Ringvorlesung Sprachsensibles Lehren und Lernen im (Fach-)Unterricht Sommersemester 2023

Ringvorlesung Sprachsensibles Lehren und Lernen im (Fach-)Unterricht Sommersemester 2023

Ringvorlesung Sprachsensibles Lehren und Lernen im (Fach-)Unterricht

Sommersemester 2023

Studierende, Kolleg*innen, aber auch externe Interessierte sind herzlich zu unserer Ringvorlesung Sprachsensibles Lehren und Lernen im (Fach-)Unterricht eingeladen, in der wir den interdisziplinären Diskurs um die sprachbildenden und -fördernde Rolle des (Fach-)Unterrichts forcieren wollen. Die Ringvorlesung versucht bildungswissenschaftliche, fach- und sprachdidaktische Perspektiven zur Rolle der Sprache in Lehr-Lernprozessen zusammenzuführen und die Komplexität schulischer Lernsituationen im Kontext von Mehrsprachigkeit widerzuspiegeln. Neben der Frage nach den zu erlernenden Kompetenzen und den Bildungsinhalten wollen wir vor allem vorhandene Konzepte, Forschungsergebnisse und Zugänge für unterschiedliche Unterrichtsfächer und Schulstufen thematisieren.

In der oldenburgischen Lehrkräftebildung gibt es bereits zahlreiche Bemühungen, auf die Rolle der Sprache als Medium der Wissensvermittlung, der Aneignung, des Denkens aber auch des Teilhabens und des Teilwerdens aufmerksam zu machen. Damit diese Bemühungen nicht latent bleiben, soll die Ringvorlesung als Vernetzungs- und Austauschplattform etabliert werden.

„Sprachsensibles Lehren und Lernen“ firmiert gleichzeitig als Querschnittsthema in der Forschungsakademie (FoAk) und soll in den fachwissenschaftlichen sowie fachdidaktischen Veranstaltungen der UOL möglichst integrativ Eingang finden. Daher scheint uns auch die fächerübergreifende Frage relevant zu sein, wie eine sprachbewusste Hochschulbildung aussehen kann und soll, um den gesellschaftlichen Erwartungen gerecht zu werden.

Die Vorlesung soll die Schlüsselkompetenzen der Studierenden im Bereich der fachintegrierten Sprachbildung und -förderungen/Deutsch als Zweit- und Fremdsprache stärken. Die Studierenden sollen somit einen interdisziplinären Einblick in Forschung und Schulpraxis an der Schnittstelle Sprache und Fach erhalten.

Die Veranstaltung ist im Professionalisierungsbereich (pb316) lokalisiert und kann von Studierenden aller Fakultäten besucht werden. Die Studierenden finden die Veranstaltung unter der Veranstaltungsnummer 3.01.1091 in Stud.IP.

Die Ringvorlesung wird von Kolleg*innen des Instituts für Germanistik organisiert. Die DiZ-Forschungsakademie bietet den organisatorischen Rahmen für die Durchführung.

Ansprechpartner*innen/Organisation:
Prof. Dr. Juliana Goschler
Prof. Dr. Katrin Kleinschmidt-Schinke
Dr. Zuzana Münch-Manková

Programm

Zeit:  montags von 16:15 Uhr bis 18:15 Uhr

sofern in Präsenz:   Raum V03 0-D002  Lageplan

Abweichung:
Am 19.06. und 26.06. findet die Ringvorlesung im Raum A01 0-006 statt. Lageplan

sofern Online (nur 08.05. und 15.05.): Link zum Stud.IP-Meetingraum             

Format: Vorlesungsvortrag (60 Minuten) mit anschließender Diskussion (30 Minuten)

Anmeldung ist nicht erforderlich.

Programm als pdf zum Download

Alle Themen und Termine

1. Adaptives sprachliches Lehrer*innenhandeln in den Unterrichtsfächern Biologie und Deutsch von der Grundschule bis zur Oberstufe

17.04.2023: Prof. Dr. Katrin Kleinschmidt-Schinke (Raum V03 0-D002)

Im Vortrag soll unter Rückgriff auf input- und interaktionsfokussierte Konzepte aus der Erst- und Zweitspracherwerbsforschung eine erwerbsorientierte Perspektive auf die Sprache von Lehrer*innen eingenommen werden. Im Zentrum steht die Frage nach der Veränderung der an die Schüler*innen gerichteten Sprache (SgS) von Lehrer*innen von der Grundschule über die Unterstufe und Mittelstufe bis zur Oberstufe des Gymnasiums im Biologie- (für die Grundschule: Sach-) und Deutschunterricht. Es werden Ergebnisse aus einem Projekt vorgestellt, in dem der Unterricht von acht Gymnasiallehrer*innen sowie acht Grundschullehrer*innen in den betreffenden Jahrgangsstufen videodokumentiert wurde. Methodisch zentral ist dabei jeweils die Konstanthaltung des Faktors Lehrperson pro Fach in den gymnasialen Jahrgangsstufen.

