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Prof. Dr. Anna-Verena Nosthoff

Institut für Philosophie

+49 441 798-4794

Wie lässt sich unsere Demokratie vor dem Einfluss der digitalen Monopole schützen?

Gastbeitrag von Anna-Verena Nosthoff:

Zunächst müssen wir uns darüber klar werden, in welchen Bereichen demokratieschädigende Abhängigkeiten von US-amerikanischen, aber auch chinesischen Technologieunternehmen bestehen. Ein präsentes Beispiel sind soziale Netzwerke: Allein ob der Netzwerkeffekte sind Individuen wie Parteien auf diese angewiesen, wobei ein großes Problem darin besteht, dass die Algorithmen der gängigsten sozialen Medien extreme Inhalte priorisieren. Im Wahlkampf investieren deutsche und europäische Parteien zudem Unsummen in Anzeigenwerbung und unterstützen damit TikTok, Meta oder Musks rechtes Netzwerk X. Um dieser Dynamik und der damit verbundenen Oligarchisierung entgegenzuwirken, braucht es Plattformalternativen, etwa föderierte, dezentrale Netzwerke wie zum Beispiel Mastodon. Eine zweite Alternative besteht im Aufbau einer europäischen Plattform nach dem Modell öffentlich-rechtlicher Medien. Dass solche Alternativen Erfolg haben könnten, zeigt der Massenexodus vieler, besonders europäischer User und Institutionen von X – dazu gehört auch die Uni Oldenburg. Sie haben verdeutlicht, dass die Plattformen gar nicht so ‚alternativlos’ sind, wie manchmal angenommen wird und das Bedürfnis nach einem neuen Netzwerk groß ist.

Die infrastrukturelle Abhängigkeit reduziert sich jedoch nicht auf soziale Medien: Digitale Infrastruktur reicht von den Rohstoffen über Cloud-Computing bis hin zur Software. Die Ökonomin Francesca Bria hat jüngst herausgestellt, dass über 80 Prozent aller digitalen Technologien in Europa importiert sind. Massive Investitionen sind nötig, um digitale Unabhängigkeit – und ideologische wie geopolitische Souveränität – zu schaffen. Wir brauchen deshalb das, was der niederländische Medienwissenschaftler Geert Lovink „Stacktivismus“ nennt: Einen Aktivismus für einen neuen, unabhängigen „Stack“ digitaler Technologien, der beim einzelnen User und bei Bürgerbewegungen anfängt und bis in die europäischen Institutionen und regierenden Parteien hineinreicht. Auf diese Art ließe sich eine grundlegende Demokratisierung technischer Infrastruktur denken.

 

(Stand: 09.05.2025)  Kurz-URL:Shortlink: https://uol.de/p112647
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