin gefühlt? „Ich fand mich sehr sommerlich und schick gekleidet und fühlte mich sehr wohl.“
Objekt des Monats Februar 2018
Steckbrief
- Inventarnr: 893 a-d
- Objektbezeichnung: Theater Kostüm (Kurt-Weill-Produktion)
- In der Sammlung seit: 24.09.2002
- Datierung: 2000
(ET)WAS FÜR EIN THEATER
Dieses Theaterkostüm aus den Sommermonaten im Jahr 2000 ist eines der wenigen Kostüme, die die Sammlung „Textile Alltagskultur“ enthält. Es passt damit in die Sammlungskategorie „Fachgeschichten“.
Rund 18 Jahre liegen zurück als diese Kombination auf der Bühne in seinen Farben glänzte. Das Kostüm ist ein Produkt aus einem Projektseminar, einer Kooperation zwischen dem Institut für Materielle Kultur und dem Institut für Kunst und visuelle Kultur und dem Institut für Musik. Anlässlich des 100. Geburtstags von Kurt Weill inszenierten die Institute einige seiner Lieder und Texte unter dem Titel „… von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens“ neu. Student_innen dieser Fachrichtungen entwarfen dieses Kostüm und fertigten es selbst an. Es setzt sich aus einem Oberteil, einer Hose, einem elastischen Oberteil, aus Handschuhen und erstaunlicherweise aus einem Medizinschlauch aus der Apotheke zusammen. Die Schauspielerin trug dazu noch ein Cape, das aus einem ehemaligen Kleiderunterrock geschneidert wurde.
Etwa fünf Mal kam das Kostüm zum Einsatz, auch im Konzertsaal der Towson University im US-Bundesstaat Maryland. Dies ist eine Partneruniversität und das Stück hatte dort im Zuge der Kurt Weill Centennial Celebration ein Gastspiel.
„Kostüme nähen „in letzter Sekunde“, da eine Person ein oder zwei Tage vor der Premiere es zum ersten Mal anprobierte. Eine witzige Flugreise, liebe Menschen, ein interessantes Land, schöne Stimmen und schöne Musik“, so die Notizen der Spenderin zum Objekt.
Objekt des Monats Januar 2018
Steckbrief
- Inventarnr: 1087
- Objektbezeichnung: Pumps, pink-weiß
- In der Sammlung seit: 07.04.2004
- Datierung: 1985/86
„ …daß sie nicht auf dem Müll landen, denn das könnte ich nicht ertragen zu erfahren!“
Wussten Sie, dass es Schuhfachgeschäfte für Über- und Untergrößen gibt?
So ein Geschäft – es trug den Namen „Kosy Schuhe“ - existierte im Frühjahr 1985 in Bremen. Aus ihm stammen diese zwei Paar Pumps in pink-weiß und gelb-weiß in Schuhgröße 32.
Die frühere Besitzerin schrieb folgendes in den Aufnahmebogen der Stücke für die Sammlung: „passend zur damaligen Sommermode, speziell passend für ein Ensemble in Pink und Gelb“ gekauft. Sie verriet, dass sie 179,90 DM pro Paar kosteten und dass diese neu erworbenen Stücke circa drei Jahre besonders in den Sommermonaten getragen wurden.
Einen Haken gab es bei den Schuhen, den die Spenderin folgendermaßen notierte: „Ich konnte in den Schuhen überhaupt nicht laufen; deswegen habe ich sie nur getragen, wenn ich im Voraus wußte, daß ich mich nicht so viel bewegen brauchte.“ Sie spricht von einem Dilemma: „Die Schuhe haben eine ganz schlechte Paßform – beim Laufen verliere ich sie … Ich glaube, daß ich von der Schönheit dieser Schuhe bei dem Kauf geblendet wurde. Auf jeden Fall habe ich im Geschäft nicht gemerkt, wie schlecht man darin laufen konnte. Trotzdem konnte ich mich lange Zeit nicht von ihnen trennen. Immer und wieder habe ich sie aus dem Schrank geholt, ausgepackt, angeguckt, anprobiert … um sie dann wieder wegzupacken. Auch wenn ich heute die Schuhe am liebsten wie einen Schatz hüten möchte, habe ich mich schwersten Herzens entschloßen sie für das Bekleidungsarchiv zu „opfern“ – in der Hoffnung, „daß diese – wie im Titel zitiert - nicht im Müll verschwinden.