2. Fachspezifische Eigenschaften von Bildungssprache: Form, Funktion und Lehrstrategien

24.04.2023: Prof. Dr. Juliana Goschler (Raum V03 0-D002)

Fachunterricht birgt viele sprachliche Herausforderungen für die Lernenden. Für diese sollten Lehrkräfte sensibilisiert werden, um Verständnis- und Produktionsschwierigkeiten von Schüler/-innen antizipieren und durch einen „sprachsensiblen“ Unterricht abbauen zu können. Grundlage einer Analyse konkreter Unterrichtsentwürfe oder -materialien sind häufig Listen mit für Bildungssprache "typische" grammatische Strukturen. Lehrende und Studierende empfinden dies aber häufig als einerseits nicht ausreichend, andererseits als zu weitreichend für die konkrete Anwendung. Das könnte verschiedene Gründe haben: Zunächst sind Lehrkräfte und Studierende vor allem nicht-philologischer Fächer mit der Terminologie und dem nötigen grammatischen Verständnis zum Teil überfordert. Das wird möglicherweise durch eine zweite Tatsache verstärkt: Die Aufzählung der grammatischen Merkmale ist ausschließlich formorientiert und nicht auf die Funktion bezogen: Das macht es schwer, zwischen fachlich notwendiger Komplexität und eventuell unnötigem und leicht vermeidbarem Distinktionshabitus zu unterscheiden und entsprechend entweder notwendigen sprachlichen Kompetenzaufbau zu betreiben oder vereinfachende alternative sprachliche Varianten zu finden. 

Ich werde am Beispiel von Lehrbuchtexten verschiedener Schulfächer zeigen, dass es sinnvoll ist, Bildungssprache fachspezifisch sowohl formal als auch funktional detailliert auf spezifische sprachliche Phänomene hin zu untersuchen. Erste Detailanalysen dieser Texte zeigen im Bereich der Morphologie und Syntax große fachspezifische Unterschiede, die in vielen Fällen durch die jeweiligen Funktionen erklärbar sind.

Daraus lassen sich Schlussfolgerungen sowohl für die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften als auch für den Unterricht ziehen: Einige grammatische Phänomene lassen sich nur im Kontext des jeweiligen Faches erklären und lehren. Es ist also Aufgabe der Sprachwissenschaft, die grammatische Analyse mit einer funktionalen Analyse zu verknüpfen und diese so fachspezifisch aufzuarbeiten, dass diese als Grundlage für die Gestaltung sprachsensiblen Unterrichts für Lehrkräfte der jeweiligen Fächer nutzbar wird.

3. Zum studentischen Verständnis von sprachsensiblem Lehren und Lernen im Fach – eine Untersuchung der Einflussfaktoren

08.05.2023: Dr. Zuzana Münch-Manková (Online)

Im Vortrag sollen zwei Vorhaben erläutert werden, die sich mit dem Verständnis der Begriffe Sprachsensibler Fachunterricht (SFU) und Bildungssprache (BSP) beschäftigen. Zunächst soll die Befragung lehramtsrelevanter Hochschuldozierenden (n=67) der UOL aufzeigen, ob und in welchem Maße auf Sprachbildung in der Lehre aufmerksam gemacht wird und welches Verständnis von Sprache und der fachintegrierten Sprachbildung bei Dozierenden vorherrscht. Zum Vergleich wird die Befragung von Studierenden der UOL (n=396) vorgestellt, die verdeutlicht, inwieweit beide Perspektiven übereinstimmen und welche Faktoren das studentische Verständnis vom SFU und der BSP positiv beeinflussen.

4. "Was wäre, wenn …" – Schwierigkeiten und Potenziale der Sprache im Fach Philosophie am Beispiel von Gedankenexperimenten

15.05.2023: Kerstin Gregor-Gehrmann (Online)

Die Philosophie gilt als abstrakte, sprachlich schwierig zugängliche Disziplin, weist mit der Methode des Gedankenexperiments allerdings zugleich eine Möglichkeit des niedrigschwelligen, anschaulichen Einstiegs in zentrale Problemfelder auf. Im Vortrag soll das besondere sprachdidaktische Potenzial dieses Ansatzes herausgestellt, aber ebenso um eine kritische Perspektive ergänzt werden. In diesem Sinne wird anhand einschlägiger Beispiele gezeigt, wie sprachbewusstes Philosophieren mit Gedankenexperimenten gelingen kann -- auch im Sinne eines allgemeinen Unterrichtsprinzips, das auf andere Unterrichtsfächer übertragbar ist.

