Austausch zwischen dem Department of School Psychology and Special Education der Lehigh University, Bethlehem (USA), und dem Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg
Der berühmte „Blick über den Tellerrand“ hat sich auch in diesem Jahr wieder gelohnt. Seit vielen Jahren pflegt unser Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik eine enge Partnerschaft mit der Lehigh University in Bethlehem. Diese Kooperation ermöglicht es jeweils einer:m Doktorand:in, zwei Wochen in Deutschland und zwei Wochen in den USA zu verbringen – eine Gelegenheit, um sich gegenseitig kennenzulernen, Einblicke in die Kultur zu gewinnen und das Schul- und Universitätsleben beider Länder direkt zu erleben.
In diesem Jahr durfte ich an diesem Austausch teilnehmen. Im Juli besuchte mich Lauren, meine Austauschpartnerin, in Oldenburg. Gemeinsam nahmen wir an verschiedenen Arbeitstreffen unseres Instituts teil und besuchten mehrere Schulen – darunter Förderschulen mit den Schwerpunkten KME und GE sowie eine Grundschule. Natürlich blieb auch Zeit, Oldenburg und die Umgebung zu erkunden. Neben gemütlichen Stadtbummeln durfte ein Ausflug an die Nordsee nicht fehlen. Ein besonderes Highlight war unser gemeinsames Wochenende in Potsdam, das von intensiven Gesprächen über deutsche Geschichte begleitet wurde. Daraus ergab sich spontan ein Besuch der Gedenkstätte Bergen-Belsen gemeinsam mit einer Realschulklasse. Abends wurden die Gespräche meist noch lange fortgesetzt – es gab einfach so viel auszutauschen, gerade über unsere unterschiedlichen Bildungssysteme.
Im Oktober hatte ich dann die Gelegenheit, Lauren in den USA zu besuchen. Da es meine erste Reise in die Vereinigten Staaten war, waren nicht nur die beruflichen Eindrücke spannend, sondern auch die vielen kleinen Beobachtungen aus dem Alltag. Gelandet bin ich in Philadelphia, wo ich die ersten Tage verbrachte und mich auch mit Lauren traf. In dieser Stadt kommt man an amerikanischer Geschichte kaum vorbei.
Anschließend ging es weiter nach Bethlehem. Die Lehigh University, mit rund 8.000 Studierenden eher klein im Vergleich zu vielen anderen US-Universitäten, beeindruckte mich durch ihre lebendige akademische Atmosphäre. In den zwei Wochen nahm ich an Arbeits- und Forschungstreffen teil, besuchte verschiedene Seminare und lernte die Struktur des amerikanischen Systems genauer kennen. Besonders interessant war für mich die Trennung zwischen school psychology – stark diagnostikorientiert – und special education, das sich primär auf Unterricht konzentriert. Bei uns in Deutschland sind diese Bereiche in der Sonderpädagogik miteinander verwoben.
Darüber hinaus durfte ich an drei Schulen jeweils einen Tag hospitieren: einer „Intermediate Unit“, die Kinder mit Behinderungen bereits im frühen Alter fördert, der Centennial School – einer Laborschule der Lehigh University mit Schwerpunkt auf Verhaltensauffälligkeiten – sowie einer Elementary School, in der ich Einblicke in die Arbeit einer Schulpsychologin erhielt. Immer wieder fiel mir auf, wie ähnlich unsere Systeme auf den ersten Blick wirken – und wie deutlich die Unterschiede bei genauerem Hinsehen werden. Ein kleines Beispiel: Während wir in der Didaktik häufig zuerst mit Fotos und dann mit Piktogrammen arbeiten, ist es dort oft genau umgekehrt.
Auch für Freizeit blieb etwas Raum: Ein Wochenendtrip nach New York – nur rund 90 Minuten Autofahrt entfernt – war natürlich ein Muss. Die Stadt hat mich mit ihrer Energie und Vielfalt regelrecht überwältigt, sodass der Kontrast zur herbstlichen Ruhe in Bethlehem sehr groß war. Zum Ende meiner Reise besuchten Lauren und ich noch einen Teil ihrer Familie in Columbus, Ohio. Dort hatte sie auch ihren Bachelor absolviert, sodass der Aufenthalt für sie ein Wiedersehen mit vielen Erinnerungen war. Wir wurden äußerst herzlich von ihrer Tante und ihrem Onkel aufgenommen. Ein besonderes Highlight zum Abschluss war für mich der Besuch eines College-Football-Spiels – ein riesiges Stadion voller Euphorie.
Nun liegt diese Reise schon ein paar Wochen zurück, doch im Rückblick bin ich weiterhin sehr dankbar für diese Erfahrung. Menschlich war es ein Leichtes, sich mit Lauren zu verstehen und mit einer zunächst fremden Person sowohl hier, wie auch in den USA vier sehr intensive Wochen miteinander zu verbringen und fast 24/7 ein gemeinsames Leben zu teilen.
Fachlich wie menschlich war der Austausch unglaublich bereichernd. Die Einblicke in verschiedene Schulen, die Begegnungen mit engagierten Kolleg:innen und die Erkenntnis, dass die Begeisterung für Sonderpädagogik weltweit verbindet und Themen sich ähneln, haben mich nachhaltig beeindruckt.