Wie sieht die Hochschullehre der Zukunft aus?
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Wie sieht die Hochschullehre der Zukunft aus?
Wie sieht die Hochschullehre der Zukunft aus?
Auf den Trend zu flexibleren Studienangeboten müssen alle Universitäten reagieren, sagt der Weiterbildungsexperte Olaf-Zawacki-Richter. Doch wann bietet die digitale Lehre einen echten Mehrwert?
„Viele Studierende wünschen sich flexiblere Angebote, weil sie zum Beispiel soziale oder berufliche Verpflichtungen haben. Daher gibt es schon seit über zehn Jahren einen recht starken Trend zu flexibleren Studienangeboten bis hin zu ganzen Online-Studiengängen. Die Digitalisierung von Studium und Lehre ist also keineswegs eine neue Entwicklung.
Insbesondere private Anbieter setzen sehr stark auf berufstätige Zielgruppen und digitale Angebote, einige private Business Schools entwickeln sich zu reinen Online-Universitäten. Dieser Trend gilt jedoch nicht für die traditionellen Campus-Universitäten. Sie bleiben gefragt, denn vielen Studierenden ist der direkte Austausch untereinander und mit den Lehrenden weiterhin sehr wichtig.
Doch auch Präsenzuniversitäten wie die Universität Oldenburg stehen vor der Aufgabe, ihre Angebote mehr zu flexibilisieren und innovative Formate einzuführen. Das kommt nicht nur Studierenden und Lehrenden entgegen, sondern auch einigen Zielen, die wir verfolgen – etwa der Internationalisierung in der Lehre. Online- oder Blended-Learning-Formate bieten dabei gute Möglichkeiten: Man kann beispielsweise internationale Gastwissenschaftler zu Online-Terminen einladen. Auch für den Ansatz des forschungsbasierten Lernens gibt es viele tolle digitale Tools. Ein weiteres Ziel besteht darin, mit Online-Veranstaltungen nicht-traditionelle Zielgruppen zu erreichen, Berufstätige in der Weiterbildung zum Beispiel. Generell gilt: Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern sollte einzahlen die strategischen Ziele einer Universität.
Aus der Forschung zum Fernstudium und aus Praxiserfahrungen wissen wir: Eine enge Betreuung der Studierenden ist zentral, egal über welches Medium die Lehre erfolgt, denn Lernen ist ein sozialer Prozess. Es geht vor allem um persönliche Kommunikation, um Austausch, um Zusammenarbeit.
Daher ist die Qualitätssicherung bei der digitalen Lehre ein wichtiger Punkt. Wir müssen unsere Strukturen stärken, auch in der Hochschuldidaktik, und Angebote machen für Lehrende, damit sie die Möglichkeiten der Online-Lehre sinnvoll nutzen können. Es gibt viele Inhalte, bei denen sich ein höherer Online-Anteil geradezu aufdrängt. Denken wir an das überkommene Format der Vorlesung: Gerade sehr große Lehrveranstaltungen mit stabilen Inhalten – etwa Statistik-Vorlesungen oder die große Einführungsvorlesung bei uns in der pädagogischen Psychologie – könnten viel interaktiver werden, wenn sie zum Beispiel im Flipped Learning Format stattfinden. Dabei schauen sich die Studierenden erst ein Video zu den Inhalten an und können später in einer Präsenzveranstaltung Rückfragen stellen. Das ist ein echter didaktischer Mehrwert.
Virtual Reality und Augmented Reality sind ein weiterer Trend, diese Technologien werden etwa in den technischen Fächern und in den Naturwissenschaften verstärkt eingesetzt. Gerade gibt es einen großen Hype um KI-Anwendungen und Sprachmodelle wie ChatGPT. In einem Projekt mit internationalen Lehrenden erforschen wir gerade, wie wir diese Tools didaktisch und pädagogisch sinnvoll in die Lehre integrieren können. Eine moderne Universität sollte ihre Studierenden auch auf eine digitale Arbeitswelt vorbereiten.“
Aufgeschrieben von Ute Kehse