Von diesen Pumps haben wir 20 bis 30 Paare in der Sammlung. Über die Funktion hinaus hat die Spenderin somit einen emotionalen Bezug zu ihrer Kleidung.
Objekt des Monats Dezember 2017
Steckbrief
- Inventarnr: 1634
- Objektbezeichnung: Muff
- In der Sammlung seit: 20.10.2008
- Datierung: 1990er Jahre
FÜR DIE KALTE JAHRESZEIT
Wenn es draußen kalt wird, heißt es wieder ´dick einpacken´- mit Mütze, Schal und Handschuhen. Doch nicht nur Handschuhe, sondern auch so genannte „Muffs“ halfen und helfen den Händen, sie vor der Kälte zu schützen. Die Bezeichnung „Muff“ stammt von dem lateinischen Wort „muffula“, was übersetzt Pelzhandschuh bedeutet. Sie sind eine Form der Handwärmer, die anders als Handschuhe aus einem Stück bestehen und vor dem Körper getragen werden. So ein „Muff“ wurde und wird überwiegend von Damen passend zum restlichen Outfit getragen. Die Institutssammlung enthält einige dieser „Muffs“. Ein dunkelrotes Modell aus den 90er Jahren wurde 2008 an das Institut gespendet. Das zweite Beispiel ist eher eine Mufftasche. Mufftaschen charakterisiert, dass sie die Funktion eines Muffs haben, aber in ihrem Aussehen, wie der Name es schon sagt, eher einer Tasche ähneln. Diese graue Mufftasche ist ein Muff mit Taschengriff und einem im Innenfutter integrierten kleinen Spiegel. Es handelt sich um ein Erbstück der Großmutter und wurde um die Jahrhundertwende und darüber hinaus bis in die 1960er Jahre getragen. Es ist kein selbst gefertigtes Stück, sondern wurde in einem Braunschweiger Geschäft gekauft.
Die Spenderin dieses Muffs meinte, sie gebe ihn weg, weil er „nicht mehr modern“ sei. Auch wenn man in die Straßen sieht, kaum einer scheint heutzutage mehr „Muffs“ als Accessoires zu tragen. Vielleicht gibt es irgendwann ein Revival?
Objekt des Monats November 2017
Steckbrief
- Inventarnr: 1061
- Objektbezeichnung: Klepper-Mantel
- In der Sammlung seit: 05.09.2003
- Datierung: 1950er Jahre
Dieser Klepper-Mantel besteht aus einem Baumwollgewebe, auf das in einem Streichverfahren eine Gummierung aufgetragen wurde. Das Verfahren wurde in den 1920er entwickelt und schuf ein leichtes, gut verstaubares, regendichtes Textil, das dennoch eine gute Luftzirkulation unter dem Mantel erlaubte.
Dieser Mantel im Speziellen war ein Dachbodenfund und stammt aus den 1950er Jahren. Die Kleppermäntel wurden bis 1969 beständig weiterentwickelt und verbessert. Die Spenderin gab an, der Mantel sei vor allem sehr praktisch und haltbar gewesen. Zudem stand die Marke „Klepper“ für Qualität.
Große Bekanntheit erlangte der Mantel leider während der NS-Diktatur, in der verschiedene Behördenvertreter den Mantel trugen und dieser im Volksmund so zum „Gestapo-Mantel“ wurde. Auch in der Fetisch-Szene, besonders Großbritanniens, wurden diese gummierten Mäntel aufgegriffen und so zu einem Teil dieser Kultur. In den 1980er Jahren war der „Klepper“ sehr beliebt, und noch 1997 produzierte das Unternehmen eine limitierte Edition für den Verkauf. Heute wird er nicht mehr hergestellt.
