Identitätsmanagement dient in der medizinischen Forschung dazu medizinische Daten (MDAT) entsprechend den Grundsätze der DSGVO (insbesondere Artikel 5 Abs. 1 lit. c und e) datenschutzgerecht verarbeiten zu können. Identitätsmanagement ist nötig, wenn bei der Forschung nicht auf anonyme Daten zurückgegriffen werden kann, wie etwa bei der Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Quellen oder bei longitudinalen Daten. Dieses Verfahren wird auch als Record-Linkage bezeichnet. Zu den zentralen Aufgaben des Identitätsmanagements gehören das Führen von Patientenlisten und die Pseudonymisierung.
Im dem Dokument „Praxishilfe zur Anonymisierung/Pseudonymisierung” [3] finden Sie weitere Definitionen, rechtliche Einordnungen, Umsetzungsempfehlungen, Praxisbeispiele, Checklisten, etc.
Patientenliste
In einer Patientenliste werden Personen mit ihren identifizierenden Personendaten (IDAT) erfasst und ihnen ein nichtsprechender Identifikator (PID) zugewiesen (in der Praxis häufig auch Studienpatientennummer o. Ä. genannt). Der PID dient beim Transfer von Behandlungs- oder Studiendaten in den Forschungskontext als Identifikator anstelle der IDAT.
Das Identitätsmanagement kann zentral oder dezentral organisiert sein. Das Führen von Patientenlisten kann im Sinne der Datensparsamkeit lokal in einem Forschungsprojekt betrieben werden. Bei größeren Forschungsverbünden mit Daten aus verschiedenen Quellen bietet es sich oft an Patientenliste und Pseudonymisierung über eine zentrale, unabhängige und vertrauenswürdige Stelle betreiben zulassen.
Anonymisierung
Eine Anonymisierung liegt vor, wenn der Personenbezug von Daten derart aufgehoben ist, dass er nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskräften wiederhergestellt werden kann. [2]
Pseudonymisierung
Die DSGVO fordert in Artikel 25 Pseudonymisierung, wenn personenidentifizierende Daten verarbeitet werden. Nach [1] werden verschiedene Klassen von Pseudonymen danach unterschieden, welcher Personenkreis von ihnen Kenntnis erhält. Durch mehrstufige Pseudonymisierung kann eine sichere Entkoppelung des Versorgungskontextes, einer Forschungsdatenbank und ggf. daraus abgeleiteter Extrakte erreicht werden.
Pseudonymisierungsdienst
Sollen medizinische Daten aus verschiedenen Quellen zusammengeführt werden, so geschieht dies mittels Pseudonymisierung. Hierbei wird einem PID aus dem Identitätsmanagement ein permanentes Pseudonym (PSN) zugeordnet. Die zugehörigen MDAT werden an einem Pseudonymisierungsdienst vorbei oder verschlüsselt durchgeleitet.
Ein Pseudonymisierungsdienst stellt in diesem Kontext eine Softwarelösung dar, welche das automatische Pseudonymisieren von Daten ermöglicht. Diese Systeme bieten in der Regel das automatische Erzeugen, Speichern und Verwalten von Pseudonymen und Zuordnungen von Originalwerten zu Pseudonymen. Es gibt sowohl einfache Desktop-Anwendungen für kleine lokale Forschungsvorhaben als auch komplexe Client-Server-Architekturen für verteilte Forschungsverbünde.
Treuhandstelle / Vertrauenswürdige Stelle
Eine Treuhandstelle dient in der medizinischen Forschung als unabhängige Einrichtung für die Trennung von personenidentifizierenden Daten und medizinischen Daten. Im Glossareintrag Repositorium finden Sie Informationen zum Treuhandstellen-Begriff im nicht-medizinischen Kontext, der in der Datenstrategie der Bundesregierung Verwendung findet.
Durch eine Treuhandstelle können Forschern Daten ohne einen direkten Personenbezug so zur Verfügung gestellt werden, dass sie trotzdem weiterhin über Pseudonyme verknüpfbar sind. Treuhandstellen können lokal, verteilt oder zentral betrieben werden. Neben dem Führen einer Patientenliste und der Pseudonymisierung oder Anonymisierung von Daten kann sich eine Treuhandstelle auch mit der Verwaltung von Einverständniserklärungen von Patienten und Probanden befassen.
Die UOL hat Anfang 2022 die Einrichtung der unabhängigen (Daten-)Treuhandstelle der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg beschlossen.
Für viele der Aufgaben unter dem Oberbegriff Identitätsmanagement können Software-Lösungen zur leichteren Umsetzung angeboten werden. So könnte ein Pseudonymisierungsdienst das systematische und automatische Pseudonymisieren von Daten übernehmen.
Die Angebote der Servicestelle FDM finden Sie im Service-Bereich und bei der Treuhandstelle. Wir beraten Sie darüber hinaus gerne bei der individuellen Gestaltung der Prozesse in Ihrem Projekt.
- Pommerening, K.; Drepper, J.; Helbing, K.; Ganslandt, T. (2014): Leitfaden zum Datenschutz in medizinischen Forschungsprojekten – Generische Lösungen der TMF 2.0, Schriftenreihe der TMF Band 11, MWV, Berlin.
- Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (2020): Öffentliches Konsultationsverfahren des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zum Thema: Anonymisierung unter der DSGVO unter besonderer Berücksichtigung der TK-Branche, Bonn
- Praxishilfe zur Anonymisierung/Pseudonymisierung der GMDS-AG „Datenschutz und IT-Sicherheit im Gesundheistwesen” und des BvD (Stand: 27.01.2024) https://gesundheitsdatenschutz.org/html/pseudonymisierung_anonymisierung.php