Ein Anschub genügt nicht
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Ein Anschub genügt nicht
„Der Energiewandel ist ein sozialer Prozess. Und der dauert. Zwar ist das Thema in den Köpfen angekommen, Innovationen sind etabliert, wir nutzen mehr erneuerbare Energiequellen – die erste Phase dieser Transition liegt hinter uns. Nun geht es aber darum, dass sich all das festigen muss und dass sich Lösungen finden, die über Einzeltechnologien hinausgehen. Wenn das gelingt, verstärkt das wiederum den Wandel. Dieser Beschleunigungsprozess ist allerdings herausfordernd.
Bis vor Kurzem haben wir in Deutschland erlebt, wie die Politik ihr Engagement diesbezüglich eher reduziert hat. Dabei ist es ein Irrtum zu glauben, nach der ersten Phase der Transition liefe der Rest von alleine. Wir haben das am Beispiel Oldenburgs analysiert und festgestellt, dass das Erreichte sehr fragil ist. Der Energiewandel braucht einen stetigen politischen Rückhalt, Förderprogramme, Möglichkeitsfenster – für lange Zeit. Und da ist in Deutschland sehr viel gekappt worden nach dem Motto: „Jetzt läuft das schon“.
Es genügt eben nicht, nur einen Anschub zu geben. Die Politik hat diese Fragilität – auch noch in der aktuellen fortgeschrittenen Phase der Energie-Transition – wohl unterschätzt. Beispiel Windenergie: Da gab es die Umstellung von der Einspeisevergütung auf Auktionen, was vor allem für kleine Unternehmen herausfordernd war. Auch wenn das nicht Ziel der Politik war, so sind doch in der Folge etliche Unternehmen bankrott oder ins Ausland gegangen oder haben die Branche gewechselt. Und wenn da jetzt plötzlich ganz viel passieren soll, ist schon die Frage, auf Basis welcher Substanz.
Dabei gilt es für ein Beschleunigen der Transition nun, die Sektoren verstärkt zu koppeln, dass also Unternehmen verstärkt etwa Wind und Wasserstoff zusammen denken oder Strom und Wärme oder auch Strom und Verkehr. Neben der technischen Komplexität wird das auch sozial-kooperativ enorm herausfordernd.
Gesellschaftlich mag die aktuelle Energiekrise eine Chance sein, die Akzeptanz für die erneuerbaren Energien zu erhöhen – weil nun alle merken, es geht sie etwas an. Ob diese persönliche Betroffenheit allerdings auch die Bereitschaft erhöht, etwa einen Windpark in der Nähe des eigenen Wohnorts zu akzeptieren, ist hingegen offen. Was jedenfalls Erfolg verspricht, ist ein echter Dialog, um die Leute bei konkreten Projekten mitzunehmen.“
Prof. Dr. Jannika Mattes ist Professorin für Organisation & Innovation am Institut für Sozialwissenschaften. Mit ihrem Team forscht sie unter anderem zum regionalen Energiewandel.