Klepper-Mäntel haben somit viele Entwicklungen und Kapitel der Moderne begleitet. Dieser Kleppermantel im Speziellen steht für die Welt und die Bedingungen im Deutschland der 50er Jahre. Sein Kauf und seine Nutzung sind untrennbar mit dieser Zeit verbunden. Das Gummi, das ihn haltbar machte, ist spröde geworden und beginnt an manchen Stellen zu zerfallen. Eine Schutzhülle, die erst kürzlich für ihn angefertigt wurde, wird ihn für die Zukunft erhalten.
Objekt des Monats Oktober 2017
Steckbrief
- Inventarnr: 824
- Objektbezeichnung: Rückenmassagesitz, Autositzunterlage
- In der Sammlung seit: 24.02.2004
- Datierung: 1990er Jahre
Dieses Objekt stammt aus dem Nachlass von Frau Prof. Ingrid Köller, Gründungsdirektorin des Instituts für materielle Kultur.
Köller hat die Theoriebildung zum textilbezogenen Unterricht stark gefördert.
Dieser war ursprünglich häufig ein Instrument der Fixierung von Rollenbildern. Auch sollte er auf den häuslichen Alltag vorbereiten.
So blieb das Lernen an Textilem lange Zeit ein sprachloser Akt.
Um ihm Sprache zu geben muss er einen Bezug zur Lebenspraxis der Menschen herstellen.
Es müssen Theoriebezüge hergestellt werden, die die Produktion und Konsumption des Textilen kontextualisieren. Die kulturgeschichtlichen Bedeutung, aber auch ihrer ästhetischen Dimension müssen be- und verhandelbar werden.
Die Autositzunterlage löst so Fragen aus, die der textilbezogene Unterricht alten Typs nicht stellen konnte oder wollte.
Mit dem Hinweis „Handarbeit?“ versehen, verschwimmen bei diesem Objekt die Grenzen verschiedener Herstellungstechniken. Woran erkennt man an dieser Autositzunterlage, ob sie als Handarbeit oder als normiertes Produkt entstand? Welchen Unterschied bringt dies für die Bedeutung des Objektes?
Ist es überhaupt „Textil“? Ist seine geknüpfte Struktur, oder die Fläche des Materials aus Holzperlen hierzu ausreichendes Merkmal? Oder ist sein enger Bezug zum Körper eines Autofahrenden und dessen Wegen ein bedeutenderer Bezug, als seine Beschaffenheit?
Als neue Hilfskräfte der Sammlung des Instituts für materielle Kultur freuen wir, Nina Ahokas und Felix Otte, uns darauf, diese Fragen zu behandeln und an neuen Fragen mitzuwirken.
Objekt des Monats August 2017
Übers Bild gesprochen
Dieses Objekt des Monats lebt von Bildern. Bildern von der Mode, von Haushaltsgegenständen oder von Freizeitartikeln, die im Jahr 1967 im Warenhauskatalog „Wenz“ angepriesen wurden.
Neben vielen anderen tausenden Zeitschriften, Fachliteratur und Katalogen liegt dieses Exemplar in der Sammlung Schriften unseres Instituts. Aber welcher Nutzen kann aus einem solchen Katalog gezogen werden, dessen Entstehung nun 50 Jahre zurückliegt?
Nach dem Durchblättern liegt die Antwort auf der Hand. Es schießen einem Fragen in den Kopf wie:
Welche Kleidungsstücke waren und wären heute noch modern, welche Haushaltsgegenstände gibt es heute nicht mehr zu erwerben, wie hat sich der Preis verändert oder wie wurde für die Produkte geworben?
So ein Modekatalog ist ein gutes Zeugnis für die damaligen Modetrends, die Vorstellungen und Repräsentationen von Geschlecht, Schönheit, den Wert von Makeup, die Art von Frisuren, das Aussehen von Accessoires wie Schmuck oder Handtaschen – von Haushaltsgegenständen bis Designerstücken.
