Aktuelle Projekte 08

Projekt-ID

Projektleitung: Maren Striebel (ICBM), Uwe John (AWI), Antonia Ahme (AWI), Anika Happe (ICBM)

Beteiligte des PEL: Maren Striebel, Anika Happe

Weitere Beteiligte: Antonia Ahme (AWI), Uwe John (AWI), Marco Jabalera Cabrerizo (University of Vigo, AQUACOSM-Plus), Markus Olsson (Stockholm University, AQUACOSM-Plus), Simon Hasselø-Kline (University of Oslo, AQUACOSM-Plus), Alexander Sentimenti (TU München, AWI), Ruben Schulte-Hillen (TU München, AWI), Nancy Kühne (AWI), Jakob Giesler (AWI).

Gefördert durch: Die Durchführung des Projektes wird von AQUACOSM-plus (Project No. 871081) durch die European Commission EU H2020-INFRAIA und aus dem Helmholtz-Forschungsprogramm "Changing Earth, Sustaining our Future" (Thema 6 "Marine and Polar Life" im Unterthema 6.2 "Adaptation of marine life: from genes to ecosystems") des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Deutschland gefördert.

Laufzeit: März-April 2022

Aktuelle Projekte 08

AQUACOSM-Plus: SupOpTrons – Effekte supra-optimaler Temperaturen und unterschiedlicher N:P-Verhältnisse auf die Mikroplanktongemeinschaft der Nordsee

Mikroplanktongemeinschaften spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem der Nordsee. Insbesondere während der Frühjahrsblüte bilden sie die Basis des marinen Energieflusses, indem sie organisches Material für höhere trophische Ebenen liefern, Sauerstoff für heterotrophe Prozesse produzieren und zum biogeochemischen Kreislauf von Elementen wie Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor beitragen. Durch anthropogene Einflüsse sind sie mit drastischen Veränderungen ihrer abiotischen Umwelt konfrontiert, da die Meerestemperaturen steigen und das Verhältnis von Stickstoff- zu Phosphatkonzentration (N:P) sich verändert (IPCC, 2021). Beide Faktoren wirken sich auf die verschiedenen Gruppen innerhalb einzelliger planktonischer Gemeinschaften unterschiedlich aus und prägen somit das Ergebnis von Konkurrenz, Symbiosen, Herbivorie und Parasitismus (Boyd et al., 2018). Mit Blick auf den Klimawandel ist es besonders interessant, Kipppunkte zu untersuchen, z.B. wie Gemeinschaften reagieren, wenn sie supra-optimalen Temperaturen ausgesetzt sind. Das Projekt zielt darauf ab, Veränderungen auf mehreren Ebenen der komplexen Zusammensetzung und der hohen intra- und interspezifischen Vielfalt natürlicher Mikroplankton-Gemeinschaften zu erfassen, die supra-optimalen Temperaturen und unterschiedlichen N:P-Verhältnissen ausgesetzt sind. Zu diesem Zweck wurde Meerwasser vor Helgoland abgefüllt und in den Planktotronen (Indoor-Mesokosmenanlage) bei drei Temperaturen mit jeweils vier Replikaten inkubiert. Zusätzlich wurden aus den Mesokosmen Flascheninkubationen mit variierenden N:P-Verhältnissen in kontrollierten Temperaturräumen gestartet. Neben Standardparametern wie pH-Wert, Alkalinität, Chlorophyll und gelösten Nährstoffen interessieren wir uns für die Zusammensetzung der Protistengemeinschaft, die Bedeutung der intraspezifischen Diversität, die Auswirkungen der Herbivorie (Micro-grazing), das Mikrobiom, das Metatranskriptom als Bindeglied zur funktionellen Biodiversität und zum Prozessverständnis, sowie für Veränderungen der gelösten und partikulären organischen Stoffe.

BOYD, P. W., COLLINS, S., DUPONT, S., et al. 2018. Experimental strategies to assess the biological ramifications of multiple drivers of global ocean change—A review. Global Change Biology,24,2239-2261.

IPCC 2021. Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S.L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M.I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J.B.R. Matthews, T.K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu, and B. Zhou (eds.)].

 

Das Team

(from left: Nancy Kühne, Ruben Schulte-Hillen, Alexander Sentimenti, Marco J. Cabrerizo, Antonia Ahme, Simon Hasselø-Kline, Anika Happe, Jakob Giesler, Markus Olsson)

