Fragen08
Fragen
Was ist moderne Forschung zu biologischer Vielfalt?
Artenvielfalt und Biodiversität
Zunächst präzisieren wir die Eingangsfrage ein wenig: Die sogenannte Biodiversität ist es, für die sich die Wissenschaftler in erster Linie interessieren. Doch außerhalb der wissenschaftlichen Gemeinde ist der Begriff weniger bekannt. Neben der Artenvielfalt, ihrem wohl anschaulichsten Bereich, umfasst sie alle biologische Vielfalt – von der Ebene des Erbmaterials über die Eiweißausstattung der Organismen bis hin zu ganzen Ökosystemen.
Warum Biodiversitätsforschung?
Die Erkenntnisse im Bereich der Biodiversität liefern Hinweise für zukünftiges Handeln, das darauf abzielt, Ökosysteme stabil zu halten (Stabilität meint dabei nicht etwa, dass bestimmte Arten in immer gleichen Mengenverhältnissen in einem bestimmten Gebiet vorkommen. Ausführlicheres finden Sie hier).
Dieser Forschungszweig erfasst, zählt und beschreibt also nicht nur Arten, anders als es verbreitet öffentlich wahrgenommen wird. Er gewinnt darüber hinaus zunehmend an Bedeutung, weil es immer mehr Hinweise auf ein sich weltweit dramatisch beschleunigendes Artensterben gibt. Das „Millenium Ecosystem Assessment“ etwa, eine Zusammenfassung für die Vereinten Nationen der über Jahre erarbeiteten Ergebnisse mehr als 1300 internationaler Forscher, schätzt die aktuelle Aussterberate gegenüber dem, was sich aus Fossilien ablesen lässt, um mehr als 1000-fach erhöht ein. Das wird sich für Lebensräume weltweit, nicht zuletzt für den Menschen, weitreichend auswirken.
Biodiversitätsforschung am ICBM
Besonders mit Fragen der Biodiversität verknüpft ist am ICBM die Arbeitsgruppe Planktologie unter der Leitung von Prof. Dr. Helmut Hillebrand. Im Experiment untersuchen ihre Mitarbeiter Annahmen zur Beziehung von Lebewesen zu ihrer Umwelt und untereinander. Als Modelle dienen den Wissenschaftlern Lebensgemeinschaften kleiner im Freiwasser und am Meeresboden lebender Organismen. An Kleinstalgen und Krebschen etwa werden die Auswirkungen sich veränderter Umweltbedingungen oder Artenzusammensetzungen überprüft.
Die im offenen Meer frei schwebenden und im Flachwasser lebenden Mikroalgen leisten die Masse der Primärproduktion im Meer: Sie sind es, die mit Hilfe des Sonnenlichts aus Kohlen(stoff)dioxid und Wasser Zucker bzw. körpereigene Substanz herstellen. Dies ist auch der Beginn der Nahrungsnetze, deren Veränderlichkeit ebenfalls von den Planktologen am ICBM untersucht wird.
Wie beeinflusst der Mensch seine Umwelt, etwa durch Veränderung des Klimas und der biochemischen Kreisläufe vor dem Hintergrund geologischer Gegebenheiten? Welche Auswirkungen haben das (oft durch Menschen verursachte) Aussterben einheimischer und die Zuwanderung fremder Arten für die Lebensräume? Fragen wie diese sind wesentlicher Antrieb für die Arbeit der Planktologen am ICBM.