Es stellt sich permanent die Frage: Wo liegen die Parallelen und Unterschiede zu heute? Wie stark haben sich die Konsumartikel in den letzten 50 Jahren gewandelt?
Der Katalog ist damit eine wichtige Quelle zur Erforschung gesellschaftlicher Wertvorstellungen und Ideale im Wandel der Zeit.
Objekt des Monats Juli 2017
Das bereits achte Objekt dieses Jahres ziert das Plakat der Ausstellung „In der Mode kommt ja nix weg!“ – 1967 in Kleidern und Geschichten, welche den gesamten August im Schlauen Haus in Oldenburg zu sehen ist. Die Sammlung „Textile Alltagskultur“ des Instituts für Materielle Kultur enthält einige Stücke aus den 1960er Jahren, die sich aufgrund ihrer Objektgeschichte, mitunter dem regionalen Bezug, und/oder dem Material gerade für eine Präsentation anbieten. Die Ausstellungsstücke geben Aufschluss über das, was alles in der Institutssammlung gesammelt wird, warum ausgerechnet diese Dinge Eingang gefunden haben (vgl. Sammlungskonzept) und was aus Kleidungsstücken über persönliche Zuschreibungen und die Kostümgeschichte der 1960er Jahre ablesbar ist.
Das farbenprächtige Wollkleid stammt von Frau Margarete Kunze-Groß. Sie war eng befreundet mit der Institutsgründerin Frau Prof. Ingrid Köller. Gemeinsam publizierten sie 1980 das Werk „Form-Muster-Rapport“, worin das Stoffmuster dieses Kleids abgebildet ist. Nach eigenen Angaben fertigte Frau Kunze-Groß dieses Kleid 1966 in ihrem Atelier und trug es etwa 3 Jahre. In das Grundgewebe, das aus schwarz-brauner Wolle besteht wurde dickes Garn, die so genannte Dochtwolle, in orange, pink und rot mit der Hand eingearbeitet.
Weitere Kleidungsstücke, Schriften, Stoffe, Textilobjekte und ihre Geschichten können Sie noch bis 26.08. im Schlauen Haus (Eingang Tourist Information) nahe des Schlossplatzes in Oldenburg begutachten. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
Besonders auch am 15.08.:
Vortrag und Führung zur Ausstellung „In der Mode kommt ja nix weg! 1967 in Kleidern und Geschichten“
Lehrende des Instituts für Materielle Kultur, Universität Oldenburg
Das Institut für Materielle Kultur lädt zu einer Führung durch die Ausstellung mit anschließendem Vortrag zur Arbeit der Sammlung „Textile Alltagskultur“ ein. Die Besucher/innen werden herzlich darum gebeten, eigene textile Erinnerungsstücke und Fotos aus den 1960er Jahren mitzubringen. Hierrüber möchten die Kuratorinnen im Anschluss gemeinsam bei kleinen Snacks der Sixties mit dem Publikum ins Gespräch kommen.
Objekt des Monats Juni 2017
STECKBRIEF:
- Inventarnr.: 1069
- Objektbezeichnung: Regencape mit Disney-Motiv
- In der Sammlung seit: 25.11.2003
- Datierung: 2000
Mickey Mouse im Sommer
Objekte durchlaufen in einer Sammlung Karrieren. Während wir uns zu bestimmten Themen und Zeitpunkten besonders mit manchen Objektgruppen beschäftigen, treten diese später zugunsten anderer in den Hintergrund. Das kann an ästhetischen Präferenzen einzelner Forscher_innen ebenso wie an aktuellen Forschungstrends liegen. Warum nun hat es ausgerechnet dieses Regencape zum „Objekt des Monats: Juni“ geschafft?
- Regencapes sind beim wechselhaften Wetter der letzten Wochen unser ständiger Begleiter als Radfahrer_innen. Das Objekt knüpft damit an aktuelle Alltagserfahrungen an.
- Aus konservatorischer Sicht sind Kunststoffe und ihre Zersetzung äußerst spannend.
