Vortrag
von
Guido Kreis
Negative Dialektik heute
19. Januar, 19:30 Uhr Jaspers-Haus (Unter den Eichen 22)
Läßt sich Adornos Negative Dialektik heute systematisch verteidigen? Der Vortrag versucht eine Antwort auf diese Frage in drei Schritten und auf drei Feldern. Eine Diskussion des Begriffs der Nichtidentität führt erstens zu dem Ergebnis, daß der Negativen Dialektik eine Metaphysik wesentlich widersprüchlicher Gegenstände zugrunde liegt – eine Ontologie, die die notwendigen Rahmenbedingungen zur Realisierung des Projekts der Kritischen Theorie zur Verfügung stellt. Aus Adornos Überlegungen zur globalen Nichtidentität läßt sich insbesondere eine negative Dialektik des Unendlichen rekonstruieren: Wir sind nicht in der Lage, die absolut unendlich große Totalität alles dessen, was es gibt, widerspruchsfrei zu denken. Zweitens läßt sich mit Adorno eine erkenntnistheoretische negative Dialektik des Gegebenen verteidigen: Wir sind nicht in der Lage, eine notwendige Bedingung empirischen Wissens, das Gegebensein unserer Informationen über die Wirklichkeit, widerspruchsfrei zu denken. Von besonderem Interesse ist dabei Adornos konstruktive Antwort, die in einer Theorie des konstellativen Wissens besteht. Im letzten Teil des Vortrags möchte ich schließlich drittens die Konsequenzen aufzeigen, die die Idee des konstellativen Wissens für die praktische Philosophie haben könnte, und vorschlagen, daß sich auch Adornos negative Moralphilosophie konstruktiv durch eine Theorie des konstellativen Lebens ergänzen läßt. Die Überlegungen sollen insgesamt zeigen, daß sich Adornos Negative Dialektik nicht destruktiv im Aufweis von Aporien erschöpft, sondern konstruktive Ansätze zu einer kritischen Ontologie, Erkenntnistheorie und praktischen Philosophie enthält. Anschließend findet am 20. Janaur 2018, 11 Uhr, der Workshop Aufklärung in Hegels Phänomenologie des Geistes ebenfalls im Jasper-Haus statt (das Programm).