Fachgruppe Sozialpädagogik in der Migrationsgesellschaft

Bachelor

BA Pädagogik, Schwerpunkt Migrationspädagogik

Migrationsbewegungen prägen gegenwärtige Gesellschaften maßgeblich. Auch die gesellschaftliche, soziale und individuelle Wirklichkeit Deutschlands wird grundlegend von Migrationsphänomenen geprägt. Dabei werden Erfahrungen in der Migrationsgesellschaft auf bedeutsame Weise von Zugehörigkeitsordnungen strukturiert.

Gegenstand der Migrationspädagogik sind die durch Migrationsphänomene bestätigten und hervorgebrachten Zugehörigkeitsordnungen und insbesondere die Frage, wie diese Ordnungen in bildungsinstitutionellen Kontexten wiederholt, produziert werden sowie wie sie verändert werden können.

Eine zentrale Aufgabe der Migrationspädagogik besteht in der Beschäftigung mit der Frage, wie der und die natio-ethno-kulturelle Andere unter Bedingungen von Migration erzeugt wird und welchen Beitrag pädagogische Diskurse und pädagogische Praxen hierzu leisten.

Migrationspädagogik richtet den Blick

  • auf Zugehörigkeitsordnungen in der Migrationsgesellschaft: z.B. die einengende Fokussierung auf „kulturelle“ Differenzen,
  • auf die Machtverhältnisse, die Unterscheidungen bewirken: z.B. die Beschreibung und Analyse der dominanten Schemata und Praxen der Unterscheidung zwischen natio-ethno-kulturellem »Wir« und »Nicht-Wir«,
  • auf die die Stärkung und Ausweitung alternativer Handlungsmöglichkeiten, z.B. auf die Frage „Wer profitiert in welchem Maße und in welcher Form von welchen Unterscheidungen?“,
  • auf die Bildungsprozesse, die in diesen machtvollen Ordnungen ermöglicht und verhindert sind: z.B. welche Rolle pädagogisches Handeln hier spielt: „Wie kann professionelles pädagogisches Handeln gestalten werden, das weniger auf Unterscheidungen angewiesen ist?“

Migrationspädagogik ist also keine »Migrant_innen-Pädagogik« in dem Sinne, dass erstes Anliegen der Migrationspädagogik wäre, »die Migranten« zu verändern. Anders als in pädagogischen Ansätzen, die in erster Linie auf die Förderung von »Migranten« zielen, kommen im migrationspädagogischen Blick institutionelle und diskursive Ordnungen sowie Möglichkeiten ihrer Veränderung in den Blick.

Der Studienschwerpunkt Migrationspädagogik an der Carl von Ossietzky Universität bietet die Möglichkeit zu einer intensiven Auseinandersetzung mit u.a. folgenden Themenfeldern:

  • Erziehungswissenschaftliche Perspektiven auf Migration und Bildung
  • Analyse und Reflexion historischer, politischer und kulturelle Bedingungen von Differenz- und Dominanzverhältnissen in der Migrationsgesellschaft
  • Recht im Kontext von Flucht und Migration
  • Postkoloniale Theorie (Postcolonial Studies) und Rassismuskritik
  • Umgang mit Mehrsprachigkeit und sprachlichen Dominanzverhältnissen
  • Pädagogische Professionalität und Analyse pädagogischer Institutionen und Handlungsroutinen aus migrationspädagogischer Perspektive
  • Wissenschaftstheorie migrationsgesellschaftlicher Forschung kennen und reflektieren

 

Migrationspädagogische Inhalte sind in vielen Modulen des Studiengangs Pädagogik vertreten. In den Aufbau- und Akzentsetzungsmodule bilden sie bei entsprechender Wahr den Schwerpunkt. Auch die Projektphase – Konzeptualisierung und Durchführung eines Forschungsprojekts als Gruppenarbeit – und das Praxismodul – studienbegleitendes Praktikum – dienen der fundierten Reflexion migrationspädagogischer Fragestellungen.

 

Für die spätere pädagogische Berufspraxis bietet sich eine Vielzahl an Tätigkeitsfeldern in den Bereichen von Erziehung, Bildung, Beratung und Unterstützung bei der Lebensbewältigung an. Die beruflichen Handlungsfelder der Migrationspädagogik sind ausdrücklich nicht auf spezielle Arbeitsbereiche mit oder für Migrantinnen und Migranten (z.B. Migrations- oder Integrationsberatungsstellen) beschränkt. Vielmehr ist Migrationspädagogik als Schlüsselqualifikation und Querschnittsaufgabe für alle pädagogischen und migrationsgesellschaftlich positionierten Berufs- und Handlungsfelder anzusehen. Hierzu gehören zum Beispiel:

  • Einrichtungen der Kinder-, Jugend-, Erziehungs-und Familienhilfe,
  • Bildungsträger in der Erwachsenenbildung,
  • Einrichtungen der öffentlichen (Klein-)Kindererziehung (Krippe, Kita),
  • Einrichtungen der Altenarbeit und Altenpflege,
  • Beratungsstellen für Menschen in prekären Lebenslagen, Krisensituationen oder mit spezifischen Anliegen,
  • Freizeiteinrichtungen mit sozialpädagogischen Angeboten,
  • Einrichtungen in der Gemeinwesen- und Kulturarbeit.

 

Weiterführende Literatur:

Castro Varela, María do Mar, Dirim, Inci; Kalpaka, Annita; Mecheril, Paul; Melter, Claus (Hg.) (2010): Migrationspädagogik. Weinheim und Basel: Beltz Verlag.

 

(Stand: 07.08.2024)  | 
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