5. Leichte Sprache

22.05.2023: Dr. Wiebke Trunk & Krishna-Sara Helmle (V03 0-D002)

In der Veranstaltung befassen wir uns mit dem Problem der Stigmatisierung gegenüber der sogenannten „einfachen“ bzw. „leichten“ Sprache. Eine Einführung zu den beiden Begriffen wird Krishna-Sara Helmle vornehmen, die ein Übersetzungsbüro in Tübingen leitet. (https://leicht-verstehen.de/). Danach wollen wir gemeinsam klären, welche Vorurteile warum existieren und wie wir diesen begegnen können. Dazu gehört u.a. ein Einblick in standardisierte bzw. fachsprachliche Texte und die Problematik, komplexe Inhalte so zu reduzieren, dass sie verständlicher werden. Grundlegend ist für diesen spezifischen Übersetzungsvorgang die Frage, an welche Zielgruppe sich ein Text etwa in einfacher Sprache richten soll. Die sprachbasierten Entscheidungen, die damit verbunden sind, setzen damit grundlegend eine empathische Vorgehensweise voraus. Ziel ist dabei, Kommunikationsbarrieren so zu überwinden, das von hier aus gegebenenfalls vertiefendere Inhalte vermittelt werden können.

Die Universität hat als zentrale Bildungseinrichtung eine extrem wichtige gesellschaftpolitische Verantwortung und verfügt gleichzeitig über die Voraussetzungen, reflektiert und selbstkritisch ihren eigenen intellektuellen Ansprüchen gerecht zu werden. Dazu gehört nicht zuletzt, die Sensibilität für sprachbasierte Ausschlüsse bewusst zu machen und so umzusetzen, dass Zugänge geschaffen werden können, die Bildungsgerechtigkeit ermöglichen.

6. "Auf dass keiner die Sprache des anderen verstehe?" – Sprachsensibler Religionsunterricht

05.06.2023: Friederike Henjes (Raum V03 0-D002)

Der Religionsunterricht ist hinsichtlich sprachlicher Anforderungen ein besonderes (Schul-)Fach und eröffnet fachspezifische Herausforderungen: Neben grundsätzlichen sprachlichen Anforderungen wie Mehrsprachigkeit, unterschiedliche Sprachniveaus sowie die Verwendung von Fach- und Bildungssprache fokussiert der Religionsunterricht insbesondere religiöse Sprache, die als die sog. ‚Anderssprache‘ betitelt wird.

Innerhalb des Vortrags sollen diese unterschiedlichen Anforderungen des sprachsensiblen Religionsunterrichts thematisiert sowie mögliche Herausforderungen dargestellt werden. Zentral ist hierbei die sprachdidaktische Unterscheidung von der Sprache des Verstehens und der Sprache des Verstandenen, die in Bezug auf religiöse Sprache neue Aspekte und Fragen aufwirft.

7. "Wo das Sprechen aufhört, hört die Politik auf“ (Hannah Arendt) – Sprachbewusstes Lehren und Lernen in der politischen Bildung

12.06.2023: Prof. Dr. Tonio Oeftering (Raum V03 0-D002)

Für Hannah Arendt besteht Politik bzw. das Politische vor allem im Miteinander-Sprechen und -Handeln in einer von Pluralität geprägten Welt. Damit ist bereits angezeigt, dass Sprache und Sprechen, dem sich mit Worten über die gemeinsamen Angelegenheiten verständigen und dem dementsprechenden gemeinsamen Handeln in der schulischen und außerschulischen politischen Bildung  eine herausgehobene Bedeutung zukommt.

In diesem Vortrag wird zunächst ein Einblick in grundlegende Aspekte der politischen Theorie Hannah Arendts vermittelt, bevor diese auf politische Bildung hin weitergedacht werden. Dabei soll auch ausgelotet werden, inwieweit die so herausgearbeiteten Erkenntnisse im Sinne sprachsensiblen Lernens für andere Fächer leitend sein könnten, die - wie Politikunterricht - im Kontext Schule einen Beitrag zur (politischen) Mündigkeit der Lernenden leisten möchten.

