Als Thema der Theologie ist Versöhnung im Fahrwasser biblischer Interpretation klassisch vor allem an der Grenze von Christologie und Soteriologie angesiedelt. Der Bezugsrahmen für die Rede von Versöhnung wurde und wird in diesem Zusammenhang in der Beschreibung der Gott-Mensch-Beziehung gesehen. Auf der anderen Seite kann gerade das 20. und 21. Jahrhundert als eine Zeit gelten, in der Versöhnung als Thema jenseits der Theologie stark fokussiert wird. So kommt Versöhnung in den Sozial- und Rechtswissenschaften, in der Philosophie, den Friedens- und Konfliktstudien oder den Kulturwissenschaften als Gegenstand in den Blick.
Die Theologie, insbesondere in den Spielarten der sogenannten „kontextuellen Theologien“, aber auch und gerade in der ökumenischen Theologie hat sich für diese außerreligiösen Betrachtungen von Versöhnung geöffnet und diese ihrerseits zum Gegenstand theologischer Reflexion gemacht. Auf der anderen Seite kommt gerade seit dem 20. Jahrhundert auch in nicht-religiösen Kontexten ein verstärktes Nachdenken über Versöhnung auf (Stichwort: Wahrheitskomissionen), welches sich religiöser Denkfiguren implizit oder explizit bedient.
Das Ziel dieses Nachwuchswissenschaftler*innen-Workshops besteht darin, die vielfältigen Verflechtungen von religiöser und nichtreligiöser Auseinandersetzung mit Versöhnung in den Blick zu nehmen und zu reflektieren. Dabei soll dieser Gegenstand auf Grundlage von etwa 20-minütigen Vorträgen aus unterschiedlichen disziplinären Blickwinkeln beleuchtet werden, die miteinander ins Gespräch kommen. Dabei spielt insbesondere die Frage eine Rolle, wie sich theologisches und nicht-theologisches Nachdenken über Versöhnung gegenseitig bedingen und welche praktischen Formen von versöhnendem oder auch unversöhnlichem Handeln sich im politischen und gesellschaftlichen Feld mit welchen Begründungsmustern abzeichnen. Die Beiträge, die im Workshop die Diskussion bereiten werden, stammen aus der Theologie, der Philosophie, der Geschichte und der Literaturwissenschaft.
Programm
Montag, 17.09 | |
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Zeit | Programmpunkt |
bis 13:45 | Anreise |
14:00-15:00 | Knut Wormstädt (Oldenburg): Einführung + „Heilung der Erinnerungen als Versöhnungsmetaphorik“ |
15:00-15:15 | Pause |
15:15-16:15 | Lena Rüßing (Köln): Indian Residential Schools in Kanada: Zum Umgang mit "Versöhnung" in den Regierungsentschuldigungen der Jahre 1998, 2008 und 2017. |
16:15-16:30 | Pause |
16:30-17:30 | Hermann Diebel-Fischer (Rostock): Implizite Versöhnung als Grundbedingung theologischer Ethik |
Ab 18:30 | Gemeinsames Abendessen im Chianti Classico |
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Dienstag, 18.09 | |
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09:00-10:00 | Bianca Pick (Halle/Oldenburg): Literatur als Aufruf. Simon Wiesenthals Erzählung „Die Sonnenblume“ und die Stellungnahmen zum Vergeben und Weiterleben |
10:00-11:00 | Linda Gedina (Riga): Versöhnung – eine Selbstvernichtung? |
11:00-12:00 | Leonie Wellmann (Frankfurt aM.): Die Auferstehung der Toten müßte auf dem Autofriedhof stattfinden.“ Wider die Versöhnlichkeit: Die Sprache der unversöhnten Dinge |
12:00-12:10 | Pause |
12:10-12:40 | Abschlussdiskussion |
12:45-14:00 | Mittagessen |
Ab 14:00 | Abreise |
Organisator
Knut Wormstädt hat in Hamburg und Oldenburg ev. Theologie und Physik studiert und arbeitet seit Oktober 2016 am GRK „Selbst-Bildungen. Praktiken der Subjektivierung“. In seinem Dissertationsprojekt beschäftigt er sich mit der Verortung von Schuld in bilateralen ökumenischen Dialogen zwischen Mennoniten und Katholiken/Lutheranern/Reformierten sowie daraus erwachsenen Potentialen für eine Theologie der Versöhnung.
ANMELDUNG
Die Veranstaltung ist öffentlich. Ihre Anmeldung richten Sie bitte den Organisatoren.
WEITERE INFORMATIONEN
zu der Summer School des Graduiertenkollegs finden Sie unter: