An unserer Universität wissen wir spätestens seit den letzten großen Umfragen (zur Arbeitssituation in der Corona-Pandemie im Frühjahr 2021, sowie zur Arbeitszeit in 2019), dass ein großer Teil der Beschäftigten mit mindestens einem Teilzeitvertrag angestellt ist. Doch ist das ein frei gewählter Zustand, oder gibt es nicht doch eigentlich den Wunsch, kurz-, mittel- oder langfristig in Vollzeit zu arbeiten?
Die erste Festlegung zum Umfang der Arbeitszeit wird bei der Stellenausschreibung getroffen. Es gibt solche in Vollzeit (dennoch überwiegend teilzeitgeeig- net), aber auch viele Stellen, die nur in Teilzeit ausgeschrieben werden. Hierfür gibt es verschiedene Gründe: die Organisationseinheit hat nicht mehr Mittel für die Stelle/Aufgabe, eine Vollzeitstelle ist nur in Teilzeit besetzt und die restlichen Stellenanteile sollen besetzt werden oder es wurden Stellen irgendwann in der Vergangenheit geteilt.
Vorausgesetzt, man hat eine Stelle gefunden, die einem zusagt, möchte/kann aber (derzeit) nicht die in Vollzeit ausgeschriebene Stelle vollumfänglich erfüllen, sondern will – aus welchen Gründen auch immer – in Teilzeit arbeiten, haben Mitarbeiter*innen des öffentlichen Dienstes drei Möglichkeiten, die wöchentliche Arbeitszeit an die Erfordernisse der jeweiligen Lebensumstände anzupassen (die Spezialfälle Elternzeit, Pflegezeit und Schwerbehinderung außen vorgelassen):
- Über den § 11 TV-L können wir u. a. unsere Arbeitszeit für Pflege und Erziehung reduzieren, befristet erst für 5 Jahre und dann verlängern. Hier haben wir aber selber das Heft in der Hand, wieder zurück auf die Vollzeitbeschäftigung zu kommen.
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Wir können auch unbefristet die Arbeitszeit reduzieren (z. B. wenn eine Stelle in Vollzeit ausgeschrieben ist, man aber grundsätzlich weniger arbeiten möchte).
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Als recht neue Möglichkeit ist die Brückenteilzeit §9a TzBfG 2019 hinzugekommen, die es erlaubt, für einen Zeitraum zwischen ein und fünf Jahren die Arbeitszeit zu reduzieren.
Der erste Fall ist unproblematisch, da es flexible und rechtlich gesicherte Gestaltungsmöglichkeiten der Teilzeit erlaubt. Ebenso rechtssicher ist die unter 3. genannte Brückenteilzeit, hier ist man aber nicht so flexibel. Endet der vereinbarte Zeitraum zur Reduzierung, müssen die Arbeitnehmer*innen in Vollzeit zurück- kehren und können erst nach einem Jahr einen erneuten Antrag stellen.
Problematisch kann es für Personen werden, die von vornherein nur eine Teilzeitstelle besetzt haben, oder die Arbeitszeit unbefristet reduziert haben (Nr. 2, siehe oben). In der Realität sind diese Personen in der Teilzeitfalle gefangen, selbst wenn sich Lebensumstände geändert haben und in Vollzeit gearbeitet werden will oder muss. Aktuell gibt es hier an der Universität nur den Weg, eine ergänzende Stelle zu finden und anzutreten (per [interner] Ausschreibung). Was fehlt, ist ein Stellen- und Personalentwicklungskonzept, was es erlaubt, geänderte Bedürfnisse anzumelden und bei Umstrukturierungen vorrangig berücksichtigt zu werden – z. B. indem zuerst dieser Personenkreis berücksichtigt wird und erst, falls sich dort niemand findet, ausgeschrieben wird. Auch in § 11 (3) TV-L ist eine bevorzugte Berücksichtigung dieser Beschäftigten bei gleicher Eignung vorgesehen. Die oft knappen Mittel der Organisationseinheiten verhindern selbst verständnisvollen Vorgesetzten ein agieren in solchen Fällen. Selbst wenn Arbeitnehmer*innen einem Arbeitsplatzwechsel (oder Wechsel der Organisationseinheit) zustimmen würden, gibt es aktuell keine Handlungsoptionen der Vorgesetzten oder des Personalrats.
Was braucht es also, um den Faktor Zufall – die richtigen Vorgesetzten mit passenden Finanzmitteln oder einer passenden Stelle kümmern sich um die Aufstockung – aus der Gleichung zu nehmen?
Wir brauchen entweder ein Personalmanagement, das ein flexibleres Stellentableau analysiert und in ein Personalentwicklungskonzept umsetzt oder ausschließlich die Ausschreibung von Vollzeitstellen, bei der jede/r Arbeitnehmer*in die freie Wahl hat, aus der temporären Arbeitszeitreduzierung zurück in die Vollbeschäftigung zu kommen.