 

8. Die Praktik(en) des argumentierenden Schreibens in den Fächern Deutsch, Biologie und Geschichte

19.06.2023: Sarah Rose (Raum A01 0-006)

In vielen Schulfächern der Sekundarstufe I und II wird schriftlich argumentiert, weshalb es nachvollziehbar ist, dass zum Teil ein Transferpotential dieser Diskurfunktion von Fach zu Fach angenommen wird. Allerdings fehlt bislang eine fächervergleichende Studie, die ausgehend vom tatsächlichen Unterrichtsdiskurs die Praktik des Argumentierens rekonstruiert, um schließlich ermitteln zu können, ob die Praktik des Argumentierens fächerspezifisch oder fächerübergreifend ist.

Aufgrund dieses Desiderats wurde eine explorative Studie zum schriftlichen Argumentieren in den Fächern Deutsch, Biologie und Geschichte in den Jahrgansstufen 7, 9 und 12 durchgeführt. Im Vortrag sollen die Ergebnisse aus dieser Studie vorgestellt und die Praktik des Argumentierens in den drei Fächern rekonstruiert werden.

9. Die 4 "Sprachen" der Chemie – Der Schlüssel zur Chemie basierend auf dem Johnstone-Dreieck

26.06.2023: David Meyer (Raum A01 0-006)

Im Vortrag soll die Sprache der Chemie mithilfe des bekannten Modells der Didaktik der Chemie, dem Johnstone-Dreieck, genauer beschrieben werden. In Erweiterung zu einer rein linguistischen Beschreibung der chemischen Fachsprache ermöglicht die Perspektive auf das Dreieck, sowie die Erweiterung zu einem Tetraeder, eine genauere Beschreibung der Sprache des Fachs. Anhand ausgewählter Beispiele aus dem Alltag und dem Chemieunterricht werden die Schwierigkeiten der Fachsprache, sowie Wege, wie man die Sprache der Chemie lernt, vorgestellt. Anschließend können Ausblicke auf einen sprachbewussten Chemieunterricht abgeleitet werden.

10. Zwei Perspektiven auf sprachliche Partizipation in der Hochschule: Wissenschaftliche Alltagssprache und Sprachangst

03.07.2023: Sarah Meier & Esther Jahns, participate@uol (Raum V03 0-D002)

In diesem Vortrag werden zwei laufende Forschungsprojekte vorgestellt, die im Rahmen des hochschulweiten Projekts participate@uol durchgeführt werden.

Sarah Meier stellt dar, mit welchen sprachlichen Anforderungen Studierende durch das Register der wissenschaftlichen Alltagssprache (Ehlich, 1999) im Hochschulalltag konfrontiert werden. Ausgehend von der Perspektive eines Spracherwerbsphänomens zeigt sie, wie sich die relevanten Sprachkompetenzen während des Studiums entwickeln und welche Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten sich daraus ergeben können.

Esther Jahns erforscht, ob es eine Form von Sprachangst gibt, die sich auf den mündlichen Sprachgebrauch dieses Registers und der jeweiligen disziplinspezifischen Fachsprache bezieht. In ihrem Vortrag geht sie der Frage nach, ob diese Sprachangst die Partizipation von Studierenden verhindern kann. Auf der Basis von ersten Interviews mit Studierenden zeigt sie, welche Faktoren Sprachangst begünstigen und welche Maßnahmen sie verringern können.

11. Metapherngebrauch in Lehrwerkstexten im Fach Musik

10.07.2023: Niklas Schreiber (Raum V03 0-D002)

Der Vortrag gibt einen Einblick in die Fach- und Unterrichtssprache im Fach Musik und geht dabei von den Sprachanlässen im Musikunterricht bzw. bei Musik in der Schule aus. In Musik als einem künstlerischen Fach wird die Diskussion über Sprache besonders facettenreich geführt. Sprache galt nicht immer als das zentrale Lernmedium, bisweilen findet man auch die Idee, Sprechen könnte dem Künstlerischen abträglich sein. Auch sind viele musikalische Konzepte abstrakt (z.B. musikalische Formen oder der Tonleitern), andere Bereiche wie Klang scheinen diskursiv schwer zugänglich, ebenso bedarf das gemeinsame Musizieren einen Zugriff auf letztlich physikalische Parameter (z.B. bei Dynamik oder Tonartikulation), die sich als solche aber gar nicht direkt ‚ansteuern‘ lassen. Vor diesem Hintergrund liegen eine besondere Sprachverwendung und in diesem Zuge auch der Gebrauch von spezifischen Metaphern schon fast nahe, die Vortrag anhand von Lehrwerkstexten vorstellt.

Ansprechpartner*innen/Organisation:
Prof. Dr. Juliana Goschler
Prof. Dr. Katrin Kleinschmidt-Schinke
Dr. Zuzana Münch-Manková

(Stand: 19.01.2024)  | 
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