- Das erfrischende, sommerliche Gelb des Regencapes passt gut in diese Jahreszeit und spricht uns daher spontan an. Die Mickey-Mouse weckt spontane Kindheitserinnerungen. Viele von uns freuen sich schon auf den Sommerurlaub – und damit hat auch die Geschichte dieses Capes zu tun.
Aus dem Urlaub werden gerne Souvenirs mitgebracht. Durch sie können Freunde und Verwandte über WhatsApp-Nachrichten und Postkarten hinaus am eigenen Urlaub teilhaben. Für die Besitzer_innen sind sie Erinnerungsstücke und Gesprächsanlass.
Dieser Regenpocho wurde zum Erinnerungsstück, obwohl die Trägerin und Objektspenderin ihn im Sommer 2000 lediglich 1-2 Tage trug. Sie war Au-Pair-Mädchen in einer Gastfamilie in den USA. Mit der Gastfamilie ging es eine Woche ins Disneyland. An dem Urlaubstag, an dem der Poncho von der Gastmutter erworben wurde, regnete es. Wie praktisch, dass es dort eine wasserabweisende, zu 100 % aus PVC, also dem Kunststoff Polyvinylchlorid, bestehendes Cape zu kaufen gab.
So praktisch dieses Material in dem Moment gewesen sein mag, es ist äußert schwierig, Kunststoff über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte aufzubewahren. Kunststoff ist kein Material der Ewigkeit. Er wird porös und brüchig. Durch die fotografische Dokumentation wird der Zustand des Objekts im Juni 2017 festgehalten. In ein paar Jahren wird er ganz anders aussehen.
Objekt des Monats Mai 2017
SteckbrieF
- Inventarnr.: 315
- Objektbezeichnung: Hanf-Baumwollhose
- In der Sammlung seit: 15.11.2000
- Datierung: ca. 1980er/90er Jahre
Studieren geht über probieren
Kleider machen nicht nur Leute, sondern Leute machen auch Kleider. Sie produzieren sie nicht nur, sondern gebrauchen sie auch. Sie hinterlassen dabei oft irreversible Spuren auf den Kleidungsstücken. Meist sind die Flecken und Löcher nicht gewollt und deshalb für die Tragenden ärgerlich. Forscher_innen wiederum können daraus oft Rückschlüsse auf die Stoffeigenschaften und die Biographie des Objekts und seine_r Träger_innen ziehen.
Auch Prof. Ingrid Köller, die sich für ökologische Fragestellungen interessierte und den Grundstein für die Sammlung legte, war der Überzeugung, dass der Gebrauch von Textilien Einiges über deren Beschaffenheit verraten kann.
Sie wagte ein Trageexperiment. Dafür zerschnitt sie zwei Hosen, eine aus Baumwolle und eine aus Hanf, jeweils in zwei gleiche Teile. Ein Hosenbein aus Baumwollstoff wurde an das andere aus Hanfstoff genäht. Somit erhielt sie zwei identische Hosen, die sich in ihrer stofflichen Qualität nicht unterschieden. Eine Hose nahm sie am Wochenende mit in ihre Heimatstadt Detmold, um sie bei der Haus- und Gartenarbeit zu nutzen. Sie wurde dementsprechend regelmäßig – laut Datenbank der Textilobjektesammlung insgesamt 19mal - gewaschen; ganz im Gegenteil zur zweiten Hose, die nie benutzt wurde.
Nach einer längeren Tragephase und einer detaillierten Dokumentation des Gebrauchs – unter anderem Auswirkungen des Lichts, Belastbarkeit des Stoffes, Verschmutzungsgrad - war ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Hosen erkennbar. Ingrid Köller fand heraus, dass die Hanffaser sehr viel beständiger und farbechter ist als der Baumwollstoff.
Probieren geht [nicht nur] über studieren, studieren geht [auch] über probieren.
Objekt des Monats April 2017
Steckbrief
- Inventarnr.: 496
- Objektbezeichnung: Nyltestoberhemd
- In der Sammlung seit: 21.05.2001
- Datierung: 1960er Jahre
Warum bügeln? Es gibt doch Nyltest!