Überblick über die verschiedenen Stationen



Station 1: Durchflusszytometrie (Antonia Ahme)
Ein Gerät, das wir für die Analyse der Gemeinschaften verwenden, ist ein so genanntes Durchflusszytometer. Es sieht aus und hört sich an wie R2D2 aus Star Wars und es hilft uns, die Populationen von Einzellern in den Planktotronen zu unterscheiden. Dazu saugt es die winzigen Partikel und Zellen in unserer Probe an und schickt sie in einen Flussstrom, der wie ein kleiner Zug die Zellen mitnimmt. Mit diesem Strom wird jede einzelne Zelle an verschiedenen Laserstrahlen vorbeigeführt. Das Durchflusszytometer misst dann die Größe des Schattens, den jedes Teilchen erzeugt, sowie die Farbe und Menge des Lichts, das gestreut oder durch Fluoreszenz erzeugt wird. Alle diese Informationen zusammengenommen geben Aufschluss darüber, welche Mitglieder der Gemeinschaft im Laufe des Experiments wachsen, sterben oder neu auftreten. (Foto unten: Sibet Riexinger)

 

Station 2: Isolierung einzelner Zellen (Antonia Ahme)
Die Mikroplankton-Gemeinschaft der Nordsee ist eine vielfältige Gruppe
von Organismen, die sich nicht nur in ihrem Aussehen, sondern auch in
ihren Fähigkeiten unterscheiden. Da wir sie drastischen Temperaturschwankungen aussetzen, könnten einige ihrer Mitglieder besser damit zurechtkommen als andere. Wir möchten diese kleinen Überlebenden etwas besser kennen lernen und verstehen, was sie von den anderen unterscheidet. Deshalb isolieren wir sie von der ursprünglichen Gemeinschaft, indem wir sie mit winzigen Pipetten unter dem Mikroskop herauspicken, bevor wir sie im Labor anzüchten. So können wir sie in weiteren Experimenten umfassend untersuchen und eine Reihe von Fragen beantworten. Sind sie zum Beispiel besonders gut darin, ihre Physiologie flexibel an neue Bedingungen anzupassen? Oder gibt es unter ihnen eine Untergruppe von Individuen, die immer schon besser mit höheren Temperaturen zurechtkam?

 

Station 3: Abzugsstation (Antonia Ahme, Ruben Schulte-Hillen)
Unter der Abzugshaube führen wir die Probennahmeverfahren durch, die toxische Fixierungsmittel einschließen. Diese sind notwendig, um den Status Quo des Planktotronwassers zu bestimmten Zeitpunkten für spätere, zeitaufwändigere Messungen zu erhalten. Wir führen drei verschiedene Arten der Fixierung durch: eine als Backup für die Durchflusszytometrie, eine für mikroskopische Analysen und eine für RNA-Sequenzierung. Mit Hilfe des Mikroskops können wir die Identität, Morphologie und Häufigkeit der "größeren" (> 2 µm Durchmesser) Mitglieder der Gemeinschaft besser beurteilen. Die RNA hilft uns zu verstehen, was die kleinen Wesen tun - sie ist ein Botenmolekül, das die genetische Information der DNA in tatsächliche zelluläre Prozesse übersetzt (Fotos: Sibet Riexinger).

 

Station 4: N:P Flaschenexperimente (Anika Happe)

Gleichzeitig mit der Befüllung der Planktotrons wurde das gleiche Meerwasser mit der gleichen Phytoplanktongemeinschaft in 250 Flaschen gefüllt, die jeweils unterschiedlichen Kombinationen von Temperaturbehandlung, Phosphor- und Stickstoffzugabe ausgesetzt wurden. So wie es Planktotronen gibt, die täglich an Temperatur zunehmen und dann ab 12°C oder 18°C konstant bleiben, gibt es auch Flaschen, die denselben Bedingungen ausgesetzt sind, aber mit der zusätzlichen Information, welche Rolle unterschiedliche Nährstoffkonzentrationen und -verhältnisse im System spielen. Dies gibt uns die Möglichkeit zu verstehen, wie die Wechselwirkungen zwischen möglichen zukünftigen Temperatur- und Nährstoffbedingungen das Wachstum, die Stöchiometrie und die Zusammensetzung der Phytoplanktongemeinschaft beeinflussen.

 

Station 5: DNA-Filtrationsstation (Alexander Sentimenti)
Die DNA-Filtrationsstation wird zur Entnahme von eukaryotischer (kleine Algen und Fressfeinde) und prokaryotischer (Bakterien) DNA aus den Planktotronen verwendet. Sie besteht aus einem Trichter, der mit Meerwasser gefüllt wird, und einem darunter liegenden Filter, der die DNA auffängt. Das Wasser wird mit Hilfe eines Vakuumpumpsystems durch das System gepumpt. Um die verschiedenen Organismengruppen zu beproben, werden zwei Filtergrößen verwendet: 0,8 µm für die eukaryotische DNA und 0,2 µm für die prokaryotische DNA. Nachdem das Wasser aus einem Planktotron durchgelaufen ist, wird der Filter vorsichtig entfernt und in ein kleines Sammelröhrchen mit Kügelchen und Lysepuffer gegeben. Die Kügelchen und der Lysepuffer helfen bei der späteren DNA-Extraktion. In der Zwischenzeit werden die Proben bei -80 °C aufbewahrt, bis sie extrahiert werden. Die extrahierte DNA wird dann sequenziert und dazu verwendet, Veränderungen in der Zusammensetzung der Gemeinschaft im Laufe der Zeit zu verfolgen (Fotos: Sibet Riexinger).