„So sehen wir den Kaugummi kauenden Ami und den Italiener im rot-weißen Streifenhemd, der den Frauen den Kopf verdreht, während der hässliche Deutsche allenfalls mit Isetta und Nyltest-Hemd punktet“ - so frotzelt Hans von Seggern im Tagesspiegel. Das mit den Klischees zu den Herren der 1950er Jahre lassen wir hier mal dahingestellt und wenden uns dem Material zu.
In Nyltest steckt nicht nur begrifflich das noch heute bekannte Nylon drin. Die Faser, die einige mit Damenstrümpfen assoziieren, war in den 1950er und 1960er Jahren Bestandteil von Hemden, Blusen, Kittelschürzen und weiterer Alltagskleidung.
Warum war die Nyltest-Ware ab Mitte der 1950er Jahre so beliebt?
In den 1950er und 1960er Jahren besaß nicht jeder Haushalt eine Waschmaschine. Der Schmutz musste noch per Hand von der Wäsche entfernt werden. Das war eine ziemlich anstrengende Angelegenheit. Außerdem mussten die Kleiderstücke auch noch gebügelt werden, was im Haushalt viel Zeit und Nerven kostete.
Dann kam das Nyltest-Hemd, das laut Etikett folgendes versprach:
„Getestet und kontrolliert, garantiert bügelfrei, 60° Wäsche, Nyltest, Nylon 66, Optima“
„Nyltest“ versprach Komfort: Ein Hemd, das nach dem Waschen auf den Bügel gehängt werden konnte und am nächsten Tag knitterfrei angezogen werden konnte.
Für diese Erleichterung nahmen viele Träger_innen in Kauf, dass sie das Hemd oder die Bluse höchstens einen Tag tragen konnten. Der Schweißgeruch fing sich in diesen Kleidungsstücken sehr schnell.
Aber was sind schon persönliches Odeur und Tragekomfort gegen eine derartige Arbeitserleichterung?
Objekt des Monats März 2017
Aus Alt mach Neu
Wann haben Sie das letzte Mal etwas selbst genäht statt im Internet zu bestellen?
Martha Eller, 1928 in Guntersblum am Rhein geboren, fertigte um 1948 im Alter von etwa 17 Jahren dieses Kleid. Sie war in dieser Zeit, kurz nach dem Krieg, nicht alleine damit. Es fehlte an allen Ecken, überall musste improvisiert werden. Nur wenn die Frauen es nicht selbst gelernt hatten, übernahmen Schneiderinnen die Arbeit. Martha Eller zum Beispiel lernte das Nähen von katholischen Schwestern, die im Nebengebäude der Kirche Nähunterricht gaben.
Für das Oberteil des Kleides benutzte sie eine ehemalige Anzugjacke, möglicherweise von ihrem Vater. Für das Rockteil kaufte sie einen karierten, flanellartigen Stoff. Diesen verwendete sie auch für Ärmeleinsätze am Oberteil. Die Ärmel sind generell recht eng geraten, denn der Stoff war knapp.
Das Kleid war insofern etwas Besonderes, als es nur zu besonderen Anlässen getragen wurde. Im Alltag wurde weniger „gute“ Kleidung getragen. Martha Eller trug es, anders als beispielsweise ihren alten Rock aus rotem Fahnenstoff, ausschließlich sonntags zum Spazieren gehen und zu Veranstaltungen wie „der Kerb“, der hessische Ausdruck für Jahrmarkt, oder auf dem Guntersblumer Markt und beim Singen in der Kirche (Gesangsverein).
Nach einem ereignisreichen Tag wurden abends die Falten wieder von oben bis unten gereiht und gebügelt, damit am nächsten Sonntag wieder alles in Ordnung war. Das dauerte seine Zeit, denn der Stoff ist nicht für Falten geeignet.
Martha Eller war sehr stolz darauf, als sie von ihrer Verwandtschaft und ihren Freunden für ihr Werk gelobt wurde. Besonders die Begeisterung ihrer Schwester Louise für ihr Kleid freute sie sehr, da Louise die Gattin eines Herrenschneiders war und sich somit mit Qualität auskannte.
Hätten Sie noch alte Kleidung im Schrank, die Sie zu einem Kleid umfunktionieren könnten? An die Nähmaschine, fertig, los!
Objekt des Monats Februar 2017
Steckbrief
- Inventarnr.: 1512 a+b
- Objektbezeichnung: Satin-Schlafanzug (gemustert)
- In der Sammlung seit: 07.08.2008
- Datierung: ca. 1990
Das Leben des gemusterten Satin-Schlafanzugs
Es war einmal ein Schlafanzug, der schimmerte sehr schön, denn er bestand aus Satin. Das Muster des Schlafanzuges war grau, braun, weiß und schwarz und er hing in einem Second-Hand-Laden in Bochum. Wie er dort hingekommen war, das wusste er nicht mehr, aber er hatte verstanden, dass es eine Möglichkeit gab aus dem Laden herauszukommen: Gut aussehen, gut passen und sich vor allem gut anfühlen.
Dann kam Charlotte mit ihrem ersten Freund vorbei. Ihr gefiel der Schlafanzug und sie gefiel dem Schlafanzug. Er hörte die magischen Worte „Ich möchte gerne einen Opa-Schlafanzug haben.“ Wusste Charlotte denn, wo er herkam? Zu ihr wollte er, sie schien ihn so gut zu kennen. Also gab er sich Mühe, indem er glänzte und seine Farben zum Leuchten brachte. Charlotte lächelte ihren Freund an und der kaufte den gemusterten Satin-Schlafanzug.
Es begann ein aufregendes Leben für den Schlafanzug. Fast jeden Tag trug Charlotte ihn. Sie wusch ihn, sie legte ihn in den Schrank, sie holte ihn raus, sie zog ihn an und ging schlafen. Er merkte, dass der Stoff rund um die Knopflöcher bereits zerfaserte. So oft machte Charlotte, die Knöpfe auf und zu. Aber das störte ihn nicht, denn es zeigte nur, dass sie ihn wirklich gerne mochte. Niemals wurde der Opa erwähnt und der Schlafanzug fand nicht heraus, woher er kam. Dafür freute er sich umso mehr, dass er Charlotte Freude bereitete. Sie trug ihn gern, was kümmerte ihn da die Vergangenheit. Doch dann geschah es. Charlotte fing an andere Schlafanzüge zu tragen. Die hatten keine langen Beine, die waren nicht aus Satin und nicht gemustert. Immer öfter lag er im Schrank. Immer seltener wurde er in die Hand genommen. Im Schrank schlief er ein und erinnerte sich an die letzten fünf Jahre.
Dann holte Charlotte ihn wieder raus. Er dachte bei sich, dass sie wohl zur Vernunft gekommen sei, schließlich wäre er der beste Schlafanzug, den man sich wünschen könne. Sie nahm ihn, lächelte und packte ihn in ihre Tasche. Das nächste, was er sah, waren kahle Räume. Charlotte redete mit jemandem, erzählte von ihrer Zeit mit dem Schlafanzug und dann – ging sie. Würde Charlotte zurückkommen? Am Anfang konnte der Schlafanzug es nicht fassen. Charlotte hatte ihn verlassen. Der Schlafanzug wurde genommen und betrachtet. Er schaute sich seinen neuen Besitzer an, aber der schien ihn gar nicht anziehen zu wollen. Er wurde genau untersucht, vermessen, fotografiert und mit einer Nummer versehen. Nun hängt er zwischen anderen Schlafanzügen und wird ab und zu hervorgeholt und erneut betrachtet. Dann erzählt der Schlafanzug seine Geschichte, von seiner Geburt, vom Opa und Charlotte und wie es ihm bisher erging. Ab und zu, wenn es ganz ruhig ist, träumt er und wünscht sich, dass es Charlotte gut geht.