 

Station 6: Micrograzing (Marco J. Cabrerizo)
Eine Technik, die wir anwenden, um zu quantifizieren, wie kleine pflanzenfressende Protisten, Mikro-Zooplankton genannt, winzige photosynthetische Organismen (d.h. Algen) fressen, ist die Verdünnungsmethode. Mit unterschiedlich verdünntem Wasser, das die natürlichen Planktongemeinschaften aus den Oberflächengewässern der Nordsee enthält, quantifizieren wir, wie viel Biomasse von den Algen produziert wird, wenn Räuber anwesend sind oder nicht. Dann fangen wir die kleinen Organismen auf, indem wir die Meerwasserproben durch spezielle Glasfaserfilter filtern, die auf einem speziellen Filtersystem angebracht sind. Danach extrahieren wir die in den Filtern zurückgehaltenen Pigmente mit einer Lösung auf Ethanolbasis und messen sie mit einem Fluorometer, einem Gerät, das das Fluoreszenzsignal misst, das von diesen Algenpigmenten ausgesendet wird (Fotos: Sibet Riexinger).

 

Station 7: Chlorophyll-Filtrationsstation (Markus Olsson)
An dieser Station wird das Wasser aus den Planktotrons/Mesokosmen gefiltert. Unter diesen orangefarbenen Bechern befindet sich ein Filter. In jeden Becher wird eine bestimmte Menge Wasser gegossen und dann erzeugt eine Pumpe ein Vakuum, das das Wasser durch den Filter zieht. Der Filter hat eine bestimmte Lochgröße und fängt alles auf, was nicht hindurchgeht. An dieser Station filtern wir nach partikelförmigem organischem Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor sowie Chlorophyll. Die Messungen dieser Parameter geben Aufschluss darüber, wie der autotrophe (pflanzenartige) Teil der Gemeinschaft wächst und wie sich die Biomasse unter den Umweltfaktoren, denen wir sie aussetzen, unterschiedlich entwickelt (Fotos: Sibet Riexinger).

 

Station 8: Tägliche Beprobungen der Planktotronen (Nancy Kühne)

Täglich werden in den Planktotronen fluorometrisch Messungen zur Bestimmung der in vivo Fluoreszenz gemacht, d.h. mit Hilfe eines Fluorometers wird der Chlorophyllgehalt in der Mikroalgen-Gemeinschaft gemessen und so können erste Rückschlüsse über die Entwicklung der Biomasse bei den verschiedenen Umweltfaktoren gezogen werden. Außerdem werden täglich mit Hilfe verschiedener Sensoren der pH-Wert, der Salzgehalt und die Sauerstoffkonzentration in den Tanks gemessen, um zu kontrollieren ob und wie sich mit der Mikroalgengemeinschaft in den unterschiedlichen Temperaturbedingen auch die äußeren Parameter ändern (Fotos: Sibet Riexinger).

 

Station 9: Thermal Performance Curves (Simon Hasselø-Kline)
Wo liegen die optimale Temperatur und die Temperaturgrenzen unserer Nordsee-Gemeinschaft? Um dies zu untersuchen, haben wir die Planktongemeinschaft einem Gradienten aus 10 verschiedenen Temperaturen ausgesetzt, wobei die Wasserproben auf Heizmatten erwärmt oder gekühlt werden. Die Fluoureszenz (Anzeiger für Biomasse) der Gemeinschaft kann mit einem Plattenlesegerät (Plate Reader) gemessen werden. Dabei werden die photosynthetischen Organismen im Wasser bestimmten Wellenlängen des Lichts ausgesetzt, die dann Licht mit einer anderen Wellenlänge abgeben, das der Plattenleser messen kann. Auf diese Weise können wir abschätzen, wie sich das Wachstum der Gemeinschaft bei den verschiedenen Temperaturen im Laufe der Zeit verändert (Fotos: Sibet Riexinger).

 

Station 10: Nährstofflimitierungsassays (Simon Hasselø-Kline)
Das Leben im Meer ist von einer Vielzahl verschiedener Nährstoffe und Elemente abhängig. Ohne den Cocktail vieler Nährstoffe wäre planktonisches Leben nicht in der Lage zu wachsen. Durch den Einfluss des Menschen wird das Gleichgewicht der Nährstoffe im Ozean beeinflusst, was bestimmen kann, welche planktischen Organismen wachsen können. Wir untersuchen, wie Nährstoffe das Wachstum einschränken oder fördern können, indem wir den Wasserproben Stickstoff, Phosphor und/oder Silikat zusetzen. Das Wachstum der Organismen in dem mit Nährstoffen versetzten Wasser wird dann mit einem Plattenlesegerät gemessen und mit einer Kontrolle ohne Nährstoffzugabe verglichen.

(Stand: 19.01.2024)  | 
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